Pushpak Bhagavata Purana Buch 11Zurück WeiterNews

11.20. Die drei Yoga-Wege

Der ehrenwerte Uddhava sprach:
Oh Lotusäugiger, die vedischen Schriften, die von dir als Höchsten Herrn kommen und die Gebote und Verbote des Handelns erklären, sprechen von guten und schlechten Seiten des Karmas (Akarma und Vikarma). Sie erklären auch die Unterschiede innerhalb des Systems der Kasten und Lebensweisen, wie zum Beispiel der Vater der gleichen oder einer höheren Kaste als die Mutter angehören sollte. Sie handeln von Himmel und Hölle und erläutern die Themen von Besitz, Alter, Ort und Zeit. Wie könnten Menschen ohne Deine Gebote und Verbote bezüglich der höchsten Glückseligkeit den Unterschied zwischen Tugend und Sünde erkennen? Das von Dir ausgehende vedische Wissen gibt den Ahnen, Göttern und Menschen auch einen ganzheitlichen Blick auf den Sinn des Lebens, der nicht für jeden offensichtlich ist, nämlich was das große Ziel ist und wie wir es erreichen können. So kann man mit Hilfe Deines vedischen Wissens den Unterschied zwischen Tugend und Sünde erkennen, denn das ist nicht selbstverständlich. Aber die Veden heben auch solche Gegensätze wieder auf und verwirren damit die Sache, die so eindeutig erschien.

Der Höchste Herr sprach:
Die drei Yoga-Wege, die ich mit dem Wunsch nach Vollkommenheit der Menschen beschrieben habe, sind der Weg der Erkenntnis (Jnana-Yoga), der Weg des Handelns (Karma-Yoga) und der Weg der liebenden Hingabe (Bhakti-Yoga), denn andere Mittel gibt es nicht. Für jene, die dem fruchtbringenden Handeln entsagen wollen, gibt es das Jnana-Yoga der Erkenntnis. Für jene, die sich nicht aus der Welt zurückziehen, gibt es das Karma-Yoga auf dem Weg des weltlichen Handelns. Und wer weder entsagt noch nicht entsagt, aber Vertrauen in meine Geschichten und dergleichen entwickelt, dem wird der Weg des Bhakti-Yogas der liebevollen Hingabe die Vollkommenheit bringen. Doch solange man am weltlichen Leben anhaftet und kein einsichtsvolles Vertrauen in meine Geschichten erwacht ist, wird man mit seinem fruchtbringenden Handeln fortfahren müssen. Oh Uddhava, wer jedoch seinem Dharma (der Kaste und Lebensweise) folgt und frei von Anhaftung alle Früchte der Taten allein Mir als Opfer darbringt, der kommt weder in den Himmel noch in die Hölle (sondern zu Mir). Denn wer in dieser Welt existiert, frei von Sünde ist, seine Lebensaufgabe erfüllt und Reinheit erreicht, gewinnt die transzendentale Erkenntnis und auch die Bhakti-Hingabe zur Mir für seine Vollkommenheit. Wie die Bewohner der Hölle, so sehnen sich auch die Bewohner des Himmels nach einem Leben auf der Erde, das so förderlich für geistige Erkenntnis und liebevolle Hingabe ist, die sich weder in der Hölle noch im Himmel gewinnen lassen. Deshalb sollte ein weiser Mensch nicht nach der Hölle oder dem Himmel streben, auch nicht dauerhaft nach dieser Erde, denn man wird verwirrt, sobald man einen Körper annimmt. Dennoch fördert dieser irdische Körper, weil der dem Tod unterworfen ist, die Suche nach der Vollkommenheit als dem Sinn des Lebens. Wer dies weiß, sollte sich vor seinem Tod mit ganzer Achtsamkeit um die Transzendenz bemühen. Wie ein Vogel durch Nichtanhaftung das Glück erlangen konnte, weil er das Nest aufgab, das er in einem Baum gebaut hatte, der von den Boten des Todes gefällt wurde. Im Wissen, daß mit jedem Tag und jeder Nacht die eigene Lebensspanne verkürzt wird, wird man beständig von Angst bedrängt. Aber frei von Anhaftung kann man mit der Intelligenz der Transzendenz ohne alle Wünsche vollkommenen Frieden erlangen.

Ein Mensch wird zum Mörder seiner eigenen Seele, wenn er in diesem wohlgeeigneten Boot des so selten erlangten menschlichen Körpers nicht den Ozean der weltlichen Existenz überquert, von den günstigen Winden von Mir angetrieben und dem geistigen Lehrer als Kapitän. Wenn ein Yogi dem weltlichen Leben entsagt, sich loslöst und die volle Kontrolle über seine Sinne hat, sollte er seine Gedanken konzentrieren und durch Selbstbeherrschung Beständigkeit erreichen. Und sobald die gezügelten Gedanken abwandern, müssen sie achtsam nach den Geboten wieder unter die Selbstbeherrschung gebracht werden. Doch wenn man seinen Atem und seine Sinne beherrscht, sollte man niemals vergessen, was der eigentliche Zweck der Gedanken ist. Denn erst, wenn die Vernunft vollkommen in der Güte ist, können die Gedanken immer wieder unter die Herrschaft des Selbst gebracht werden. Dieses Bändigen des Denkens mit der inneren Achtsamkeit, als würde man beständig ein Pferd beobachten, das man zähmen will, ist genau das, was als die höchste Praxis im Yoga bekannt ist.

Durch die Erkenntnis, wie all die verschiedenen geistigen und natürlichen Prinzipien zusammenhängen und wechselwirken, auch wie sie entstehen und wie sie vergehen, sollte das Denken achtsam gezügelt werden, bis es zufrieden ist. So wird das Denken einer Person, die weltliche Entsagung sucht, durch Analyse und Meditation über das Wahrgenommene seine illusionäre Identifikation aufgeben. Die Gedanken sollten auf keine andere Praxis gerichtet sein, als auf die Entsagung und Gebote des Yoga-Weges, auf meditative Analyse und ganzheitliche Erkenntnis, und damit auf meine Verehrung. Wenn ein Yogi aus Nachlässigkeit eine unheilsame Tat begeht, sollte er diese Sünde nur durch dieses Yoga verbrennen und niemals auf andere Weise. Wer darin beständig ist, erreicht das, was man Tugend nennt. Aber aufgrund der Natur angesammelter karmischer Taten ist man immer noch unrein. Getrieben vom Wunsch, diese Unreinheiten zu bereinigen, gelangt man durch die Gesetze von Tugend und Sünde folgerichtig zu den nötigen Pflichten zur Zügelung (Niyama):

Wenn das Vertrauen in meine Geschichten und die Abscheu vor allem Karma erwacht ist, erkennt man trotz mangelnder Fähigkeit zur völligen Entsagung, daß die eigenen Begierden die Wurzel des Leidens sind. Deshalb sollte man die Sinnesbefriedigung, die zum Leiden führt, bereuen, Zufriedenheit üben und Mich beständig in diesem Glauben verehren. Denn alle Begierden, die ein Weiser in seinem Herzen hat, werden zerstört, wenn sein Herz fest in Mir verankert ist, indem er Mich beständig im Bhakti-Yoga verehrt, wie erklärt wurde. Denn die Knoten im Herzen werden zerschnitten, alle Bedenken zerstreut und die Ketten fruchtbringender Taten enden, wenn man Mich als Höchste Seele von Allem erkennt. Für einen Yogi, der dem Bhakti-Yoga folgt und seinen Geist ganz auf Mich richtet, ist weder der Weg der Gelehrtheit noch des weltlichen Rückzugs förderlicher, um das höchste Glück in dieser Welt zu erreichen. Denn was durch Handeln, Askese, Studium und Rückzug erreicht wird, oder auch durch Wohltätigkeit, Gelübde, Riten, übernatürliche Fähigkeiten oder andere Methoden, erreicht mein Verehrer leicht durch liebevolle Bhakti-Hingabe, sei es der höchste Himmel, die höchste Seligkeit oder mein Reich. Heilige Menschen voll tiefer Intelligenz und liebender Hingabe begehren niemals etwas anderes als Mich, der ihnen Seligkeit und Befreiung von Geburt und Tod gewährt. Deshalb wird gesagt, daß es am besten ist, nichts zu begehren, denn nur bei dem, der keinen persönlichen Lohn sucht und völlig unabhängig ist, kann wahre Bhakti-Hingabe zu Mir entstehen, die das höchste Glück gewährt. Denn in diesem Bewußtsein können sich die ungünstigen Eigenschaften der natürlichen Qualitäten nicht manifestieren, weil es von Verlangen frei und unter allen Umständen verläßlich ist. Solche Verehrer gehören nun zu denen, die über das hinausgegangen sind, was mit Gedanken zu verstehen ist. Wer diesen Wegen folgt, die ich hiermit erklärt habe, erreicht zweifellos Mein Reich durch die direkte Wahrnehmung des höchsten Brahman, der vollkommenen Wahrheit.


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