Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.71. Naradas Vision und Indras Antwort

Vaisampayana sprach:
Als Narada, dieser Beste der Redner, die Worte von Indra vernommen hatte, sprach er im Vertrauen zum König der Götter:
Zweifellos sollte man Königen nur Angenehmes sagen. Doch in seltenen Fällen sind auch unangenehme Worte angebracht, die zu ihrem Wohlergehen sind. Die Lehrer in Politik und Herrschaft erklären, daß ein König gut nachdenken sollte, bevor er handelt. Weil du oft meinen Rat suchst in Dingen, die zu tun oder zu lassen sind, so möchte ich dir heute ungefragt noch etwas sagen. Nimm es an, wenn du möchtest. Ich denke, gute Freunde, die den Erfolg ihrer Freunde wünschen, sollten ihren guten Rat anbieten, auch wenn sie nicht danach gefragt werden. Fromme und tugendhafte Menschen sollten mit Bedacht sagen, was zum Wohlergehen anderer ist, auch wenn es unangenehm oder unannehmbar erscheint. Dies ist der Weg, die Schuld der Zuneigung zu begleichen, den die Weisen bereits vor langer Zeit erkannt haben. Dagegen sollten Lügen und unaufrichtige Worte, die den Dharma verletzen, weder angehört noch von tugendhaften Menschen gesprochen werden. Doch höre, oh Bester aller Zuhörer, meine Worte, die ich aus Pflichterfüllung zu deinem Wohl spreche, und handle entsprechend, oh Allwissender.

Oh Vernichter von Vala, zweifellos erhöht Uneinigkeit unter Verbündeten oder Brüdern die Freude im Herzen der Feinde. Oh Erster der Götter, man sollte stets alle Taten untersuchen, ob sie Wohlergehen oder das Gegenteil bewirken. So meidet der Weise alle Taten, die er später bereuen müßte. In dieser Hinsicht sehe ich nichts Gutes auf dich zukommen, wenn du Krishna den Parijata Baum verweigerst. Oh König der Götter, höre die Gründe dafür. Hari regiert alle Welten aus Ursache und Wirkung heraus. Die Weisen kennen ihn als Höchste Seele jenseits aller Illusion. Dieses ganze Universum ist seine Verkörperung. Er ist das Unentfaltete, die Schöpfung, die Seele und das Bewußtsein aller Wesen. Er ist Shiva und Uma. Die berühmte Göttin ist der verheißungsvolle Anteil der Natur, und der Gott ist das Bewußtsein aller Wesen. Er durchdringt das ganze Universum mit allen Sinnesobjekten. Rukmini und die andere Frauen von Krishna repräsentieren die natürlichen Qualitäten wie die Göttin Uma. Und durch ihre Verbindung haben Vishnu wie auch Shiva gleichen Anteil daran. Oh Erster der Götter, es gibt nicht den kleinsten Unterschied zwischen Shiva und Vishnu. Sie sind die ewigen Herrscher über die drei natürlichen Qualitäten in der Schöpfung und die Qualitäten selbst (die drei Gunas: Sattwa, Rajas und Tamas - Güte, Leidenschaft und Trägheit). Dieser Allmächtige ist als Vishnu der Bewahrer aller Welten, als Brahma der Schöpfer und als Shiva der Zerstörer. Oh Herr der Himmlischen, er ist Mahadeva, aus dem im Laufe der Zeit Brahma mit allen anderen Göttern sowie die Stammväter aller Lebewesen entstanden sind. Er ist der uralte Purusha, der Höchste Geist, unvorstellbar, grenzenlos und jenseits aller Eigenschaften. In alten Zeiten verehrte Aditi den berühmten Vishnu mit strenger Askese, und als er mit Aditi zufrieden war, gewährte er ihr einen Segen. Da verneigte sich deine Mutter Aditi und sprach zu Narayana: „Oh Bester der Götter, ich wünsche dich als Sohn zu gebären.“ Und er antwortete: „Oh Göttin, in allen Welten gibt es keinen Höheren als mich. Wahrlich, ein Teil von mir wird als dein Sohn geboren werden.“ Oh König der Götter, auf diese Weise wurde der Schöpfer von allem, der allmächtige Narayana, als Upendra, dein jüngerer Bruder geboren. So verkörperte sich die ewige Gottheit, Hari, der Herr der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nach eigenem Willen im Stamm von Kasyapa, weil es in seinem Wesen liegt, sich auf diese Art zu manifestieren. Und so verkörperte sich dieser Herr des Universums, sein Schöpfer und Zerstörer, auch als Krishna in Mathura zum Wohle der Welt. Oh Verleiher von Ruhm, wie die Säfte das Fleisch, so durchdringt dieser allmächtige Vishnu auf wundervolle Weise das ganze Universum. Dieses Höchste Brahman, die Allseele und der Allbeschützer, ist ohne Eigenschaften und gestaltet sich zum Wohle aller Wesen, wie es notwendig ist. Aus diesem Grund wird Krishna, der Herr der Schöpfung mit dem Lotusnabel, von allen Himmlischen verehrt. Er stützt in Gestalt von Ananta (der Urschlange) diese ganze Erde. Die frommen Kenner der Veden nennen ihn auch das große Opfer. Er nimmt im goldenen Krita Zeitalter eine weiße Färbung an, im Treta eine rote, im Dwapara eine gelbe und jetzt im Kali Yuga eine schwarze. In himmlischer Gestalt schlug der Gott den Dämon Hiranyaksha, hob in Gestalt eines Ebers die im Wasser versunkene Erde hervor und tötete in Gestalt eines Löwenmenschen Hiranyakashipu. In Gestalt eines Zwerges eroberte er die Weltherrschaft zurück und verbannte Vali in die Unterwelt. Auf diese Weise gewann dieser großherzige und unvergleichlich mächtige Vishnu die himmlische Herrschaft zurück und übergab sie wieder in deine Hände, oh Indra. In Gestalt von Janardana erfüllt er sein Gelübde zur Bewahrung des Dharma und straft all jene mit der Erfahrung des Todes, deren Tugend schwindet. In Gestalt von Govinda schlug diese Zuflucht der Frommen, der stets dem Dharma verbunden ist, zu deinem Wohl die übermächtigen Dämonen, die den Göttern feindlich waren. In Gestalt des hochbeseelten Rama schlug er Ravana sowie andere Rakshasas wie ein Löwe einen Elefanten. So lebt dieser Herr des Universums und das höchste Wesen, dein jüngerer Bruder, in der Welt zum Wohle aller Geschöpfe. Ich selbst sah Hari unter den Himmlischen wandern wie eine lodernde Flamme. Er trug verfilzte Locken, ein schwarzes Hirschfell und den Stab. Ich selbst sah Govinda in der von Dämonen überschwemmten Welt, wie er den Dämonen zum Wohle aller den Untergang brachte. Oh Erster der Götter, Janardana muß diesen Parijata Baum nach Dwaraka bringen. Das ist die Wahrheit. Du wirst mit deiner brüderlichen Liebe nicht fähig sein, Krishna zu schlagen. Noch wird Krishna fähig sein, dich als seinen älteren Bruder zu schlagen. Oh Gott, wenn du meinen Worten nicht glaubst, dann frage deine Berater, die in den Gesetzen der Politik erfahren und deinem Wohl ergeben sind.

Vaisampayana fuhr fort:
Oh Janamejaya, auf diese Worte von Narada antwortete Indra dem weltberühmten Heiligen:
Oh Zweifachgeborener, von dieser unvergleichlichen Größe, die du Krishna verleihst, habe ich schon viele Male gehört. Wenn auch Krishna von diesem Wesen ist, so kann ich ihm dennoch den Parijata Baum nicht geben. Das sehe ich als meine Dharma Pflicht gegenüber allen guten und frommen Wesen. Dessen bin ich mir sicher, und ich hoffe, daß Krishna, der mit allen vorzüglichen Qualitäten und Mächten gesegnet ist, wegen so einer Kleinigkeit nicht zornig wird. Oh Heiliger, möge dir Gutes begegnen! Die höchst mächtigen Götter sind in ihrem Wesen immer auch voller Vergebung und achten die Worte der Altehrwürdigen, die mit dem Auge der Weisheit schauen. Der hochbeseelte Krishna ist der Erste der Tugendhaften und weiß alles. Warum sollte er wegen einer Kleinigkeit den Streit mit seinem älteren Bruder suchen? Wie Vishnu meiner Mutter den Segen gewährt hat, so sollte er auch den Wunsch ihres Sohnes achten, der sein älterer Bruder ist. Wie Janardana aus eigenem Willen Upendra wurde, der jüngere Bruder von Indra, so wird er sicherlich auch Indra, seinen älteren Bruder, respektieren. Warum wäre er sonst mein jüngerer Bruder geworden? Doch wenn er jetzt der Älteste unter uns Brüdern sein will, dann möge es geschehen!

So erfuhr der tugendhafte, weise und selbstbeherrschte Narada den Entschluß von Indra, und auf rechte Weise vom König der Götter verabschiedet, begab er sich zur Stadt Dwaraka, die von Krishna, dem Besten der Yadavas, beschützt wurde.


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