Pushpak Bhagavata Purana Buch 2Zurück WeiterNews

2.7. Die Verkörperung des Höchsten Herrn

Brahma sprach:
Um die Erde aus dem weiten Wasser zu heben, worin sie untergegangen war, verkörperte sich der Ewige im großen Opfer der Schöpfung in Gestalt eines Ebers und durchbohrte mit seinen Hauern den Dämon (Hiranyaksha) wie Indra mit dem Donnerblitz. So wurde der Herr auch als der Sohn Suyajna („schönes Opfer“) von Ruchi gezeugt und Akuti geboren. Er zeugte mit Dakshina die himmlischen Suyamas, verscheuchte die Sorgen aus den drei Welten und wurde vom Swayambhuva-Manu „Hari“ („Höchster Herr“) genannt. Ähnlich wurde Er auch als Sohn des Stammvaters Kardama von dessen Frau Devahuti geboren, hatte neun Schwestern und verkündete seiner Mutter die wahre Erkenntnis der Höchsten Seele, womit sie noch im Leben die Unreinheit natürlicher Eigenschaften abwaschen und die Befreiung erreichen konnte, wie sie Kapila lehrte (wird ab Kapitel 3.25 ausführlich erklärt). Auch als der Heilige Atri sich Nachkommen wünschte, sprach der Höchste Herr: „Ich werde mich für dich verkörpern!“ Und entsprechend wurde sein Sohn „Datta“ („gegeben“) genannt. Durch den Staub seiner Lotusfüße wurden die Yadus, Haihayas und andere Stämme gereinigt und erreichten weltliches und geistiges Wohlergehen in dieser und der jenseitigen Welt. Zu Beginn der Schöpfung, als ich mit dem Wunsch, die Welten zu erschaffen, Askese übte, verkörperte Er sich in Gestalt meiner geistigen Söhne, die mit „Sana“ beginnen (Sanatkumara, Sanaka, Sanandana, Sanatana), um das Wissen von der Höchsten Seele zu verkünden, das während der universalen Auflösung verlorenging. Als die Heiligen davon hörten, erkannten sie das Selbst in sich selbst. Ähnlich wurde Er auch von Dharma gezeugt und von Murti, der Tochter von Daksha, als mächtige Asketen namens Nara und Narayana geboren. Nicht einmal die wunderschönen himmlischen Apsaras, die wie eine Armee des Liebesgottes erschienen, konnten ihre Askese stören. Machtvolle Wesen können den Liebesgott Kama mit zornigen Blicken verbrennen, aber dem Zorn können sie nicht widerstehen. Doch wie könnte die Leidenschaft eindringen, wo sich der Höchste Herr im Herzen verkörpert hat?

Als der junge Dhruva von den pfeilartigen Worten seiner Stiefmutter in Gegenwart des Königs getroffen wurde, ging er in die Wälder, um hingebungsvolle Askese zu üben. Dort erfreute Dhruva den Höchsten Herrn, der ihm den Aufstieg zum äußersten Himmel gewährte, wo er (als Polarstern, um den das ganze Firmament kreist) von den Himmlischen und Heiligen von oben und unten in den Welten verehrt wird (ausführlich ab Kapitel 4.8). Als König Vena wegen seiner Untugend von den Brahmanen verflucht wurde, alle Macht und Herrlichkeit verlor und in die Hölle fiel, verkörperte sich der Höchste Herr aufgrund von Gebeten als sein Sohn (Prithu), der zum Wohlergehen des Volkes die Erde molk (bzw. kultivierte, ausführlich ab Kapitel 4.15). Ähnlich wurde Er auch als Sohn von Nabhi und Sudevi geboren, trug den Namen Rishabha, zügelte Gedanken und Sinne, löste alle Anhaftungen und verweilte in vollkommener Hingabe, womit er die höchste Reinheit der Heiligen verwirklichte. In meinem Opfer verkörperte sich der Höchste Herr als Geist des Opfers in goldener Farbe. Er verkörpert die Veden, alle Opfer und das Wesen der Götter, erscheint mit Pferdekopf (Hayagriva), und aus seinen Nüstern atmet er die wunderbaren vedischen Hymnen. Am Ende des Yuga-Zyklus (im letzten Manwantara) fand Manu Vaivaswata den Höchsten Herrn in der Verkörperung eines Fisches, der zur Zuflucht aller Lebewesen auf Erden wurde (siehe Geschichte der Sintflut im Mahabharata 3.187). Er spielte im Wasser und bewahrte die Veden, die aus meinem Mund kamen, vor dem gefürchteten Untergang. Als die Himmlischen den Milchozean quirlten, um den Nektar der Unsterblichkeit zu gewinnen, verkörperter Er sich als eine Schildkörte, die auf ihrem Rücken den Berg Mandara (als Quirl) hielt. Doch das Drehen des gewaltigen Berges verursachte ihm nur ein leichtes Jucken, das seinen Schlummer nicht störte. Dann nahm Er auch die Gestalt eines Menschlöwen mit schrecklichem Gesicht, fürchterlichen Zähnen und rollenden Augen an, zog den Dämonenkönig, der mit der Keule gegen ihn stürmte, auf seinen Schoß und zerriß mit scharfen Klauen den Dämon, um den Göttern zu helfen (ausführlich ab Kapitel 7.8)

Einst wurde ein Elefantenkönig in einem Teich von einem Krokodil am Bein erfaßt. Da ergriff er mit seinem Rüssel eine Lotusblüte und rief: „Oh Höchster Geist und Herr des Universums, geheiligt sei dein Name und dein Wirken!“ Als der Höchste Herr den Hilferuf des Elefanten hörte, erschien er in seiner strahlenden Form auf Garuda, dem König der Vögel, schlug mit seinem Diskus das Krokodil und rettete den Elefanten (ausführlich ab Kapitel 8.2). Obwohl Er als Jüngster der Göttersöhne (namens Vishnu) von Aditi geboren wurde, ist Er der Älteste an Tugend und Fähigkeiten. So nahm Er auch die Gestalt eines Zwerges an, bat um drei Schritte Land, durchmaß mit den drei Schritten die drei Welten und gewann damit von König Vali die drei Welten zurück, der in seinem Opfer voller Tugend keine Bitte ablehnte. Sogar den Preis des Himmelreichs zahlte Vali, der mit dem Wasser vom Waschen der Füße des glorreichen Herrn seinen Kopf besprenkelte, um sein Versprechen zu halten und sich dem Höchsten Geist zu widmen, obwohl er von seinem Lehrer Sukra gewarnt worden war.

Oh Narada, als der Herr mit deiner zunehmenden Hingabe zufrieden war, gewährte er dir die vollkommene Hingabe und Erkenntnis seiner Selbst und der Höchsten Seele wie ein Licht in der Dunkelheit, was jeder einfach gewährt bekommt, der die Zuflucht der Gottheit sucht. Im Laufe der verschiedenen Manwantaras (Epochen eines Manus) erfüllt Er mit seiner Energie die zehn Himmelsrichtungen, verkörpert sich als Manu, dem Stammvater der Menschheit, beschützt dessen Herrschaft mithilfe seines Diskus Sudarsana (auch ein Symbol für die Erdscheibe), bestraft die übelgesinnten Könige und breitet seinen Ruhm weit über die drei Welten bis zum Satyaloka aus. Ähnlich verkörpert sich der Höchste Herr auch als Dhanvantari (der himmlische Heiler), der schon durch Rezitation seines Namens viele Krankheiten heilen kann, empfängt einen Anteil am Götteropfer, das die Dämonen behindern, und verkündet die medizinische Lehre des Ayurveda (das „Wissen vom langen Leben“). Er verkörperte sich auch als Parasurama, der mit seiner scharfen Axt einundzwanzigmal die ganze Kshatriya-Kaste vernichtete. Dies war ein Beschluß des Schicksals, um der Erde die Last an übermächtigen Kriegern und Königen zu erleichtern, die von wahrhafter Tugend und Gerechtigkeit abgefallen waren und dämonische Wege gingen.

Oh bester Brahmane, so wurde der Höchste Herr auch im Stamm von Ikshvaku auf vollkommene Weise (als Rama) verkörpert, ging auf Wunsch seines Vaters mit seiner Ehefrau (Sita) und seinem jüngeren Bruder (Lakshmana) in die Einsamkeit der Wälder und führte dort den großen Kampf gegen den zehnköpfigen Dämon (Ravana), der schreckliches Leiden verursachte. Voller Kummer über seine geraubte Ehefrau meditierte er am Ufer des scheinbar unüberwindlichen Ozeans. Wie Shiva, der mit seinem Blick feindliche Städte verbrennt, öffnete Er dann zornig seine Augen, als wolle er alle Wesen im Wasser verbrennen, bis der Ozean persönlich vor ihm erschien, sich mit zitternden Gliedern verneigte und ihm einen Weg über das Wasser gewährte. Ravana war so mächtig, daß der Rüssel des himmlischen Elefantenkönigs Airavat, auf dem Indra reitet, an seiner Brust in zahllose Stücke zersprang, die sich in alle Himmelsrichtungen verteilten. Doch Rama spannte seinen Bogen und schlug diesen Räuber seiner Gattin vor den Augen der versammelten Armeen.

In ähnlicher Weise verkörperte sich der Höchste Herr als Krishna mit dunklem Haar, um die Erde vor der Last zunehmend dämonischer Könige zu retten. Ein anderer Teil verkörperte sich als Balarama. Und in der Form als Krishna vollbrachte Er viele wunderbare Taten, die seine große Macht verdeutlichen, die für gewöhnliche Menschen unfaßbar und unverständlich bleibt. Schon als kleines Baby saugte Er der Dämonin Putana das Leben aus der Brust, mit drei Monaten stieß Er mit seinen Beinchen einen schweren Ochsenkarren um, und später krabbelte er davon und entwurzelte zwei riesige Arjuna-Bäume. So etwas kann niemand anderes als die Gottheit vollbringen. Mit seinem gütigen Blick rettete er die Kühe im Hirtendorf Vraja, die vergiftetes Wasser getrunken hatten. Und um das Wasser zu reinigen, sprang Er selbst in die Yamuna und besiegte und vertrieb den Nagakönig Kalya, der das tödliche Gift mit schrecklichen Zungen versprüht hatte. Als der trockene Wald brannte, rettete der unvergleichlich Mächtige zusammen mit Balarama alle Bewohner von Vraja, die im Schlaf versunken waren und von der Gefahr nichts merkten (indem er ihre Augen schloß??). Auch das war eine wunderbare Tat. Keine gewöhnliche Schnur reichte aus, damit seine Mutter ihn binden konnte. Und als er seinen Mund öffnete, erblickte die besorgte Kuhhirtin als Ausdruck seiner Gottheit das ganze Weltall in seinem Mund. Er rettete auch Nanda aus der Angst vor der Schlinge von Varuna, befreite alle Kuhhirten aus den Höhlen, in denen sie vom Dämon Maya festgehalten worden waren, und erhob alle Bewohner von Gokula in seinen Himmel Vaikuntha, obwohl sie ihre Tage nur mit Arbeit und die Nächte mit Schlaf verbrachten. Als er sieben Jahre alt war und die Kuhhirten das Opfer für Indra verwehrten, schickte der Götterkönig einen gewaltigen Regen, um das Hirtendorf wegzuschwemmen. Da hielt er mit leichter Hand den Berg Govardhana sieben Tage lang in die Höhe, um die Kuhhirten mit ihren Tieren zu beschirmen. Und als er sich des Nachts im Mondlicht im Tanz zu lieblicher Musik vergnügen wollte, köpfte er den Dämon Shankhachuda aus dem Gefolge von Kuvera, dem Gott des Reichtums, der die tanzenden Hirtenmädchen aus dem Dorf ergreifen wollte. Auch viele andere Dämonen wie Pralamba, Khara, Baka, Keshi, Aristha, Chanura, Mushtika, Kuvalayapida, Yavana, Kansa, Paundraka, Shalva, Naraka, Valkala, Dantavakta, Saptokha, Samvara Viduratha oder Rukmi sowie die Kambojas, Matsyas, Kurus, Srinjayas, Kekayas und andere Stämme, die mit Pfeil und Bogen ihren Heldenmut im Kampf bewiesen, wurden von seiner Hand in Gestalt von Krishna, Balarama, Arjuna, Bhima usw. besiegt und in den Himmel nach Vaikuntha erhoben.

Als die geistige Kraft der Menschen unter dem Einfluß der Zeitalter abnahm, erkannte der Höchste Herr, daß sie den ganzen Veda, wie er ursprünglich verkündet wurde, nicht mehr erfassen konnten. So verkörperte er sich als Vyasa, dem Sohn von Satyavati, und teilte den Veda in verschiedene Zweige. Als die Dämonen dem Pfad des Wissens folgten, um die Welt zu beherrschen, und sich in ihren großen Städten blitzschnell verbreiteten, die von Maya (der Illusion) erbaut worden waren, verkleidete sich der Herr und verwirrte ihre Vernunft mit vielen Worten von geist- und gottlosen Lehren (siehe z.B. Vishnu Purana 3.18. oder Vayu-Purana 2.36.). Und wenn dann das Lob des Höchsten Herrn in den Häusern der Frommen verstummen wird, wenn Brahmanen, Kshatriyas und Vaisyas immer gewalttätiger werden, wenn die Shudras als Könige über die Erde regieren und man die Opfersprüche Swaha, Swadha und Vashat (für Götter, Ahnen und Wohltätigkeit) nicht mehr hört, dann wird sich der Herr am Ende des Kali-Zeitalters (als Kalki) zum Untergang aller Übelgesinnten verkörpern.

Zu Beginn der Schöpfung verkörpert sich der Höchste Geist als Brahma, Heilige und neun Stammväter, während der Erhaltung der Welten verkörpert er sich als Vishnu, Dharma der Gerechtigkeit, Opfer, Manu, Götter und Könige, und während der universalen Auflösung als Shiva, Ungerechtigkeit, zornige Schlangen und schreckliche Dämonen. Dies alles sind Verkörperungen der grenzenlosen Illusionskraft des Höchsten Geistes (Purusha). Wer könnte diese Energie von Vishnu ermessen? Selbst wenn man alle Atome der Erde zählen könnte, wäre dies nur ein winziger Teil. Auf seinen Füßen stehen alle Welten bis hinauf zum Satyaloka. Und wenn er sich bewegt, bewegt sich alles. Weder ich selbst noch die Heiligen oder Stammväter kennen das Ende dieses Höchsten Geistes mit seiner Illusionskraft, von gewöhnlichen Menschen ganz zu schweigen. Nicht einmal die Urschlange Ananta mit ihren tausend Hauben kann jemals seine Grenze erreichen. Nur jene, die sich vollkommen hingegeben haben, können durch Seine Gnade die Macht der Illusion überwinden, die so schwer zu überwinden ist. Damit werden sie vom Ego-Wahn des Körpers befreit, der am Ende den Hunden und Schakalen als Nahrung dient. Viele Wesen haben bereits die Illusionskraft (Maya) des Höchsten Herrn erkannt, wie du und ich, Heilige wie Sanaka, Götter wie Shiva, Dämonen wie Prahlada, der Manu mit seinen Frauen und Kindern, Ribhu und Dhruva, Ikshvaku, Aila, Muchukunda, Janaka, Gadhi, Raghu, Ambarisha, Sagar, Vali, Dilipa, Saubhari, Utanka, Sivi, Devala, Pippalada, Saraswata, Uddhava, Parasara, Vibhishan, Hanuman, Suka, Arjuna, Vidura, Srutadeva und viele andere. Selbst Frauen, Shudras oder sogar Jäger, die ein gewaltvolles Leben führen, können die Illusionskraft des Höchsten Herrn durch seine Fußspuren erkennen, den Wert der Hingabe verstehen und die Illusion überwinden. Um wieviel mehr sollten die Weisen, die seine Geschichten kennen, dazu fähig sein?

Das Wahre und Ewige ist vollkommene Glückseligkeit, Allwissenheit und Reinheit. Das ist die Höchste Seele aller Wesen hinter allen Prinzipien der Natur und ihren Eigenschaften, frei von den Sorgen karmischer Taten und dem Schleier der Illusion. Das ist das Eine in der Vielfalt, das mit Gedanken und Worten nicht begriffen werden kann, das Höchste, der Herr, die Gottheit oder das Brahman ewiger Seligkeit ohne Leid. Die Weisen, die ihren Geist dem Höchsten widmen, greifen nicht nach weltlichen Gegensätzen, wie Indra als Herrscher über den Regen keinen Brunnen graben muß. Denn der Höchste Herr (Bhagavat) ist der Gewährer aller Segen und verteilt die Früchte aller Taten, Worte und Gedanken der Lebewesen. Wie der Raum nicht vergeht, wenn ein irdener Topf zerbricht, so vergeht auch die Höchste Seele nicht, wenn sich der Körper auflöst.

Oh mein Sohn, damit habe ich dir kurzgefaßt das Wesen des Höchsten Herrn erklärt, dem Schöpfer, Erhalter und Zerstörer des Universums, der alles ist, sowohl Wahrheit als auch Illusion, sowohl Ursache als auch Wirkung (Sat und Asat). Dieses Bhagavatam, das mir der Höchste Herr in dieser kurzen Form offenbarte, verdeutlich sein großes Wesen und seine grenzenlose Macht, und ist es wert, in der Welt verkündet zu werden. So verwirkliche und verkünde es, damit die Hingabe zum Höchsten Herrn und der Höchsten Seele, die in allen lebt, wachsen möge. Denn wer die Illusionskraft des Allmächtigen achtsam beschreibend, verehrend und hörend erkennt, kann davon nicht mehr überwältigt werden.


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