Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.58. Der Aufbau von Dwaraka

Vaisampayana sprach:
Als die Sonne am klaren Morgenhimmel aufstieg, führte Krishna seine Morgenriten durch und setzte sich einige Zeit im Wald nieder. Danach durchstreifte er die Umgebung, um einen geeigneten Ort für die befestigte Stadt zu finden, und all die führenden Yadavas folgten diesem Nachkommen des Yadu. An einem glücksverheißenden Tag unter dem Stern Rohini brachte er reiche Geschenke an die Brahmanen dar und ließ die Weiheriten für den Aufbau der Stadt durchführen. Dann sprach der lotusäugige Krishna, der Vernichter von Keshi und Beste der Redner, zu seinem Volk wie Indra zu den versammelten Göttern:
Oh ihr Yadavas, schaut das Land, das ich erwählt habe! Es ist wie der Himmel auf Erden. Ich habe der Stadt auch einen Namen gegeben, unter dem sie berühmt werden soll. Wie die himmlische Stadt von Indra Amaravati heißt, so soll unsere Stadt Dwaraka heißen (die Stadt der Tore). In gleicher Weise habe ich die Hauptstraßen, Kreuzungen, Paläste und alles andere entworfen. Hier könnt ihr euch mit Ugrasena als König frei von Angst wie Götter erfreuen, und die Feinde werden es schwer haben. Sammelt die Steine für die Häuser, Straßen und Kreuzungen. Errichtet Gärten und Wälle. Beschäftigt Handwerker, Steinmetze und Maurer aus aller Welt mit dem Bau dieser Stadt!

Mit diesen Worten von Krishna begannen die Yadavas voller Freude, die genannten Dinge zu sammeln und die Stadt aufzubauen. Ihre Führer maßen mit Stricken das Land aus, und die Brahmanen verehrten die Schutzgötter an diesem glücksverheißenden Tag. Da sprach Govinda voller Weisheit zu den Baumeistern:
Baut auch einen Tempel für unsere Schutzgottheit an einem wohlbedachten Ort, wo sich vier Hauptstraßen treffen.

Darauf sprachen die Baumeister „So sei es!“ zum starkarmigen Krishna und widmeten sich dem Bau der befestigten Stadt und der Beschaffung aller nötigen Materialien. Sie konstruierten entsprechend der traditionellen Ordnung all die Tore und anderen Bauwerke sowie die Schreine für Brahma und weitere Götter. Sie entwarfen vier Stadttore für die vier Götter des Wassers, Feuers und Reichtums sowie für den König der Götter, welche die Namen Pushpadanta, Shuddaksha, Bhalatta und Indra trugen (im Westen, Süden, Norden und Osten). Als die hochbeseelten Yadavas auf diese Weise begannen, die Stadt aufzubauen, dachte Krishna über einen schnelleren Weg nach. Da erhob sich in ihm aus den Urgründen ein himmlisch reiner Gedanke zum Wohle der Yadavas und ihrer Stadt. Er dachte an den mächtigen Visvakarma, den Sohn von Prajapati und Besten der himmlischen Baumeister, der diese Stadt in kürzester Zeit aufbauen konnte. So setzte sich Krishna an einem einsamen Ort nieder und konzentrierte sich auf Visvakarma, damit er erscheinen möge. Und im gleichen Moment kam der höchst intelligente, himmlische Baumeister, dieser Beste der Götter, herab und verneigte sich vor Krishna.

Dann sprach Visvakarma:
Oh Vishnu mit den beständigen Gelübden! Vom König der Götter gesandt, stehe ich als dein Diener vor dir. Was soll ich für dich tun? Oh Gott, ich verehre dich wie Brahma, den Großen Vater, und Shiva, den Dreiäugigen. Oh Herr, ich sehe in dieser Dreiheit keinen Unterschied. Oh Starkarmiger, sei so gütig und gebiete mir, wie du den drei Welten gebietest.

Als Krishna, dieser Beste der Yadus und Vernichter von Kansa, diese demütigen Worte von Visvakarma hörte, antwortete er:
Oh Erster der Götter, du warst dabei, als sich damals die Götter im Geheimen beraten haben. So baue mir hier eine würdige Wohnstätte mit himmlischem Charme. Oh Gelübdetreuer, errichte durch deine Macht eine Stadt für mich, die deiner Baukunst und meiner Herrlichkeit würdig ist. Möge diese Stadt auf Erden ebenso berühmt wie Amaravati im Himmel werden. Oh höchst Intelligenter, nur du kannst dieses große Werk vollbringen. Erschaffe mir hier eine Wohnstätte wie in den himmlischen Regionen, so daß alle Sterblichen meine Herrlichkeit in dieser Stadt der Yadus sehen können.

So angesprochen von Krishna, dem Vernichter der Götterfeinde, antwortete der unermüdlich tätige Visvakarma:
Oh Herr, ich werde zweifellos alles tun, was du wünschst. Doch das jetzige Land wird nicht ausreichen für all dein Volk. Deine Stadt sollte so groß sein, daß sogar die vier Ozeane in ihrer verkörperten Form darin wandern können. Oh Bester der Menschen, wenn der Ozean bereit ist, etwas mehr Land zu geben, dann kann diese ausgedehnte Stadt entstehen.

Als Krishna diese Worte vom himmlischen Baumeister hörte, hatte er sich bereits entschieden und sprach zum Ozean, dem Herrn aller Flüsse:
Oh Ozean, wenn du mich achtest, dann ziehe dein Wasser zwölf Yojanas (ca. 120km) zurück. Mit dem Land, das du uns gibst, wird diese Stadt voller Reichtum und Freude mein ganzes Kriegervolk beherbergen können.

Als der Herr der Flüsse diese Worte von Krishna hörte, hob er das gewünschte Land hervor und trocknete es mithilfe des Windgottes. Und angesichts des neuen Landes für den Ausbau der Stadt und den Respekt, den der Ozean Krishna zeigte, war Visvakarma höchst zufrieden. So sprach er zu Krishna:
Oh Herr, noch heute sollst du in dieser Stadt wohnen. Ich sehe den Plan dieser höchst vorzüglichen Stadt bereits in meinem Geist. Sie wird in kürzester Zeit mit Reihen von Häusern geschmückt sein. Sie wird wundervoll erscheinen mit herrlichen Straßen, Toren und Türmen. Sie wird mit unzähligen stattlichen Palästen ein strahlendes Juwel der Erde sein.

Und für Krishna entwarf er einen Palast wie im Himmel mit inneren Gemächern für seine Frauen. Dann baute Visvakarma durch die Macht seines Geistes diese herrliche Stadt für Vishnu mit dem Namen Dwaraka auf. Sie war wohlbeschützt durch starke Tore, mächtige Wälle und tiefe Gräben. Sie war gefüllt mit Palästen, schönen Männern und Frauen, Händlern und vielfältigen Waren. Obwohl sie auf Erden lag, erschien sie wie im Himmel. Sie war mit Becken und Kanälen voll klarem Wasser und wunderschönen Gärten geschmückt wie eine Dame mit großen Lotusaugen. Es gab stattliche Versammlungshallen und Plätze, viele breite Straßen und königliche Promenaden. Wie die wolkenumkränzte Stadt von Indra den Himmel schmückt, so schmückte diese ozeanumkränzte Stadt mit vielfältigen Juwelen die Erde. Sie war ein angenehmer Ort für Helden, vor denen die benachbarten Könige höchsten Respekt hatten, und ihre Paläste strebten bis zum Himmel. Auf den Straßen hörte man geschäftiges Treiben, und in der Luft lag der salzige Duft des Ozeans. Geschmückt mit herrlichen Stränden und Gärten sowie strahlenden Menschen erschien sie wie der Himmel mit seinen Sternen. Die Stadt glänzte mit ihren Mauern, Toren, Türmen, Häusern und Palästen so golden wie die Sonne. An den Straßen und Plätzen reihten sich stattliche Häuser mit vielen Türen so weiß wie Wolken. Und wie der Mond den Himmel erhellt, so begann Krishna, die Freude der Yadavas, von seinem Volk umgeben in dieser Stadt zu wohnen, die Visvakarma mit unzähligen Juwelen in gleicher Weise wie die Stadt von Indra erbaut hatte. Dann wurde der himmlische Baumeister von Govinda gebührend geehrt und kehrte in sein Reich zurück.

Als die Stadt aufgebaut war, fühlte Krishna, der den Geist in seiner Tiefe kannte, in seinem Herzen den Wunsch, sein Volk mit Reichtum zu beschenken. Daraufhin rief er während der Nacht Sankha in sein Haus, den Besten der Nidhis, der ein Diener von Kuvera, dem König der Reichtümer war. Und wie es Krishna als Herr von Dwaraka wünschte, so erschien Sankha. Und wie Sankha seinen König Kuvera ehrte, so verneigte er sich auch demütig vor Krishna und sprach mit gefalteten Händen:
Oh Herr, ich bin ein Beschützer des himmlischen Reichtums. Oh Starkarmiger, sage mir, was ich für dich tun kann.

Darauf antwortete Krishna diesem Besten der Guhyakas:
Oh Sankha, gib allen Bewohnern in meiner Stadt, denen es an Wohlstand mangelt, genügend Reichtum. Ich möchte in dieser Stadt keinen sehen, der an Hunger, Armut oder Mangel leiden oder sogar betteln muß.

So erfüllte Sankha, dieser Beste von Kuveras Diener, den Wunsch von Krishna, und ließ genügend Reichtum in jedes Haus von Dwaraka regnen. Deshalb gab es in der Stadt des hochbeseelten Krishna keine hungrigen oder armen Menschen, denen es an Reichtum mangelte. Danach rief Krishna zum Wohle seines Volkes den Gott des Windes herbei, der jedem Lebewesen den Atem gibt. Sogleich erschien Vayu vor seinem Meister, dem Träger der Keule, der das Geheimnis der Götter kannte, und sprach im Vertrauen zu ihm:
Oh Göttlicher, ich bin schnell beweglich und kann überall hingehen. Sage mir, was ich für dich tun kann. Oh Sündloser, wie ich der Botschafter der Götter bin, so bin ich auch deiner.

Darauf sprach der ewige Krishna zu Vayu, dem Leben der Welt, der in persönlicher Gestalt vor ihm stand:
Oh Windgott! Geh zu den Göttern und ihrem König. Bring ihnen meine Verehrung dar, erbitte die himmlische Versammlungshalle Sudharma und trage sie hierher nach Dwaraka. Oh Vayu, die Yadavas sind tugendhaft, gerecht, voller Heldenmut und zahlreich. Sie sind ihrer würdig und sollten sich darin versammeln. Denn nur diese Versammlungshalle ist unzerstörbar, frei beweglich und kann jede Gestalt annehmen. Sie soll den Yadavas dienen und sie vereinen, wie sie den Göttern im Himmel dient.

Als der Windgott diese Worte vom unermüdlich handelnden Krishna hörte, begab er sich so schnell wie ein Gedanke in die himmlischen Bereiche, verehrte die Götter und überbrachte den Wunsch von Krishna. Danach kehrte er mit der Versammlungshalle Sudharma auf die Erde zurück, übergab sie Krishna, der stets dem Dharma folgt, und verschwand. So geschah es, daß Sudharma, wie sie im Reich der Götter steht, von Krishna im Zentrum von Dwaraka aufgestellt wurde, um den führenden Yadavas zu dienen. Und so schmückte der ewige Hari, die Intelligenz des Universums, seine Stadt mit himmlischen, irdischen und ozeangeborenen Juwelen wie eine Ehefrau. Dann legte er die Gebote der Tugend und Gerechtigkeit für alle Bewohner fest und setzte damit vom einfachsten Händler bis zum Armeegeneral die Grenzen. Ugrasena wurde zum König, Sandipani zum obersten Priester, Anadhrishti zum Armeegeneral und Vikadru zum obersten Minister. Weiterhin wurden zehn altehrwürdige Yadavas vom weisen Krishna zu königlichen Beratern in allen Fragen ernannt. So machte Krishna auch Daruka, diesen Besten der Wagenkrieger, zu seinem Wagenlenker und Satyaki zum Kommandeur der Armee.

Auf diese Weise traf der schuldlose Krishna, der Schöpfer der Welt, alle Vorbereitungen für seine Stadt und begann, mit seinem Volk glücklich auf der Erde zu leben. Dann dauerte es nicht lange, und Balarama heiratete mit dem Segen von Krishna die schöne Revati. Sie war einer Göttin gleich und die Tochter von König Raivata (der einst über Kushasthali herrschte, was nun Dwaraka geworden ist, aber mit seiner Tochter einige Yugas am Hofe von Brahma verbrachte - siehe Kapitel 1.11.).


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