Pushpak Bhagavata Purana Buch 7Zurück WeiterNews

7.5. Prahlada, der heilige Sohn von Hiranyakashipu

Der heilige Narada sprach:
Oh Pandu-Sohn, der mächtige Weise Sukra, den die Dämonen zum geistigen Lehrer erwählten, hatte zwei Söhne namens Shanda und Amarka, die in der Nähe des Palastes des Dämonenkönigs lebten. Der König sandte den jungen Prahlada zu ihnen, als er zum Disputieren fähig war, um zusammen mit den anderen Dämonen-Kindern in den verschiedenen Wissenschaften gebildet zu werden. Doch als er hörte und wiederholte, was die Lehrer dort sagten, hielt er es für eine unheilsame Denkweise, weil es auf der Vorstellung von Feinden und Verbündeten beruhte. Und eines Tages setzte der Dämonenkönig seinen Sohn auf seinen Schoß und fragte:
Sag mir doch, mein Sohn: Was denkst du, wäre das Beste im Leben?

Und Prahlada antwortete:
Oh König der Dämonen, ich denke, daß jede verkörperte Seele immer einen Geist voller Sorgen hat, weil sie von der körperlichen Welt gebunden und gefangengenommen wird. Wenn man diese körperliche Verhüllung der Seele mit all ihren Sorgen aufgeben will, die nichts als ein ausgetrockneter Brunnen ist, wäre es das Beste, in den Wald zu gehen und Zuflucht zum Höchsten Herrn zu suchen.

Als der Dämon hörte, wie der erwachende Verstand seines Sohnes mit diesen Worten auf der Seite seines Feindes stand, lachte er über die verführte Intelligenz des fehlinformierten kleinen Jungen und überlegte:
Dieser Junge sollte doch in der Schule vor diesem Geist der Brahmanen bewahrt werden, die Vishnu verehren und sich selbst nicht kennen.

Daraufhin schickte er ihn wieder in die Schule, und die dämonischen Lehrer riefen ihn auf und fragten ihn mit freundlichen und süßen Worten:
Liebes Kind, Prahlada, wir wünschen dir alles Gute. Bitte sag uns die Wahrheit und lüge nicht. Wer hat dir diese verkehrte Denkweise gegeben, die wir bei den anderen Kindern nicht finden? Sag uns, ob diese feindliche Sicht von irgendwelchen Übeltätern stammt, oder von dir selbst? Das wünschen wir als deine Lehrer zu hören, oh Bester der Familie.

Und Prahlada antwortete:
Solche Argumente über andere als Feinde oder Verbündete sind nur den Menschen mit körperlicher Vorstellung vom Leben dienlich. Sie argumentieren aufgrund von Äußerlichkeiten, die sie sehen, und werden durch diese Äußerlichkeiten verwirrt, die vom Höchsten Herrn geschaffen wurden, den ich verehre. Wer sich Ihm mit ganzer Hingabe widmet, kann diese tierhafte Sicht der Unterscheidung von einem eigenen „Ich“ und dem „Ich“ in anderen Körpern auflösen. Für jene, deren Vernunft und Hingabe durch diese Vorstellung von Feinden und Verbündeten überdeckt und verdorben wurde, ist es sicherlich äußerst schwierig, die Höchste Seele und den Höchsten Herrn zu erkennen und ihm zu dienen. Deshalb sind viele Zweifachgeborene und sogar Lehrer der Veden darüber verwirrt, wie sie Ihm dienen sollen, der meine Vernunft (zur ganzheitlichen Sicht) gewandelt hat. Oh ihr Brahmanen, wie sich Eisen ganz von selbst in die Richtung eines Magneten bewegt, hat sich mein Bewußtsein durch den Diskus (der weltlichen Vergänglichkeit) in Seiner Hand zu Ihm ausgerichtet.

So sprach Prahlada mit hohem Geist zu den Brahmanen, verstummte und wurde von den Dienern des Königs hart bestraft, weil sie solche Worte für unerträglich hielten und zornig riefen:
Oh weh, holt einen Stock für diesen Abschaum unseres Stammes, der uns mit seinen verkehrten Ansichten erniedrigen will! Hier hilft von allen Arten der Herrschaft nur noch die harte Strafe. Im prächtigen Wald der Dämonen wurde dieser Junge als Dornenbusch geboren oder soll als Griff an der Axt von Vishnu dienen, um uns an der Wurzel abzuschlagen.

So bedrängten sie Prahlada auf unterschiedliche Weise mit Bestrafungen und anderen Druckmitteln und belehrten ihn darüber, was die Veden über die ersten drei Lebensziele aussagen (von Dharma, Artha und Kama bzw. Tugend, Verdienst und Liebe). Und nachdem seine Lehrer überzeugt waren, daß er nun alles darüber wußte, wurde er von seiner Mutter gebadet und schön geschmückt zum König der Dämonen gebracht. Dort verneigte sich der Junge vor den Füßen des Königs, der ihn segnete und lange Zeit freudig in seine Arme schloß. Dann zog er ihn auf seinen Schoß, roch am Kopf des Jungen und benetzte ihn mit Freudentränen. Schließlich sprach er mit lächelndem Gesicht:
Oh Prahlada, mein geliebter Sohn, bitte sag mir, was du von allem Gelernten, das dir die Lehrer im Laufe der Zeit gelehrt haben, als das Beste betrachtest.

Und Prahlada antwortete:
Ich denke, wenn sich ein Mensch wirklich dem Höchsten Herrn hingeben möchte, ist das Beste, was er lernen kann, Vishnu mit den neun Arten der liebevollen Hingabe (Bhakti) zu verehren, nämlich durch Zuhören, Besingen, Erinnern, Helfen, Opfern, Beten, Dienen, Freundlichkeit und wahrhafte Hingabe.

Als Hiranyakashipu hörte, was sein Sohn sagte, sprach er mit zitternden Lippen zu den Söhnen des Lehrers (Sukra):
Oh ihr falschen Brahmanen! Ihr Narren! Was geschieht hier? Steht ihr jetzt auf Seiten des Feindes und lehrt dummerweise diesen Unsinn, ohne euch ernsthaft um meinen Jungen zu kümmern? Dies zeigt mir, wie viele Betrüger es auf dieser Welt gibt, die sich hinterlistig als Freunde verkleiden. Doch im Laufe der Zeit erkennt man, wie sich die Sünden manifestieren, ähnlich wie die Krankheiten bei Menschen, die ungesund leben.

Aber die Söhne des Lehrers Sukra sprachen:
Oh großer König, was dein Sohn sagt, haben wir ihm nicht beigebracht. Niemand hat ihn das gelehrt. Oh Feind von Indra, sei uns nicht böse und beschuldige uns nicht.

Nachdem die Söhne des Lehrers auf diese Weise geantwortet hatten, wandte sich der Dämonenkönig erneut an seinen Sohn und fragte:
Wenn du es nicht aus dem Mund deines Lehrers gehört hast, oh Unsinniger, woher kommt dann diese verkehrte Vorstellung?

Und Prahlada antwortete:
Personen, die auf ihre weltliche Existenz schwören, leben gewöhnlich so, daß ihr Weg in die Hölle führt, denn sie beherrschen ihr Sinnesbewußtsein nicht und drehen sich beständig im Kreis eigensinniger Gedanken. So neigen sie sich nie zu Krishna (dem „Dunklen“ bzw. schwer Erkennbaren), weil sie ihren eigensinnigen Ansichten oder den Ansichten anderer oder beiden folgen. Wer glaubt, den Sinn des Lebens in der äußeren Welt zu finden, geht einen schweren Weg und ahnt nichts vom wahren Sinn des Lebens, von Vishnu (dem Erhalter von Allem). Obwohl sie äußerlich geführt werden, sind sie wie blinde Männer, die von Blinden geführt werden und den Diktaten der körperlichen Natur gehorchen, weil sie mit mächtigen Seilen daran gebunden werden. Diese illusionären Bindungen zu überwinden, wonach die Hochbeseelten streben, ist für diese Menschen unerreichbar, solange sie ihr Bewußtsein nicht mit den Füßen des Höchsten Herrn verbinden, seine Gnade empfangen und in wahrer Armut ohne Anhaftung leben.

So sprach der Sohn und schwieg. Doch Hiranyakashipu war blind vor Haß und stieß ihn von seinem Schoß zu Boden. Und von Empörung überwältigt rief er mit vor Zorn blutunterlaufenen Augen:
Oh ihr Dämonen, ergreift diesen Jungen und führt ihn weg, damit er getötet werde! Er ist niemand anderes als der Mörder meines Bruders. Dieser gemeine Verräter seiner eigenen Wohltäter dient den Füßen von Vishnu und verehrt den, der für den Tod seines Onkels verantwortlich ist. Für ihn verrät er schon mit fünf Jahren die Liebe seiner eigenen Eltern. Das kann nicht gut sein! Sogar ein adoptiertes Kind von anderen Eltern kann ein Segen wie ein Heilkraut sein. Aber ein Kind, das so übelgesinnt ist und keine Eltern akzeptiert, gleicht einem kranken Körperglied und sollte aufgegeben werden, damit nicht der ganze Körper sterben muß. Wir haben keine andere Wahl. Er muß getötet werden, der beim Essen, Sitzen und Ruhen wie ein Freund erscheint, aber ein ebenso großer Feind ist, wie die ungezügelten Sinne für einen Weisen.

Die Dämonen mit schrecklichen Zähnen und Gesichtern, roten Haaren und Bärten gehorchten dem Befehl ihres Königs und brüllten mit erhobenen Dreizacks wutentbrannt: „Ja, wir wollen ihn in Stücke hacken!“ Sogleich griffen sie mit ihren spitzen Waffen die lebenswichtigen Körperorgane von Prahlada an, der schweigend auf dem Boden saß. Doch wie lobenswerte Taten keine Wirkung haben, wenn sie mit unheilsamer Motivation ausgeführt werden, so blieben ihre Angriffe wirkungslos auf den, dessen Geist mit der Höchsten Seele und dem Höchsten Herrn vereint war, die durch körperliche Sinne nicht wahrnehmbar sind. Oh Yudhishthira, der Dämonenkönig war zutiefst erschrocken, als er sah, wie die Angriffe fehlschlugen, und dachte sich viele andere Möglichkeiten aus, denn er war fest entschlossen, seinen eigenen Sohn zu töten. Er versuchte ihn mit Elefanten zu zermalmen, mit großen Schlangen zu erwürgen, mit schwarzer Magie zu überwinden, aus großer Höhe zu stürzen, mit Gift, Hunger, Kälte, Wind und Feuer zu überwältigen oder unter einem Haufen Steine zu begraben. Aber mit keinem Mittel gelang es dem Dämon, seinen unschuldigen Sohn zu töten. Als seine langwierigen Bemühungen erfolglos blieben, wurde er immer nervöser und überlegte sich:
Unter all diesen tödlichen Bedingungen und hinterlistigen Greueltaten fand er Hilfe durch seine innere Stärke. Obwohl er noch ein Kind ist, hat er die volle Kontrolle und kennt keine Angst mehr. In meiner Nähe wird er, wie ein geschlagener Hund, zwar immer demütig sein, doch meine Untaten niemals vergessen. Sein unerschütterlicher Glaube, seine Reinheit und seine Angstlosigkeit vor jedem äußeren Feind werden sicherlich früher oder später die Ursache meines Todes sein.

So überlegte er mit gesenktem Gesicht und verlor viel von seiner Herrlichkeit. Angesichts dieser Sorgen sprachen Shanda und Amarka, die beiden Söhne von Sukra, dem großen Lehrer der Dämonen, im Privaten zu ihm:
Alle Führer der drei Welten, die allein von dir beherrscht werden, zittern, wenn du nur deine Augenbrauen hebst. Du hast nichts von diesem Jungen zu befürchten, oh Meister. Wir verstehen nicht, warum du dir wegen der Dummheit dieses Kindes so viele Sorgen machst. Halte ihn einfach mit der Schlinge von Varuna gebunden, bis unser Lehrer Sukra zurückkehrt, damit er nicht vor Angst fliehen kann. Durch seine Belehrung, der mehr Erfahrung hat als wir, wird er den Verstand entwickeln, um seinen Eltern zu dienen.

Als er die Worte der Söhne des geistigen Lehrers vernommen hatte, akzeptierte er ihren Vorschlag. Und so kam es, daß Prahlada in die Aufgaben eines Mitglieds des königlichen Hauses eingewiesen wurde. Die Pflichten weltlicher Gerechtigkeit, der Gewinn durch Wirtschaft und die Freude an sinnlicher Lust (im Sinne der drei Lebensziele von Dharma, Artha und Kama) wurden ihm ausführlich immer wieder erklärt, und er hörte auch demütig und offen zu. Doch in allem, was ihm die Lehrer, die sich an den Gegensätzen der Welt erfreuten, über diese drei großen Ziele im Leben erzählten, sah er keine heilsame Lehre. Doch während die Lehrer in ihren Häusern beschäftigt waren, nutzen die Jungen seines Alters die Gelegenheit, ihn beiseite zu nehmen. Und er sprach lächelnd und freundlich mit ihnen und belehrte sie über die höhere Vernunft und die Güte Gottes. Oh großer König, die Jungen ließen aus Respekt für seine Worte ihr Spielzeug liegen, saßen um ihn herum und hörten seine Lehre, die ganz anders war, als die Anweisungen der Lehrer, die sich an den Gegensätzen der Welt erfreuten. Und zu ihnen, die ihre Herzen und Augen auf ihn richteten, sprach er mitfühlend als ein wahrer Freund und ein großes Vorbild an Hingabe, wie folgt.


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