Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

2.22. Die Stämme von Varuna und Vivasvat

Die Heiligen, denen dieses Sraddha-Kapitel erzählt wurde, waren höchst erfreut. Und mit dem Wunsch, noch mehr zu hören, fragten sie:
Wir bitten dich, erzähle uns auch in der richtigen Reihenfolge von den Stämmen der unermeßlich strahlenden und heldenhaften Könige.

So gebeten, erfüllte der Suta Lomaharshana, der Meister in der Kunst der Rede und im Erzählen von Geschichten, den Wunsch der Heiligen und sprach:
So hört und versteht, wie ich wiederhole, was mir der heilige Vyasa einst erzählt hat. Auch wenn ich es nur berichte, hört und versteht den Sinn und Zweck der höchst glorreichen und mächtigen Königsdynastien auf tiefgründige Weise.

Die Frau von Varuna, dem Gott des Wassers, war die Tochter des Ozeans namens Shunodevi. Sie gebar ihm die beiden Söhne Kali und Vaidya (der Dunkle und der Wissende) sowie die Tochter Surasundari (die Götterschöne). Die beiden mächtigen Söhne von Kali waren Jaya und Vijaya (der Sieg und der Siegende), und die beiden kraftvollen Söhne von Vaidya waren Ghrini und Muni (Lichtstrahl und Weiser). Doch als diese Nachkommen hungrig wurden, aßen sie sich gegenseitig auf und verschwanden. Dann zeugte Kali mit Sura einen Sohn, der als Mada (der Rausch) bekannt wurde. Die älteste Frau von Kali war Himsa (die Gewalt), eine Tochter vom himmlischen Architekten Twashtri, die auch als Nikriti (Bosheit) bekannt wurde. Sie gebar ihrem Ehemann Kali vier weitere menschenfressende Söhne namens Naka, Vighna, Sadrama und Vidhama (Himmel, Hindernis, Zerstörung usw.). Unter ihnen war Vighna ohne Kopf, Naka ohne Körper, Sadrama hatte nur eine Hand und Vidhama nur einen Fuß. Die Frau von Sadrama hieß Putana und war von Tamas (Trägheit) geprägt. Die Frau von Vidhama war Revati (die Reiche), die ihm tausende Söhne gebar. Die Frau von Naka war Shakuni, und die Frau von Vighna war Ayomukhi. Von ihnen wurden Rakshasas mit gewaltigen Köpfen geboren, die während der Morgen- und Abenddämmerung umherwandern. Die Söhne von Revati und Putana werden Nairritas genannt und sind dämonische Rakshasas, die vor allem Kinder quälen. Auf Gebot von Brahma, wurde Skanda ihr Herrscher.

Vrihaspati hatte eine Schwester namens Yogasiddha. Die edle Dame übte das Keuschheitsgelübde und konnte frei von Anhaftung durch das ganze Universum wandern. Sie wurde zur Frau von Prabhasa (dem Licht), einem der acht Vasus, und gebar ihm den Sohn Visvakarma, den himmlischen Künstler und Handwerker, der auch Twashtri genannt wurde und die Formen der Welt erschuf. Er gilt als Enkelsohn von Dharma, war großmütig und wurde zum Schöpfer tausender Künstler und Handwerker wie auch zum Architekt der Götter. Er schuf die himmlischen Wagen aller Götter und den Lebenserwerb der Menschen in allen Handwerksberufen. Die Frau von Twashtri war (Virochanah) die berühmte Tochter von Prahlada und Schwester von Virochana und wurde zur Mutter von Trishiras (dem Dreiköpfigen). Auch Maya (Illusion) gilt als ein Sohn von Twashtri, dem intelligenten Architekten der Götter und Lehrer aller Handwerker und Künstler. Seine jüngere Schwester hieß Surenu (lieblicher Staub) und wurde zur Frau des Sonnengottes, die auch als Sajna (bzw. Samjna) berühmt war. Durch die Kraft ihrer Askese gebar sie den ältesten Sohn von Vivasvat, der zum Manu (Vaivaswata) wurde. Nach ihm brachte sie noch die Zwillinge Yama und Yamuna zur Welt. Dann nahm die edle Dame die Gestalt eines Pferdes an und begab sich in das Land der Kurus. In dieser Form gebar sie dem Sonnengott noch zwei weitere Söhne aus ihren Nüstern, die ebenfalls die Gestalt von Pferden annahmen. Es waren die Aswins, die Zwillingsgötter Nasatya und Dasra, die als Söhne von Martanda gelten.

Da fragten die Heiligen:
Warum wird die Sonne von den Gelehrten Martanda genannt? Warum gebar sie die Zwillinge in Gestalt von Pferden aus ihren Nüstern? Das wünschen wir gern zu erfahren. Bitte erzähle uns alles.

Und der Suta sprach:
Es gab einst ein Ei (von Aditi), das lange Zeit nicht aufbrechen wollte. Daraufhin zerbrach und öffnete Twashtri dieses Ei. Als Kasyapa dies sah, wurde er traurig und befürchtete den Tod des Fötus. Doch als das Ei in zwei Teile zerbrochen war, schaute Twashtri hinein und sprach: „Das ist kein zerstörtes Ei! Oh Sündloser, du sollst Martanda heißen.“ Und Kasyapa, der Vater, sprach voller Liebe: „Wahrlich, dieses Ei ist nicht tot! (Mrita Anda)“ Mit diesen Worten wurde der Sinn des Namens erklärt. Weil er von seinem Vater als „geboren aus einem zerbrochenen Ei“ angesprochen wurde, wird der Sonnengott Vivasvat von den Kennern der alten Geschichten auch Martanda genannt.

Im Weiteren werde ich jetzt die Nachkommen von Vivasvat alias Martanda beschreiben. Zuerst wurden die drei genannten Kinder von seiner Frau Sajna geboren. Später wurden ihm der jüngere Manu Savarni und der Planet Sani (Saturn) vom Schatten der Sajna (Savarna) geboren. Und schließlich brachte die wahre Sajna noch die göttlichen Aswin Zwillinge zur Welt. Diese sieben gelten als die Kinder von Vivasvat. Vivasvat selbst war der Sohn von Kasyapa und der Tochter von Daksha (Aditi). Die Tochter von Twashtri wurde die Frau von Vivasvat. Die hochbeseelte Dame hieß ursprünglich Surenu und wurde später als Sajna bekannt. Diese Frau des Sonnengottes war höchst strahlend und eine Dame von größter Schönheit in vollkommener Jugend. Doch sie wurde von der strahlenden Kraft ihres Ehemanns überwältigt, und der körperliche Kontakt mit dem Sonnengott Martanda, dem Sohn von Aditi, war auf die Dauer nicht mehr angenehm für sie. Denn nachdem das Ei zerbrochen wurde und Kasyapa aus Zuneigung spontan sprach „Wahrlich, dieses Ei ist nicht tot!“, wuchs die strahlende Kraft von Martanda Tag für Tag an, und der Sohn von Kasyapa drohte, die Welten zu verbrennen.

Trotzdem zeugte der Sonnengott mit Sajna drei Kinder, zwei mächtige Söhne und die Tochter Yamuna. Manu (Vaivaswata) war der Älteste und wurde zu einem großen Stammvater und als Sraddhadeva bekannt. Nach ihm wurden die Zwillinge Yama und Yamuna geboren. Als sie die stechende Hitze vom Sonnengott spürte und nicht mehr ertragen konnte, schuf Sajna aus ihrem Schatten ein Wesen, das ihr in Gestalt gleich war. Und diese irdisch gestaltete Frau, die aus ihrem Schatten geboren wurde, näherte sich demütig mit gefalteten Händen und sprach:
Sage mir, was ich für dich tun soll?

Und Sajna antwortete:
Sei gesegnet! Ich muß zum Haus meines Vaters zurückkehren, und du sollst ohne weitere Bedenken in meinem Haus leben und für meine beiden Söhne und die strahlende Tochter sorgen. Aber von alledem soll mein Ehemann und Herr nichts erfahren!

So angesprochen sprach der irdische Schatten zu Sajna:
Oh edle Dame, ich werde dein Geheimnis niemals aussprechen, solange er mich nicht an den Haaren ergreift. Oh hochbeseelte Dame, kehre zu deinem Vaterhaus zurück.

Sajna war damit zufrieden und sprach: „So sei es!“ Dann verließ sie den qualvollen Ort und ging zu ihrem Vater Twashtri, obwohl sie sich sehr darüber schämte. Als ihr Vater sie zurückkehren sah, wurde er ärgerlich und sprach:
Geh zu deinem Ehemann zurück! Du solltest den Sonnengott nicht verachten.

Doch trotz der Ermahnung ihres Vaters lebte sie über tausend Jahre in ihrem Vaterhaus. Als sie dann immer wieder ermahnt wurde „Geh zum Haus deines Ehemanns!“ verbarg die reine Dame ihre wahre Form und nahm die Gestalt eines Pferdes an. So ging sie ins nördliche Kuru-Land und begann dort zu grasen.

Mittlerweile zeugte der Sonnengott mit seiner vermeintlichen Ehefrau zwei Kinder, und so gebar die Schatten-Sajna zwei Söhne, die so hell wie ihr Vater erstrahlten. Die beiden Söhne waren Shrutasrava und Shrutakarman, die das Dharma kannten und in ihrer königlichen Würde dem erstgeborenen Manu glichen, ihrem ältesten Bruder. Shrutasrava wird der Savarni Manu (der 8. Manu) werden, und Shrutakarman wurde zu Shani (dem Planeten Saturn). Doch die irdische Schatten-Sajna liebte vor allem ihre eigenen Söhne und nicht die vorhergeborenen. Manu ertrug es gelassen, aber Yama konnte es nicht erdulden. Nachdem er viele Male (von seiner Stiefmutter) geschmäht wurde, wurde Yama trotzig und bedrohte die Schatten-Sajna mit seinem Bein. Das geschah aus Ärger, Kinderei und natürlich dem unausweichlichen Schicksal, so daß die Dame, die wie seine Mutter aussah, zornig wurde und Yama verfluchte:
Weil du damit die ruhmreiche Frau deines Vaters bedroht hast, soll dein Bein abfallen!

Durch diesen Fluch wurde der Geist von Yama sehr gequält, und der Tugendhafte ging zusammen mit Manu zu seinem Vater und berichtete ihm alles:
Oh Vater, ich werde von einem Fluch gequält, denn die Worte von Sajna haben mich überwältigt. Es geschah doch nur aus Kinderei und Unwissenheit. Oh Vater, beschütze mich! Oh Herr der Welten und Bester der Strahlenden, ich wurde von meiner eigenen Mutter verflucht! Möge mich deine Gnade vor dieser großen Gefahr beschützen.

So angesprochen antwortete Vivasvat:
Oh Sohn, zweifellos gab es dafür einen triftigen Grund. Es geschah wohl, weil dich der Ärger überwältigt hat, obwohl du die Tugend kennst und nur Wahres sprichst. Doch die Worte deiner Mutter sind nun einmal gesprochen und können nicht falsch sein. So mögen einige Würmer an deinem Bein nagen und mit dem Fleisch zu Boden fallen. Oh Intelligenter, damit wirst du dein Bein retten und wieder glücklich sein. Auf diese Weise werden die Worte deiner Mutter wahr und in Erfüllung gehen. Damit endet der Fluch und du wirst gerettet.

Dann begab sich der Sonnengott zu Sajna und sprach:
Wenn alle Söhne gleich vorzüglich sind, warum hegst du zu einigen mehr Liebe als zu den anderen?

Doch sie erinnerte sich an ihr Versprechen und gab Vivasvat keine Antwort. Da vertiefte sich der Sonnengott in Meditation und erkannte durch seine Yoga-Kraft die Wahrheit. Und als sein Zorn aufloderte, und er bereit war, sie mit einem Fluch zu verbrennen (bzw. sie an den Haaren ergriff), gestand sie dem Sonnengott alles, was geschehen war. Als Vivasvat die ganze Geschichte gehört hatte, eilte er aufgeregt zu Twashtri, der den Sonnengott, der alles verbrennen wollte, auf rechte Weise ehrte. Er beruhigte ihn langsam und sprach:
Deine gegenwärtige Gestalt mit dieser großen Hitze und dem hellen Licht ist nicht angenehm. Weil sie es nicht ertragen konnte, wandert Sajna jetzt durch die Wälder und Wiesen. Doch du sollst deine Frau mit dem vorzüglichen Verhalten noch heute wiedersehen. Oh Herr der Strahlen, mittels deiner Yoga-Kraft wirst du deine lobenswürdige Ehefrau in ihrem wunderschönen und jugendlichen Zauber sehen. Oh Bester der Feindevernichter, alles wird gut, wenn du meinen Vorschlag annimmst, um deine jetzige Gestalt in eine vorzüglichere zu verwandeln.

Denn damals erstrahlte der Sonnengott ungehemmt in alle Richtungen. Und weil er sich nun dieser Hemmungslosigkeit schämte, pries der Gott mit dem Wunsch nach Entsagung das Rad von Twashtri und gab ihm die Erlaubnis seine Gestalt zu verändern. So befestigte Twashtri den Sonnengott auf eigenen Wunsch hin am Rad und drechselte seine Strahlkraft ab, bis die strahlende Wärme und Helligkeit angenehm wurden. Und was zuvor nicht mehr erträglich war, wurde nun wieder freundlich und gut.

Dann benutze der Sonnengott seine Yoga-Kraft und erblickte seine wahre Frau in Form einer Stute, obwohl sie durch ihre reine Tugend und Treue für alle Lebewesen unsichtbar war. Da näherte sich Martanda in Form eines Hengstes und verkündete seine Liebe. Doch während der Begattung war sie sich nicht sicher, ob es wirklich ihr Ehemann war und entließ den Samen von Vivasvat durch ihre Nüstern. Und aus diesem Samen wurden die göttlichen Aswin-Zwillinge geboren, die himmlischen Heiler Nasatya und Dasra. Sie gelten als Söhne von Martanda, dem achten großen Stammvater. So zeigte der Sonnengott seine schöne und angenehme Gestalt, und seine Ehefrau war bei diesem Anblick höchst zufrieden und fasziniert.

Yama, dessen Geist durch den Fluch sehr gequält wurde, erfreute alle durch seine Tugend und Gerechtigkeit. So wurde er zum König des Dharmas und erreichte durch sein vorzügliches Handeln und seine große Ausstrahlung die Königsherrschaft über die Ahnen sowie die Schirmherrschaft über die Himmelsrichtung (Süden). Der Savarni-Manu wird mit großem Ruhm der Manu im kommenden Savarni-Manwantara werden. Denn schon heute übt der heilige Herr harte Askese auf dem schönen Rücken des Berges Meru. Sein Bruder Shani erreichte den Status des Planeten Saturn. Ihre jüngere Schwester Yamuna wurde mit großem Ruhm zum vorzüglichen Fluß Yamuna, der der Reinigung in allen drei Welten dient. Der Vaivaswata-Manu, der Älteste von ihnen, wurde zum höchst strahlenden Manu des gegenwärtigen Manwantaras. Und mit dem abgedrechselten Glanz der Sonne schuf Twashtri den Diskus von Vishnu, der im Kampf gegen die Dämonen unbesiegbar ist.

Wer diese Geschichte vom Ursprung der Götter und den sieben mächtigen Kindern des Sonnengottes liest oder hört, wird von allem Unglück erlöst und erreicht den Glanz und die Herrlichkeit der Sonne.


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