Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

3.14. Die Entfaltung der Schöpfung im Urlotus

Vaisampayana sprach:
Der starkarmige Brahma, der Beste der Kenner des Brahman, saß auf dem Lotus und übte mit erhobenen Händen harte Askese. Bald loderte dieser mächtige Yogi in seinem Glanz wie eine Sonne mit tausend Strahlen und vertrieb ringsherum alle Finsternis. Daraufhin nahm Hari, der ewige und unvergängliche Herr, einen zweifachen Körper an und erschien in Gestalt des höchst mächtigen und berühmten Narayana, dem Besten der Lehrer des Yoga, und des höchst intelligenten Kapila, dem Besten der Brahmanen und Lehrer des Sankhya. Diese beiden Hochbeseelten (Lehrer von „Praxis“ und „Theorie“) sind vollkommene Kenner des Brahman, haben die Erkenntnis der Höchsten Seele und werden von allen Heiligen verehrt. Sie näherten sich dem Schöpfergott und sprachen:
Oh Brahma, du bist der Große Vater aller Geschöpfe und die Seele des Universums mit beständigem Sinn für die Entfaltung der vielfältigen Schöpfung. Du bist die Stütze der verschiedenen Welten und der von allen verehrungswürdige Lehrer.

Als Brahma ihre Worte hörte, sprach er die drei Namen Bhur, Bhuvar und Swar und schuf damit die drei Lokas (Erde, Luftraum und Himmel). So haben wir es in den heiligen Schriften über Brahma gehört. Dann erschuf er durch seinen Willen einen reinen, geistgeborenen Sohn, der die Erde (Bhurloka) beleben sollte. Als dieser geboren war, stand er vor Brahma und fragte:
Oh Herr, gebiete mir, wie ich dir dienen soll.

Und Brahma antwortete:
Oh höchst Intelligenter, handle, wie es der Brahmane Kapila und der segensreiche Narayana dich lehren.

Daraufhin verneigte sich der geistgeborene Sohn mit gefalteten Händen vor ihnen und fragte mit dem Wunsch, das Höchste zu erkennen:
Ich bin bereit, euch zu dienen. Bitte belehrt mich, was ich tun soll.

Und die beiden Lehrer von Yoga und Sankhya antworteten:
Erinnere dich an das wahre und unvergängliche Brahman aus dem die achtzehn Gestaltungen entstehen (z.B.: fünf Elemente, fünf Sinne, fünf Handlungsorgane, Denken, Vernunft und Ichbewußtsein). Was ist Wahrheit? Was ist das Höchste? Dem solltest du folgen.

Als der geistgeborene Sohn diese Worte hörte, ging er in Richtung Norden (zur Befreiung) und erreichte auf dem Weg der Erkenntnis das höchste Brahman. Dann erschuf Brahma aus seinem Geist einen zweiten Sohn, der den Luftraum (Bhuvarloka) beleben sollte. Auch er fragte seinen Vater, wie er ihm dienen soll, und auf dessen Wunsch wandte er sich wieder an die beiden Lehrer von Yoga und Sankhya, ging mit ihnen hinab zur Erde, diente an ihrer Seite und erreichte nach einiger Zeit das höchste Ziel. Nachdem auch dieser geistgeborene Sohn gegangen war, erschuf Brahma einen dritten Sohn, der den Himmel (Swarloka) jenseits von Erde und Luftraum beleben sollte und fähig war, höchste Erkenntnis zu erreichen. Und auf Wunsch seines Vaters erschien er wieder vor den Lehrern und erreichte wie seine beiden Brüder das höchste Ziel. Diese drei gelten als die ersten Söhne des hochbeseelten Brahma, die sich mit Narayana und Kapila, den Herren der Yogis, in die höchste Region erhoben.

Nachdem sie gegangen waren (ohne die Welt zu beleben), übte der gelübdetreue Brahma erneut harte Askese, doch konnte er mit all seiner Entsagung seine Aufgabe nicht allein vollbringen. Daraufhin erschuf er aus sich selbst eine wunderschöne Frau. Sie war ihm an asketischer Kraft, Herrlichkeit und Selbstbeherrschung gleich, aber hatte (als weibliches Wesen) durch ihre natürliche Qualität der Trägheit (Tamas) die Macht, die Welt zu beleben. Dann vereinigte er sich mit ihr und schuf durch geschlechtliche Fortpflanzung die großen Stammväter mit ihren Ehefrauen, die Ozeane mit ihren Flüssen sowie das heilige Gayatri Versmaß, das zur Mutter der vier Veden wurde. Danach zeugte der Große Vater für das Werk der Schöpfung weitere Söhne, die berühmten Rishis, die als Väter alle Welten belebten. Zuerst wurden die großen Asketen Vishvesha und Dharma (Weltherrscher und Gesetz) geboren, die zur Stütze der vier Lebensweisen wurden und der Welt großen Segen brachten. Ihnen folgten Daksha, Marichi, Atri, Pulastya, Pulaha, Kratu, Vasishta, Gotama, Bhrigu, Angiras und Manu. Diese dreizehn Söhne von Brahma wurden große Rishis und gelten als Verkörperungen des Atharva Veda. Daksha wurde zum Vater der zwölf Töchter Aditi, Diti, Danu, Kala, Danayu, Sinhika, Muni, Pradha, Surasa, Krodha, Vinata und Kadru sowie der siebenundzwanzig Sternenkonstellationen (Nakshatras bzw. Mondhäuser). Oh Janamejaya, die zwölf Jungfrauen gab er an Kasyapa und die siebenundzwanzig mit Rohini beginnend an Soma, den Mondgott. Oh Bester der Bharatas, der tugendhafte Brahma erschuf auch fünf vorzügliche Jungfrauen namens Lakshmi, Kirti (bzw. Vasu), Sadhya, Viswa und Marutwati, die er an Dharma gab. Schließlich nahm die Frau, die Brahma aus sich selbst geschaffen hatte, die Gestalt der himmlischen Kuh Surabhi an und erschien vor ihm. Oh Bharata, mit dem Ziel, wunscherfüllende Kühe zum Wohle der Welt zu schaffen, vereinigte er sich mit ihr, und Surabhi gebar elf tugendhafte Söhne mit riesigen Körpern, die so dunkelrot wie Abendwolken waren und mit ihrer intensiven Ausstrahlung alles zu verbrennen drohten. Und weil sie gleich nach ihrer Geburt vor dem Großen Vater ihre Kraft zeigten und zu brüllen begannen, wurden sie von ihm Rudras genannt. Die Namen dieser elf Rudras sind Nirriti, Sarva, Ajaikapad, Mrigavyadha, Pinaki, Dahana, Ishvara, Ahibradhana, Kapali, Aparajita und der berühmte Senani. Danach gebar Surabhi die Kühe und Bullen sowie die Bäume, Heilkräuter und anderen Pflanzen, die mit und ohne Kultivierung wachsen und für die irdischen Wesen wie das göttliche Amrit sind. Dharma zeugte mit Lakshmi den Liebesgott Kama, und von Sadhya wurden die himmlischen Sadhyas (Riten und Gebete der Veden) geboren, die in der Welt verehrt werden und Indra folgen. Ihre Namen sind Bhava, Prabhava, Ishana, Arundhati, Viswavasu, Bala, Dhruva, Mahisha, Tanuja, Vijnata, Manasa, Matsara und Vibhuti. Mit (Kirti bzw. Vasu, Text ist unklar) zeugte Dharma die acht Vasus namens Dhara (Erde), Dhruva (Sterne), Viswavasu, Soma (Mond), Pravata, Yogendra, Vayu (Wind) und Nirriti (Auflösung). Und wie wir hörten, zeugte Dharma mit Viswa die Viswadevas (die „All-Götter“, ihre Namen sind unklar) und mit Marutwati die Maruts (Sturmgötter), mit Agni Chakshu, Havi, Jyoti, Savitra, Mitra und weitere (mit unklaren Namen).

Oh König, Kasyapa zeugte mit Aditi die zwölf berühmten Adityas (Götter), die im Himmel leben. Ihre Namen sind Indra, Vishnu, Bhaga, Twashtri, Varuna, Ansa, Aryaman, Ravi, Pushan, Mitra, der segensreiche Manu und Parjanya. Aditya (Ravi, der Sonnengott) zeugte mit Sarasvati zwei höchst strahlende Söhne mit unvergleichlicher Schönheit und großer Kraft (die Aswins?). Diti gebar die Daityas und Danu die Danavas (zwei Dämonenstämme). Kala gebar die dämonischen Kalakeyas und Rakshasas. Danayu brachte all die Krankheiten und Sorgen zur Welt. Sinhika wurde zur Mutter der Planeten, Muni zur Mutter der Gandharvas und Pradha zur Mutter der Apsaras. Surasa gebar die Reptilien und Krodha all die Gespenster, Yakshas und Guhyakas (Diener von Kuvera) sowie Surabhi mit allen Vierbeinern. Vinata war die Mutter von Aruna und Garuda (König der Vögel) und Kadru die Mutter der mächtigen Schlangen (die Nagas, wie Sesha und Vasuki).

Oh Nachkomme des Bharata, als der göttliche Brahma auf diese Weise im Lotus erwachte, entfalteten sich alle Welten mit ihren vielfältigen Geschöpfen. Diese uralte Geschichte über die Schöpfung im Lotus habe ich von meinem Lehrer, dem inselgeborenen Vyasa gehört. Als er diese Geschichte von der Entstehung der Welten erzählte, wurde sie von den großen Rishis gelobt. Wer sie mit Achtsamkeit immer wieder liest, wird von den Sorgen dieser Welt befreit und kann sich auf Erden der Vielfalt erfreuen und im Himmel der ewigen Glückseligkeit.

(Hinweis: Die vorliegenden Kapitel 3.7. - 3.14. befinden sich mit fast gleichem Wortlaut auch im Matsya-Purana ab Kapitel 164)


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