Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

3.33. Vishnus Verkörperung als Eber

Janamejaya fragte:
Oh Brahmane, wir haben von den Heiligen schon oft über die Verkörperung des unvergleichlich mächtigen Vishnus als Eber (Varaha) gehört. Doch wir wissen wenig über sein Werk, seine Fähigkeiten und seine Absicht. Was ist die Gestalt und das Wesen dieses Ebers? Welcher Gott ist es? Wie strahlend war er und welchen Charakter hatte er? Was tat er in alten Zeiten und warum? All diese Fragen habe ich, und bitte dich, mir die Eber-Verkörperung zum Wohl all der hochbeseelten Zweifachgeborenen zu beschreiben, die hier zum Opfer versammelt sind.

Und Vaisampayana sprach:
Oh König, so will ich dir die alte Geschichte über die Eber-Verkörperung von Vishnu, der höchst wundervolle Taten vollbringt, ausführlich berichten, wie sie einst vom inselgeborenen Vyasa erzählt wurde. Oh Janamejaya, höre mit reinem Geist und gezügelten Sinnen, wie Narayana die Gestalt eines Ebers annahm und mit seinen Hauern die im Wasser versunkene Erde wieder hervorhob. Diese höchst heilige Geschichte ist den Veden gleich, voller Weisheit und sollte keinem Gottlosen vorgetragen werden. Der Weise wird erkennen, daß diese uralte Geschichte Sankhya und Yoga (Theorie und Praxis) in sich vereint. All die Götter der Welt, die Viswadevas, Sadhyas, Rudras, Adityas, Aswins, Prajapatis, Rishis, Yakshas, Rakshasas, Gandharvas, Daityas, Pisachas, Nagas, Bhutas, Brahmanen, Kshatriyas, Vaisyas, Shudras und alle anderen Menschen, Tiere und Pflanzen auf der Erde sind Formen von Varaha, der Eber-Verkörperung von Vishnu. Am Ende der tausend Mahayugas, wenn der Brahma-Tag schwindet und alle Geschöpfe unter leidvollen Bedingungen untergehen, dann verkörpert sich dieser Herr als Feuergott mit drei Flammen in Gestalt von Feuer, Wind und Sonne und verbrennt die körperlichen Wesen in den drei Welten. Verbrannt vom strahlenden Feuer der universalen Auflösung verlieren alle Körper ihre Farbe und ihr Gesicht. Die Veden, Upanishaden und alle anderen Zweige des Wissens, welche die Wahrheit und das Dharma manifestierten, gehen mit Brahma an der Spitze zusammen mit dem ganzen Universum und den zahllosen Göttern während der Zeit des Untergangs in den ursprünglichen, unvergänglichen und großen Yogi Narayana ein, dem Höchsten Herrn, Hari, in Gestalt eines weisen Schwanes. Auf diese Weise erscheinen und verschwinden alle Geschöpfe in Narayana, wie in der Welt die Sonne täglich auf- und untergeht.

Höre nun ausführlicher davon: Wenn der Zyklus von tausend Mahayugas (der vier Zeitalter) beendet ist, dann spricht man von der Weltennacht ohne jegliche Wahrnehmung. In diesem Zustand existieren weder die Geschöpfe noch ihre Taten. Alle Welten mit den Göttern, Dämonen und Nagas sind in Ihm aufgelöst, dem Herrn und Meister des Universums, der allein in sich selbst besteht. Am Ende dieser Weltennacht erschafft dieser Herr wieder und wieder alle Geschöpfe. Er ist dieses ganze Universum, ewig und ungeschaffen. Wenn diese Welt ohne das Licht von Sonne und Mond ist, ohne Wind und Feuer, ohne Opfer und Riten, ohne Geschöpfe und Leben - wenn alles in grenzenlose Dunkelheit gehüllt und nichts mehr sichtbar ist und alle Taten ruhen, dann verschwinden alle Gegensätze, und das Universum, das mit Narayana identisch ist, erreicht einen Zustand völliger Ausgeglichenheit. Der Schöpfer und Herr der Sinne, die Große Seele, ist nun bereit zu schlafen. Es ist der Dunkle (Krishna), in gelbe Kleider gehüllt, mit roten Augen und tausend schwarzen Locken, dem mystischen Srivatsa (Endlosknoten) auf seiner Brust, mit roter Sandelpaste geschmückt, starkarmig und herrlich, wie eine von Blitzen durchflutete Gewitterwolke. Er trägt eine Girlande aus tausend Lotusblüten um seinen Hals und hat seine Gattin Lakshmi an seiner Seite. Dann tritt der grenzenlos mächtige Große Vater aller Geschöpfe, dessen Seele das Dharma ist, in den unbeschreiblichen Yoga Schlaf ein. Und nach wiederum tausend Mahayugas erwacht dieses Erste der männlichen Wesen, dieser Gott der Götter, durch sich selbst. Dann denkt der Schöpfer der Welt erneut an die Schöpfung des Universums, und erschafft durch das Wirken von Brahma die Ahnen, Götter, Dämonen und Menschen. Dann erinnert sich der Herr des Wortes an das göttliche Werk und widmet sich der Schöpfung aller Welten. Der höchste Herr ist der Schöpfer, Erhalter und Zerstörer. Er zeugt, bewahrt und vernichtet jegliche Geschöpfe.

Alle Götter und alle Werke sind Narayana. Alles Wahre und jede Würde sind Narayana. Alles Wissen und alle Gesetze sind Narayana. Die Erlösung ist Narayana, und Er ist die höchste Zuflucht. Tugend und Opfer hängen alle von Narayana ab. Aus Ihm fließen Erkenntnis und asketische Buße. Es gibt in allen drei Zeiten keinen höheren als Narayana. Er ist die selbstseiende Gottheit, der Herr des Universums. Er erscheint als Schöpfergott Brahma und als Atem des Lebens. Er ist das verkörperte Opfer, und wir erkennen Ihn als Sein und Nichtsein. Er ist allwissend und alldurchdringend. Die Sinne können Ihn nicht ergreifen, denn er steht hinter allen Sinnen. Weder die Götter noch die großen Stammväter oder sieben Rishis kennen seine Grenzen. Deshalb sagen die heiligen Schriften, daß er ohne Anfang und Ende ist. Seine wahre Form können nicht einmal die Götter sehen. Auch sie verehren nur jene Formen, in denen er sich verkörpert. Wie könnte Ihn auch irgend jemand in einer Form sehen, in der Er sich nicht zeigen will? Er ist der Herr der Elemente, die Bewegung der Lebenswinde und das Feuer der Verdauung. Er ist der Geber von Energie, Askese und Amrit, dem Nektar der Unsterblichkeit. Er ist der Empfänger der Opfergaben und erfreut sich der Früchte aller Opfer in den vier Kasten und Lebensweisen. Er umfängt die vier Ozeane und läßt die vier Yugas kreisen. Er ist der große Yogi. Nachdem er das ganze Universum in sich zurückgezogen hat, trägt er es tausend Jahre (bzw. Mahayugas) in seinem Leib, um dann ein Ei hervorzubringen. So gebiert der allmächtige Vater alle Wesen mit den Göttern, Dämonen und Menschen aus sich selbst heraus in die vergängliche Zeit.


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