Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

2.17. Die Reinheitsgebote

Die Heiligen sprachen:
Oh weiser Suta, du hast das Kapitel über das Sraddha, das von den Heiligen gepriesen wird, ausführlich erklärt, und wir haben es gehört. Oh Bester der Intelligenten, berichte nun die übrigen Dinge zu diesem Thema, wie es der Meinung der Weisen entspricht.

Und der Suta sprach:
Oh gesegnete Brahmanen, ich werde die Meinung der Weisen bezüglich des Sraddhas ausführlich erklären. Hört mich an. Die Riten und Arten der Ausführung des Sraddhas habe ich bereits dargelegt. Ich werde nun ordnungsgemäß das Übrige erklären, was die Brahmanen betrifft. Man sollte die Brahmanen nicht ständig untersuchen und prüfen. Aber bezüglich der Riten für die Götter und Ahnen ist ihre Prüfung in den heiligen Schriften (der Grihya Sutras) geboten.

Man sollte achtsam jene Personen meiden, an denen man unheilsames oder übelgesinntes Handeln erblickt und die von anderen guten Menschen gemieden werden. So sollte ein vernunftbegabter Mann einen bisher unbekannten Brahmanen für ein Sraddha prüfen. Prinzipiell gilt natürlich, daß die heiligen Siddhas in Gestalt der Brahmanen über die Erde wandern. Deshalb sollte man einen ankommenden Gast stets mit gefalteten Händen ehren, und mit dem Wasser zum Waschen der Füße, Öl zur Massage und guter Speise begrüßen. Götter und Yoga-Meister wandern in verschiedenen Gestalten über diese ozeanumgrenzte Erde und beschützen die Wesen mit Gerechtigkeit. Deshalb sollte man nicht nur Brahmanen als Gäste verehren und mit verschiedenen Speisen, Gemüse und Früchten bewirten. Man sagt auch, daß man die Verdienste eines Feueropfers erhält, wenn man einen Gast mit Milch oder Wasser begrüßt. Mit geklärter Butter erreicht man die strahlende Sicht, die als Frucht eines sechzehntägigen Opfers entsteht, und mit Honig die Frucht eines Atiratra-Opfers. Wer voller Verehrung und Vertrauen die Brahmanen mit allem Wünschenswerten bewirtet, gewinnt die Früchte davon. Und wer all seinen Besitz den Gästen widmet, erfreut sich für ewig der Frucht eines Pferdeopfers.

Wer dagegen einen Gast mißachtet, der während eines Ahnen- oder Götteropfers erscheint, wird von den Göttern gemieden, wie ein Opferpriester unreine Dinge meidet. Denn zum Segen der Welt gehen die Götter, die Ahnen und der Feuergott in diese Brahmanen ein und bitten um Speise. Wer sie verehrt, wird mit der Erfüllung seiner Wünsche gesegnet. Wer sie aber mißachtet, der verbrennt sich selbst. Deshalb sollte man stets die Gäste mit allem verehren, was man besitzt. Sei es ein Waldeinsiedler, Hausvater, Asket, Kind oder Hilfebedürftiger, sie alle sollten als Gäste geachtet werden, auch die Bettler, die regelmäßig erscheinen. Besonders gut sind die freundlichen Gäste aus einer reinen Kaste, die weder ungelehrt noch übergelehrt und weder kinderlos noch übermäßig kinderreich sind. Wer die wahre Frucht eines Opfers wünscht, der sollte einen Gast, der lange gewandert, durstig, erschöpft und sehr hungrig ist, liebevoll empfangen und bewirten. Das entspricht einer Pilgerfahrt nach Bhrigutunga oder zu den heiligen Flüssen Sarasvati, Ganga, Mahanadi und anderen, die vom Himavat herabkommen, wo man die Heiligen an heiligen Orten verehrt, von allen Sünden gereinigt und im Himmel gepriesen wird.

Nach einem Todesfall gilt ein Mann für einige Zeit als unrein. Für Brahmanen dauert diese Unreinheit zehn Tage, für Kshatriyas zwölf Tage, für Vaisyas einen halben Monat und für Shudras einen ganzen Monat. Die Unreinheit einer Frau nach ihrer Menstruation beträgt drei Tage unabhängig von ihrer Kaste. Wer eine Frau während dieser Zeit berührt oder eine Frau in der Geburtskammer, einen Hund, einen Chandala, einen Nackten, Nacktähnlichen oder eine Leiche, gilt als unrein und sollte sich mit seinen Kleidern baden und zwölfmal mit Sand abreiben, um sich wieder zu reinigen. Der gleiche Ritus gilt nach einer sexuellen Vereinigung. Dann sollte ein vernunftbegabter Mensch die Hände neunmal mit Sand und Wasser waschen, die Reinigungsriten durchführen, und die Schamteile zweimal mit Sand abreiben. Diese Reinigung gilt auf ewig für alle Kasten. Der allgemeine Reinigungsritus für Waldeinsiedler ist das dreimalige Abreiben der Hände und Füße mit Sand, die man danach mit Wasser besprenkelt. Für die Hausväter gilt das Gleiche, aber fünfzehnmal für alle unreinen Körperteile, die man danach mit Wasser abwäscht. Wer zu Fuß eine Straße entlanggeht, sollte ein Tuch über Kopf und Nacken tragen und danach seine Füße waschen, sonst gilt er als unrein. Nachdem er die Füße gewaschen und den Wassertopf abgesetzt hat, sollte er seinen Mund spülen und etwas Wasser versprenkeln, wie man auch die Utensilien des Sraddhas mit Wasser besprenkelt, die Blüten, das Gras, die Opfergaben und was sonst noch dargebracht werden soll. Denn in allen Opferriten für die Götter und Ahnen sollten nur Dinge verwendet werden, die mit Wasser besprenkelt wurden. Alles, was zum Altar gebracht wird, sollte von Norden herangetragen und nach Süden weggetragen werden. Dann können die Riten für die Götter und Ahnen erfolgreich sein. Den Altar sollte man nur mit der rechten Hand berühren. Dagegen ist es verdienstvoll, die Opfergaben an die Götter und Ahnen mit beiden Händen auszuteilen.

Seinen Mund sollte man ausspülen, wenn man gereizt oder aufgeregt ist, nach dem Aufstehen vom Schlaf, nach dem Entleeren von Darm oder Blase, nach einem Erbrechen, nach dem Essen, wenn die Füße gereinigt wurden, nach dem Gespräch mit einer übelgesinnten Person, nach dem Besuch unreiner Orte, nach kleinen Vergehen wie ungebundene Haare oder das Vergessen der heiligen Schnur, wenn man sich auf die Lippen gebissen hat, nach dem Anblick eines Chandalas, nachdem sich Speisereste aus den Zähnen gelöst haben oder zu ähnlichen Anlässen, die eine Verunreinigung bedeuten können. Wer während einer sündhaften Tat seinen Mund spült, bleibt natürlich unrein. Er möge sich an einen reinen Ort setzen, sich Richtung Norden oder Osten verneigen, Hände und Füße waschen und dann seinen Mund erneut spülen. Dabei soll er dreimal mit ganzer Konzentration und aufrichtigem Geist am stillen Wasser nippen, und danach die Sinnesorgane, Kopf, Hände und Füße mit Wasser besprenkeln. Denn alles, was nicht heilig erscheint, sollte man mit Waser heiligen. Auf diese Weise werden durch Mundspülung alle Riten, Opfer, Askese, Vedenstudium, Wohltätigkeit und Gelübde gute Früchte tragen. Wer ohne Gottvertrauen in den heiligen Riten die Mundspülung versäumt, wird die guten Früchte sicherlich verlieren.

Folgendes sollte man als rein kennen: das wahre Wort, das Gereinigte, das Unbefleckte und das Heilige. Das Gegenteil davon wäre das Unreine. Deshalb sollte man einem hungrigen Brahmanen niemals sagen: „Ich habe nichts!“ Alles, was man ihm voller Verehrung gibt, wird zu einem Opfer, ohne daß man einen Opferpfahl errichten muß. Auch ein bedürftiger, nicht bittender, einsamer und schüchterner Brahmane sollte während eines Sraddhas mit wohlzubereiteter Speise bewirtet werden. Wer nur niedere Kasten bewirtet, gilt als ein übelgesinnter Brahmanen-Mörder, und selbst nach hundert Wiedergeburten kommt er von dieser Sünde nicht frei.

Ein Brahmane, der mehr oder weniger würdige Brahmanen in der gleichen Reihe bewirtet, sammelt damit Sünde an und verliert augenblicklich seinen Verdienst, den er durch das Anlegen von Brunnen und Wasserstellen gesammelt hat. In Festivals sollte ein Asket der Führer aller Brahmanen sein. Danach kommt ein vorzüglicher Brahmane, der alle Veden und Epen studiert hat, dann einer, der drei Veden studiert hat, dann einer, der zwei Veden studiert hat, dann einer, der einen Veda studiert hat, und schließlich einer, der nur die rationale Wissenschaft studiert hat. Das sage ich für die Reinheit der Sitzreihenfolge. Versteht es recht. Die genannten Brahmanen segnen die Sitzreihe (beim Essen bzw. Opfer), wie auch die Gelehrten in den sechs Zweigen der Veden, Selbstgezügelte, Yogis, Philosophen, Wandermönche, Meister der achtzehn Gesetze, Pflichtgetreue, Kenner der drei Lehren von Nachiketa, Vedengelehrte, Dharmagelehrte und Astrologen. Man sagt, all diese Brahmanen segnen die Sitzreihe. Wenn jedoch ein Brahmane zum Sraddha eingeladen wird, der gerade vom Geschlechtsverkehr kommt, dann müssen die Ahnen über einen Monat im Sumpf seines Samens liegen. Und gleiches gilt für den Ausführenden eines Sraddhas.

Deshalb sollte man jeden Gast mit dem Willkommensgeschenk ehren und bewirten, aber besonders die Gelübdetreuen, die Meditierenden und Freundlichen. Im Sraddha sollte man besonders die gerechten Asketen und Wandermönche bewirten. Waldeinsiedlern und Brahmanen-Schülern gebührt eher die Verehrung. Wenn ein Hausvater bewirtet wird, werden die Viswadevas verehrt. Wenn ein Waldeinsiedler geehrt wird, werden die Heiligen verehrt. Wenn ein Brahmanen-Schüler geehrt wird, wird Indra verehrt. Und wenn ein Asket geehrt wird, wird Brahma selbst verehrt. Diese Lebensweisen sind heilig und sollten in den Götter- und Ahnenopfern geehrt werden. Wer außerhalb dieser vier Lebensweisen steht, sollte im Sraddha-Ritus nicht geehrt und bewirtet werden, auch wenn er hungrig ist. Dazu gehören jene, die ihren Kopf scheren oder verfilzte Locken tragen, ohne Asketen zu sein, die verschiedene Roben der Mönche tragen, ohne Mitgefühl zu üben, oder die alle Regeln des guten Verhaltens brechen und die Gebote beim Essen mißachten. Solche Menschen sollte man in einem Sraddha vermeiden, denn sie verunreinigen die Versammlung. Im Götter- und Ahnenopfer sollte man auch unreine Handwerker, Jäger, Musikanten und Schauspieler meiden, die nicht nach den vedischen Geboten leben. Wer mit solchen Personen soziale Kontakte pflegt, verdunkelt seinen Geist und seine Ausstrahlung.

Brahmanen sollten nicht töten, Gewalt anwenden, Landwirtschaft, Viehzucht oder Handel betreiben oder sich als Diener verkaufen. Wahre Brahmanen pflegen Erkenntnis und Meditation. Wer diese Gebote mißachtet, gilt als Übeltäter, auch wenn er als Brahmane geboren wurde. Man sollte sie meiden wie gottlose Prediger, Arrogante, Verleumder, Schwätzer oder berüchtigte Sünder. Auch die Verkäufer der Veden sollte man im Sraddha meiden, die mit den Veden ihren Lebensunterhalt verdienen wollen und sich auf Täuschung und Profitgier stützen. Das Studium der Veden sollte niemals ein Gewerbe werden. Wer es zu seinem Gewerbe macht, sammelt Sünde an und verliert alle guten Früchte aus dem Veden-Studium und seiner Wohltätigkeit. Wer bezahlt wird, um die Veden zu unterrichten, und wer von einer solchen Person unterrichtet wird, diese beiden gelten als Verkäufer und Käufer der Veden und sollten nicht zu einem Sraddha eingeladen werden. Denn wer die Veden zum Zweck seines Lebenserwerbs verkauft oder kauft, wird als abscheulicher Mensch betrachtet. Der Geschäftshandel ist der Beruf eines Vaisyas und gilt für Brahmanen als Sünde. Deshalb sagt man, daß jene, die in ihrem Lebenserwerb von den Veden abhängen, und jene, die wiederum von ihnen abhängen, im Sraddha nicht eingeladen werden sollten. Das Gleiche gilt für einen Schwiegersohn. Auch die Unfruchtbaren, die ohne Nutzen mit einer Frau zusammen leben und ihr Opfer darbringen, verdienen keine Einladung im Sraddha. Auch gottlose Brahmanen, die nur für sich selbst kochen und keine Opfer für Götter und Gäste darbringen, sollten im Sraddha nicht eingeladen werden, denn sie gelten als gefallen und leben wie Brahma-Rakshasas. Gleiches gilt für jene, die ihre furchtsamen Frauen nachts allein lassen, die den Frauen anderer Männer nachlaufen oder süchtig nach Reichtum oder Frauen sind. Auch jene, die zügellos die Gebote der vier Kasten und Lebensweisen mißachten, die wahllos in allen Opfern amtieren oder als Diebe leben, gelten als Verunreiniger der Sitzreihen im Sraddha. Die Ahnen nehmen auch ihren Anteil im Sraddha nicht an, wenn ein eingeladener Brahmane wie ein Schwein, aus der hohlen Hand oder mit der linken Hand ißt.

Die Reste der Sraddha-Bewirtung sollten keiner Frau noch einem Diener gegeben werden, wenn sie nicht zum Haus gehören. Was jemand aus Leidenschaft oder Illusion gibt, erreicht niemals die Ahnen. Deshalb sollte man die Reste von einem Sraddha nicht weitergeben, außer Quark und geklärte Butter einem eigenen Schüler oder Sohn. Denn vor allem die Reste an Nahrung sind niemals reine Gaben. Wer nicht genug Nahrung hat, sollte die Ahnen lieber mit Blüten, Wurzeln und Früchten als Nahrung befriedigen. Die servierte gekochte Nahrung ist so lange heilig, wie sie warm ist. Und die Ahnen nehmen von der dargebrachten Speise, solange die eingeladenen Brahmanen mit gezügelter Rede essen. Wohltätige Gaben, angenommene Geschenke, Feueropfer, Opfergaben und zu verzehrende Nahrung sollten mit dem Daumen berührt werden, damit sie nicht an die Dämonen gehen. So sollten alle Riten und insbesondere die Opfergaben ausgeführt werden. Beim Ritus der Mundspülung sollte man die Hände zwischen den Knien halten. Und man sollte nie Kahlgeschorene, Träger von verfilzten Locken oder Asketenkleidung zum Sraddha einladen, die keine wahren Asketen sind. Jene Hochbeseelten aber, die ihren heiligen Gelübden treu sind, nach Erkenntnis suchen, Meditation üben und die Götter verehren, heiligen andere durch ihren bloßen Anblick. Die Meister des Yogas haben die drei Welten für ewig durchdrungen. So können sie alles erkennen, was im Universum ist. Diese Hochbeseelten beherrschen sowohl das Gestaltete als auch das Ungestaltete und sogar das, was noch größer als alles ist. Sie durchschauen Wahr und Falsch sowie Sein und Nichtsein und können alles Erkennbare in vollkommener Reinheit erkennen. Wer ihnen also hingegeben ist, der erreicht alles Heilsame. Wer den Rig kennt, kennt die Weisheit. Wer die Yajur-Mantras kennt, kennt das Opfer. Wer die Saman-Lieder kennt, kennt das Brahman. Wer aber den Geist kennt, der kennt alles.


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