Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

3.18. Der Yoga-Weg und seine Hindernisse

Janamejaya sprach:
Erzähle mir bitte auch ausführlich über die Hindernisse auf dem Yoga-Weg, das Objekt der Meditation, die erreichbare Vollkommenheit und ihre Merkmale.

Vaisampayana sprach:
So höre, ich werde dir die geistigen Hindernisse in der Meditation auf dem Weg zum Brahman erklären. Die größten Hindernisse im Yoga sind die fünf Siddhis (übernatürliche Fähigkeiten), welche überwunden werden müssen, wie zum Beispiel das Gedankenlesen. Und wenn der Brahmane über das Brahman meditiert und zu denken beginnt, dann erscheinen tausende weitere Hindernisse. Höre nun ausführlich darüber.

Oh Nachkomme des Bharata, der Yogi befindet sich im Körper wie in einer Stadt mit neun Toren (die neun Körperöffnungen: Augen, Ohren, Nasenlöcher, Mund, Anus und Genital), die mit den fünf Sinnesorganen sowie dem Denken verbunden sind und dem beständigen Angriff von Begierde, Haß und Illusion ausgesetzt sind. Diese Hindernisse überwindet er durch die Herrschaft der Vernunft und geistige Konzentration im Punkt zwischen den Augenbrauen. Irgendwann erscheinen farbige Wolken, die den Himmel im Kopf bedecken. Ihre Farben sind Blau, Rot, Gelb und Weiß (evtl. die Farben der Tanmatras, der weltlichen Prinzipien). Sie schimmern wie Metalle, bläulich wie Tauben, schwarz wie Lapislazuli, gräulich wie Elefanten, rötlich wie Rubine, gelblich wie Leuchtkäfer, weiß wie Mondstrahlen, bunt wie der Regenbogen oder schattenhaft wie Nebel. Sie werden zahllos wie die Wolken in der Regenzeit, bedecken den ganzen Himmel und erscheinen wie fliegende Berge. Diese Lichtwolken tragen große Mengen Wasser in sich, das sich irgendwann abregnet und die festen Grenzen des Körpers auflöst (das Erdelement). Danach erhebt sich am Scheitel seines Kopfes ein loderndes Feuer, das von tausend Flammen gekrönt ist und durch die Kraft des Yogas alles verbrennen kann. Hunderttausende Funken sprühen überall aus dem Körper des Yogis, und das Feuer lodert wie zur universalen Auflösung des Universums. Die Flammen sind so zahlreich wie die Wasserströme aus den Wolken und verbrennen das Karma des Yogis (das Wasserelement). Dann entsteht aus seinen Ohren ein mächtiger Wind, der das Feuer löscht, und das vollkommene göttliche Wesen erscheint als reiner Lebensatem. Dieser vitale Wind wird in Verbindung mit der Erde und dem Wasser zum verkörperten Lebewesen. Er ist sehr mächtig und bringt den Strom der Gedanken hervor. Dann wandelt sich dieser Wind in einen lauten, kraftvollen und schöpferischen Klang (wie das OM), der den ganzen Raum erfüllt. Dies ist das Wort von Brahma, das mit dem Wind-, Feuer-, Wasser-, und Erdelement abertausende Namen und Formen hervorbringt. Oh Herr der Erde, mit dieser göttlichen Kraft des Brahman verbinden sich die Elemente zu den Lebenskeimen werdender Geschöpfe.

So erkennt der Yogi im Punkt zwischen den Augenbrauen das Brahman, wie es als subtiles, männliches Wesen zum Schöpfer aller Lebewesen wird, die sich (durch ihr Ichbewußtsein) von diesem Höchsten Geist trennen. So vereint er sich wieder mit dem Höchsten Geist, dem ewigen Vishnu, dem göttlichen Schöpfer der gegensätzlichen Natur von Geist und Materie, dem Urgrund aller Erkenntnis und dem Einen, in dem sich dieses ganze Universum auflöst. Der Yogi erkennt in seinem Inneren wie sich der Gott mit den Elementen bekleidet, Brahma zum Leben erwacht und mit der Erkenntnis von Gut und Böse die weltlichen Prinzipien zu wirken beginnen. So überwindet er den grobstofflichen Körper mit allen Bildern, erreicht die Einheit im Brahman und breitet sich in alle zehn Richtungen aus. So verschmelzen die Rishis, deren Körper aus dem Brahman entstanden sind, wieder im Brahman, wie ein irdener Tonkrug wieder zu Erde wird, aus der er gemacht wurde. Mit dem Auflösen der karmischen (bzw. ichhaften) Taten wird die Seele von den Fesseln des Karmas, der Sinne und des Körpers befreit und erreicht wahre Befreiung. Sie erreichen die Einheit der Natur, die Unwissende nicht erkennen können, und gehen durch das rauchlose Feuer den strahlenden und lichtvollen Pfad, auf dem es keine Rückkehr gibt (den Devayana, Götterpfad). Wer dagegen tugendhafte Taten vollbringt, aber nach den Früchten begehrt, geht den verdienstvollen Väterweg (Pitriyana) durch den Rauch (des Leichenfeuers) in die dunklen Wolken. Dann fallen sie als Regen wieder herab, durchnässen die Erde, wachsen in Form von Samen und werden erneut geboren. Durch dieses Wasser wird die Erde fruchtbar und gewährt den Wesen die Nahrung für ihr irdisches Leben. Dieses Wasser ist das Brahman selbst. Die Brahmanen, die durch Buße und heilsame Taten gereinigt wurden, nennen es das Meer der Ursachen (Pradhana), das Unsichtbare, das sich selbst sichtbar macht, das alle Geschöpfe trägt, das sich durch Intelligenz überall bewegt, das zugleich Tat und Täter ist und als Vielfalt der Sinnesobjekte erscheint. Es bleibt unerkennbar für alle, die ihre Sinne nicht im Feuer der Entsagung verbrannt haben. Doch es offenbart sich den Weisen, die durch Erkenntnis die himmlische Sicht erreichen. Es erscheint durch Konzentration im Punkt zwischen den Augenbrauen wie die Sonne, wenn sich die dunklen Wolken auflösen. So erreicht der Yogi, der ohne Anhaftung frei von allen Fesseln über die Erde wandert, auf dem Pfad des Yogadharma das Unvergängliche.

Oh Nachkomme des Kuru, das ist das Brahman, aus dem Brahma viele tausendmal (in seinem Leben) am Morgen eines jeden Schöpfungstages erwacht, allen Wesen den Reichtum der Existenz gewährt und am Abend mit der ganzen Schöpfung wieder im Schlaf versinkt. Damit vollbringt er sein Werk der Schöpfung und Auflösung und bestimmt durch das Dharma die Weltordnung, die er selbst aufs Genaueste befolgt. Ein solcher Brahma-Tag (Brahmayuga bzw. Kalpa) besteht aus 1.000 Mahayugas und jedes Mahayuga aus 12.000 (Götter-) Jahren. Zum Ende der 1.000 Mahayugas endet der Brahma-Tag, und die Schöpfung versinkt im Dunkel der Brahma-Nacht mit gleicher Länge. Während dieser Zeit der universalen Auflösung (Pralaya) ruht diese Welt in einem subtilen, unbewußten Zustand des Schlafes. Danach dämmert ein neuer Tag, Brahma erwacht, und die ganze Schöpfung entfaltet sich erneut. Damit ist diese Welt sogleich ewig und vergänglich. Das ist das ewige Brahman, das Eine, das sich durch die Wirkung der drei natürlichen Qualitäten und der angesammelten Taten (Guna-Karma) als weltliche Vielfalt verkörpert.


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