Pushpak Bhagavata Purana Buch 11Zurück WeiterNews

11.19. Die Vollkommenheit geistiger Erkenntnis

Der Höchste Herr fuhr fort:
Oh Uddhava, wer durch ganzheitliche Erkenntnis in Übereinstimmung mit der mündlichen Überlieferung die Selbstverwirklichung erreicht und sich nicht in gedanklichen Spekulationen verliert, erkennt die Illusions- und Schöpferkraft (Maya) dieses Universums und entsagt durch Mich und der Erkenntnis von mir allen weltlichen Sorgen. Für einen Weisen bin Ich (der Purusha) das alleinige Objekt, Ziel und Mittel der Verehrung, ohne ein Zweites. Ich bin die höchste Liebe, gewähre die höchste Glückseligkeit und vollkommene Freiheit von allem Unglück. Wer die Erkenntnis und Weisheit vervollkommnet, erkennt meine Lotusfüße als höchst glücksverheißend. Darum ist mir der Weise, der mich erkennt, am liebsten. Askese, Pilgerreisen, Mantramurmeln, Almosengeben oder andere fromme Taten können die Vollkommenheit nicht gewähren, die man durch Selbsterkenntnis erreicht. Denn wer durch Selbsterkenntnis das wahre Selbst erkennt und das klare Bewußtsein erreicht, findet auch die vollkommene Bhakti-Hingabe (zur Auflösung des Ichbewußtseins). Mit diesem Opfer der Selbsterkenntnis erreichten die Weisen die höchste Vollkommenheit, indem sie Mich verehrten, den Herrn aller Opfer, der das Höchste Selbst in Allem ist. Die Gestaltung der drei natürlichen Grundqualitäten, die dich umgibt, ist eine Illusion, welche während dieser Zeit erscheint, aber weder im Anfang noch im Ende (des Universums) existiert. In welcher Weise können dann das Geborene und deine Körperlichkeit, die am Anfang nicht existieren und ebensowenig am Ende, irgendeine Beziehung zu dir haben?

Darauf sprach Uddhava:
Oh Beherrscher des Universums, der du das ganze Universum verkörperst, bitte erkläre mir den Yoga der Bhakti-Hingabe an Dich, der von allen Hochbeseelten gesucht wird. Diese Hingabe umfaßt die ganzheitliche vollkommen reine Erkenntnis mit Entsagung und Weisheit, davon die alten traditionellen Geschichten handeln. Oh Herr, für jene, die auf dem Weg der materiellen Existenz gequält und vom dreifachen Leiden überwältigt werden, sehe ich keine andere Zuflucht als den Baldachin deiner beiden Lotusfüße, von denen der Nektar der Unsterblichkeit entspringt. Bitte erhebe diese Person, die sich so sehr nach unbedeutendem Glück sehnte, von der Schlange der Zeit gebissen wurde und hoffnungslos in diese dunkle Grube der materiellen Existenz gefallen ist. Oh Höchster Herr, bitte gieße deine Worte der Barmherzigkeit aus, die zur Befreiung führen!

Und der Höchste Herr sprach:
König Yudhishthira, der niemanden als seinen Feind betrachtet, stellte diese Frage damals Bhishma, dem besten Bewahrer des Dharmas, während wir alle aufmerksam zuhörten. Als der Krieg zwischen den Nachkommen Bharatas zu Ende war, fragte er, überwältigt von der Zerstörung seiner geliebten Freunde und Verwandten, schließlich nach dem Weg zur Befreiung, nachdem er von den vielen Geboten des Dharmas gehört hatte. Ich werde dir nun erzählen, was diesbezüglich aus dem Mund von Bhishma gehört wurde, der sich dem Göttlichen zur höheren Erkenntnis, Entsagung, Selbstverwirklichung, Vertrauen und Hingabe gewidmet hatte. Denn diese Erkenntnis, durch die man das eine Element (des Höchsten Geistes und der Höchsten Seele) innerhalb der neun, elf, fünf und drei Elemente aller Lebewesen erkennt, wurde von Mir als höhere Erkenntnis bestimmt. Wenn man in allen Elementen, die sich aus den drei natürlichen Grundqualitäten zusammensetzen, den Einen erkennt, der dieses ganze Universum hervorbringt, erhält und auflöst, wie es sein sollte, spricht man von Selbsterkenntnis. Was am Anfang da ist, von einer Schöpfung zur anderen in der Zwischenzeit vorhanden ist und nach der universalen Auflösung immer noch bleibt, ist das, was man als wahr und ewig erkennt. Vedisches Wissen, direkte Erfahrung, traditionelle Unterweisung und logische Schlußfolgerung sind angesichts der unbeständigen Natur die vier Formen der richtigen Wahrnehmung, durch die man die natürliche Vielfalt ergründen kann. Damit wird das weltliche Leiden bis in den Himmel von Brahma gefunden, weil alle weltlichen Taten vergänglich sind. Und ein Weiser sollte erkennen, daß nicht nur die Dinge vor seinen Augen vergänglich sind, sondern auch alles andere. Oh Sündloser, deshalb sprach ich damals wegen deiner Liebe zu Mir über das Bhakti Yoga. So laß mich dir nun auch den höchsten Weg dieser Hingabe erläutern:

Glaube an den Nektar der Geschichten über Mich, erinnere dich beständig an Meine Herrlichkeit, verehre Mich mit Riten, um dich durch Hymnen und Gebete mit Mir zu verbinden, übe mit großem Respekt die liebevolle Hingabe, bringe deine Ehrerbietung mit allen Gliedern dar, verehre auch meine Verehrer und erkenne Mich in allen Wesen, widme Mir all dein Handeln, widme Mir deine Sprache, um meine Qualitäten zu preisen, widme Mir deine Gedanken, um alle weltlichen Begierden abzuwehren und die weltlichen Reichtümer um Meinetwillen aufzugeben, und widme Mir deinen Körper, um sinnlicher Freude und weltlichem Glück zu entsagen, Almosen und Opfergaben darzubringen, Mantras zu murmeln und Gelübde und Buße zu üben, um Mich zu erreichen. Oh Uddhava, das sind für tugendhafte Menschen die verschiedenen Formen des Dharmas, um sich in liebevoller Bhakti-Hingabe zu Mir zu erheben. Zu welchem anderen Zweck sollten meine Verehrer leben? Wenn man zufrieden ist, wird das Bewußtsein von der Höchsten Seele erfüllt, und durch die natürliche Qualität der Güte gestärkt erreicht man Dharma, Erkenntnis, Loslösung und Herrlichkeit. Wer aber auf die natürliche Vielfalt fixiert ist, seinen Sinnen in alle Richtungen nachjagt und damit ein Gefangener seiner Leidenschaft wurde, dazu solltest du verstehen, daß er durch dieses Bewußtsein, das dem Vergänglichen gewidmet ist, das Gegenteil davon erreichen wird. Das Dharma soll zu Meiner hingebungsvollen Hingabe und zu Meiner ganzheitlichen Erkenntnis führen, um die Gegenwart der Höchsten Seele zu bezeugen. Loslösung führt zum Desinteresse an den Objekten der Sinnesbefriedigung, und die Herrlichkeit (des erweiterten Bewußtseins) führt zu den übernatürlichen Fähigkeiten von Anima und so weiter (wie bereits in Kapitel 11.15 erklärt wurde).

Da fragte Uddhava:
Oh Feindevernichter, von wie vielen Arten von Geboten und regelmäßigen Pflichten zur Zügelung (Yama und Niyama) spricht man? Was ist das Gleichgewicht, und was sind Selbstbeherrschung, Toleranz und Beständigkeit, oh Herr? Was ist Nächstenliebe, und was ist Buße, oh Krishna? Was ist Heldentum, was ist Wahrheit, was ist Freundlichkeit, Reinheit und Entsagung? Was ist das Erstrebenswerteste, was ist Opfer und was ist religiöser Lohn? Was meinst du, ist die höchste Kraft eines Menschen, oh Glücklicher? Was ist Wohlergehen und Gewinn, oh Kesava? Was ist Weisheit, und was ist Tugend, Überlegenheit, Schönheit, Glück oder auch Unglück? Wer ist gelehrt, und wer ist dumm? Was ist der richtige Weg, und was der falsche Weg? Was ist der Himmel, und was ist die Hölle? Wer ist ein wahrer Freund, und was ist unser Zuhause? Wer ist reich, und wer ist arm? Wer ist ein Sklave, und wer ist ein Herr? Bitte sprich zu mir über diese Dinge, wie auch über die entgegengesetzten Eigenschaften, oh Herr der Wahrhaftigen.

Und der Höchste Herr antwortete:
Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, das Eigentum anderer nicht begehren oder stehlen, Loslösung, Bescheidenheit, Besitzlosigkeit, Vertrauen, Zölibat, Schweigen, Beständigkeit, Vergebung und Furchtlosigkeit sind die zwölf Arten von Geboten zur Zügelung (Yama). Sauberkeit, Mantramurmeln, Buße, Opfer, Glaube, Gastfreundschaft, Anbetung von Mir, Besuch heiliger Orte, Fürsorge für das Wohlergehen anderer in dieser Welt, Zufriedenheit und Dienst für den geistigen Lehrer sind die zwölf regelmäßigen Pflichten (Niyama). Diese zwei mal zwölf Arten von Geboten und Pflichten zur Zügelung, an die sich die Menschen erinnern und die sie ehren, können alle Wünsche erfüllen. Mentales Gleichgewicht entsteht, wenn die eigene Intelligenz mit Mir verschmilzt, und Selbstbeherrschung bedeutet die Zügelung der Sinne und Gedanken. Toleranz bedeutet, daß man Unglück ertragen kann, und Beständigkeit beinhaltet die Herrschaft über die Zunge und Genitalien. Höchste Barmherzigkeit ist es, der Rute zu entsagen (um andere zu bestrafen), und Buße ist das Aufgeben der eigenen Begierde. Heldentum ist das Überwinden der weltlichen Genußsucht. Wahrheit ist, wenn man überall den Höchsten Herrn gegenwärtig sieht. Freundlichkeit, so sagt man, sind die Worte der Weisen. Reinheit ist die Loslösung von den Früchten der Taten, und Entsagung ist der Weg der Bettelmönche. Das Dharma ist für die Menschen der erstrebenswerteste Reichtum, und Ich selbst, der Höchste Herr, bin das Opfer. Der religiöse Lohn ist ganzheitliche Erkenntnis, und die Beherrschung des Lebensatems (Pranayama) ist höchste Kraft. Wohlergehen ist Mein göttliches (ganzheitliches) Wesen, Gewinn ist die Bhakti-Hingabe zur Mir, Weisheit ist die Auflösung aller Trennung der Seele, und Tugend ist die Abscheu vor unheilsamen Taten. Schönheit bedeutet, gute Qualitäten und von Dunkelheit frei zu sein. Wahres Glück ist das Überwinden der Gegensätze von Glück und Leid, während Unglück bedeutet, sich auf das vergängliche Glück zu verlassen. Gelehrt ist ein Mensch, der den Unterschied zwischen Befreiung und Knechtschaft erklären kann. Ein Dummkopf ist, wer sich mit dem Körper und dessen Prinzipien identifiziert. Der richtige Weg ist derjenige, der zu Mir führt, und der falsche Weg ist derjenige, der zu einem verwirrten Geist führt. Der Himmel ist die Vorherrschaft der natürlichen Qualität der Güte, und die Hölle ist die Vorherrschaft der Unwissenheit. Der wahre Freund ist der geistige Lehrer, der Ich selbst bin. Der menschliche Körper ist das (vorübergehende) Zuhause. Wer mit allem zufrieden ist, wird als reiche Person bezeichnet, während der Unzufriedene eine arme Person ist. Ein Sklave ist jemand, der von seinen Sinnen und Gedanken beherrscht wird, und Herr ist, wessen Geist nicht an weltlichen Sorgen hängt. Dies, oh Uddhava, sind die Antworten auf deine Fragen, die ich alle richtig erläutert habe. Aber warum sollte man die guten und schlechten Eigenschaften ausführlich beschreiben, wenn das Denken an gut und schlecht immer noch bedeutet, daß man in den gegensätzlichen Eigenschaften gefangen ist (und das Eine nicht erkannt hat)?!


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