Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

1.51. Polarstern, Wolken und Sonnenwagen

Als die Weisen dies gehört hatten, fragten sie Lomaharshana:
Wie kreisen die Leuchtkörper im Firmament? Warum kollidieren sie nicht auf ihren Kreisbahnen untereinander? Wer läßt sie kreisen? Oder kreisen sie von selbst? Oh Bester, das wünschen wir zu erfahren. In diesen Dingen haben alle ihre Zweifel. So erkläre es uns bitte.

Und der Suta sprach:
So hört und erkennt diese wunderbaren Dinge, die uns zwar klar vor Augen liegen, aber jeden täuschen. Es ist Dhruva, der Sohn von Uttanapada, der im Schwanz von dem steht, der wie ein gigantischer Wasserdrache (Shishumara) am Firmament erscheint. So ist er zum Drehpunkt des Himmels geworden (siehe Vishnu Purana 2.12). Er dreht sich von selbst und läßt Sonne, Mond, Planeten und alle Sterne mit sich drehen. Weil er sich wie ein Rad dreht, folgen ihm alle und bewegen sich nach seinem Willen. Sonne, Mond, Sterne und Planeten sind an Dhruva durch Bänder in Form von verschiedenen Winden gebunden. Die Konjunktion und Disjunktion der Planeten, ihr guter und schlechter Einfluß, das Auf- und Untergehen, der südliche und nördliche Lauf, die Jahreszeiten, Sonnenwenden und Äquinoktien funktionieren nur durch Dhruva. Regen, Hitze, Schnee, Nacht, Dämmerung und Tag sowie der Einfluß von Glücks- und Unglückstagen auf die Wesen kommen alle von Dhruva. Die Sonne verdeckt die Sterne durch das Wirken von Dhruva und erleuchtet freundlich die Welt, die sie sonst verbrennen würde.

Oh ihr Brahmanen, durch ihren Umlauf erhellt die Sonne alle Himmelsrichtungen mit ihrem Glanz. Durch die Kraft ihrer Strahlen zusammen mit dem Wind ringsherum zieht die Sonne das Wasser herauf. Und das Wasser, das die Sonne getrunken hat, geht aus dem Sonnenfeuer in den Mond ein. Durch die Kanäle des Windes kann die Welt durch Tätigkeit erhalten werden. Was die Sonne durch ihre Strahlen empfängt, das wird vom Mond wieder ausgesandt. Dann bläst der Wind die Wolken heran und läßt sie auf die Erde regnen. So wird das Wasser gereinigt und fällt immer wieder herab. Das Wasser kann nie vergehen, es wandelt sich nur und nimmt verschiedene Formen an. Um die Lebewesen zu erhalten, wurde diese Illusion geschaffen, und so sind die drei Welten aus belebten und unbelebten Geschöpfen von Illusion (Maya) durchdrungen. Der Sonnengott ist der Herr des Universums, der Schöpfer und Erhalter der Welten, der tausendstrahlige Herr der Wesen und Vishnu selbst.

Das Wasser der Welten kommt durch den Mond aus dem Himmel. Deshalb wird die Welt auch vom Mond erhalten. Die Sonne gibt die Hitze und der Mond die Abkühlung. Diese mächtigen heißen und kalten Strahlen erhalten die Welt. Sogar die heilige Ganga mit ihrem reinen Wasser stützt sich auf den Mond. All die großen Flüsse sind Kinder des Mondes. Das Wasser befindet sich in allen Lebewesen. Wenn ihre Körper verbrannt werden, verdampft es und verteilt sich nach allen Seiten. Daraus entstehen Dampfwolken, die das Wasser tragen. In gleicher Weise zieht die Sonne mit ihren heißen Strahlen das Wasser aus der Welt. Mit der Hilfe des Windes ziehen die Strahlen das Wasser des Ozeans herauf, und die kreisende Sonne übergibt das Wasser zur rechten Jahreszeit mit ihren weißen Strahlen an die Wolken. Und vom Wind getrieben, tropft das Wasser von den Wolken herab. So bringen die Wolken vom Wind verteilt den Regen zum Wohle aller Wesen. Sie regnen über sechs Monate, um alle Lebewesen zu ernähren und zu entwickeln. Sie bringen den Donnerklang aus dem Wind hervor und den strahlenden Blitz aus dem Feuer. Die Wolken, aus denen Wasser regnet, werden „Megha“ genannt und die anderen „Abhra“. Die Wolken entstehen auf drei Wegen und heißen entsprechend Agneyas, Brahmajas oder Pakshajas.

Agneyas sind die Wolken aus dem Wasser des Ozeans, und ihre Eigenschaften sind Kälte, Sturm und bewölkte Tage. Sie erscheinen in Gestalt von wilden Büffeln, Ebern oder Elefanten und wandern sehr tief über die Erde dahin. Diese Wolken heißen auch Jimutas, weil sie das Leben auf der Erde hervorbringen. Sie sind groß und still, ohne Donner und Blitz, folgen dem Wind und hängen aufgrund ihrer Wassermassen sehr tief innerhalb von ½ bis 1 Krosha über der Erde (ca. 1,5-3 km). Sie regnen sich an den Gipfeln und Kämmen der Berge ab und erfreuen sich dort. Sie dringen in den Mutterleib der Scharen weißer Kraniche ein und lassen sie empfangen.

Brahmajas sind Wolken, die aus dem Atem von Brahma geboren werden, und sind von Donner und Blitz gekennzeichnet. Ihr lautes Donnern rüttelt die Erde wach. Und wie ein König mit einer Krone gekrönt wird, so bekommt die Erde damit ihre lebendige Jugend zurück. So liebt die Erde, auf der die Lebewesen geboren werden, diese Wolken. Und weil durch diese Wolken die Lebewesen geboren werden, heißen sie ebenfalls Jimutas. Sie werden von der zweiten Art des Windes getrieben, die man Pravaha nennt, und regnen von einer Höhe zwischen ½ und ¼ Yojanas (ca. 3-6 km) in unaufhörlichen Strömen auf die Erde herab.

Die dritte Art der Wolken stammt von den Flügeln der Berge, die ihnen Indra zum Wohle aller Lebewesen abgeschlagen hat. Zuvor pflegten die Berge (wie Wolken) nach Belieben in die Höhe zu fliegen und wurden sehr groß. Diese Wolken wurden Puskaras (bzw. Pakshajas) genannt. Sie sind gigantisch und lassen riesige Mengen Wasser herabregnen. Deshalb werden sie auch Pushkaravartakas genannt. Sie nehmen verschiedene schreckliche Formen an, ergießen ihren Regen am Ende der Kalpas (zum Weltuntergang), löschen das Samvartaka Feuer und lassen die ganze Erde wieder im Wasser versinken. Dabei werden sie vom Paravara-Wind getragen, der das Kalpa beendet.

Alle Wolken werden im Welten-Ei aus der Natur (Prakriti) geboren, aus dem auch der selbstgeborene Schöpfergott Brahma mit den vier Gesichtern geboren wurde. Sie alle bestehen aus Wasser-Nebel. Die Größte unter ihnen ist Parjanya (der Regen-Gott). Die Wolken sind genauso bedeutend wie die vier Stützelefanten der Himmelsrichtungen. Elefanten, Schlangen, Berge und Wolken gehören zur gleichen Familie und haben sich nur unterschiedlich verkörpert. Denn wie man weiß, entstehen sie alle aus dem Wasser. Parjanya und die Elefanten der Himmelsrichtungen werden im Winter aus den kalten Schneeschauern geboren, um das Korn gedeihen zu lassen, und der große Wind Parivaha ist ihre Stütze. Dieser königliche Wind stützt auch die Ganga, die voll himmlischem Wasser auf ihrem Pfad (der Milchstraße) durch den Himmel fließt. Die Elefanten saugen mit ihren gewaltigen Rüsseln das kühle himmlische Wasser von der Ganga auf und verpusten es auf der Erde. Das nennt man dann Reif oder Schnee.

Im Süden des Meru liegt die Bergkette Hemakuta. Südlich von diesem Berg und nördlich des Himalaya befindet sich ein Ort namens Pundra. Der Schnee, der dort niederfällt, wird vom Avaha-Wind nach Süden getragen. Er verursacht Schnee und Regen im Himalaya, und der Rest wird zum Wohle des ganzen (Bharata-)Landes weiterverteilt. So nähren diese beiden Wolken wie beschrieben alle Geschöpfe. Und die Sonne ist eine wichtige Ursache dafür, daß es regnet. Von Dhruva geführt verursacht sie mit Hilfe der beiden Wolkenarten den Regen auf Erden. Und von Dhruva bewegt, läßt der Wind den Regen weiterziehen. Der Wind kommt von der Sonne und den Planeten und durchquert das ganze Reich der Sterne, um am Ende des Tages von Dhruva geführt wieder zurückzukehren.

Nun hört auch, wie ich (symbolisch) den Sonnenwagen beschreibe. Er hat ein Rad mit dreigeteilter Nabe, fünf Speichen und sechs Abschnitten auf dem Radkranz. In diesem höchst mächtigen Wagen mit dem goldenen Rad sitzt der Sonnengott und vertreibt auf seinem Weg die Dunkelheit. Seine Größe beträgt 10.000 Yojanas (entspricht Mahabharata 6.12) und die Zugstange ist doppelt so lang (20.000 Yojanas, vielleicht der sichtbare Strahlenkranz, Korona oder Halo der Sonne). Dieser Wagen wurde von Brahma geschaffen, damit er der Schöpfung dient. Er ist golden, bewegt sich im Himmel und wird von schnellen Pferden gezogen. Es sind die vedischen Metren, welche die Gestalt der angespannten Pferde angenommen haben. Der Sonnenwagen befindet sich in der Sphäre von Shukra (Venus bzw. dem Lehrer der Dämonen) und gleicht dem Wagen von Varuna (dem Wassergott). In diesem strahlenden Wagen bewegt sich der Sonnengott durch den Himmel. Die Teile des Wagens werden vom Lauf eines Jahres abgeleitet. Der Wagen hat ein Rad (Samvatsara). Der Tag ist die dreigeteilte Nabe (z.B. Tag, Nacht und Dämmerung), die fünf Speichen sind die fünf Abschnitte (des Tages oder des Fünfjahreszyklus Samvatsara), die sechs Abschnitte auf dem Radkranz sind die sechs Jahreszeiten, der zentrale Sitz ist das Jahr, die beiden Halbjahre sind die Schäfte, die Muhurtas sind die Stricke, die Kalas die Nägel der Joche und die Kasthas ihre Nasen, die Kshanas sind die Zugstange, die Nimeshas die Planken, die Lavas die Pole, die Nacht ist der vordere Schutz, Dharma ist das hoch aufgerichtete Banner, und Artha und Kama (Verdienst und Liebe) sind Joch und Achse. Die sieben angespannten Pferde sind die sieben vedischen Metren Tristup, Anustup, Jagati, Pankti, Brhati und Usnik, welche die Gestalt von Pferden angenommen haben, um die große Last zu ziehen. Das eine Rad ist auf der linken Seite der Achse befestigt und die rechte Seite hängt an Dhruva. Das Rad dreht sich um die Achse und die Achse um Dhruva, so daß Dhruva beide drehen läßt.

Das ist die Beschreibung der seltsamen Konstruktion des Wagens. Durch das Zusammensetzen der verschiedenen Teile entsteht ein strahlender Wagen, mit der sich der Herr der Sonne schnell durch den Himmel bewegt. Es gibt zwei Bänder des Wagens, die an den Spitzen von Joch und Achse befestigt sind. Und angetrieben von Dhruva bewegt sich der Wagen im Kreis durch den Himmel. Gehalten von Dhruva erscheinen die Bänder am Joch und der Achse auf der rechten Seite des Wagens wie zwei durchsichtige Zügel eines gewöhnlichen, zweirädrigen Wagens. Die beiden Bänder an Joch und Achse folgen dem Kreisen von Dhruva und sind aus Wind gemacht. Wie man sonst einen Wagen mit den Zügeln steuert, so wandert der Sonnenwagen durch das Anziehen der Zügel zum nördlichen Wendekreis und durch das Loslassen bis zum südlichen Wendekreis. Damit führt Dhruva die Sonne auf ihrer Bahn. Je mehr Dhruva die Zügel anzieht, desto weiter geht die Sonne auf innere Kreise. Auf diese Weise durchwandert sie in einem halben Jahr 180 Bahnen in den zwei Bereichen (nördlich und südlich vom Äquator). Je mehr Dhruva die Zügel locker läßt, desto weiter wandert die Sonne auf äußere Bahnen. So steuert Dhruva die Umdrehungsgeschwindigkeit und die Bahn der Sonne.


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