Janamejaya fragte:
Oh Heiliger, nachdem Krishna den mächtigen König Kansa geschlagen hatte, der selbst für Götter unbesiegbar war, wurde er weder zum König gekrönt noch hat er den Thron ergriffen. Deshalb wurde er von den Königen nicht mit gebührendem Respekt empfangen, als er wegen der Jungfrau zur Gattenwahl erschien. Warum vergab er ihnen diese Verletzung? Mit Garuda hätte er doch die Macht gehabt, sie alle zu schlagen. Warum übte er solche Vergebung? Oh Brahmane, ich bin höchst verwundert, wenn ich all das höre. Bitte erkläre es mir ausführlich.
Und Vaisampayana sprach:
Als der ewige Vasudeva zusammen mit Garuda, dem Sohn der Vinata, in der Hauptstadt von Vidarbha erschien, überlegte sich Kaishika:
Sicherlich werden alle unsere Sünden vernichtet werden, wenn wir diese wundervolle Erscheinung von Krishna würdigen. Mit dieser Sicht auf das wahre Wesen von Krishna wird zweifellos unser Geist gereinigt. Keine Person in den drei Welten ist verehrungswürdiger als Krishna, der lotusäugige Janardana, der Gott der Götter. Oh König! Welches Gastgeschenk könnte man einem solchen Wesen darbringen? Wie können wir unsere Pflicht erfüllen und verdienstvoll handeln?
So berieten sich die beiden Brüder Kratha und Kaishika und entschieden sich schließlich, zu Krishna zu gehen und ihm ihr Königreich zu übergeben. Dort verneigten sich diese beiden edlen Könige von Vidarbha und sprachen demütig zum Göttlichen:
Gesegnet sind heute unsere Geburt und unser Ruhm. Gesegnet sind heute unsere Ahnen, weil du in unser Haus gekommen bist. Wir übergeben dir hiermit unsere königlichen Schirme, unser Banner, unseren Thron, unsere Armee, unsere Schatzkammer und unsere blühende Stadt. Oh Starkarmiger, wie dich Indra zum Govinda (dem König der Kühe) ernannt hatte, so ernennen wir dich jetzt zum König unseres Königreiches. Was wir beide beschlossen haben, können weder die anderen Könige noch Kaiser Jarasandha rückgängig machen. Dieser König von Magadha mit dem großen Ruhm, der sich über viele andere Könige erhoben hat, ist dir feindlich gesinnt. Er pflegte oft von dir zu behaupten:
Der Sohn von Devaki ist kein geweihter König und hat kein Königreich. Wie sollte er in einer Versammlung von Königen sitzen? Dieser höchst strahlende und mächtige Krishna ist sehr stolz. Er wird deshalb niemals zu dieser Gattenwahl erscheinen. Wenn all die Könige auf ihren gebührenden Sitzen Platz genommen haben, wie könnte dieser höchst Strahlende tiefer sitzen? (Aus diesem Grund arrangierte Rukmi diese Gattenwahl, damit seine Schwester Rukmini einen anderen als Krishna erwählen mußte.)
Als König Bhishmaka von dieser Diskussion unter den Königen hörte, beriet er sich mit uns, um diesen Streit zu beenden, und verleiht dir hiermit diesen höchst vorzüglichen Palast. Oh Strahlender, du bist die ursprüngliche Gottheit unter allen Göttern und der Herr der drei Welten. So werde auch zum König in diesem Land der Sterblichen! Oh Herr, damit mögen die Streitigkeiten über die Sitze in der Versammlung der Könige beseitigt sein. Empfange noch heute die Königsweihe entsprechend den heiligen Schriften und sitze schon morgen in der Versammlung auf dem weißen Thron von Vidarbha, wie Indra im Himmel.
So sprachen sie zu diesem Besten der Götter und verneigten sich mit gefalteten Händen. Dann sandten die beiden Helden ihre Botschafter zu den Königen, um ihnen die Geschehnisse mitzuteilen zusammen mit der Botschaft von Indra, dem Träger des Donnerblitzes. So ließ Kaishika den Königen folgende Worte übermitteln:
Oh Könige, ihr alle wißt, daß der ewige Hari in dieser Stadt von Vidarbha zusammen mit Garuda als unser Gast erschienen ist. Angesichts dieser würdigsten Person, der man Geschenke darbringen kann, bot ihm mein Bruder Kratha unser Königreich an, um dem Dharma zu genügen. Doch als mein Bruder seinen Thron übergeben wollte, hörten wir aus dem Himmel herab eine körperlose Stimme. Und der himmlische Bote sprach: „Oh König, es ist nicht angemessen, ihm den Thron zu geben, auf dem du gesessen hast. Für Krishna sendet der König der Götter einen himmlischen Thron herab. Er ist rein, aus strahlendem Gold, vom himmlischen Architekten geschaffen, mit allen Juwelen geschmückt und dem Bild eines Löwen gezeichnet. Auf diesem Thron sollst du zusammen mit den anderen Königen Krishna zum König weihen. Wer unter den Königen, die zur Gattenwahl nach Kundina gekommen sind, diesen Thron nicht anerkennt, verdient von Indra, dem König der Götter, geschlagen zu werden. Und hier sind acht Gefäße mit ewigen Schätzen (Nidhis), die der Gott des Reichtums sendet. Diese himmlischen Ornamente mit überirdischem Gold und göttlichen Juwelen sind herabgekommen, um den König der Könige unter allen Königen zu verherrlichen. Oh Monarch, dies ist das Gebot von Indra, dem König der Götter, das ich hiermit verkünde. Sende deine Boten aus und lade alle Könige ein, um Krishna zu weihen.“ Oh ihr versammelten Könige, so sprach der Götterbote vom Himmel herab und übergab den Thron für Krishna, so strahlend wie die aufgehende Sonne, und kehrte in das Reich der Götter zurück. So folgt nun dem Gebot von Indra und fordert nicht seinen schrecklichen Zorn heraus. Ihr alle sollt Janardana in seiner wundervollen Form sehen, die auf Erden so schwer zu schauen ist. Ihr alle sollt Zeuge sein, wie Krishna mit himmlischen Gaben zum König geweiht wird. Wenn wir diese wunderbaren Weiheriten von Vishnu, dem Gott der Götter, sehen, werden sicherlich alle unsere Sünden bereinigt. So kommt, ihr führenden Könige, und fürchtet euch nicht! Für euer Wohlergehen haben wir Frieden mit Krishna geschlossen. Ich habe wahrhaft erkannt, daß Krishna einen reinen Geist hat. Er wird allen Königen seinen Schutz gewähren. Er hegt keine Feindschaft in seinem Herzen, nicht einmal gegen Jarasandha, den König von Magadha. Deshalb beratet euch gut und handelt der Situation angemessen.
Vaisampayana fuhr fort:
Oh Janamejaya, während die Könige diese Worte des Boten von Kaishika hörten, darüber nachdachten und den Fluch von Indra fürchteten, hörten sie ebenfalls ein körperlose Stimme, tief wie das Donnern von Gewitterwolken, die den ganzen Himmel erfüllte. Und Chitrangada sprach auf Geheiß des Königs der Götter:
Oh ihr Könige, Indra, der König der drei Welten, erläßt zu eurem Wohlergehen und zum Schutz eurer Untertanen folgendes Gebot: Lebt nicht in Feindschaft mit Krishna! Oh ihr Könige, verehrt ihn und lebt friedlich in euren Ländern. Krishna befreit seine Freunde von allen Sorgen und erscheint seinen Feinden wie das Feuer am Ende der Welt. Deshalb versöhnt euch mit ihm und seid glücklich und zufrieden. Der König ist der Gott des Volkes, die Götterschar ist der Gott der Könige, Indra ist der Gott der Götterschar und Janardana ist der Gott für Indra. Das ist die mächtige Gottheit, Vishnu, der Gott der Götter, der auf Erden im Reich der Menschen unter dem Namen Krishna geboren wurde. Er allein kann in allen Welten weder von Göttern und Dämonen noch von Menschen oder sogar von Mahadeva, dem Träger des Dreizacks, zusammen mit Kartikeya, dem Kriegsgott, geschlagen werden. Deshalb wünscht Indra zusammen mit allen Himmlischen, daß die Königsweihe des hochbeseelten Krishna zum höchsten König der Götter vollzogen wird. Die Götter selbst haben kein Recht, einen solchen König auf Erden zu weihen. Das liegt in der Macht der Könige selbst. Deshalb kann ich nicht persönlich die Königswürde dem verleihen, der von allen Welten verehrt wird. Oh ihr Könige, begebt euch zur Hauptstadt von Vidarbha und führt zusammen mit Kratha und Kaishika dieses Ritual entsprechend den heiligen Schriften durch. Indra sieht die Zeit für euch gekommen, Frieden und Freundschaft zu schließen, und hat mich deshalb zu euch gesandt. Heute wurde Krishna von den Königen Kratha und Kaishika in der Hauptstadt von Vidarbha eingeladen, um die Zeremonie seiner Königsweihe durchzuführen. Oh ihr Könige, vereint euch mit ihnen und vollbringt diese Weihe gemeinsam. Verherrlicht Krishna, empfangt seine Gaben und kehrt mit glücklichen Herzen zur Gattenwahl zurück. Doch laßt die vier führenden Könige Jarasandha, Damaghosha, Rukmi und Salwa, den König von Saubha, diese großen Wagenkrieger, in der Versammlungshalle der Gattenwahl zurück, damit sie nicht völlig leer steht.
Als die Könige aus dem Munde von Chitrangada dieses Gebot vom Götterkönig hörten, waren sie alle bereit, dorthin zu gehen. Und sogar der kluge König Jarasandha war damit einverstanden. Daraufhin brachen sie mit ihren Armeen unter der Führung von Bhishmaka auf. So begab sich Bhishmaka mit all den Königen im Gefolge und furchtvoll brennendem Herzen (wegen seines Sohnes Rukmi) in die Stadt, wo der langarmige Krishna im Hause von Kaishika wohnte. Schon von weitem erstrahlte die Versammlung der Himmlischen, die zur Verherrlichung von Krishna mit himmlischen Bannern, Kleidern, Juwelen, Ornamenten, Girlanden und Düften erschienen waren. Man sah die strahlenden Wagen der Götter am Himmel. Man sah die tanzenden Apsaras, die musizierenden Gandharvas, die Munis und Kinnaras, die vereint das Lob auf die Vollkommenheit von Krishna, den Gott der Götter, sangen. Die Heiligen und Siddhas priesen ihn mit heiligen Hymnen. Die himmlischen Pauken erklangen, und himmlische Düfte kamen von den Unsterblichen herab. Sogar Indra, der Gatte der Sachi, zeigte sich persönlich inmitten der Götter auf seinem Wagen am Himmel. Die acht Weltenhüter begannen, in ihrer jeweiligen Himmelsrichtung zu tanzen und das Lob auf Krishna von allen Seiten zu singen. So hörten und sahen die Könige diesen großen Tumult und betraten voller Bewunderung mit weit aufgerissenen Augen die Versammlungshalle. Der starkarmige und mächtige König Kaishika kam ihnen entgegen und empfing sie ordnungsgemäß. Und als der herrliche Hari, dieser Erste der Götter, unterrichtet wurde, daß sich die Könige versammelt hatten, erschien er mit allen glückverheißenden Zeichen. Danach begannen die himmlischen Gefäße, die mit feinen Tüchern und Blumen geschmückt waren, das Weihwasser wie aus Regenwolken herabzusprenkeln. Und die Königsweihe wurde vollendet mit himmlischen Juwelen, Gold, Blüten und Düften. Auf diese Weise wurde Janardana verherrlicht, und die versammelten Könige erblickten ihn mit himmlischen Ornamenten geschmückt. Dann wurden die Könige mit himmlischen Roben, Girlanden und Düften beschenkt, und Krishna bestieg den himmlischen Thron, der für seine Weihe von Indra herabgesandt worden war. Hier wurde er von den führenden Yadavas sowie den Herrschern von Vidarbha und den anderen Königen verehrt, wie Indra von den Göttern im Himmel. Und Garuda, der mächtige Sohn der Vinata, der jede beliebige Form annehmen konnte, saß in menschlicher Gestalt auf einem vorzüglichen Sitz an der rechten Seite von Krishna. Und auf Wunsch von Krishna saßen die hochbeseelten und heroischen Könige Kratha und Kaishika sowie die mächtigen Wagenkrieger der Vrishnis und Andhakas mit Satyaki an der Spitze auf ihren jeweiligen Sitzen an seiner linken Seite. Diese führenden Könige verherrlichten Krishna auf seinem himmlischen Thron mit dem Glanz der Sonne, wie die wunderschöne Sachi ihren Herrn im Himmel verherrlicht. Danach wurden von den Hofbeamten die anderen Könige hereingeführt und von Krishna empfangen. Und als sie ihm alle ihren Respekt gezeigt und auf gebührenden Sitzen Platz genommen hatten, sprach der weise König Kaishika, dieser Beste der Redner:
Oh Herr, die Könige habe dich in ihrer Unwissenheit als ein menschliches Wesen betrachtet und mit Geringschätzung und Abneigung behandelt. Bitte vergib ihnen, oh Göttlicher!
Darauf antwortete Krishna:
Oh Kaishika, in meinem Herzen weilt keine Feindschaft, nicht einmal für einen Tag, und gleich gar nicht gegen Könige, die ihre Aufgabe als Kshatriyas erfüllen. Oh ihr Könige, wie kann ich mit denen zornig sein, die sich von Ungerechtigkeit abwenden und tugendhaft kämpfen? Was vergangen ist, ist vergangen. Die Toten sind zum Himmel aufgestiegen. Geburt und Tod ist das natürliche Gesetz in der Menschenwelt. Deshalb betrauert die Toten nicht länger. Oh Könige, es ist besser für uns alle, Vergebung zu üben und die Feindschaft zu beenden.
So sprach Krishna, der Vernichter von Madhu, und beruhigte die großen Könige. Dann schaute der Strahlende auf König Kaishika und stand auf, um zu gehen. Da näherte sich Bhishmaka, der ein Kenner der Politik und vorzüglicher Redner war, und verehrte Krishna angemessen, um mit ihm zu reden.