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2.104. Wie Pradyumna von Sambara geraubt wurde

Janamejaya sprach:
Du erwähntest, daß Sambara von Pradyumna getötet wurde. Bitte erzähle mir die ganze Geschichte.

Und Vaisampayana sprach:
Um Sambara zu besiegen, nahm Kama, der verführerische Gott der Liebe, seine Geburt im Leib von Rukmini, die eine Verkörperung von Lakshmi, der Göttin des Glücks, war. So wurde Pradyumna als Sohn von Krishna geboren. Der Heilige Sanatkumar hat diese Geschichte einst erzählt. Am siebenten Tag nach seiner Geburt stahl der dunkle Sambara dieses Baby, den Sohn von Krishna, während der Nacht aus der Entbindungskammer. Krishna, der die himmlische Maya (die Illusion) kennt, wußte, was hier geschah, und tötete den Dämonen nicht sogleich, der auf seine Unbesiegbarkeit so stolz war. So ergriff Sambara den Sohn von Krishna wie seinen eigenen Tod und trug ihn auf seinen Armen in sein Haus. Seine schöne und vollkommene Frau hieß Mayavati und erschien wie eine Verkörperung der Illusion. Sie hatte keine Kinder, und so übergab er ihr, vom Tode angelockt, den Sohn von Krishna als ihren eigenen. Sobald sie ihn erblickte, wurde sie von ekstatischer Freude erfüllt, und schaute ihn wieder und wieder voller Liebe an. Und als sie ihn so intensiv betrachtete, erkannte sie ihren geliebten Herrn und Gemahl aus vergangenen Zeiten. Sie erinnerte sich und dachte:
Er ist mein Ehemann, für den ich Tag und Nacht im Ozean von Gedanken und Sorgen versinke und nirgends Glückseligkeit finden kann. Shiva, der Träger des Dreizacks, hatte ihn einst zu Asche verbrannt und seines Körpers beraubt, weil er dessen Askese gestört hatte. Nun sehe ich ihn in einer anderen Geburt wieder. Doch wenn ich nun weiß, daß er mein Ehemann ist, wie kann ich ihn an meinen Brüsten säugen und meinen Sohn nennen?

So überlegte Mayavati und übergab das Baby einer Amme, wo es sich durch gute Nahrung schnell entwickelte. Aufgrund der Worte der Amme und der Liebe von Mayavati sah der Sohn von Rukmini in Mayavati seine Mutter. So wuchs der lotusäugige Sohn von Krishna auf, und von großer Liebe bewegt, lehrte sie ihm als Frau eines Dämonen alle Arten der dämonischen Illusionen. Bald wurde Pradyumna ein stattlicher Jüngling, der so schön wie der Liebesgott persönlich erschien. Er wurde zum Meister im Gebrauch aller Waffen und wußte um die innersten Wünsche der Frauen. Mayavati wurde von erotischer Liebe erfüllt und begann, Pradyumna wie ihren Mann zu umwerben. Sie zeigte ihre ganze Schönheit und lockte ihn mit ihrem Lächeln und den Gesten ihres Körpers. Als Pradyumna die sinnliche Liebe der verführerisch lächelnden Göttin erkannte, fragte er sie:
Was ist das? Warum kehrst du die Gefühle der mütterlichen Liebe ins Gegenteil? Ach, du verhältst dich wie eine sündige Frau, die von den Launen der weiblichen Natur überwältigt wurde. Von leidenschaftlicher Liebe besessen betrachtest du mich nicht als deinen Sohn und hegst ganz andere Wünsche. Oh Göttin, was ist der Grund für dieses absurde Verhalten? Bin ich nicht dein Sohn? Sage mir die Wahrheit! Warum verhältst du dich so? Ich weiß, das Naturell der Frauen ist unstet wie die Blitze am Himmel. Sie werden von Männern angezogen wie die Wolken von den Gipfeln der Berge. Oh gute Dame, bin ich dein Sohn oder nicht? Sag mir die Wahrheit über dein eigenartiges Verhalten!

Als Mayavati, deren Herz von erotischer Liebe ergriffen war, mit solchen Worten angesprochen wurde, sprach sie zu ihrem Geliebten, dem Sohn von Krishna, an einem einsamen Ort:
Oh Liebster, du bist weder mein Sohn noch ist Sambara dein Vater. Du bist ein mächtiger und herrlicher Nachkomme der Vrishnis. Du bist der gesegnete Sohn von Krishna und Rukmini. Am siebten Tag nach deiner Geburt wurdest du als hilfloses Baby aus der Entbindungskammer gestohlen. Mein Ehemann, der mächtige Sambara, brach in das Haus von Krishna ein, deinem indragleichen Vater, und raubte dich. Oh Starkarmiger, deine Mutter weinte um dich vom Kummer überwältigt wie eine Kuh um ihr Kalb. Dein Vater, der Garuda auf seinem Banner trägt, ist mächtiger als Indra selbst, doch er wußte nicht, daß du als Baby hierhergebracht wurdest. Oh Liebster, du bist ein Prinz der Vrishnis und kein Sohn von Sambara. Dämonen können niemals einen Sohn wie dich hervorbringen. Oh Bester, deshalb suche ich deine Liebe, weil ich dich nicht geboren habe. Oh Geliebter, angesichts deiner Schönheit schmelze ich dahin, und mein Herz wird schwach. Oh Held der Vrishnis, ich bitte dich, meine Liebe und die Gefühle in meinem Herzen nicht zurückzuweisen. Ich habe dir nun mein Herz geöffnet und meine Liebe erklärt. Du bist weder mein Sohn noch der Sohn des Dämons Sambara.

Nachdem er diese Worte von Mayavati vernommen hatte, wurde Pradyumna, der Sohn des Trägers von Diskus und Keule, der die Illusion der Dämonen kannte, zornig und überlegte, wie er vor Sambara seinen Namen nennen und ihn zum Kampf fordern sollte. Er dachte:
Ach, furchtlos trug der übelgesinnte Dämon den Sohn von Krishna davon, der damals ein hilfloses Baby war. Nun will ich ihm das Fürchten lehren! Doch wie kann ich seinen Zorn herausfordern? Und wie kann ich ihn schlagen? Worüber wird sich dieser unwissende Dämon besonders ärgern? Er hat eine herrliche Standarte mit dem Symbol eines Löwen, die über dem Tor so prächtig wie der Berg Meru prangt. Ich werde den Fahnenmast mit einem breitköpfigen Pfeil fällen. Wenn Sambara sein Banner geköpft sieht, wird er sicherlich herauskommen und den Kampf suchen. Dann werde ich ihn im Duell töten und nach Dwaraka zurückkehren.

So entschloß sich der starkarmige Pradyumna, spannte seine Bogen und fällte die prachtvolle Standarte von Sambara mit einem breitköpfigen Pfeil. Als Sambara erfuhr, daß seine Standarte vom hochbeseelten Pradyumna geköpft worden war, wurde er zornig und befahl seinen Söhnen:
Oh ihr Helden, geht und tötet unverzüglich diesen Übelgesinnten! Ich wünsche ihn nie wieder zu sehen, nachdem er mich so verletzt hat!

Pradyumna und Mayavati im Palast des Dämon Sambara

Auf diese Worte von Sambara hin, bereiteten sich die Scharen seiner Söhne mit Chitrasena an der Spitze zum Kampf vor, und brachen wohlgerüstet und voller Freude auf. Sie waren mit Disken, Lanzen, Speeren, Schwertern, Äxten und anderem Kriegsgerät bewaffnet, schürten ihren Zorn und forderten Pradyumna zum Kampf. Daraufhin ergriff der starkarmige Sohn von Rukmini seinen Bogen, bestieg seinen Streitwagen und erschien unverzüglich auf dem Schlachtfeld. Dort erhob sich eine schreckliche Schlacht zwischen dem Sohn von Krishna und den Söhnen von Sambara, die einem die Haare zu Berge stehen ließ. Im Himmel versammelten sich die Gandharvas, Nagas und Charanas mit allen Göttern und ihrem Götterkönig, um diesen Kampf zu bezeugen. Es erschienen Narada, Tumburu, Haha, Huhu und andere himmlische Sänger umgeben von den Scharen der Apsaras. Dann sprach ein führender Gandharva zum König der Götter:
Es sind hundert Söhne von Sambara auf der einen Seite und Krishnas Sohn auf der anderen. Wie kann er, der allein gegen so viele kämpft, siegreich sein?

Darauf antwortete Indra, der Vernichter von Vali:
Höre über seine Macht. Er ist Kama, der Gott der Liebe. In einer früheren Verkörperung wurde er von Shiva zu Asche verbrannt. Rati, die Gattin von Kama, besänftigte den dreiäugigen Gott, der ihr daraufhin einen Segen gewährte und sprach: „Wenn sich Vishnu als Mensch verkörpert und in der Stadt Dwaraka wohnen wird, dann wird Kama seine Geburt als dessen Sohn nehmen und wieder dein Ehemann sein. Er wird in den drei Welten als Ananga (der „Körperlose“) bekannt sein und großen Ruhm gewinnen. Der Strahlende soll den Dämon Sambara schlagen, der ihn mittels seiner Illusionskraft in der siebenten Nacht nach seiner Geburt aus dem Schoß von Rukmini rauben wird. Deshalb begib dich ins Haus von Sambara und werde dessen Frau Mayavati. Nimm einen Illusionskörper an und gewinne seine Zuneigung. Dort wirst du deinen Ehemann als Baby wiederbekommen. Ziehe ihn auf, und als Jüngling wird er Sambara schlagen. Dann wird Ananga mit dir nach Dwaraka zurückkehren, und ihr werdet euch miteinander erfreuen, wie ich mich mit Uma erfreue, der Tochter vom König der Berge.“ So sprach Shiva, der Herr der Götter, und kehrte zum Berg Kailash zurück, der von den himmlischen Heiligen besucht wird und dem Berg Meru gleicht. Und die Ehefrau von Kama verehrte Shiva, den Gatten der Uma, und ging zum Haus von Sambara, um dort die Zeit abzuwarten. Oh Gandharva, aus diesem Grund wird Pradyumna zweifellos fähig sein, Sambara mit seinen Söhnen zu schlagen. Denn er ist zum Vernichter des übelgesinnten Dämons bestimmt.


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