Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

2.29. Urvasi und Pururavas

Der Suta sprach:
Der Sohn von Soma, dem Mondgott, war Budha, und dessen Sohn war der höchst strahlende und großmütige Pururavas. Er vollbrachte Opfer mit überaus vielen Geschenken. Er verkündete die Veden, vernichtete die Feinde und war im Kampf unbesiegbar. Er pflegte regelmäßig das Feueropfer und schenkte den Opferpriestern ganze Länder. Er war wahrhaftig in seinen Worten, weise in den heiligen Riten, freundlich in seinem Verhalten, gezügelt in der Lust, ein höchst pflichtgetreuer Sohn und an Herrlichkeit unvergleichlich in allen drei Welten. Die berühmte Apsara Urvasi kam für ihn aus dem Himmel herab und heiratete diesen gerechten und wahrhaftigen König, der das Dharma kannte und die Veden verbreitete. Der heldenhafte König erfreute sich mit ihr zehn Jahre im wunderschönen Garten Chaitraratha, acht Jahre an den Ufern der Ganga, sieben Jahre im vorzüglichen Garten Nandana, sechs Jahre in der Stadt Alaka, sieben Jahre am Fuße des Berges Gandhamadana, acht Jahre auf dem Gipfel des Berges Meru, zehn Jahre im Land Uttarakuru und acht Jahre im Dorf Kalapagrama. An all diesen wunderschönen Orten, wo die Himmlischen wohnen, vergnügte sich König Pururava voller Freude mit Urvasi.

Da fragten die Heiligen:
Warum verließ die Dame die Gandharvas im Himmel und heiratete diesen König, der ein Mensch war? Oh höchst Gelehrter, das erkläre uns bitte.

Und der Suta sprach:
Sie wurde durch einen Fluch von Brahma überwältigt (siehe Ramayana 7.66) und mußte deshalb in der Welt der Menschen leben. So wurde die schöne Dame zur Ehefrau von Pururavas, dem Sohn der Ila, aber unter bestimmten Bedingungen. Um sich von den leidvollen Wirkungen dieses Fluchs zu befreien, verlangte sie, daß sie ihren Ehemann niemals nackt sehen darf, außer zur sexuellen Vereinigung im Überschwang der leidenschaftlichen Liebe. Und weiter sprach sie:
Oh König, in der Nähe unseres Bettes sollen sich immer zwei Widder befinden, und etwas geklärte Butter soll täglich meine Speise sein. Wenn du mit diesen Bedingungen einverstanden bist, dann werde ich, so lange sie nicht verletzt werden, an deiner Seite leben. Das sei unser Vertrag.

Der König hielt sich gewissenhaft an diese Bedingungen, und so lebte die schöne Dame mit Pururavas. Durch den Fluch von Illusion getäuscht wurde Urvasi eine Menschenfrau und diente ihrem Ehemann hingebungsvoll über vierundsechzig Jahre (im Rig-Veda und Satapatha Brahmana waren es noch vier Jahre). Doch darüber machten sich die Gandharvas Sorgen und sprachen untereinander:
Oh ihr Gesegneten, ersinnt ein geeignetes Mittel, wodurch die vorzügliche Urvasi, dieses schönstes Juwel des Himmels, zu uns Himmlischen zurückkehren möge.

Darauf sprach der Gandharva Viswavasu, dieser Erste der Redegewandten:
Oh ihr Sündlosen, ich hörte, wie sie einen Vertrag schlossen. So kenne ich die Mittel, wodurch sie den König verlassen wird, sobald er den Vertrag verletzt. Ich selbst werde mich unverzüglich bemühen, dieses Werk zu vollbringen.

So sprach der ruhmreiche Viswavasu und begab sich zur Stadt Pratishthana. Dort erschien er in der Nacht und trug einen der beiden Widder davon. Die Dame mit dem süßen Lächeln achtete auf diese beiden Widder wie eine Mutter. Als ihr bewußt wurde, daß der Gandharva herabgekommen war, sprach die ruhmreiche Dame im Bett zum König: „Einer meiner Söhne wurde gestohlen!“ Doch der König bliebt liegen und dachte: „Wenn die Königin mich nackt sieht, wird unser Vertrag gebrochen.“ Daraufhin trug der Gandharva auch den zweiten Widder davon. Und als er verschwunden war, sprach die Königin: „Oh Herr und König, meine Söhne werden davongetragen als wären sie Kinder eines hilflosen Mannes!“ Diesen Spott konnte er nicht ertragen, sprang auf und rannte (nackt) davon, um die Widder zu suchen. Darauf entfaltete der Gandharva eine große Illusion, so daß der ganze Palast erleuchtet wurde. Und sobald die Apsara, die jede gewünschte Gestalt annehmen konnte, den König nackt erblickte, verschwand sie. Der Gandharva sah, daß sein Ziel erreicht war, ließ die Widder dort zurück und verschwand ebenfalls. So fand der König die beiden Widder, nahm sie mit und kehrte ins Schlafgemach zurück. Doch als er seine schöne Frau nirgends mehr finden konnte, wurde er sehr traurig und jammerte.

Dann begann er, sie überall zu suchen, und wanderte lange über die Erde. Irgendwann erblickte er sie in Kurukshetra am heiligen Pilgerort Plaksatirtha, als sie ihr Bad im tiefen Wasser des Lotussees nahm. Sie erschien höchst strahlend und vergnügte sich dort in Begleitung fünf anderer Apsaras. Als die himmlische Dame mit den schönen Augen den König herankommen sah, zeigte Urvasi auf den König und sprach zu ihren Freundinnen:
Das ist der vorzügliche Mann, mit dem ich gelebt habe.

Daraufhin verschwanden diese himmlischen Damen vor den Augen des Königs. Er erblickte nur Urvasi und war höchst erfreut. Doch solgleich klagte er auf vielfältige Weise und sprach schließlich:
Oh geliebte Dame, komm zu mir! Sei freundlich, und laß uns wenigstens miteinander sprechen.

(Das Gespräch ist im Rig-Veda X.95 überliefert, nach Grassmann und Griffith:)
Pururavas: Wohlan, oh Weib, halte inne mit deinem Vorhaben, mich zu verlassen, oh Ehrfurchterweckende. Wir wollen miteinander sprechen. Das wird uns helfen.

Urvasi: Was soll ich mit deiner Rede? Ich bin vergangen wie die erste Morgendämmerung. Oh Pururavas, geh wieder nach Hause, denn ich bin so schwer zu halten wie der Wind.

Pururavas: Wie ein Pfeil aus dem Köcher fliege ich der Schönheit nach, wie ein schnelles Roß, das hunderte Rinder erbeutet. Unmännlicher Wille ist wie ein Blitz in der Dunkelheit. Die stürmischen Gefühle rufen wie die Mutterschafe nach ihren Lämmern.

Erzähler: Sie gab der Familie ihres Ehemannes reiche Nachkommenschaft, vom Liebenden gewünscht, und akzeptierte Tag und Nacht die Umarmung ihres Herrn, aber sehnte sich in ihre Heimat zurück, wo sie ihr Glück gefunden hatte.

Urvasi: Viele Tage hast du mich dreifach umarmt und erfülltest die nicht Verlangende mit reicher Liebe. Ich gab deinem Willen nach, oh Pururavas, so warst du, oh Held, Beherrscher meines Leibes.

Pururavas: Die von Lust erhitzte, in Liebe verwandte Welle spiegelte sich wie im See, die verschlungene und bewegliche. Ihre Düfte strömten wie Morgendämmerungen und nahten sich zu schönem Glücke wie milchgebende Kühe.

Urvasi: Als dieser geboren wurde, vereinten sich die Frauen der himmlischen Heiligen und nährten ihn (Skanda?) mit der Milch ihrer Liebe. Damals wurdest auch du, oh Pururavas, von den Himmlischen zum großen Kampf, dem Sieg über die Dämonen (der Begierde), gekräftigt.

Pururavas: Als ich, ein sterblicher Mensch, diese himmlischen Apsaras, die ihr Gewänder fallenließen, umarmen wollte, da flohen sie ängstlich vor mir zurück, wie vor einer giftigen Schlange, und liefen vor mir her wie die Rosse vor dem Wagen.

Urvasi: So spricht ein Sterblicher, der Unsterbliche liebt, nach seinem Verständnis mit einer Apsara. Wie Schwäne sieht er die Schönheit der Körper und verbeißt sich wie die Pferde im Liebesspiel.

Pururavas: Die wie ein herabstürzender Blitz leuchtete und mir Liebesgenüsse brachte, gebar aus dem Wasser einen heldenhaften Sohn. Möge ihm Urvasi ein langes Leben verleihen!

Urvasi: Du selbst bist dazu geboren, um Schutz zu verleihen. Deine Kraft hast du mir gezeigt. Ich, die es weiß, unterwies dich an jenem Tage, aber du hörtest nicht auf mich. Was willst du jetzt nutzlos klagen?

Pururavas: Wann wird der geborene Sohn seinen Vater befragen? Wenn er es erfährt, wird er klagen und viele Tränen vergießen. Wer darf gleichgesinnte Gatten trennen, solange noch das Herdfeuer der Eltern brennt?

Urvasi: Ich werde ihn trösten, wenn seine Tränen fließen. Er soll nicht klagen und um den Segen der Mutterliebe bitten. Ich werde dir alles schicken, was wir dir geben können. Nun geh nach Hause, du Narr, denn du kannst mich nicht halten.

Pururavas: Dein Geliebter, dem die Götter einst hold waren, wird noch heute fortgehen, für immer in die weiteste Ferne, um niemals zurückzukehren. Wütende Wölfe sollen ihn fressen, und auf ewig soll er im Abgrund des Todes ruhen.

Urvasi: Oh Pururavas, du sollst weder sterben noch fliehen. Laß dich nicht von den unheilvollen Wölfen fressen. Ach, es gibt keine dauerhafte Freundschaft mit dem Weibe (bzw. Weiblichen), denn die Begierden im Herzen sind die Wölfe, die dich fressen. Als ich in körperlicher Gestalt unter den Sterblichen wanderte und vier Jahre lang alle Nächte bei dir lag, da genoß ich einmal am Tag einen Tropfen geklärte Butter, und davon bin ich heute noch gesättigt.

Pururavas: Oh Urvasi, die die Luft erfüllt und den Raum durchdringt, dein Geliebter verehrt und ruft dich! Nimm das Geschenk meiner Treue an. Komm wieder zu mir, denn mein Herz verzehrt sich nach dir.

Urvasi: Es sprechen die Götter hier zu dir, oh Sohn der Ila: Wie du in der Welt dem Tod unterlegen bist, so sollen deine Nachkommen die Götter mit Opfergaben verehren, und du sollst im Himmel selig sein. (Ende des Kapitels im Rig-Veda.)

Nachdem sie diese und ähnliche Worte der Liebe ausgetauscht hatten, sprach Urvasi zum Sohn der Ila:
Oh Herr, ich bin schwanger von dir. Wahrlich, in einem Jahr werde ich dir deinen Sohn übergeben. Und dann wollen wir wieder eine Nacht miteinander verbringen.

Daraufhin kehrte der König höchst glücklich in seine Stadt zurück. Und nachdem ein Jahr vergangen war, ging der ruhmreiche König wieder zu Urvasi, verbrachte eine Nacht mit ihr, wurde wieder von leidenschaftlicher Liebe überwältigt und sprach in mitleiderregendem Ton:
Sei doch für immer mein!

Doch Urvasi antwortete dem Sohn von Ila:
Die Gandharvas wollen dir diesen Segen gern gewähren. Oh großer König, erbitte dir diesen Segen und sprich in deinem Inneren: „Ich wünsche mir den Segen, im Himmel der hochbeseelten Gandharvas zu sein.“

Damit war der König einverstanden, sprach „So sei es!“ und bat die Gandharvas um diesen Segen. Und die Gandharvas antworteten ebenfalls: „So sei es!“ Dann füllten die Gandharvas einen Topf mit Feuer und sprachen:
Oh König, wenn du mit diesem Feuer deine Opfer darbringst, dann wirst du unseren Himmel erreichen.

Daraufhin ergriff der König das Feuer und kehrte mit seinem Sohn in die Stadt zurück. Doch unterwegs versteckte er das Feuer in einem Arani (Sami) Baum und betrat nur mit seinem Sohn das Haus. Später kehrte er zu diesem Baum zurück und erblickte anstelle des Feuers einen Feigenbaum. Höchst verwundert, daß dort plötzlich ein Feigenbaum (aus dem Sami) gewachsen war, befragte er die Gandharvas über den Verbleib des Feuers. Als sie die ganze Geschichte vernommen hatten, geboten sie ihm aus diesem Baum Feuerhölzer zu machen und sprachen:
Schnitze Feuerhölzer aus dem Feigenbaum, quirle sie und entzünde das Opferfeuer gemäß den heiligen Geboten. Oh König, wenn du damit das Opfer vollbringst, wirst du die gleiche Region erreichen, wie wir.

So nahm der König das Holz vom Feigenbaum, entfachte durch Reibung drei Opferfeuer und verehrte damit die Himmlischen mit verschiedenen Opferritualen, wodurch er schließlich den Himmel der Gandharvas erlangte (und wieder mit Urvasi vereint war). Das alles geschah im silbernen Treta-Yuga, als dieser Hochbeseelte lebte. Bis dahin (im goldenen Satya-Yuga) gab es nur ein Feuer, und der Sohn von Ila erschuf drei (vermutlich Dakshina, Garhapatya und Ahavaniya). So mächtig war damals dieser Erste der Männer, der königliche Sohn der Ila. Er regierte über sein Königreich in Prayaga, dem heiligsten Land, das mit großen Weisen geschmückt war, am nördlichen Ufer der Yamuna in seiner Hauptstadt Pratishthana.

Der Stamm von Amavasu

Pururava hatte sechs Söhne, die in ihrem Glanz dem Indra glichen und im Reich der Gandharvas wohlbekannt waren. Sie hießen Ayu, Dhiman, Amavasu, Vishvayu, Shatayu und Gatayu und wurden alle von Urvasi geboren. Der Sohn von Amavasu war König Bhima, der die ganze Welt eroberte. Der Sohn von Bhima war Shriman, ein König mit goldenem Glanz, der auch Kanchana (oder Kanchanaprabha) genannt wurde, und dessen Sohn war der gelehrte und mächtige Suhotra. Der Sohn von Suhotra war Jahnu, der von Keshika geboren wurde. Als er ein überaus großes Opfer feierte, änderte die Ganga ihren Lauf und überschwemmte das Gebiet, weil sie den Lauf des Schicksals voraussah. Als der Sohn von Suhotra, der Gewährer von Segen, den ganzen Opferplatz von der Ganga überschwemmt sah, wurde er zornig und sprach mit glühenden Augen:
Oh Ganga, ich werde deinen Plan vereiteln, indem ich dein Wasser trinke und dich austrockne. Das sei die Strafe für deine Überheblichkeit.

So trank der königliche Weise die Ganga aus, und deshalb wird der segensreiche Fluß von den Göttern und Rishis auch als seine Tochter (Jahnavi) bezeichnet. Jahnu heiratete Kaveri, die Enkeltochter von Yuvanaswa, die wegen eines Fluchs von Yuvanaswa als ein Teil der Ganga wiedergeboren wurde. Auf diese Weise wurde Kaveri, diese Beste aller Flüsse, zur lobeswürdigen Ehefrau von Jahnu. Der liebliche und fromme Sohn von Jahnu und Kaveri war Sunaha. Der Sohn von Sunaha war Ajaka, und dessen Sohn war der ruhmreiche Valakashwa. Seine Söhne hießen Gaya, Shila und Kusha. Kusha hatte vier Söhne, die durch ihr vedisches Wissen erstrahlten. Ihre Namen waren Kushashva, Kushanabha, Amurtarayashas und Vasu. Der vorzügliche König Kushanabha übte harte Askese, um einen Sohn so stark wie Indra zu bekommen. Und als tausend Jahre vergangen waren, wurde Indra sehr besorgt und fürchtete um seine Macht. Und so entschied sich Indra, selbst als Sohn des Königs zu inkarnieren. Er wurde von Paurukutsa, der Ehefrau von Kushanabha, geboren, bekam den Namen Gadhi und wurde als Nachkomme von Kusha auch Kushika genannt. Die älteste Tochter von Gadhi war die strahlende und gesegnete Satyavati, die er Richika aus dem Stamm von Bhrigu zur Ehefrau gab.

Als der Muni Richika mit ihr zufrieden war, bereitete er zwei besonders gesegnete Teller mit Milchreis für seine Ehefrau Satyavati und ihre Mutter, der Ehefrau von Gadhi. Dann rief er Satyavati zu sich und sprach:
Oh strahlende Dame, du sollst diesen Teller Reis essen und deine Mutter den anderen. Dadurch wird deine Mutter einen strahlenden Sohn zur Welt bringen, der einer der besten Kshatriyas sein soll. Kein anderer Kshatriya wird ihn im Kampf besiegen können, und so wird er alle führenden Kshatriyas schlagen. Und dieser Teller Reis wird dir, oh vorzügliche Dame, einen weisen Sohn schenken, der ein großer Asket mit beherrschten Sinnen sein soll, einer der Besten aller Brahmanen.

So sprach Richika, der Nachkomme von Bhrigu, zu seiner Ehefrau und ging in die Wälder, um seine beständige Askese fortzusetzen. Zur gleichen Zeit ging König Gadhi mit seiner Ehefrau auf eine Pilgerreise und erreichte die Einsiedelei von Richika, um seine Tochter wiederzusehen. Da nahm Satyavati die beiden Teller mit Milchreis und brachte sie ihrer Mutter. Und das Schicksal wollte es, daß die Mutter ihren Reis der Tochter gab und selber den Reis aß, der für die Tochter bereitet war. Daraufhin empfing Satyavati einen strahlenden Krieger, der bestimmt war, alle Kshatriyas zu schlagen, und ihr Körper entflammte in großem Glanz. Als Richika, der Erste der Zweifachgeborenen, durch seine geistige Sicht erkannte, was geschehen war, sprach er zu seiner schönen Frau:
Oh liebe Dame, deine Mutter hat dir nichts Gutes getan, als sie die Teller mit dem Milchreis vertauschte. Du wirst einen höchst schrecklichen und gewalttätigen Sohn gebären. Dagegen wird deine Mutter einen großen Asketen zur Welt bringen, der alle Veden meistert. Denn durch die Kraft meiner Askese habe ich das ganze Wissen der Veden in diesen Reis gegeben.

Auf diese Warnung ihres Ehemannes antwortete die gesegnete Satyavati und bat:
Möge ich niemals so einen gewaltsamen Krieger als Sohn eines Brahmanen gebären.

Und auf diese Bitte entgegnete der Heilige:
Oh vorzügliche Dame, auch ich wünsche keinen so kriegerischen Sohn. Doch es geschieht durch das Wesen von Vater und Mutter, daß ein Sohn mehr oder weniger gewalttätig wird.

Darauf sprach Satyavati noch einmal zu ihm:
Oh großer Heiliger, wenn du es willst, kannst du ganze Welten erschaffen, von einem Sohn nicht zu reden. Oh heiliger Herr und Meister, bitte gib mir einen friedvollen und wahrhaften Sohn, der seine Sinne beherrschen kann. Oh Herr, sage: „Möge dir so ein Sohn geboren werden!“ Oh Bester der Zweifachgeborenen, das ist alles, was ich wünsche.

Daraufhin erfreute er sie mit der Kraft seiner Askese und antwortete:
So sei es, oh Schöne! Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Sohn und Enkelsohn. Deshalb soll geschehen, was du gesprochen hast.

So gebar Satyavati zur rechten Zeit einen Sohn namens Jamadagni, der als Nachkomme von Bhrigu stets seine Sinne beherrschte und dem Frieden und der Entsagung geneigt war. Wegen des Vertauschens der beiden Reisteller, in denen Richika die Energie von Rudra und Vishnu gelegt hatte, aß („Jamanat“) Satyavati vom Rudra-Feuer und so wurde ihr Sohn „Jamadagni“ genannt. Ihre Mutter, die Ehefrau von König Gadhi, aß vom Vishnu-Feuer und gebar den Sohn Vishvamitra, der zum Segen des Kushika-Stammes den Status eines heiligen Brahmanen erlangte. So hatte es Brahma selbst bestimmt. Und die wahrhafte und fromme Satyavati wurde zum berühmten und höchst vorzüglichen Fluß Kausiki und begann, durch die Welt zu fließen.

Jamadagni heiratete Renuka, die Tochter des höchst mächtigen Königs Suvenu aus dem Ikshvaku Stamm. Und ihr Sohn war der kriegerische und höchst strahlende Parasurama, der später die ganze Kshatriya-Kaste ausrottete. Er war ein Meister aller Waffenkünste und vor allem des Bogenschießens. So geschah es durch die asketische Kraft von Richika, daß Satyavati den weitberühmten Jamadagni zur Welt brachte, diesen Ersten aller Vedenkenner. Ihr zweiter Sohn war Sunahsepha, und der jüngste Sohn war Sunahpuccha.

Der tugendhafte Vishvamitra, der auch Vishvaratha genannt wurde, nahm durch den Segen von Richika seine Geburt im Stamm von Kushika und vermehrte diese Familie. Shunahshepha gilt als ältester Sohn von Vishvamitra und wurde ein großer Heiliger. Im Opfer von Harishchandra wurde er zum Opfertier bestimmt, doch von den Göttern zurückgegeben. So bekam er den Namen Devarata. Die weiteren Söhne von Vishvamitra hießen Madhucchanda, Naya, Krita, Deva, Dhruva, Ashtaka, Kacchapa und Purana. Und von diesen hochbeseelten Kaushikas stammen unzählige Familien ab, wie die Parthivas, Devaratas, Yajnavalkyas, Samarsanas, Udumbaras, Udumlanas, Tarakas, Yamamuncatas, Lohinyas, Renavas, Karisus, Babhrus, Panins, Dhyana-Japyas, Shalavatyas, Hiranyakshas, Syankritas, Galavas, Devalas, Yamadutas, Shalankayanas, Baskalas und viele andere Nachkommen des weisen Vishvamitra, die sich durch Eheschließung mit anderen Stämmen vermischten. Weitere Stämme des Brahmarshi Kushika, dem heiligen Nachkommen von Pururava, sind die Soshrumas und Saindhavayanas. Auch Astaka war ein Sohn von Vishvamitra, der von Drisadvati geboren wurde. Damit habe ich den Stamm von Jahnu (bzw. Amavasu) erklärt.

Da fragten die Heiligen:
Durch welche besondere Tugend, Askese und Gelehrtheit konnten Vishvamitra und andere Könige die Brahmanenschaft erlangen? Welche Könige haben dies erreicht? Erkläre uns bitte die nötigen Eigenschaften und Opfergaben.

So befragt, sprach der Suta folgende bedeutungsvolle Worte:
Auch wenn man die Tugend wünscht und seinen Geist dem Opfer widmet, erreicht man nicht die Früchte der heiligen Riten, wenn man dafür ungerecht erworbenen Reichtum verwendet. Ein sündhafter oder gemeiner Mensch mag den Brahmanen noch so viele wohltätige Geschenke machen, um seinen tugendhaften Willen zu bekunden, er bleibt scheinheilig. Ein ungezügelter und von Leidenschaft und Unwissenheit beherrschter Mensch mag harte Askese und Wohltätigkeit üben, doch wenn er damit nur sein Ego stärkt, kann er die Früchte der Wohltätigkeit nicht ernten. Die wohltätigen Gaben einer übelgesinnten und gewalttätigen Person sind verloren, mag er auch noch so viele heilige Riten zelebrieren. So werden auch die Opfergaben, die durch gewaltsame und leidbringende Taten angehäuft wurden, unfruchtbar bleiben. Tugendhaften und bedürftigen Menschen sollte man nur rechtmäßig erworbenen Reichtum schenken. Wer Opfer und Wohltätigkeit ohne persönliche Absichten übt, der wird die gute Frucht der Gaben ernten und das Glück erreichen. Denn nur durch Wahrhaftigkeit erreicht man das Glück im Geben und kann zum Himmel aufsteigen. Durch wohlausgeführte Entsagung kann man alle Welten und Bereiche durchdringen. Nachdem er in den Welten unvergänglich geworden ist, erfreut sich der Strahlende der ewigen Glückseligkeit. Opfer sind besser als Geschenke, noch besser als Opfer ist die Askese, noch besser als Askese ist die Entsagung, und noch besser als Entsagung ist die vollkommene Erkenntnis.

Man sagt, daß die zweifachgeborenen Kshatriyas die Brahmanenschaft durch Askese erreichten. Zu ihnen gehörten Vishvamitra, König Mandhata, Sankriti, Kapi, Kapis Sohn Purukutsa, Satya, Anrihavan, Prithu, Arstishena, Ajamidha, Bhaganya, Anya, Kakshiva, Shijaya, Rathitara, Runda, Vishnuvriddha und andere heroische Könige. Sie gelten als Heilige mit Kriegerqualitäten, die ihre Heiligkeit sowie die großen und übernatürlichen Fähigkeiten (Siddhis) durch Askese gewannen. - So hört nun im Weiteren über den Stamm des hochbeseelten Ayu.


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