Pushpak Bhagavata Purana Buch 10Zurück WeiterNews

10.10. Die Geschichte der beiden Söhne von Kuvera

Da fragte der König:
Oh Mächtiger, was war das für eine abscheuliche Tat, die den Heiligen Narada so erzürnt hatte, so daß er die beiden Söhne von Kuvera verfluchte?

Der ehrenwerte Suka sprach:
Die beiden Söhne von Kuvera waren überaus stolz geworden, als sie in das Gefolge von Rudra aufgestiegen waren. So spazierten sie eines Tages in einem wunderschönen Garten am Fluß der Mandakini in der Nähe des Berges Kailash. In diesem Garten voller Blüten berauschten sie sich mit ihren Frauen am Gesang und Varuni-Wein bis ihre Augen rollten und die Sinne verwirrt waren. Und voller Lust nach sinnlicher Vergnügung gingen sie mit den jugendlichen Mädchen zum Ufer der Ganga, das mit Lotusblüten geschmückt war, wie zwei Elefantenbullen mit ihren Weibchen. Oh Sohn der Kurus, so kam es, daß sie Narada, der allmächtige Heilige, dort erblickte und an ihren Augen sah, in welchem Zustand sich die Himmlischen befanden. Die Mädchen schämten sich sogleich, als sie ihn sahen, und bedeckten aus Angst vor einem Fluch schnell ihre nackten Körper mit Kleidern. Doch die beiden Söhne vom Gott der Reichtümer, die ebenfalls nackt waren, taten es nicht. Und als Narada sah, daß diese beiden betrunken und in ihrem Reichtum erblindet waren, sprach er folgenden Fluch aus, um den beiden Himmlischen eine Lektion zu erteilen:
Wer mit solcher Leidenschaft die Dinge der Welt genießt, für den gibt es nichts, was die Intelligenz so verwirrt, wie der Stolz auf Reichtum und vornehme Geburt, so daß man sich von Frauen, Wein und Glücksspielen angezogen fühlt. In dieser Leidenschaft töten sie sogar Tiere, und ohne Mitgefühl und Selbstbeherrschung glauben sie, daß ihr Körper, der doch zum Untergang verurteilt ist, nicht altern und sterben würde. Denn dieser Körper, den ihr als göttlich anseht, dient nach dem Tod den Würmern oder verwandelt sich in Asche. Wißt ihr nicht, auf was für eine Hölle ihr mit dieser egoistischen Lebensart zugeht? Wem gehört dieser Körper? Dir selbst, dem Geber von Nahrung, dem Vater, der Mutter, dem König, einem Käufer, dem Feuer oder den Raubtieren? Wer ist dieser Wissende im Körper, der sich aus der ungestalteten Natur verkörpert und wieder auflöst? Nur ein Narr würde diesen Körper als sein wahres Selbst betrachten und dafür sogar andere Lebewesen töten. Doch für Narren, die vom Stolz auf ihren Reichtum geblendet sind, ist die Armut das beste Heilmittel, denn ein Armer kann sich viel einfacher in anderen wiedererkennen (und Mitgefühl üben). Denn wer einmal von einer Nadel gestochen wurde, möchte nicht, daß andere die gleichen Schmerzen ertragen müssen. Doch wer nie Leid erfahren hat, für den ist das äußerst schwer. So ist es für einen armen Mann viel einfacher, sich von jeder Einbildung des illusorischen Ichbewußtseins zu befreien. Das große Leiden, das ihm das Schicksal in dieser Welt bereitet hat, ist für ihn die beste Buße und Entsagung. Wer den Hunger gewöhnt ist, dessen Sinne streben nicht mehr so leidenschaftlich nach Nahrung, und auch die Kraft der Leidenschaft nimmt ab. Auch können sich Arme viel leichter mit den Heiligen verbinden, die Gelassenheit üben, und durch diese Verbindung mit ihnen schwindet die geistige Ursache des Leidens sowie ihre körperliche Begierde, so daß sie innerlich gereinigt werden. Denn besser ist die Gemeinschaft mit Entsagenden, die dem Höchsten Herrn dienen, als mit weltlichen Menschen, die auf ihren Reichtum stolz sind und ihr Glück in der Illusion suchen.

Und weiter überlegte Narada:
Ich werde deshalb dafür sorgen, daß die verblendete Einbildung dieser verweichlichten Trinker wieder vergeht, die durch den süßen Wein blind und durch ihren Reichtum arrogant geworden sind und ihre Selbstbeherrschung verloren haben. Weil es diese beiden Söhne von Kuvera, die in geistige Dunkelheit versunken sind und voller Stolz andere mißachten, nicht einmal nötig hatten, in meiner Gegenwart ihre nackten Körper zu bedecken, verdienen sie es, unbewegliche Lebewesen zu werden (nämlich zwei Bäume). Daraus sollten sie dann lernen. Und durch meine Gnade soll ihre Erinnerung erhalten bleiben, und nach hundert göttlichen Jahren sollen sie sich wieder mit Vasudeva vereinigen können. Und erst, wenn ihre liebende Hingabe wieder erwacht, können sie ihr himmlisches Leben fortsetzen.

So sprach und überlegte der himmlische Heilige, begab sich zur Einsiedelei von Narayana und ließ Nalakuvara und Manigriva zurück, die nun zwei Arjuna Bäume wurden. Und um den Worten des Heiligen treu zu bleiben, der sein vorzüglicher Verehrer war, bewegte sich Krishna, der an den Mörser gebunden war, langsam zu der Stelle, wo die beiden Arjuna Bäume standen. Und er dachte:
Der Heilige ist mir sehr lieb. Deshalb werde ich gemäß den Worten des Hochbeseelten handeln, obwohl diese beiden von Kuvera, dem Gott der Reichtümer, geboren wurden.

So entschied sich Krishna und bewegte sich zwischen die beiden Arjuna-Bäume, so daß sich der Mörser verklemmte. Doch der Junge zog weiter am Mörser, der an seinem Bauch angebunden war, und zwar mit so großer Kraft, daß sich die Stämme mit allen Ästen Zweigen und Blättern tief verneigten und mit einem gewaltigen Krachen zu Boden fielen. Und an der Stelle der beiden Bäume erschienen zwei strahlende Personen, die wie ein loderndes Feuer alles ringsherum erleuchteten.

Sie verneigten sich mit gefalteten Händen tief vor Krishna und sprachen von Leidenschaft und Unwissenheit befreit zum Herrn aller Welten:
Oh Krishna, du bist der höchste Meister des Yoga und der ursprüngliche Höchste Geist dieser Welt und der ganzen Schöpfung. Die Brahmanen, die das Brahman verwirklicht haben, erkennen das ganze Universum mit allen grob- und feinstofflichen Geschöpfen als deinen Körper. Du bist die Höchste Seele aller Wesen. Du bist der Meister der Lebenskraft, des Körpers, der Gedanken und der Sinne. Du bist die vergängliche Zeit und der höchste und unvergängliche Herr. Du bist die Höchste Natur (Prakriti) und ihr subtiles Wesen der drei Grundqualitäten von Güte, Leidenschaft und Trägheit (Sattwa, Rajas und Tamas) und auch der Höchste Geist (Purusha), der das Bewußtsein aller Wesen trägt und bewegt. Wer wäre fähig, dich zu erkennen, solange er in einem Körper mit einem Geist eingeschlossen ist, der von den Grundqualitäten der Natur bewegt wird? Wer ist deiner würdig, der du an keinem Körper anhaftest, von keiner Körperlichkeit beschränkt bist, schon vor der Schöpfung da warst, aber jetzt als Verkörperung mit körperlichen Eigenschaften vor uns stehst? Oh Vasudeva, oh Höchster Herr (Bhagavat), unsere ganze Verehrung sei dir, dessen reines Licht durch deine Illusionsmacht der natürlichen Eigenschaften verhüllt wird. Verehrung dem vollkommenen Brahman, das unkörperlich ist, aber sich in verschiedenen Formen verkörpern kann, mit denen du deine unvergleichliche und grenzenlose Macht in Taten zeigst, die von gewöhnlichen Personen unerreichbar sind. Oh reine Güte und Gewährer aller Segen, du bist jetzt mit all deiner Macht zur Erhebung und Befreiung aller Wesen erschienen. Verehrung sei dir, oh reine Tugend und höchste Glückseligkeit. Verehrung sei dir, oh Vasudeva, oh höchster Frieden und Herr der Yadus. Oh Grenzenloser, bitte gib uns nun, deinen Dienern, die dich jetzt aufgrund der Barmherzigkeit des Heiligen Narada erkannt haben, die Erlaubnis (zu gehen). Mögen wir immer von deinen wundervollen Taten sprechen, mögen unsere Ohren von dir hören, mögen unsere Körper für dich arbeiten, und mögen sich unsere Gedanken immer an deine Lotusfüße erinnern. Oh Alldurchdringender, mögen sich unsere Köpfe vor dir verneigen, und mögen dich unsere Augen in allen Hochbeseelten erblicken, die deine Verkörperungen sind.

So wurde der Höchste Herr und Meister von Gokula, als er mit einem Seil an den Mörser gebunden war, von den beiden Guhyakas gepriesen. Und der Herr lächelte und sprach zu ihnen:
Es ist mir alles bekannt, was damals geschehen war und durch die Freundlichkeit von Narada geschehen ist. Er hat euch mit dem Fluch einen großen Gefallen getan, weil ihr im Wahn eures Reichtums erblindet wart. Wie die Augen durch die Sonne mit Licht erfüllt werden, so erreicht man auch durch Erkenntnis die Befreiung von jeglicher Knechtschaft, indem man sich mit Hochbeseelten verbindet, dir mir gewidmet sind. Oh ihr Söhne von Kuvera, da ihr nun von Liebe zu mir erfüllt seid, so kehrt nach Hause zurück und bewahrt mich als Höchstes Ziel in all euren Wünschen, so daß ihr nie wieder in diese weltliche Existenz zurückfallen müßt.

So sprach der Höchste Herr zu ihnen, der an den Mörser gebunden war. Sie umrundeten ihn voller Verehrung, verabschiedeten sich und gingen in Richtung Norden davon (zum Berg Kailash).


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