Pushpak Bhagavata Purana Buch 11Zurück WeiterNews

11.23. Die Frage nach der Vergebung bösartiger Erfahrungen

Der ehrenwerte Suka, der Sohn von Vyasa sprach:
Nachdem Uddhava, der größte der Verehrer, so zum Führer der Dasarhas gesprochen hatte, dessen Heldentum jegliche Hymne wert ist, lobte Er seinen Verehrer für seine Worte und antwortete.

Der Höchste Herr sprach:
Oh Schüler von Vrihaspati, in dieser Welt gibt es praktisch keine fromme Seele, die in der Lage wäre, ihren Geist völlig unter Kontrolle zu halten, nachdem sie durch beleidigende Worte einer ungezügelten Person verletzt wurde. Selbst scharfe Pfeile durch empfindliche Körperteile sind nicht so schmerzhaft wie solche harten Worte, die sich im Herzen festsetzen. Oh Uddhava, zu diesem Thema wird eine höchst heilsame Geschichte erzählt. Bitte höre genau zu, ich werde sie dir vortragen.

Diese Geschichte wird von einem Bettler erzählt, der von bösartigen Menschen beleidigt wurde, aber seine Fassung bewahrte und sich daran erinnerte, daß dies eine Folge seiner vergangenen Taten war: In Avanti lebte einst ein gewisser Brahmane sehr reich und prachtvoll, der seinen Lebensunterhalt mit Geschäften verdiente und ein geiziger Mensch war, voller Lust, Gier und sehr anfällig für Zorn. Er hatte keinen Respekt vor seinen Angehörigen und Gästen, nicht einmal in Worten, noch folgte er zur rechten Zeit den Geboten seines Dharmas. Seine Söhne, Schwiegereltern, Frau, Töchter und Diener wandten sich bald gegen den Geizhals mit seinem schlechten Charakter und verweigerten angewidert ihre Zuneigung. Aus Mangel an Dharma und Freude wurden auch die fünf Götter der Natur wütend auf diesen besessenen Schatzsammler, der für beide Welten (diese und die jenseitige) versagt hatte. Oh Uddhava, so verlor er durch seine Nachlässigkeit bald all sein Ansehen und auch allen Reichtum, den er sich so mühsam angesammelt hatte, denn ein Teil des Reichtums dieses sogenannten Brahmanen wurde von seinen Verwandten beschlagnahmt, und der andere Teil fiel in die Hände von Dieben, wurde vom Schicksal und der Zeit geraubt oder auch von niederen Leuten und höheren Herren ergriffen.

Als er nun seinen Besitz verloren hatte, stieg in ihm, der ohne Dharma und Freude von seinen Verwandten verachtet wurde, eine schwer zu ertragende Angst auf. Grübelnd klagte er tränenreich und schmerzvoll über seinen verlorenen Reichtum, so daß ihn ein großes und tiefes Gefühl weltlicher Abscheu überkam. Dann sprach er zu sich selbst:
Ach, wie schmerzlich habe ich mich mit all dieser Arbeit für weltlichen Reichtum geplagt, der mir weder beständige Freude brachte noch dem Dharma diente! Am Ende führt der Reichtum solcher Geizhälse niemals zum Glück, sondern im Leben zur Selbstquälerei und im Sterben in die Hölle. Wie rein der Ruf der Ruhmreichen auch ist oder wie lobenswert die Qualitäten der Tugendhaften, alles wird mit der Gier nach weltlichem Reichtum zerstört, wie die weiße Lepra die Schönheit des Körpers vernichtet. Beim Anhäufen, Benutzen, Vermehren, Beschützen, Ausgeben, Verlieren und Genießen von weltlichem Reichtum muß sich der Mensch abmühen, ängstigen, sorgen und mit ständiger Ungewißheit leben. Diebstahl, Gewalt, Lügen, Hinterlist, Lust, Wut, Verzweiflung, Stolz, Zwietracht, Feindschaft, Unglaube, Neid und die drei Gefahren (des Rausches, der Unzucht und des Glücksspiels) sind die fünfzehn unerwünschten Dinge, die der Mensch als Folge der Ansammlung von Reichtum kennt. Wer das höchste Ziel im Leben erreichen will, sollte daher das Unerwünschte, das sich als Reichtum ausgibt, weit von sich fernhalten. Denn sogar Brüder, Ehefrauen, Eltern und Freunde, die in Liebe vereint sind, können von einem Moment zum anderen wegen einer einzigen Geldmünze zu Feinden werden. Für den kleinsten Geldbetrag geben sie dem Zorn schnell nach, fühlen sich wie Feinde in einem Krieg, vergessen ihr Wohlwollen und weisen dich im Handumdrehen ab. Wer es als Mensch nicht zu schätzen weiß, diese von den Unsterblichen geachtete Geburt erreicht zu haben und dazu sogar eine hohe zweite geistige Geburt, verliert seinen wahren Nutzen und verfolgt ein unheilsames Ziel. Welcher Weise, der dieses menschliche Leben als ein Tor zum Himmel und zur Befreiung erlangt hat, würde sich hier an weltliches Eigentum binden, an ein Reich der Bedeutungslosigkeit, darin er dem Tod unterworfen ist? Wenn man nicht mit denen teilt, die einen Anteil verdienen, die Götter, Heiligen und Ahnen sowie die eigenen Verwandten und alle anderen Lebewesen, fällt man wie ein geldsüchtiger Yaksha (in die Geisterwelt) hinab. Und was kann man als alter Mann noch tun, wenn man durch seine Schwäche die Jugend, Stärke und Reichtümer verliert, die ein weiser Mensch als Mittel auf dem Weg zur Zufriedenheit nutzt, und damit sein Leben vergeudet hat, um nach Geld zu streben? Wie kann ein intelligenter Mensch so einem nie endenden, vergeblichen Streben nach weltlichem Reichtum zum Opfer fallen? Die ganze Welt ist höchst verwirrt und verzaubert von dieser Art unvermeidlicher illusorischer Macht! Doch was nützen die Güter und ihre Quellen, oder was nützen die Objekte der Begierde und die danach süchtigen Menschen, um Zufriedenheit zu erreichen? Oder, anders gesagt, was nützt es jemandem, der im Griff des Todes lebt, sich mit fruchtbringenden Taten zu beschäftigen, die nur zu einer weiteren Geburt führen?

Der Höchste Herr, der alle Götter umfaßt, war nun so gütig mit mir, und hat mich auf diesen Weg der Loslösung geführt, denn er ist das Boot für die Seele (um den weltlichen Ozean zu überqueren). So will ich nun frei von Verwirrung über das wahre Ziel dieses Lebens in der verbleibenden Lebenszeit meinen Körper auf das Nötigste einschränken und vollkommenen Frieden in mir selbst finden. Mögen die Götter, die Beherrscher der drei Welten, mit mir zufrieden sein. War es nicht der königliche Heilige Khathvanga, der die hohe geistige Wohnstätte in kürzester Zeit erreichte (als er vom langen Kampf gegen die Dämonen aus dem Himmel auf die Erde zurückkehrte und erfuhr, daß er hier nur noch eine Stunde zu leben hatte)?

Und der Höchste Herr fuhr fort:
Als er sich so entschieden hatte, löste der Brahmane von Avanti die Knoten (der Begierde) in seinem Herzen und wurde ein frommer, friedvoller und stiller Bettler. Er wanderte allein und unauffällig durch diese Welt und betrat mit selbstbeherrschten Sinnen und Lebensatem deren Städte und Dörfer, um sich von Almosen zu ernähren. Doch als sie den ehemaligen Geizhals nun als alten dreckigen Bettler sahen, beschimpften ihn die niederen Leute mit mancher Beleidigung. Einige stahlen ihm sogar seinen Wanderstab, seine Bettelschale, seinen Wassertopf oder seinen Sitz, während andere seine Gebetskette und seine zerrissenen Lumpen nahmen. So spielten sie mit ihm, zeigten ihm diese Dinge, boten sie ihm an und gaben sie doch nicht her. Als er am Flußufer seinen Anteil an der erbettelten Nahrung genießen wollte, urinierten die Übelgesinnten darauf und spuckten ihm auf den Kopf. Und wenn er in seinem Schweigegelübde nicht sprach, forderte sie ihn dazu auf und schlugen ihn, wenn er schwieg. Manche riefen „Das ist ein Dieb“, andere „Fesselt ihn, bindet ihn!“, und so fesselten sie ihn mit Seilen. Manche verspotteten ihn mit Respektlosigkeit wie: „Das ist ein religiöser Heuchler, ein Betrüger, der sein Vermögen verloren hat, von seiner Familie rausgeschmissen wurde und nun als Bettler leben will! Seht nur, wie dieser Mann, der in seinem Schweigen sein Ziel so hartnäckig wie der König der Berge verfolgt und so fest entschlossen ist, wie ein (räuberischer) Reiher dasteht!“ Einige verachteten ihn mit solchen Worten, andere machten ihm das Leben schwer, fesselten ihn in Ketten und hielten den Brahmanen wie einen Hund gefangen. So wurde er von den drei Arten der Leiden bedrängt: durch andere Lebewesen, durch höhere Mächte und durch seine eigene Natur. Doch er erkannte, daß alles, was ihm in den Weg kam, aufgrund des Schicksals erschienen war. Und als er von solchen niederen Leuten beleidigt wurde, die versuchten, ihn zu überwältigen, hielt er beständig an seinem Dharma fest und sang folgendes Lied.

Der Brahmane sprach:
Diese Menschen sind nicht die Ursache meines Glücks oder Leids, noch kann ich die Götter, meinen Körper, die Planeten, mein Karma oder die Zeit beschuldigen. Gemäß der heiligen Texte ist es nichts anderes als der denkende Geist (Manas), der eine Person im Kreislauf des weltlichen Lebens bindet und sich drehen läßt. Dieser Geist, der sich die Qualitäten der natürlichen Eigenschaften aneignet, stärkt sich durch diese und führt so zu den verschiedenen Arten von weißen (gütigen), roten (leidenschaftlichen) und schwarzen (unwissenden) Handlungen, die entsprechend diesen Farben zu den Bedingungen (der Kasten) führen. Die unbeteiligte Höchste Seele der transzendentalen Erleuchtung besteht als Freund zusammen mit dem kämpfenden Geist und nimmt diesen wahr, der mit dem Bild der Welt, das er trägt, die Objekte der Begierde umarmt. Und in dieser Auseinandersetzung mit den Eigenschaften der Natur verstrickt sich die individuelle Seele (verwirrt vom denkenden Geist) in weltliche Anhaftung. Nächstenliebe, Dharma, Gebote zur Zügelung, das Hören (heiliger Worte), fromme Werke und die Reinigung durch Gelübde zielen alle auf die Bezwingung dieses gedanklichen Geistes ab und suchen die Vertiefung des Geistes (Samadhi, auf eine höhere Bewußtseinsebene der Vernunft), um das höchste Yoga (der Selbstverwirklichung) zu erreichen.

Was wäre noch der Nutzen von Opfern, Ritualen und dergleichen für jemanden, dessen Geist durch vollkommene Vertiefung beruhigt worden ist? Oder welchen Nutzen haben solche Werke, wenn damit nicht der Geist beherrscht werden soll? Die Götter der Sinne fallen immer unter die Herrschaft des gedanklichen Geistes, der sich gegen jede andere Herrschaft wehrt. Er stellt einen furchterregenden Gott dar, der stärker ist als der Stärkste, und wer ihn beherrschen kann, ist daher der Gott der Götter. Wer aber diesen schwer zu besiegenden Feind nicht besiegt, wird von seinen unkontrollierbaren Trieben gequält und angegriffen und dadurch völlig verwirrt, so daß er nutzlose Streitereien mit den Sterblichen in dieser Welt unter Freunden, Neutralen und Feinden führt. Solche Menschen, deren gesamter Geist von ihrem Körper beherrscht wird, denken in Begriffen von „Ich“ und „Mein“ und sind daher in ihrer Intelligenz geblendet. Wegen dieser schwer zu überwindenden Illusion von „das bin ich“ und „das sind die anderen“ wandern sie in der Dunkelheit umher.

Wenn du behauptest, daß andere Menschen die Ursache deines Glücks oder Leids sind, solltest du dich fragen, was das mit deiner Seele zu tun hat. Dann gehören Glück und Leid zur äußeren Welt. Über welchen Menschen würdest du dich dann beschweren, wenn du dir zufällig auf die eigene Zunge beißt und den Schmerz fühlst? Wenn du dagegen behauptest, daß die natürlichen Götter für dein Leiden verantwortlich sind, was hat das mit deiner Seele zu tun? Denn dieses Leiden bezieht sich auf die veränderliche Natur. Auf welchen Gott würdest du dann wütend sein, wenn ein Glied deines Körpers ein anderes Glied verletzt? Wenn du dagegen sagst, daß die Seele selbst die Ursache deines Glücks und Leids wäre, dann wäre diese Unterscheidung zwischen Glück und Leid ein Teil deiner eigenen Natur. Und wie kann man dann jemandem die Schuld geben, wenn es nur die Seele gibt und weder Glück noch Leid außerhalb bestehen? Dann wäre dieser Unterschied doch keine Realität. Wenn dagegen die Sterne und Planeten die Ursache für das eigene Glück und Leid wären, was hätte das mit deiner ewigen Seele zu tun? Die Himmelskörper sind vergänglich und bedrängen sich gegenseitig. Auf welchen Planeten sollte man also böse sein, wenn dich dein Körper bedrängt? Wenn du dagegen behauptest, daß Karma die Ursache deines Glücks und Leids ist, was bedeutet dieses Karma für deine Seele? Sicher ist, vom belebenden Geist einerseits und diesem belebten materiellen Körper anderseits ist keiner von beiden die Grundursache deines Karmas. Worüber soll man sich dann noch ärgern? Wenn wir dagegen behaupten, daß die Zeit die Ursache unseres Glücks und unserer Not sein würde, was geht es dann mit dieser Vorstellung die Seele an? Die Seele ist nicht die Zeit, wie das Feuer nicht die Hitze ist oder der Schnee die Kälte. Auf wen muß man zornig sein, wenn es in der Transzendenz keine Dualität mehr gibt? Dann gibt es von niemandem und nichts in irgendeiner Weise eine Bedrängung durch die Dualitäten (wie von Glück und Leid), dem Einfluß der Welt der Gegensätze, wie es mit dem entstandenen Ichbewußtsein erfahren wird, das die eigene körperliche Existenz formt. Wer zur ganzheitlichen Intelligenz erwacht, hat nichts mehr von der materiellen Schöpfung zu befürchten. Durch die Verehrung von Mukundas Füßen werde ich den schwer zu besiegenden Ozean der weltlichen Unwissenheit überqueren. Und dessen bin ich mir sicher, wegen der vorausgehenden großen Seher, die in der Verehrung der Höchsten Seele beständig waren.

Und der Höchste Herr fuhr fort:
Während er auf diese Weise seinen Reichtum verloren und sich losgelöst hatte, und während er sein Zuhause verlassen hatte und frei von Verdrießlichkeit über die Erde wanderte, gab der Weise, obwohl er von Übelgesinnten beleidigt wurde, sein Dharma nicht auf und sang dieses Lied. Es gibt keine andere Ursache für Glück und Leid als die Verwirrung des gedanklichen Geistes eines Menschen, der sich aus Unwissenheit im weltlichen Leben Freunde, Feinde und Sonstige geschaffen hat. Deshalb, mein Bester, vertiefe deine Intelligenz in jeder Hinsicht, beherrsche damit den gedanklichen Geist und erreiche auf diesem Weg die Essenz der Weisheit im Yoga. Wer mit ganzer Achtsamkeit über dieses Lied des Bettlers meditiert, es anderen vorträgt oder selbst anhört und sich entsprechend auf die Erkenntnis der Vollkommenheit stützt, wird mit Sicherheit nie wieder von den Gegensätzen der Welt überwältigt werden.


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