Pushpak Bhagavata Purana Buch 10Zurück WeiterNews

10.51. Die Befreiung von König Muchukunda

Der ehrenwerte Suka sprach:
So erblickte ihn Kalayavana wie den aufgehenden Vollmond, herrlich anzusehen, mit dunklem Körper, gelbem Seidengewand, dem Srivatsa-Zeichen (dem Endlosknoten) auf seiner Brust, dem leuchtenden Kaustubha-Juwel um seinen Hals, mit mächtigen und langen vier Arme, mit Augen wie frisch gewachsene rötliche Lotusblütenblätter, mit seinem immer strahlenden, reinen und freudigen Lächeln auf den schönen Wangen seines Lotusgesichts, sowie mit glitzernden haiförmigen Ohrringen. Und Kalayavana überlegte:
Diese Person mit dem Srivatsa, den vier Armen, den Lotusaugen, der Girlande aus Waldblumen und größter Herrlichkeit muß Vasudeva sein. Wenn man die von Narada erwähnten Zeichen bedenkt, kann es kein anderer sein, der ohne Waffen und zu Fuß hier erscheint. So werde auch ich ohne Waffen kämpfen!

Doch als der Yavana beschlossen hatte, ihn zu ergreifen, wandte er sein Gesicht ab und entfloh, Er, der selbst für mystische Yogis nicht greifbar ist. Und mit jedem Schritt, auf dem er in seiner Reichweite erschien, führte der Höchste Herr den König der Yavanas über eine weite Strecke bis zu einer Bergeshöhle. Doch er, der so viel Unheil angerichtet hatte, konnte den Herrn nicht erreichen, den er während seiner Verfolgung immer wieder beleidigte und rief: „Das Fliehen paßt nicht zu jemandem wie dir, der in der Yadu-Dynastie geboren wurde!“ Trotz all dieser Beleidigungen betrat der Höchste Herr die Bergeshöhle. Der Yavana folgte ihm nach, sah plötzlich einen Mann dort liegen und sprach zu sich: „Nachdem er mich über eine so lange Strecke geführt hat, liegt er nun wie ein Heiliger hier!“ So dachte er irrtümlicherweise, dieser Mann sei Krishna und schlug ihn voller Wucht mit seinem Fuß. Da erwachte der Mann nach langem Schlaf, öffnete langsam seine Augen, blickte in alle Richtungen um sich und sah ihn an seiner Seite stehen. Oh Nachkomme des Bharata, mit diesem einen Blick, den der wütende Mann auf ihn warf, wurde der mächtige Kalayavana sofort von einem Feuer zu Asche verbrannt, das aus seinem eigenen Körper aufloderte.

Da fragte der ehrenwerte König Parikshit:
Wer war dieser Mann, oh Brahmane, aus welcher Familie stammte er, und welche Macht hatte er? Warum hatte er sich zum Schlafen in die Höhle zurückgezogen, und aus wessen Samen wurde dieser Vernichter des Yavanas geboren?

Und der ehrenwerte Suka erzählte:
Er ist unter dem Namen Muchukunda bekannt und wurde im Ikshvaku-Stamm als Sohn von Mandhata geboren. Dieser Hochbeseelte war den Brahmanen hingegeben und auch im Kampf seinem Gelübde treu. Als der Götterkönig Indra ihn um Hilfe bat, weil die Götter von den Dämonen schwer bedrängt wurden, diente er ihnen lange Zeit als Beschützer. Und nachdem sie dann Guha (Skanda oder Kartikeya) als ihren Beschützer im Himmel gewinnen konnten, sprachen sie zu Muchukunda:
Oh König, wir erlösen dich nun von dieser schwierigen Aufgabe, uns zu beschützen. Alle deine persönlichen Wünsche hast du zurückgestellt, oh Held, und sogar dein Königreich in der Welt der Menschen verlassen, um uns vor diesen dämonischen Dornen zu beschützen. Alle deine Kinder, Königinnen und anderen Verwandten, Minister, Berater und Untertanen leben schon lange nicht mehr, denn die Zeit hat sie weggefegt. Der höchste und unerschöpfliche Herr und Führer ist die Zeit selbst, mächtiger als der Mächtigste, der die sterblichen Wesen in Bewegung setzt, indem er das Spiel „Hirte und Herde“ spielt. Wir wünschen dir viel Glück! Bitte wähle dir heute einen beliebigen Segen von uns, außer dem höchsten Segen der Befreiung, der nur von Vishnu selbst, dem unerschöpflichen Höchsten Herrn, verliehen werden kann.

Als der Held wegen seines großen Ruhms von den Göttern so angesprochen wurde, verehrte er sie demütig und wünschte sich, einen langen Schlaf in einer Höhle zu genießen, den ihm die Götter gewährten. Nachdem nun der Barbar zu Asche verbrannt war (weil er diesen Schlaf gestört hatte), offenbarte sich der Höchste Herr, der große Held der Satwatas, dem königlichen Weisen Muchukunda. Er war dunkel wie eine Wolke, trug ein gelbes, seidenes Gewand, das Srivatsa-Zeichen auf seiner Brust und das leuchtende Kaustubha-Juwel am Hals. Mit seinen vier Armen und der wunderschönen Blumengirlande, mit seinem freundlichen und ruhigen Gesicht, mit seinen glitzernden Ohrringen und dem liebevollen Lächeln, das alle Menschen anspricht, mit seiner jugendlich schönen Gestalt, seinem edlen Gang und seinem löwenartigen Feuer, erschien er mit einer überwältigenden Ausstrahlung. Angesichts dieser unbegreiflichen Pracht stellte der hochintelligente König voller Ehrfurcht und zögernd eine Frage.

Und der ehrenwerte Muchukunda sprach:
Wer bist du, der mich hier in der Wildnis in dieser Bergeshöhle besucht und mit seinen Füßen, die den zarten Blütenblättern eines Lotus gleichen, über den dornigen Boden geht? Vielleicht bist du der Höchste Herr, der Ursprung aller mächtigen Wesen, oder der Feuergott, Sonnengott, Mondgott, Himmelskönig oder vielleicht ein Herrscher der Himmelsrichtungen? Ich denke aber, du bist die führende Gottheit unter den drei Hauptgöttern (von Brahma, Vishnu und Shiva), der Größte, denn du vertreibst die Dunkelheit dieser Höhle (des „Herzens“) wie eine Lampe mit ihrem Licht. Oh Erhabenster unter allen Menschen, bitte beschreibe mir wahrheitsgemäß deine Geburt, Abstammung und Tätigkeit. Oh Tiger unter den Menschen, ich selbst bin ein Nachkomme von Ikshvaku, einer Familie von Kshatriyas, wurde vom Sohn von Yuvanasva geboren und heiße Muchukunda, oh Herr. Weil ich so lange wach war und meine Sinne vom Schlaf überwältigt wurden, legte ich mich an diesem einsamen Ort zur Ruhe. Doch dann wurde ich von jemandem geweckt, und dieser Mensch verbrannte wegen seiner angesammelten Sünde sofort zu Asche. Gleich darauf erblickte ich dann dein heiliges Selbst voller Herrlichkeit, oh Feindevernichter. Doch wegen deines unerträglichen Glanzes können wir mit begrenzten Fähigkeiten dich nicht ansehen und erkennen, oh Allergnädigster, der es verdient, von allen verkörperten Wesen verehrt zu werden!

Auf diese Worte des Königs antwortete der Höchste Herr und Ursprung der gesamten Schöpfung mit freundlichem Lächeln und Worten, die so tief wie Gewitterwolken donnerten. Und der Höchste Herr sprach:
Oh Lieber, es gibt Tausende von meinen Geburten, Taten und Namen, die so grenzenlos sind, daß ich sie selbst nicht einmal alle aufzählen könnte. Vielleicht mag es jemandem nach vielen Leben gelingen, alle Staubpartikel der Erde zu zählen, aber niemals meine Eigenschaften, Taten, Namen und Geburten. Oh König, nicht einmal die größten Weisen, die meine Geburten und Taten besingen, die in den drei Zeiten von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geschehen, können ein Ende erreichen. Oh Freund, trotzdem höre dir an, was ich über meine jetzige Geburt zu sagen habe. Ich wurde von Lord Brahma gebeten, den Dharma der Tugend und Gerechtigkeit zu sichern und die übermächtigen Dämonen zu vernichten, die für die Erde eine zu große Last wurden. So verkörperte ich mich in der Heimat von Vasudeva im Yadu-Stamm, und deshalb nennen mich die Leute auch Vasudeva, den Sohn von Vasudeva. Ich tötete Kalanemi, wie auch Kansa, Pralamba und andere Dämonen, die den tugendhaften Menschen feindlich gesinnt waren. So wurde auch dieser Yavana von deinem feurigen Blick verbrannt. Weil ich mich stets um meine Verehrer kümmere, bin ich zu dieser Höhle gekommen, um dich zu segnen, denn in der Vergangenheit hast du oft dafür gebetet. Sage mir nun, welchen Segen du von mir wünschst, oh heiliger König. Ich werde alle deine Wünsche erfüllen. Denn jeder Mensch, mit dem ich zufrieden bin, soll nie wieder klagen müssen.

So angesprochen verneigte sich Muchukunda vor dem Höchsten Herrn. Weil er nun wußte, daß es Narayana war, die ursprüngliche Gottheit, erinnerte er sich voller Freude an die Worte von Garga (der ihm diese Begegnung vorausgesagt hatte). Und Muchukunda antwortete:
Oh Herr, ein Mensch, der von deiner verwirrenden Illusions- und Schöpferkraft (Maya) betrogen wird, kann dir nicht wahrhaft dienen. Ohne den wahren Sinn des Lebens zu erkennen, verstrickt er sich, sei es Mann oder Frau, auf der Suche nach seinem Glück immer wieder in weltliche Angelegenheiten, die ihn unglücklich machen. Oh Sündenloser, wer es irgendwie geschafft hat, in dieser Welt die seltene hochentwickelte menschliche Lebensform zu erreichen und nicht eine träge Form (unter Tieren oder Pflanzen), wird mit einem unreinen Geist nicht fähig sein, deine Lotusfüße zu verehren, und wie ein blindes Tier in den Brunnen seines eigenen Hauses fallen. Oh Unbesiegbarer, so habe auch ich viel Zeit damit verschwendet, ein Königreich aufzubauen und Reichtum zu erwerben, von dem nun alles verschwunden ist. Als irdischer Herrscher berauscht, der seine sterbliche Gestalt erhalten wollte, litt ich unter endlosen Ängsten, denn ich habe mich an Kinder, Frauen, Reichtümer und Land gebunden. Im Beschützen dieses Körpers, der eine Begrenzung wie ein Topf oder eine Mauer ist, hielt ich mich für einen Gott unter den Menschen. Umgeben von Streitwagen, Elefanten, Pferden, Soldaten und Generälen wanderte ich über diese Erde, aber in meinem großen Stolz habe ich Dich nie wahrhaft erkannt. Im Vergessen von dem, was wirklich getan werden sollte, sehnt man sich nach Sinnesobjekten und grübelt endlos mit einer immer größer werdenden Gier. Dann wird man plötzlich vor Dich gestellt, der du so achtsam wie eine hungrige Schlange bist, die ihre Zähne leckt, um eine Maus zu töten. Denn dieser Wagen der Zeit, der Körper, der einst „König“ genannt wurde, auf goldenen Streitwagen fuhr oder auf mächtigen Elefanten ritt, wird im Laufe der Zeit unvermeidlich von Würmern zerfressen oder zu Asche verbrannt.

Oh Herr, auch wenn er den ganzen Erdenkreis erobert hat, auf einem Thron sitzt und von allen Herrschern verehrt wird, so wird doch der Mensch in seinem Haus wie ein Haustier gehalten und sucht sein Glück im Verkehr mit Frauen. Selbst wenn er strikt alle Vergnügungen vermeidet und seine Pflichten mit Buße erfüllt, so will er doch mehr als andere sein und denkt: „Ich bin mächtiger, ich bin mein eigener Herr!“ Solange dieser Trieb regiert, kann man kein wahres Glück erlangen. Oh Unfehlbarer, erst, wenn der wandernde Mensch dem weltlichen Besitz entsagt, kann er Gemeinschaft mit denen finden, die heilsam und wahrhaft sind (im Sat-Sang). In dieser heiligen Gesellschaft kann sich dann die Hingabe zum Höchsten Herrn entwickeln, der alles Hohe und Niedere beherrscht und für fromme Seelen das einzige Ziel ist.

Oh Herr, ich denke, mit dem spontanen Verschwinden meiner Bindung an mein Königreich hast du mir deine Barmherzigkeit bereits erwiesen. Denn darum beten die heiligen Herrscher großer Länder, wenn sie aus Mangel an Einsamkeit in die Wälder fliehen. Deshalb begehre ich nichts anderes, als zu deinen Füßen zu dienen, denn sie sind für diejenigen, die kein materielles Leben wünschen, das große Ziel und der gewünschte Segen, oh Allmächtiger. Welcher Mann, der dich treu verehrt, oh Herr, der den Pfad zur Befreiung gewähren kann, würde als Segen etwas wünschen, das seine Knechtschaft verursacht? Deshalb verzichte ich auf alle weltlichen Segnungen, durch die man in die natürlichen Grundqualitäten von Güte, Leidenschaft und Unwissenheit verstrickt wird, und gebe mich dir vollkommen hin, dem Höchsten Geist des reinen Bewußtseins, der von weltlichen Gegensätzen frei und jenseits der natürlichen Grundqualitäten ist. Von Unruhe gequält, war ich lange Zeit voller Sorgen in der Welt. Weil meine sechs Feinde (die fünf Sinne und das Denken) nie zufrieden waren, gab es keine Möglichkeit, Frieden zu finden. Oh höchster Beschützer, beschütze mich nun, der sich angesichts dieser Gefahren zu deinen Lotusfüßen verneigt, denn du, oh Höchste Seele, bist die Wahrheit, die frei von Sorgen und Angst ist.

Und der Höchste Herr sprach:
Oh König aller Könige, du hast einen reinen und fähigen Geist, denn obwohl du versucht warst, um Segen zu bitten, wurdest du nicht von der Begierde getrieben. Bitte erkenne, daß ich dich mit dem Versprechen des Segens versucht habe, um festzustellen, ob du von Verwirrung frei bist. Denn die Intelligenz der Bhakti-Yogis, die vollkommen mir gewidmet sind, wird niemals durch weltliche Segnungen abgelenkt. Wer sich mir nicht ergibt, und mit Atemübungen und dergleichen versucht, seine materiellen Begierden zu verringern, wird nicht erfolgreich sein, und man wird sehen, daß sich sein Geist immer wieder (in die materielle Welt) erhebt. So wandere nun nach Belieben auf dieser Erde, doch möge dein Geist immer auf Mich gerichtet sein, denn so kannst du in ununterbrochener Hingabe zu Mir bleiben. Du bist lange Zeit dem Dharma der Kshatriyas gefolgt und hast im Kampf und auf der Jagd viele Lebewesen getötet. Diese Sünde solltest du jetzt vollständig entwurzeln, indem du dich mit vollkommener Buße ganz unter meinen Schutz stellst. Und in deiner nächsten Geburt wirst du, oh König, für alle lebenden Wesen ein überaus guter Wohltäter sein, ein heiliger Brahmane, der Mich zweifellos erreichen wird.


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