Pushpak Bhagavata Purana Buch 4Zurück WeiterNews

4.12. Dhruvas Leben und Aufstieg zum Himmel

Maitreya sprach:
Nachdem Kuvera erfahren hatte, daß Dhruvas Zorn verschwunden war, und er das Töten der Yakshas beendet hatte, erschien der verehrenswerte Herr der Schätze, der von den Charanas, Yakshas und Kinnaras als ihr König gepriesen wird, und sprach zu Dhruva, der mit gefalteten Händen vor ihm stand:
Oh sündloser Kshatriya-Sohn, ich bin sehr zufrieden mit dir, daß du nach den Geboten deines Großvaters diese Feindschaft aufgegeben hast, die so schwer aufzugeben ist. In Wahrheit hast du weder die Yakshas getötet, noch haben die Yakshas deinen Bruder getötet. Es ist die Zeit, die über Leben und Tod aller Geschöpfe herrscht. Es geschieht durch die Illusion der Unwissenheit, daß eine Person die Vorstellung von „Mein“ und „Dein“ oder „Ich“ und „Du“ entwickelt. Durch ihre körperlichen Interessen bindet sie sich selbst und erntet viele Sorgen. Sei gesegnet, Dhruva! Um Befreiung zu erreichen, erkenne dich selbst als die Höchste Seele aller Wesen, verehre den Höchsten Herrn jenseits aller Sinne, der alle Geschöpfe erhält. Nur er kann dich von allen Sorgen der Vergänglichkeit befreien. Seine Lotusfüße verdienen jegliche Verehrung, denn er ist der Träger der Illusions- und Schöpferkraft mit allen natürlichen Prinzipien und gleichzeitig völlig frei davon. Oh König und Sohn von Uttanapada, wenn du irgendeinen Wunsch in deinem Herzen hegst, dann bitte mich ohne zu zögern. Oh du Juwel deines Stammes, du verdienst jeden Segen, denn wir haben von deiner Ausdauer zu den Füßen des Gottes mit dem Lotusnabel gehört.

Und der ehrenwerte Maitreya fuhr fort:
So wurde dem hochbeseelten Dhruva vom Herrn der Schätze ein Segen angeboten, und als vorzüglicher Verehrer des Höchsten Herrn bat er darum, sich beständig an den Höchsten Herrn zu erinnern, um ohne Hindernisse den unvergleichlich großen Ozean der Unwissenheit zu überqueren. Und Kuvera, der Sohn von Idavida, der mit Dhruva höchst zufrieden war, gewährte ihm diesen Segen und verschwand vor seinen Augen. So kehrte auch Dhruva in seine Hauptstadt zurück, wo er mit großen Opfern und Wohltätigkeit mit allen Mitteln, die ihm verfügbar waren, den Herrn der Opfer als höchstes Ziel, Gottheit und Gewährer aller Früchte und Taten verehrte. So war er der unvergänglichen Seele durch ununterbrochene Verehrung beständig hingegeben und erkannte den Höchsten Herrn in sich selbst wie in allen anderen Geschöpfen. Er verwirklichte sein göttliches Wesen, beschützte das Dharma, achtete die Brahmanen, half den Armen und wurde vom Volk wie ein guter Vater geliebt.

Auf diese Weise regierte er 36.000 Jahre über die ganze Erde, genoß die Freuden seiner Verdienste und verbrannte durch Entsagung sein Karma. So erfüllte die große Seele viele lange Jahre die drei großen Lebensziele (von Tugend, Verdienst und Liebe) mit gezügelten Sinnen und übergab danach das Königreich seinem Sohn. Er erkannte, daß diese ganze äußere Welt durch die Illusion- und Schöpferkraft (Maya) des Höchsten Herrn wie ein Luftschloß der Gandharvas für die Seele existiert, ähnlich wie ein Traum durch die Wirkung von Unwissenheit entsteht. Er betrachtete alle Geschöpfe, seinen Körper, seine Frauen und Kinder, Freunde, Macht, Reichtum, Genüsse und die ganze schöne Erde mit ihren Ozeanen als vergängliche Produkte der Zeit und wanderte zur heiligen Einsiedelei nach Vadari. Dort reinigte er den Körper im heiligen Wasser, zügelte durch Yoga den Atem, zog alle äußeren Sinne zurück und beruhigte die Gedanken. Dann konzentrierte er sich auf die Visualisierung des Höchsten Herrn, meditierte ohne jegliche Ablenkung und trat in die geistige Stille (Samadhi) ein. In beständiger Hingabe zum Höchsten Herrn (Bhagavat) erreichte er die große Glückseligkeit, schwamm auf einem Strom von Freudentränen, sein Herz schmolz dahin, und die Körperhärchen sträubten sich. Alle Erinnerungen an seinen Körper vergingen, und er wurde von dieser Körperlichkeit befreit.

Bald sah er einen strahlenden Wagen vom Himmel herabkommen, der alles ringsherum erleuchtete, als wäre der Vollmond selbst erschienen. Darin erkannte er zwei herrliche Götter mit vier Armen, dunklem Körper, jugendlicher Erscheinung und Augen wie rote Lotusblüten. Sie waren wunderschön gekleidet, mit strahlenden Kronen, Armreifen, Halsketten und Ohrringen und mit goldenen Keulen bewaffnet. Er erkannte sie als zwei Diener des Höchsten Herrn, erhob sich, aber sein Kopf war leer, und er wußte nicht, wie er sie angemessen begrüßen sollte. So faltete er respektvoll die Hände und brachte seine Ehrerbietung dar, indem er die Namen dieser Diener des Madhu-Vernichters pries. Dann stand er demütig mit gefalteten Händen und war vollkommen in die Verehrung der Lotusfüße von Krishna („dem Dunklen“) vertieft. Und Nanda und Sunanda („Glück“ und „gutes Glück“), die beiden Diener des Gottes mit dem Lotusnabel, näherten sich und sprachen:
Oh Bester der Könige, sei gesegnet! Höre achtsam unsere Worte. Du hast als Fünfjähriger den Herrn durch deine Buße höchst befriedigt. Nun sind wir als Diener des göttlichen Schöpfers dieses ganzen Universums, der den Bogen Sarnga trägt, hier erschienen, um dich in sein Reich zu führen. Du hast die Region von Vishnu erreicht, die so schwer zu erreichen ist. Nicht einmal die Sieben Heiligen (im Sternbild „Großer Wagen“) konnten sich zu diesem höchsten Ort (dem Polarstern) erheben, um den der Mond, die Sonne, die Planeten und alle Sterne kreisen. Oh Bester deines Stammes, dies wurde weder von deinen Vorfahren noch von anderen vollbracht. So komm und lebe in dieser höchsten Region von Vishnu, vor der sich das ganze Universum verneigt. Oh unsterbliche Seele, du hast es verdient, diesen unvergleichlich strahlenden Himmelswagen zu besteigen, der dir vom Höchsten aller Wesen gesandt wurde.

Nachdem er die segensreichen Worte der beiden Diener aus Vaikuntha gehört hatte, nahm der Geliebte ein Reinigungsbad und erfüllte seine täglichen Pflichten. Dann verneigte er sich demütig vor den Asketen (der Einsiedelei) und bat um ihren Segen. Schließlich umrundete er den himmlischen Wagen voller Verehrung, verneigte sich vor den beiden Dienern und war bereit, das höchst strahlende Fahrzeug zu besteigen, so daß er auch selbst in goldenem Glanz erstrahlte. Im gleichen Moment erschien der Gott des Todes vor dem Sohn von Uttanapada und verneigte sich vor ihm, so daß er seinen Fuß auf sein Haupt setzen und den wunderbaren Wagen besteigen konnte, der so groß wie ein Palast war. Da erklangen die himmlischen Trommeln, Pauken und Trompeten, die Gandharvas sangen, die Apsaras tanzten, und die Götter streuten Blüten herab. Doch gerade, als er zur himmlischen Wohnstätte aufsteigen wollte, erinnerte sich Dhruva an seine Mutter Suniti und dachte:
Wie kann ich zu dieser schwer erreichbaren Region über den drei Welten aufsteigen und meine arme Mutter hier zurücklassen?

Aber die Besten der Götter erkannten diese Gedanken und zeigten ihm seine Mutter, wie sie ihm als göttliches Wesen auf dem Weg vorrausging. Und auf diesem Weg, der mit himmlischen Blüten bestreut war, passierte er unter dem Lobpreis der Götter nacheinander den Luftraum und die himmlischen Ebenen der Sterne und Planeten (den Bhuvar- und Swarloka). So erhob er sich mit dem himmlischen Wagen über die drei Welten und sogar über die Sieben Heiligen und erreichte die beständige Wohnstätte von Vishnu, von wo man nicht zurückkehren muß (an der Grenze zum Maharloka, für eine ausführliche Kosmologie der drei Welten und die Ebenen von Sonne, Mond, Planeten, Sternen, Sieben Heiligen und Dhruva siehe z.B. Vayu-Purana 2.39). Dort erstrahlte er in seinem Glanz, der sich über alle drei Welten ausbreitete. Wer gewaltsam gegen andere Geschöpfe handelt, kann diesen Ort niemals erlangen. Nur wer Mitgefühl übt, wer friedlich, rein und freundlich zu allen Wesen lebt und wahre Liebe zur Gottheit entwickelt, kann diese unvergängliche Region des Allmächtigen erreichen. So wurde Dhruva, der Sohn von Uttanapada, der sich ganz Krishna widmete, zum reinen Kronjuwel (bzw. Polarstern) der drei Welten. Oh Vidura, das ganze Himmelsgewölbe umkreist diesen Ort unaufhörlich mit großer Kraft und Schnelligkeit, wie Ochsen, die an einen Pfosten angebundenen wurden.

Als der himmlische Weise Narada den Ruhm von Dhruva betrachtete, ließ er seine Vina erklingen und sang auf dem Opferplatz der Prachetas (was in den folgenden Kapiteln noch erklärt wird):
Nur aufgrund seiner Entsagung konnte dieser Sohn der treuen Suniti diesen hohen Stand erreichen, den weder die Könige durch ihre Macht noch die Brahmanen durch ihr Vedenstudium erlangen können. Als Fünfjähriger ging er von den harten Worten seiner Stiefmutter getroffen mit tief verletztem Herzen in den Wald, folgte meinen Geboten und gewann den Höchsten Herrn, der nur durch die hingebungsvolle Liebe seiner Verehrer gewonnen werden kann. Der Herr von Vaikuntha war mit ihm zufrieden, und so erreichte er mit fünf oder sechs Jahren in kürzester Zeit seinen Segen. Wie sonst hätte Dhruva als Sohn eines Kshatriyas diesen hohen Stand gewinnen könnten, den andere nicht einmal mit vielen langen Jahren der Askese gewinnen?

Oh Vidura, damit habe ich dir alles über den großen Ruhm von Dhruva erzählt, wonach du mich gefragt hast. Diese berühmte Geschichte wird von den Weisen sehr geschätzt, sie verleiht Wohlstand, Ehre und ein langes Leben, heilt den Geist, vernichtet alle Arten von Sünde und ist so heilig und verdienstvoll, daß man damit sogar den Himmel von Dhruva erreichen kann. Wer sie ehrfürchtig mit Vertrauen hört, entwickelt die Hingabe und Liebe zum allmächtigen Herrn, der alle Hindernisse vernichtet. Sie gewährt guten Charakter und gibt Kraft und Weisheit für jene, die danach suchen. Man sollte sie morgens und abends im Kreise von Zweifachgeborenen hören oder vortragen, um die Herrlichkeit und Heiligkeit von Dhruva zu preisen. Zu Voll- oder Neumond, am Tag nach Ekadasi (dem zwölften Tag eines Mondmonats), wenn die Konstellation Sravana erscheint, sowie zu Tryahasparsa, Vyatipata, Sankranti und ähnlichen Feiertagen sollte man diese Geschichte einem achtsamen Publikum erzählen, ohne irgendeine Vergütung zu wünschen, sondern allein aus Hingabe zu den Lotusfüßen des Herrn, der seine Verehrer beschützt. So wird die Seele mit der Seele zufrieden sein und Vollkommenheit erreichen. Wer dieses nektargleiche Wissen an Bedürftige weitergibt, wird von den Göttern als Beschützer der Suchenden gesegnet und geht den Weg der Wahrheit zur Unsterblichkeit. Oh Bester der Kurus, damit habe ich dir die Geschichte des ruhmreichen Dhruvas mit den reinen Taten erzählt. Er gab sein Spielzeug auf, verließ das Heim seiner Mutter und suchte seine Zuflucht bei Vishnu.


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