Pushpak Bhagavata Purana Buch 8Zurück WeiterNews

8.2. Die Geschichte des Elefantenkönigs Gajendra

Shri Suka sprach:
Oh König, einst gab es einen sehr großen Berg namens Trikuta („drei Gipfel“), der tausende Yojanas hoch und von einem Milchozean umgeben war. Mit seinen drei mächtigen Gipfeln aus Eisen, Silber und Gold sowie vielen kleineren aus Edelsteinen und Mineralien war er so breit wie hoch und ragte als Insel reich bewachsen mit Bäumen und Büschen und erfüllt vom Klang der Wasserfälle weit strahlend in den Himmel. Zu seinen Füßen, die von den Wellen des Meeres ringsherum gewaschen wurden, war die Erde durch grüne Smaragdsteine ganz dunkelgrün geworden. Die Siddhas, Charanas, Gandharvas, Vidyadharas, Kinnaras, Apsaras und großen Schlangen genossen es, sich in seinen Tälern zu vergnügen. Die Höhlen erklangen von den Stimmen der himmlischen Sänger, so daß sogar die mächtigen Löwen in dieses Konzert einstimmten. Die Täler wurden von allen denkbaren Tieren bewohnt, und die Gärten der Hochbeseelten, die dort lebten, waren wunderschön mit allen Arten von Bäumen und singenden Vögeln geschmückt. In den Flüssen und Seen voll kristallklarem Wasser badeten die himmlischen Jungfrauen an den von Edelsteinen glitzernden Sandbänken und erfüllten Luft und Wasser mit dem himmlischen Duft ihrer Körper. In einem Tal gab es sogar einen Garten des Wassergottes Varuna, den man Ritumat nannte und wo sich die Frauen der Götter vergnügten. Zu ihrer Freude wuchsen dort alle erdenklichen Bäume mit den wunderschönsten Blüten und süßesten Früchten. Höchst wunderbar war auch ein großer See voll strahlend goldener Lotusblüten, der von herrlichen Bäumen umringt wurde. In den Blüten auf dem See und im Wald summten die berauschten Bienen, begleitet vom melodischen Gesang verschiedenster Vögel, die sich im Wasser und im Wald tummelten. Auf dem Wasser, das von Fischen und Schildkröten bewegt wurde, schwamm der goldene Pollen der Lotusblüten, und die Bäume am Ufer trugen zu jeder Jahreszeit reichliche Blüten und Früchte.

Auf diesem wundervollen Berg wanderte eines Tages der König der Elefanten mit seinen Frauen und durchbrach das dornenreiche Dickicht des Waldes. Bereits die Gegenwart seines Duftes genügte, daß sich all die Löwen und anderen Raubtiere ehrfürchtig zurückhielten, wie auch die Nashörner, Schlangen, Hirsche und anderen Elefanten. Unter dem Schutz dieses Königs konnten sich alle Tiere ohne Angst frei bewegen, ob nun Füchse, Eber, Büffel, Bären, Stachelschweine, Rehe, Wölfe, Affen oder Kaninchen. Doch zu jener Zeit war er ähnlich berauscht wie die Bienen vom Nektar, und in seiner Brunst tropfte ihm der Saft von den Schläfen. So wanderte er mit seiner Herde und den Jungen in ihrer Mitte über die Erde, daß der ganze Berg erzitterte. Aus der Ferne roch er das Wasser, das vom Pollen der Lotusblüten duftete, und voller Begehren eilte er mit seiner durstigen Gesellschaft zum Ufer des Sees. Dort trat er in das klare und kühle Wasser, trank mit seinem Rüssel von der Mischung aus Lotuspollen, nahm ein erfrischendes Bad und wurde von jeder Müdigkeit befreit. Dann zog er das Wasser mit seinem Rüssel ein und spritzte es über sich, um auch seine Frauen und Kinder zum Baden und Trinken einzuladen. So war er wie ein besorgter Hausvater beschäftigt, an seine Familie gebunden und stand unter der Herrschaft der illusionären Welt, ohne auf die großen Gefahren zu achten. Und so wollte es das Schicksal, oh König, daß sein Fuß von einem mächtigen und wütenden Krokodil gepackt wurde. Daraufhin versuchte der Elefant mit aller Kraft, aus diesem Griff zu entkommen, doch nicht einmal die anderen Elefanten, die ihm zu Hilfe eilten, konnten ihn befreien. Als die Frauen sahen, wie ihr Herr plötzlich angegriffen und gefangen wurde, begannen sie vor Schreck zu wehklagen. Doch es nützte alles nichts. Während der Elefant und das Krokodil auf diese Weise kämpften und sich gegenseitig ins Wasser hinein und herauszogen, vergingen tausend Jahre, in denen die beiden am Leben blieben. Das, oh König, hielten sogar die unsterblichen Götter für ein großes Wunder. Aber der Elefantenkönig Gajendra verlor mit der Zeit immer mehr Kraft, weil er so lange kämpfen mußte, um nicht ins Wasser gezogen zu werden. Im Gegensatz dazu war das Krokodil im Wasser zu Hause und wurde im Laufe der Jahre immer agiler, stärker und mächtiger.

Als Gajendra erkannte, daß nun sein Leben in Gefahr war, und er sich durch die Macht des Schicksals nicht selbst aus diesem hilflosen Zustand befreien konnte, dachte er lange nach und kam zu folgendem Schluß:
Weder meine Verwandten können mich aus dieser Not erlösen, noch kann ich als Elefantenbulle erwarten, von meinen Frauen aus diesem Schicksal befreit zu werden, im festen Griff des Krokodils (der Leidenschaft) gefangen zu sein. Ich muß daher wie jeder andere Schutz bei dem suchen, der die höchste Zuflucht aller Wesen ist. Denn er, der Höchste Herr, beschützt jeden, der sich ihm anvertraut. Er ist die einzige Zuflucht aller Wesen, die Angst vor dem Tod haben, der mächtigen Schlange der Zeit, die jeden mit ihrer schrecklichen Macht (der Vergänglichkeit) unermüdlich jagt. So gebe ich mich dem Herrn hin, der die höchste Zuflucht ist und vor dem sogar der Tod flieht.


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