Pushpak Bhagavata Purana Buch 4Zurück WeiterNews

4.13. Die Nachkommen von Dhruva

Der Suta sprach (zur Versammlung der Heiligen im Naimisha-Wald):
Als Vidura die Geschichte über den himmlischen Aufstieg von Dhruva gehört hatte, wuchs seine Liebe zum Höchsten Herrn, und er wünschte noch mehr vom Weisen Maitreya zu erfahren.

Und Vidura fragte:
Oh Bester der Gelübdetreuen, wer waren die Prachetas, die du erwähnt hast? Aus welcher Familie stammten sie, wessen Söhne waren sie, und wo haben sie ihr Opfer dargebracht? Ich denke, Narada ist der größte aller Verehrer, denn er hat die Gottheit erkannt und weist den Weg, dem Höchsten Herrn hingebungsvoll zu dienen. Als die Prachetas ihren Gelübden folgten und ihr Opfer dem Höchsten Herrn darbrachten, pries er auch den Empfänger aller Opfer. Oh Brahmane, ich bitte dich, erzähle mir alles, was Narada diesbezüglich erklärte.

Und der heilige Maitreya sprach:
Als Dhruva in den Wald ging, wünschte sein ältester Sohn Utkala weder den königlichen Thron noch das riesige Königreich. Denn seit seiner Geburt war er selbstbeherrscht, zufrieden, gleichmütig und von jeglicher Anhaftung frei. Er sah die Höchste Seele überall in der Welt und die ganze Welt in der Höchsten Seele. Im Feuer beständiger Yoga-Übung verbrannte er die im Geist angesammelte Unreinheit aller vergangenen Taten. Er erkannte die individuelle Seele in der Höchsten Seele des allgegenwärtigen Brahman, in dem alle Gegensätze vergehen, weil es im Grunde reines Bewußtsein und vollkommene Glückseligkeit ist. So verschwand durch wahre Selbsterkenntnis alles Unterschiedliche. Doch draußen auf der Straße erschien er wie ein Dummkopf, blind, taub, stumm und verrückt, denn sein Geist war wie ein Feuer, das (ohne Wind und Brennstoff) kaum noch brannte. Und weil auch die Ältesten der Familie und die Staatsminister glaubten, Utkala habe keine Intelligenz und sei verrückt, ernannten sie Vatsara, den jüngeren Sohn von Bhrami („Drehung“), zum Herrscher Welt.

Und König Vatsara („Jahr“) heiratete Svarvithi („Himmelsumlauf“), die ihm sechs Söhne gebar: Pushparna, Tigmaketu, Isha, Urja, Vasu und Jaya (die sechs indischen Jahreszeiten). Pushparna („Frühling“) heiratete Dosha („Dunkel“) und Prabha („Licht“). Die Söhne von Prabha waren Pratar, Madhyandinam und Sayam („Morgen“, „Mittag“ und „Nachmittag“). Die Söhne von Dosha waren Pradosha, Nishitha und Vyushtha („Abend“, „Mitternacht“ und „Morgendämmerung“). Vyushtha zeugte mit seiner Frau Pushkarini einen Sohn namens Sarvateja („All-Feuer“). Dieser heiratete Kuti („Haus“), die ihm einen Sohn namens Chakshusha („Auge“) gebar, der zum (sechsten) Manu wurde.

Seine Königin hieß Nadvala („Schilf“) und gebar ihm (zwölf) reine Söhne: Puru, Kutsa, Trita, Dyumna, Satyavan, Rita, Vrata, Agnishthoma, Atiratra, Pradyumna, Shivi und Ulmuka. Ulmuka zeugte mit Pushkarini sechs sehr gute Söhne, nämlich Anga, Sumana, Khyati, Kratu, Angira und Gaya. Anga heiratete Sunitha, die ihm den ungerechten Sohn Vena gebar. König Anga war so vom grausamen Charakter seines Sohnes enttäuscht, daß er die Stadt verließ (und im Wald lebte). Bald wurde Vena von den Weisen verflucht, und dieser Fluch traf ihn wie der Donnerblitz, so daß er sein Leben aushauchte. Aber ohne König wurden die Bewohner der Welt von Räubern und Betrügern überwältigt. Darauf rieben die Weisen den rechten Arm von Vena, wodurch sich ein Teil von Narayana verkörperte, der Prithu genannt und zum ersten großen König der Erde wurde.

Da fragte Vidura:
Wenn König Anga voll guter Eigenschaften war, heilig, fromm und den Brahmanen geneigt, wie konnte sein Sohn so übel werden, daß er verzweifelt seinen Palast verließ? Warum wollten die Weisen, die das Dharma kennen, Vena verfluchen, der als König den Stab der Herrschaft hielt? Der König sollte eigentlich niemals von seinen Untertanen beleidigt werden, auch wenn er sündigt, denn er vereint in sich die Kraft der Beschützer der vier Himmelsrichtungen (den Lokapalas). Bitte erzähle mir ausführlicher über Vena, den Sohn der Sunitha, denn du bist mit allem wohlvertraut, was im Himmel und auf Erden geschieht.

Darauf sprach Maitreya:
König Anga feierte einst ein großes Pferdeopfer. Doch obwohl die amtierenden Brahmanen die Götter eingeladen hatten, erschienen sie nicht zu diesem Opfer. Die Priester wunderten sich sehr und sprachen zum Opferherrn:
Oh König, die Götter nehmen die Opfergaben nicht an, obwohl du die Gaben mit reinem Geist gesammelt hast und die Riten mit den Mantras ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Wir sind uns nicht der kleinsten Vernachlässigung bewußt, weshalb die Götter einen Grund hätten, dieses Opfer zu meiden und ihre Anteile nicht zu anzunehmen.

Als König Anga diese Worte der Brahmanen hörte, war er sehr niedergeschlagen und fragte die Priester:
Wenn es nicht am Opfer liegt, daß die Götter nicht erscheinen, dann sagt mir bitte, welchen Fehler ich begangen habe.

Darauf antworteten die Priester:
Oh Bester der Menschen, in diesem Leben hast du nicht die kleinste Sünde begangen. Aber in vorhergehenden Leben hast du Unreinheit angesammelt, weshalb du auch in diesem Leben noch ohne Sohn bist. Oh König, sei gesegnet und höre unseren guten Rat: Führe ein Opfer für gute Nachkommenschaft durch. Verehre den Herrn aller Opfer mit diesem Wunsch, und er wird ihn erfüllen. Und wenn der Höchste Herr erscheint, um dir einen Sohn zu gewähren, werden auch alle anderen Götter kommen, um ihre Opferanteile zu empfangen. Der verehrte Herr kann jeden Wunsch erfüllen, und die Menschen erlangen die Früchte ihrer Taten entsprechend dem Geist, mit dem sie handeln.

So sprachen die Opferpriester, König Anga wünschte sich einen Sohn, und die Priester begannen, dem Herrn der Opfer Reiskörner (als fruchtbaren Samen) im Feuer darzubringen. Bald darauf erschien aus dem Opferfeuer ein Mann in reinster Kleidung mit goldenen Girlanden, der einen goldenen Topf mit gekochtem Milchreis in den Händen hielt. Der tugendhafte König nahm mit Erlaubnis der Opferpriester etwas Milchreis in seine Handhöhlung, roch daran und gab ihn mit großer Freude seiner Frau. Die kinderlose Königin aß davon, und es dauerte nicht lange, und sie empfing von ihrem Ehemann ein Kind. Als die Zeit reif war, brachte sie einen Sohn zur Welt (der Vena genannt wurde, was soviel wie „Bewegung“ bedeutet). Doch der Junge hatte das schreckliche Wesen von seinem mütterlichen Großvater Mrityu (dem Tod, zusammen mit dem unreinen Karma von Anga) geerbt, so daß er nicht dem heilsamen Dharma der Tugend und Gerechtigkeit folgte. Und so dauerte es nicht lange, da ergriff der Sohn seinen Bogen und ging als Jäger in den Wald, um unschuldige Hirsche zu töten. Da riefen die Leute: „Was für ein grausamer Vena!“ Und wie er die Tiere im Wald jagte und abschlachtete, so grausam tötete er auch die Jungen seines Alters, als er auf dem Spielplatz mit ihnen spielte. Der König sah, wie grausam sein Sohn war, konnte aber mit allen Mitteln der Erziehung nichts dagegen tun. So war er zutiefst erschüttert und überlegte:
Vielleicht habe ich (in einem früheren Leben) den Herrn verehrt, um keinen Sohn im Haus zu haben und mir das unerträgliche Elend eines übelgesinnten Sohnes zu ersparen. Denn wahrlich, welcher intelligente Mann würde sich die aus Liebe geschmiedeten Ketten eines Sohnes wünschen, der dann kein wahrer Sohn ist und seinem Vater so viel Schande bringt, zur Ursache für Ungerechtigkeit, Streit und Angst unter den Wesen wird, endlose Sorgen bereitet und das Hausleben zur Hölle macht. Es gibt wohl nur einen Vorteil, den so ein schlechter Sohn bringt, denn er wird zur Ursache einer großen „Enttäuschung“. Das Hausleben wird zur Qual, man beginnt, es zu verachten und die Anhaftung daran zu lösen.

Solche Gedanken gingen im Kopf des Vaters um, und der König, der nicht schlafen konnte, verlor jede Hoffnung und stand mitten in der Nacht auf, um sein Haus zu verlassen, das mit allen weltlichen Reichtümern gesegnet war. Er blickte noch einmal auf die Mutter von Vena, die fest schlief, und verließ seine Königin von allen unbemerkt. Als man am Morgen erkannte, daß der König den Schutz seines Reiches aufgegeben hatte und verschwunden war, durchsuchten die Bürger, Priester, Minister, Freunde und alle anderen Untertanen die Erde voller Trauer, als wären es unerfahrene Yogis, die den Höchsten Geist (Purusha) in der äußeren Welt suchen, der doch im Inneren verborgen ist. Oh Vidura, ohne eine Spur ihres Königs zu finden, kehrten die Menschen enttäuscht in ihre Stadt zurück, verneigten sich mit tränenvollen Augen vor den Weisen und beklagten ihr Leid, daß sie ihren König verloren hatten.


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