Pushpak Bhagavata Purana Buch 7Zurück WeiterNews

7.15. Naradas Apell für den Dharma-Weg

Der Heilige Narada sprach:
Zweifachgeborene sollten sich besonders dem uneigennützigen Handeln, der Askese, dem Vedenstudium, der Belehrung oder dem Yoga der Weisheit widmen. Wer Befreiung wünscht, sollte den Brahmanen oder anderen Weisen Opfergaben darbringen. In Götteropfern sollten zwei von ihnen bewirtet werden und in Ahnenopfern drei, zumindest sollte es einer sein. Man sollte auch nicht zu viele von ihnen einladen, auch wenn man die Mittel dazu hat. Zu viele Personen werden zum Hindernis bezüglich Zeit, Ort, Mittel, Ablauf und Rangfolge der Ehrungen. Denn nur, wenn die geheiligte Opferspeise zur rechten Zeit am rechten Ort mit rechter Liebe und Hingabe zur Gottheit den Ehrwürdigen gegeben wird, kann diese Gabe zur Quelle ewigen Wohlergehens werden. Wer den Göttern, Heiligen, Ahnen, Verwandten und anderen Wesen Opfer anbietet, sollte in ihnen allen den Höchsten Geist der Höchsten Seele sehen.

Wer das tiefere Wesen des Dharmas kennt, sollte im Ahnenopfer weder Fleisch anbieten noch selbst essen, denn die Ahnen freuen sich nicht über das Töten von Tieren. Besser ist vegetarische Nahrung, die den Heiligen lieb ist. Für alle, die das wahre Dharma von Tugend und Gerechtigkeit wünschen, gibt es kein höheres Gebot, als jegliche Gewalt gegen alle Lebewesen in Gedanken, Worten und Taten aufzugeben. Wer sich auf das wahre Selbst konzentriert und von weltlichen Wünschen befreit, erkennt auch den wahren Sinn des Opferns, indem man die Früchte seiner Taten im Feuer der Selbsterkenntnis verbrennt. Ansonsten fürchten die Lebewesen einen Opfernden und denken: „Dieser Unwissende wird uns sinnlos töten!“ Deshalb sollte der Kenner des Dharmas jeden Tag zufrieden seine regelmäßigen und gelegentlichen Opfer mit der Speise erfüllen, die den Heiligen lieb ist und von Gott gegeben wird.

Dazu sprechen die Dharma-Lehrer von fünf Arten des Adharmas, das als Untugend und Ungerechtigkeit aufgebeben werden sollte, nämlich Vidharma, Paradharma, Upadharma, Bhasa- und Chala-Dharma. Vidharma bedeutet alles, was das Dharma behindert. Paradharma ist das eigennützige Übertreiben von Dharma, Upadharma ist Heuchelei, Chala ist das Dharma nur dem Worte nach, und Bhasa ist eigensinniges Handeln gegen die Aufgaben (entsprechend der Kaste und Lebensweise). Man sollte nicht nach Geld und Reichtum streben, um religiöse Opfer durchzuführen. Besser ist es, zufrieden und mühelos zu leben, wie die Python (aus Kapitel 7.13). Wie könnte eine Person, die aus Lust und Gier nach Reichtum strebt und sich an diesen Pfahl kettet, die Glückseligkeit eines innerlich Zufriedenen finden, der sich nicht an weltlichen Gewinn bindet? Für einen beständig zufriedenen Geist ist jeder Weg erträglich, wie jemand mit guten Schuhen die Kiesel und Dornen auf dem Weg nicht fürchten muß. Oh König, warum sollte ein innerlich zufriedener Mensch nicht lieber von ein wenig Wasser leben, als durch sinnliche und sexuelle Begierden ein Leben wie ein Haustier zu führen. Selbst der Klügste wird sehen, wie durch Unzufriedenheit die Unruhe wächst und Sinnesbeherrschung, Entsagung, Vernunft und Weisheit allmählich schwinden und vergehen. Wer die hungrige und durstige Begierde überwindet, wird auch von Zorn und Ärger befreit und geht glückselig durch die Welt. Wer diesen inneren Kampf nicht gewinnt, wird niemals Glückseligkeit finden, selbst wenn er die ganze Welt erobert. Oh König, viele kluge Gelehrte, gebildete Lehrer und politische Führer sind in der Hölle gelandet, nur weil es ihnen an Zufriedenheit mangelte.

Leidenschaft wird durch das Aufgeben aller Erwartungen besiegt, der Haß durch das Aufgeben des Verlangens, die Begierde durch Nichtanhaftung und jegliche Angst durch Erkenntnis des wahren Selbst. Weisheit ist das Heilmittel gegen Wehklage und Illusion, liebevolle Hingabe läßt den Egoismus vergehen, Schweigsamkeit besiegt die Hindernisse auf dem Yoga-Weg, und durch das Aufgeben der Leidenschaft verschwindet die Gewalt. Durch Mitgefühl kann man das äußerliche (körperliche) Leiden lindern, durch Yoga-Meditation das innere (geistige) Leiden und durch Atemübung die Trägheit. Wer dem geistigen Lehrer mit Hingabe dient, kann durch die Qualität der Güte (Sattwa) all diese Probleme der Leidenschaft und Unwissenheit überwinden, wie auch die natürlichen Qualitäten selbst. Der geistige Lehrer, der das Licht auf dem Weg entzündet, sollte stets als Höchster Herr betrachtet werden. Wer ihn und seine Lehre als sterblich und vergänglich sieht, gleicht einem Elefanten, der sich nach dem Baden wieder im Staub wälzt. Auch wenn er äußerlich wie ein normaler Mensch erscheint, so ist er doch innerlich der Höchste Herr, der Herrscher über das Meer der Ursachen (Pradhana), der Höchste Geist und der Herr des Yoga, dessen Füße von den Yoga-Meistern verehrt werden.

Alle Lehren zielen darauf ab, die sechs natürlichen Prinzipien (der fünf Sinne und des Denkens) zu beherrschen. Wer nicht an dieser Vollendung im Yoga arbeitet, verschwendet seine Lebenszeit. Wie alle eigennützigen Taten zum Erwerb des Lebensunterhalts diesem Yoga nicht dienen, so können auch die religiösen Rituale mit persönlichen Zielen niemals zu einem ganzheitlichen Bewußtsein führen. Wer sein Bewußtsein erobern will, sollte an einem einsamen Ort unabhängig von der Gesellschaft abhängiger Menschen als ein Entsagender von Wohltätigkeit und wenig Nahrung leben. Oh König, an einem reinen Ort sollte er sich einen Platz suchen, sich ruhig, entspannt und gleichmütig niedersetzen, den Oberkörper aufrecht halten und das heilige OM singen. Dann möge er den inneren Blick auf seine Nasenspitze richten und mit Pranayama die Ein- und Ausatmung zügeln, um die umherschweifenden Gedanken zu beruhigen und schrittweise die Begierde nach äußeren Objekten zu stillen. Wer in dieser Übung beständig ist, wird bald einem Feuer gleichen, dessen Brennstoff vergeht, und die reine Freiheit (des Nirwana) erreichen. Ohne jegliche Ablenkung wird das Bewußtsein in jeder Hinsicht ruhig und zufrieden. So erreicht man das reine Bewußtsein voller Glückseligkeit, das allem zugrunde liegt und unvergänglich ist.

Wer sein Haus verläßt, um als besitzloser Bettelmönch umherzuwandern, aber dann wieder zurückkehrt und nach den drei weltlichen Lebenszielen strebt, gleicht einem Mann, der sein eigenes Erbrochendes ißt. Wer einmal erkannt hat, daß der Körper nicht die Seele ist, sondern vergänglich und den Würmern oder der Asche bestimmt, aber danach seinen Körper wieder verherrlicht und sich damit identifiziert, gleicht einem nutzlosen Dummkopf. Auch wenn Hausväter ihre Aufgaben mißachten, Schüler ihre Gelübde, Waldeinsiedler als Knechte dienen oder Bettelmönche nach Sinnesobjekten gieren, spricht man hier von der dümmsten Art des Verhaltens, mit der man sich selbst betrügt und das Dharma verletzt. Aus Mitgefühl sollte man diese Menschen nicht beachten, die von der Illusions- und Schöpferkraft (Maya) des Höchsten Herrn verwirrt wurden. Wer einmal das Wesen der Seele erkannt hat und aus dem Jenseits das Bewußtsein durch geistige Erkenntnis gereinigt hat, wonach sollte er sich noch sehen? Warum sollte er sich zum Sklaven des Körpers machen?

Man sagt, der Körper ist wie ein Kampfwagen, die Sinne sind wie die Pferde, das Denken sind die Zügel, die Sinnesobjekte sind der Weg, die Vernunft sollte der Wagenlenker sein und die Wahrheit das große Ziel, das der Höchste Herr (für diesen Kampfwagen) geschaffen hat. Die Speichen der Räder sind die zehn Lebenswinde im Körper (Prana, Apana, Samana ...), die Naben sind das Dharma, die Radkränze das Adharma, und das stolze Ichbewußtsein ist der Wagenbesitzer. Der Bogen ist das heilige OM, die individuelle Seele ist der Pfeil und die Höchste Seele das Ziel. Zuneigung und Abneigung, Begierde und Wehklage, Anhaftung, Illusion, Angst, Wahn, Egoismus, Unzufriedenheit, Unruhe, Gewalt, Eifersucht, Verwirrung, Hunger und Trägheit sind die Feinde, die aus Leidenschaft und Unwissenheit (Rajas und Tamas) entstehen und manchmal sogar aus der Güte (Sattwa). Solange man diese menschliche Gestalt hat, die wie ein Wagen vom Führer abhängt, sollte man im Dienst zu den Lotusfüßen der Hochbeseelten das Schwert der Erkenntnis mit der Kraft des Höchsten Herrn benutzen, bis der Feind besiegt ist. Wer auf diese Weise die Zufriedenheit in der transzendentalen Glückseligkeit findet, kann diesen Körper aufgegeben.

Doch wenn die Pferde der Sinne nicht achtsam geführt werden und das Abschweifen lieben, führen sie den Wagenlenker auf den Weg des Begehrens. Dort fällt der Fahrer in die Hände von Räubern, die ihn mit Sinnesobjekten binden, so daß er mit Wagen und Pferden im dunklen Wald der materiellen Existenz gefangen wird, wo er unter großer Todesangst leiden muß. Deshalb erklären die Veden zwei Wege des Handelns, nämlich mit und ohne Anhaftung an die Früchte der Taten. Wer daran anhaftet, muß immer wieder in die materielle Existenz zurückkehren. Ohne Anhaftung genießt man den Nektar der Ewigkeit.

Sogar die verschiedenen Arten der Opferrituale, wie auch der Bau von Tempeln, Rasthäusern, Gärten, Teichen und Brunnen sowie das Verteilen von Speisen und Getränken zählen wegen ihrer Verdienste zu den Handlungen mit Anhaftung (Pravritti). Auf diesem Weg (der Väterweg) geht der feinstoffliche Körper über den Rauch in die Nacht, in die dunkle Monatshälfte, in das dunkle Halbjahr und in den Neumond. Von dort sorgt die Fruchtbarkeit wieder für Samen, die auf der Erde gedeihen. So werden sie vom Herrn der Zeit ins Leben gerufen und körperlich immer wieder geboren, um in dieser materiellen Welt zu existieren. Ein Zweifachgeborener, der von der Empfängnis bis zur Bestattung durch verschiedene Riten gereinigt wurde, opfert die Sinne im Licht der geistigen Erkenntnis. Er opfert die Sinne im Denken und die Gedanken im heiligen OM. Mit diesem Klang zieht er alle Lebenswinde in einem Punkt (Bindu) zusammen und verschmilzt im Höchsten (Brahman). Auf diesem Weg (dem Götterweg) geht er über das Feuer in den Tag, in die helle Monatshälfte, in das helle Halbjahr, in den Vollmond und schließlich in die Sonne. Dort empfängt ihn ein himmlisches Wesen, das ihn aus der körperlichen Welt zum Höchsten führt (Turya, der vierte und höchste Bewußtseinszustand, das traumlose Wachen). Dieser Weg ist als Götterweg bekannt, auf dem man (im Gegensatz zum Väterweg) nicht zurückkehren und wiedergeboren werden muß, sondern durch Selbstverwirklichung die Vollkommenheit der Höchsten Seele erreicht. Wer den Unterschied zwischen Väter- und Götterweg erkennt, wie sie in den Veden erklärt werden, wird nicht mehr verwirrt, auch wenn er noch im Körper wohnt.

Dieser Höchste Herr, der von Anfang bis Ende in und außerhalb aller Lebewesen besteht, verkörpert sich als Erkennen und Erkennbares, Ursache und Wirkung sowie Dunkelheit und Licht, weil er unabhängig von allen Formen ist. Wie man ein Spiegelbild, obwohl es nur eine Reflexion ist, für wahrhaft hält, so akzeptiert man auch die Wahrnehmung der Sinne, obwohl es nur Reflexionen sind. Das Eine ist weder das reflektierte Bild von irgendetwas in der körperlichen Welt, noch eine Zusammensetzung irgendwelcher Elemente bzw. Teile. Weil nichts getrennt von diesem Einen existieren kann, ist es sogar unsinnig, sich selbst als ein Teil des Einen zu betrachten. Wie der Körper, der aus den Elementen besteht, nicht ohne die zugehörigen Eigenschaften existieren kann, so existiert auch der Körper nicht getrennt von dem Einen. Die geistige Verwirrung kann man mit einem Traum vergleichen, in dem Objekte erscheinen, die verschwinden, sobald man aus dem Traum erwacht. In gleicher Weise überwindet die erwachte Seele durch Selbstverwirklichung und ganzheitliche Sicht auf die Wirklichkeit von Geist und Materie die drei niederen Bewußtseinszustände (traumloser und traumhafter Schlaf sowie traumhaftes Wachen).

Oh Yudhishthira, ganzheitliche Sicht bedeutet, sich bei allen Gedanken, Worten und Taten des höchsten Brahmans bewußt zu sein. Dann wünscht man alles, was man sich selbst wünscht, nicht nur der eigenen Familie mit Frau und Kindern, sondern allen Wesen der ganzen Welt. Oh König, so sollte ein Mensch die Aufgaben seiner Kaste und Lebensweise erfüllen und den vedischen Geboten für Mittel, Ort und Zeit folgen und nur im härtesten Notfall andere Wege gehen. Wer unter Beachtung dieser vedischen Gebote liebevolle Hingabe übt und seine Aufgaben im Leben erfüllt, kann sogar als Hausvater den Himmel erreichen. Oh König, auf diese Weise seid auch ihr (Pandavas) all den schrecklichen Gefahren entkommen. Durch den Dienst zu den Füßen eures Meisters (Krishna) konntet ihr alle Opfer erfolgreich darbringen und alle Himmelsrichtungen dieser Welt erobern.

Ich selbst lebte einst vor langer Zeit in einem vorhergehenden Mahakalpa (der Lebenszeit eines Brahma) als himmlischer Bewohner namens Upabarhana unter den vorzüglichen Gandharvas. Ich trug einen schönen Körper, höchst attraktiv, wohlduftend, geschmückt und faszinierend anzuschauen. Stets von Frauen angezogen gab ich mich als Lüstling meinen Wünschen hin. Eines Tages wurde eine große Versammlung der Götter einberufen, und zur Verherrlichung des Höchsten Herrn mit Gesang und Tanz waren auch alle Gandharvas und Apsaras eingeladen. So ging auch ich als Meister des Gesangs von bezaubernden Frauen umgeben dorthin. Doch als die Götter von meiner Neigung erfuhren, verfluchten mich die höchst mächtigen Herrn des Universums und sprachen: „Weil du gegen die Gebote handelst, sollst du ein Shudra und aller Schönheit beraubt werden!“ Danach wurde ich von einer Dienerin geboren, doch durch den Dienst an hochbeseelten Brahmanen gemäß dem Dharma konnte ich wieder aufsteigen und sogar dieses Leben als geistiger Sohn von Brahma erreichen.

Damit habe ich dir das Dharma erklärt, mit dem sogar ein arbeitender Hausvater die Sünde besiegen und den Weg eines Entsagenden gehen kann. Auch ihr (Pandavas) habt das Glück, daß die Heiligen der Welten euren Wohnort besuchen, weil ihr den Höchsten Herrn verehrt, der sich als Mensch (in Gestalt von Krishna) verkörpert hat. Er ist das Eine, das Brahman, das die Hochbeseelten suchen, um die himmlische Glückseligkeit der Erlösung zu verwirklichen. Er ist dein berühmter Cousin, der höchste Wohltäter, der verehrungswürdigste Mann, das Herz und die Seele aller Wesen und der höchste Lehrer für das Leben. Sein wahres Wesen kann nicht einmal Shiva oder Brahma verstehen. Möge der Höchste Herr und Lehrer, den wir durch Meditation, Schweigsamkeit, liebende Hingabe und Entsagung verehren, mit uns zufrieden sein.

Der ehrenwerte Suka fuhr fort:
So wurde König Yudhishthira vom Heiligen Narada belehrt, und von höchster Freude erfüllt verehrte er ihn und Krishna. Daraufhin verneigte sich auch der Heilige vor Krishna und Yudhishthira, der über die Offenbarung von Krishna als reines Brahman und Höchster Geist äußerst erstaunt war, verabschiedete sich und verschwand. Damit habe ich dir, oh König Parikshit, die verschiedenen Stämme der Töchter von Daksha erklärt, von denen alle Wesen dieser Welt mit den Göttern, Dämonen und Menschen geboren wurden.

Hier endet das 7. Buch des Shrimad Bhagavatam mit dem Titel: „Das Wesen des Höchsten Herrn“


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