Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

2.16. Die Reinigungsriten

Vrihaspati sprach:
Ich werde nun die verschiedenen Arten der Danas (wohltätigen Gaben) und ihren Nutzen erklären sowie die reinen Dinge in einem Sraddha-Ritus und jene, die man vermeiden sollte.

Man sollte das Sraddha stets an einem Ort, der zuvor gereinigt wurde, durchführen. Denn das Feueropfer gilt als das Größte und Heiligste. Ein Sraddha während der Nacht sollte man vermeiden. Wenn jedoch Rahu (während einer Mond- oder Sonnenfinsternis) zu sehen ist, sollte man das Sraddha mit allen verfügbaren Mitteln sogleich beginnen, sobald sich Rahu zeigt. Wer das Sraddha während einer solchen Verfinsterung nicht durchführt, wird wie eine Kuh geplagt, die im Schlamm versinkt. Und wer es durchführt, der erhebt sogar die Sünder, wie ein Boot auf dem Ozean die Ertrinkenden rettet.

Während des Viswadeva- und Saumya-Opfers können die Opfergaben auch viel Fleisch enthalten. Man sollte jedoch aus Mitgefühl das Horn des Rhinozeros vermeiden. Als damals Twashtri vom hochbeseelten Götterkönig vom Trinken des Soma-Saftes zurückgehalten wurde, der für ihn als Indra bestimmt war, fielen einige Tropfen auf die Erde. Daraus wuchs der Syamaka-Reis, der für die Befriedigung der Ahnen gepriesen wird. Und als Indra niesen mußte, versprühte sich der Soma auf der Erde, und die Zuckergräser wuchsen, die angenehm kühl und süß schmecken. Deshalb sollte man alle Ahnenriten mit gesüßtem Syamaka-Reis durchführen, um alle Wünsche zu erfüllen. Syamaka-Reis hat nach den heiligen Schriften zwei Bedeutungen für das Opfer. Soweit er von den Göttern geschaffen wurde steht er für ewigen Verdienst, und bezüglich seiner Wirksamkeit übertrifft er alle anderen Reissorten. Das Gleiche gilt für die Zuckergräser, die man opfern sollte.

Vermeiden sollte man im Sraddha Knoblauch, Karotten, Zwiebeln, runden Rettich, Karmbha (Grießbrei oder Mehl mit Quark gemischt) und alle Speisen ohne guten Geruch und Geschmack. Der Grund ist folgender: Einst wurde im Kampf zwischen den Göttern und Dämonen der Dämon Vali von den Göttern besiegt. Aus seinen Wunden tropfte Blut auf die Erde, und daraus wuchsen diese Dinge. Deshalb sollte man sie im Sraddha vermeiden, wie auch scharfgewürzte und salzige Speisen. Auch Frauen in ihrer Menstruation sollten am Sraddha nicht teilnehmen. Übelriechendes Wasser, Wasser mit Schaum oder Blasen, Wasser aus Pfützen, Wasser, das Kühe nicht trinken wollen, und das Wasser, das in Gefäßen über Nacht gelagert wurde, sollte im Sraddha prinzipiell nicht verwendet werden. Auch die Milch von Schafen, Rehen, Kamelen, einhörnigen Tieren, Büffeln und Gamari-Rehen sollte ein weiser Mann vermeiden.

Ich werde nun auch beschreiben, welche Plätze im Sraddha achtsam zu meiden sind, wer das Sraddha nicht sehen sollte und was als rein und unrein gilt. Mit großem Vertrauen sollte man ein Sraddha mit Früchten, Wurzeln und sonstiger Nahrung vollbringen, die im Wald verfügbar ist. Damit erreicht man Ehre, das gewünschte Land, den Himmel und die Befreiung. Plätze voller Lärm, von Insekten geplagt oder übelriechend, sollte man im Sraddha vermeiden. Die Mündung von Flüssen im Ozean, ein Tor nach Südosten sowie das Land von Trisanku im Umkreis von zwölf Yojanas sollte man ebenfalls meiden. Das Land von Trisanku liegt im Norden von Mahanadi und im Süden von Kaikata. Hier sollten keine Sraddhas stattfinden. Auch die Länder Karankara und Kalinga sowie nördlich vom Sindhu und alle anderen Länder, wo die tugendhaften Riten der verschiedenen Kasten und Lebensweisen nicht lebendig sind, sollten strikt vermieden werden.

Ein weiteres Gebot ist, daß nackte und nacktähnliche Menschen dem Sraddha nicht zuschauen sollten. Denn sobald sie das Sraddha erblicken, kann es die Ahnen nicht mehr erreichen.

Da fragte der Sohn Shamyu:
Oh heiliger Vater und Bester der führenden Brahmanen, erkläre mir bitte ausführlich, was es mit den nackten und nacktähnlichen Menschen auf sich hat.

Und darauf antwortete der höchst strahlende Vrihaspati:
Die drei Veden gelten als die Schutzhülle aller Lebewesen. Wer sie aus Verblendung verwirft, gilt als Nackter. Wer diesen Schutz ablehnt, verliert seinen Halt und geht zugrunde. Wer den Dharma zerstört und die Befreiung auf andere Weise sucht, wird nur seine Mühe verschwenden, weil er sich von der Wahrheit entfernt. Nachdem die Dämonen im großen Kampf die Götter besiegt hatten, machten sie alle Brahmanen, Kshatriyas, Vaisyas und Shudras zu gottlosen Menschen. Das war nicht die Schöpfung von Brahma, wie auch jene nicht, die keine Tugend üben, die verfilzte Locken tragen oder ihren Kopf rasieren, ohne Askese zu üben, die ohne höheren Sinn nackt gehen, ihre Häuser verlassen, die Riten zelebrieren oder die Mantras singen sowie die Jäger und Räuber. Sie alle gelten als Nackte, als ungezügelte und barbarische Menschen, die durch ihre Taten großen Schaden anrichten. Das Sraddha, das sie durchführen oder bezeugen, geht zu den Menschen und nicht zu den Ahnen. Deshalb sollte man bereits den Blickkontakt mit Brahmanenmördern, Undankbaren, Gottlosen, Ehebrechern, Räubern oder anderen Übelgesinnten fürchten. Man sollte alle meiden, die Sünde begehen, aber vor allem jene, die die Götter und himmlischen Heiligen verleumden. Alles, was sie anschauen, wird von Dämonen und anderen üblen Geistern heimgesucht.

Man sagt, das Krita ist das Yuga der Brahmanen, das Treta der Kshatriyas, das Dwapara der Vaisyas und das Kali der Shudras. Die Ahnen sagen auch, die Veden werden im Krita verehrt, die Götter im Treta, der Kampf im Dwapara und die Gottlosigkeit im Kali-Yuga. So wird auch ein Sraddha durch den bloßen Anblick eines unheiligen Tieres verdorben, wie durch Hühner, Schweine oder Hunde. Auch die Utensilien eines Sraddhas werden unrein, wenn sie von unreinen oder ansteckend kranken Tieren oder Menschen berührt werden. Auch die gekochte Speise sollte niemals von einer unreinen oder gesellschaftlich gefallenen Person erblickt werden. Haben sie ihren Blick darauf geworfen, ist sie als Opferspeise für die Ahnen und Götter unbrauchbar. Was sie berührt haben, wird unrein, wie geklärte Butter, die wieder festgeworden ist. Durch das Reinigen und Besprenkeln mit geheiligtem Wasser, das Verstreuen von gelben Senf- oder Sesamsamen und den Blick des Lehrers, der Sonne oder des Feuers werden sie wieder geheiligt.

Im Sraddha sollt alles vermieden werden, worauf die Menschen beim Gang zu ihren Sitzen getreten sind, was von bösen Blicken verunreinigt wurde, ausgetrocknete oder abgestandene Speisen, die Reste von Mahlzeiten, alle unreinen Dinge, was angeleckt oder durch Schmutz oder Haare verunreinigt wurde, gesalzene Speisen, gemahlene Sesamsamen oder anderes Mehl, ausgepreßte Ölkuchen und Dinge, die von den Kleidern abgeschüttelt wurden. Auch jene, die sich sehr Weise zeigen indem sie die Veden verleumden, gelten als Zerstörer des Sraddhas und sind wie Schlamm für das Opferfeuer. Darüber hinaus sollte man auch Gemüse mit Quark, saure Mehlsuppen, schäumende Flüssigkeiten, Auberginen oder Schnaps im Sraddha vermeiden. Dagegen ist das Salz aus dem Ozean oder dem Manasa-See äußerst heilig, wie man direkt erfahren kann. Man soll es ins Opferfeuer streuen, in der Hand halten und achtsam auf die Stirn reiben. Das gilt als Brahma-Tirtha.

Alle Dinge des Sraddhas sollten besprenkelt und im Opfer dargebracht werden. Die Früchte von Arista, Tuinula, Bilva, Inguda und Svadana sollten erst im Wasser eingeweicht und dann besprenkelt werden. Alle Arten von Körben sollten auf gewöhnliche Weise gereinigt werden. Gefäße aus Elfenbein, Horn und Holz sollte man abschrubben und irdene Töpfe erneut im Feuer brennen. Edelsteine, Juwelen, Korallen, Perlen und Muscheln werden mit gelbem Senf- oder Sesampulver gereinigt. Damit lassen sich auch Schafwolle oder alle anderen Arten von Wolle reinigen. Haustiere reinigt man mit Sand und Wasser, Baumwollkleider mit heiliger Asche und Blüten, Blätter, Früchte und Schnüre mit dem Eintauchen ins Wasser. Den Erdboden reinigt man durch Fegen, Bestreuen und Glätten (mit Kuhdung), aber außerhalb des Dorfes übernimmt der Wind diese Aufgabe. Bogen und Pfeile reinigt man mit Sand. Und damit habe ich die vorzüglichen Arten der Reinigung aufgezählt.

Hört nun über allgemeine Reinigungsriten. Man sollte seinen Darm früh am Morgen eine Pfeilschußweite vom Haus in südwestlicher Richtung entleeren, aber so, daß das Haus noch in Sichtweite liegt. Dabei bedeckt man den Kopf mit einem Tuch und berührt ihn niemals mit den Händen. Vor dem Entleeren sollte die Erde mit trockenem Gras, Reisig, Blättern oder Bambus-Stücken bedeckt werden. Dazu nimmt man einen Wassertopf mit und hält etwas Sand in der Hand. Dann hockt man still mit dem Gesicht nach Norden während des Tages, und während der Nacht mit dem Gesicht nach Süden. Mit der rechten Hand hält man den Wassertopf, und mit der linken reinigt man den After dreimal mit Sand. Dann schrubbt man die linke Hand zehnmal mit Sand, und danach jede Hand abwechseln fünfmal. Schließlich reinigt man seine Füße zuerst mit Sand und dann mit Wasser, nippt etwas Wasser und gießt es dreimal unter der Verehrung von Sonne, Feuer und Wasser auf den Boden. Ein vernunftbegabter Mensch sollte immer einen Wassertopf dabei haben, mit dem man die Füße reinigt und ähnliche Reinigungsriten durchführt. Für das Nippen am Wasser und die himmlischen Riten sollte man einen zweiten Topf verwenden. Wer solche Riten mit unreiner Hand ausführt, sollte über drei Nächte fasten. Versäumt man dies längere Zeit, ist der Kricchra-Ritus (harte Buße, vermutlich völliges Fasten) zur Reinigung vorgeschrieben. Nachdem man einen Hund oder einen Chandala berührt hat, ist der Taptakricchra-Ritus angebracht (heiße Buße mit heißem Wasser etc.). Wer die Knochen einer menschlichen Leiche berührt hat, sollte ebenfalls Fasten, und zwar drei Nächte bei absichtlicher Berührung und eine Nacht bei unabsichtlicher.

Wer unreine Orte besucht, kann alle Arten von Sünden ansammeln. Zu den unreinen Orten gehören die Länder der Karaskaras, Pulindas, Andhras und Shabaras sowie Bhutilaya, Yugandhara, Divyantarasata und andere Länder, wo sündhafte Menschen regieren und es an Tugendhaften fehlt, wie zum Beispiel an vedengelehrten Brahmanen. Die Reinheit erkennt man an den Gedanken, Worten und Taten sowie den regelmäßigen Opfern und Reinigungsriten. Wer in seiner Verblendung die Reinigungsriten bewußt versäumt, dessen Verdienst geht an die Pisachas und andere bösartige Geister. Wer kein Vertrauen in die Reinigungsriten hat, wird unter Barbaren wiedergeboren. Und wer keine Opfer darbringt und sich in Sünde verliert, der sinkt bis zu den niedersten Tieren. Denn durch Reinigungsriten kann ein Mensch von Sünde befreit werden und zum Himmel aufsteigen. Die Götter leben vom Wunsch nach Reinheit. Das haben sie selbst erklärt. Götter meiden stets das Sündhafte und Unreine. Tugendhafte Menschen führen daher zu Recht die drei Arten der Reinigungsriten durch. Darüber freuen sich die Ahnen, erhöhen die Yoga-Kraft und gewähren alle wünschenswerten Dinge in den drei Welten für all jene, welche die Brahmanen verehren, die Gäste wohltätig empfangen, mit Weisheit die Reinheit bewahren, mit Hingabe die Eltern versorgen, Selbstbeherrschung üben und Freundlichkeit zu allen Wesen hegen.


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