Pushpak Bhagavata Purana Buch 6Zurück WeiterNews

6.2. Die Erlösung von Ajamila

Der ehrenwerte Suka sprach:
Oh König, nachdem die Gehilfen des Höchsten Herrn die Diener Yamas angehört hatten, antworteten sie als Kenner der Lehre:

Ach, was für eine Schande! Das Adharma hat jene ergriffen, die das Dharma von Natur aus verwirklichen sollten. Sie wollen jene bestrafen, die keine Sünder sind und die Strafe nicht verdienen. An wen könnten sich die Wesen noch wenden, um Schutz zu suchen, wenn sich die Ungerechtigkeit bei ihren Beschützern einschleicht, die wie Väter und Lehrer sein sollten und unparteiisch das Dharma vertreten müßten? Was auch immer die führenden Menschen tun, das gilt als Vorbild für das Volk und wird allgemein als Standard akzeptiert. Gewöhnliche Menschen, die noch nicht sicher zwischen Dharma und Adharma unterscheiden können, vertrauen ihnen und sind mit ihren Entscheidungen zufrieden. Wie kann ein Führer, der freundlich zu allen Wesen ist und ihr Vertrauen genießt, dem Volk irgendwelche Schmerzen zufügen, das ihm wie eine Herde Schafe mit gutem Glauben folgt? Dieser Mann hat die Sünden von Millionen Geburten gesühnt, weil er in der Stunde der größten Not den heiligen Namen des Höchsten Herrn angerufen hat, der die Glückseligkeit gewähren kann. Als er sprach „Oh Narayana, bitte hilf!“, erinnerte er sich an den Höchsten Herrn und sühnte mit diesen wenigen Silben vollständig das Unheil, das er als Sünder begangen hat. Selbst ein Dieb, Alkoholiker, Verräter, Mörder oder Frauenschänder, und was auch immer an Sünde angesammelt wurde, sobald man seinen Geist ganz auf Vishnu richtet und seinen Namen anruft, kommt Vishnu in den Geist zur vollkommenen Versöhnung. Viele Sünden kann man durch Sühneopfer und Gelübde der Buße bereinigen, aber grundlegend verschwindet die Sünde nur, wenn man sich an das Wesen des Höchsten Herrn erinnert, wie es durch die Rezitation der Silben seines Namens geschieht. Denn solange das Herz trotz Buße nicht grundlegend gereinigt wurde, werden die Gedanken immer wieder schwach (vom Ichbewußtsein getrieben). Nur wer sich an die Herrlichkeit des Höchsten Herrn erinnert und sein körperliches Wesen tiefgründig reinigt, kann das Karma an der Wurzel vernichten.

Versucht deshalb nicht, diesen Mann mitzunehmen, der auf seinem Sterbebett den Namen des Höchsten Herrn angerufen hat, denn damit hat er alle Sünden vernichtet. Sei es im Spaß, zur Unterhaltung oder nur beiläufig, der Name des Herrn von Vaikuntha ist niemals vergeblich, denn er hat die grenzenlose Macht zur Vernichtung von Sünde. Wer spontan den Namen des Herrn anruft, wenn er fällt, ausrutscht, einen Knochen bricht, gebissen wird, von Krankheit befallen oder anderweitig geschlagen wird, verdient kein höllisches Leiden. Die großen Gelehrten, die sich in dieser Angelegenheit auskennen, gebieten schwere und leichte Buße für schwere und leichte Sünden. Sie sagen aber auch, daß die Buße durch Entsagung, Wohltätigkeit, Gelübde und dergleichen die Wirkung von Adharma im Herzen nicht grundlegend auflöst. Das geschieht allein durch die Hingabe zu den Füßen des Höchsten Herrn, so daß man seinen Namen spontan bzw. intuitiv anruft, der die persönlichen Sünden wie ausgetrocknetes Gras im Feuer verbrennt. Auch wenn man nicht genau weiß, wie und warum eine Medizin wirkt, wenn man sie mit Vertrauen einnimmt, kann sie eine große Wirkung haben, wie man es auch von den Mantras kennt.

Suka fuhr fort:
Oh Feindevernichter, mit dieser Erklärung über das Dharma des Höchsten Herrn (Bhagavat) wurde Ajamila von den Gehilfen Vishnus aus der Schlinge des Todes befreit, und die Gehilfen Yamas kehrten zu Yama zurück, um die Geschehnisse ausführlich zu berichten. Der Brahmane, der aus der Schlinge des Todes befreit war und keine Angst mehr hatte, kam wieder zu sich und verneigte sich voller Freude vor den Gehilfen von Vishnu. Doch sobald er seinen Mund öffnen und mit ihnen sprechen wollte, verschwanden sie vor seinen Augen. Aber Ajamila hatte durch das Gespräch zwischen den Gehilfen von Yama und Vishnu viel über das reine Dharma des Höchsten Herrn gelernt, wie es in den drei Veden beschrieben wird und vor allem wie jemand in der Welt der natürlichen Eigenschaften durch die Hingabe zum Höchsten Herrn und die Verherrlichung seines Namens unverzüglich gereinigt werden kann. Daraufhin erinnerte er sich, bereute zutiefst alle unheilsamen Taten und sprach:

Ach, weil ich die Selbstbeherrschung verlor, habe ich mit dieser sinnlichen Frau aus der Dienerkaste viele Kinder gezeugt, meine Brahmanen-Würde zerstört und viel Elend verursacht. Ehrliche Menschen werden den verurteilen, der seine keusche junge Frau verlassen hat, um mit einer unkeuschen Dienerin zu leben, die dem Alkoholtrinken verfallen ist. Ich habe mich selbst verflucht, bin in Sünde gefallen und habe meine Familie entwürdigt. Meine alten und hilflosen Eltern, die nur mich allein als Sohn hatten, der sich um sie kümmern sollte, waren verzweifelt, als ich sie undankbar wie ein Barbar aufgegeben hatte. Natürlich werde ich in die schrecklichste Hölle fallen, wo jene, die aus sinnlicher Begierde das Dharma verletzt haben, die Vergeltung durch Yama erfahren müssen, dem König des Dharmas. Habe ich geträumt oder habe ich ein Wunder erlebt? Wo sind die Wesen geblieben, die mich mit der Schlinge des Todes wegschleppen wollten? Und wohin sind die vier Wesen von vollkommener Herrlichkeit gegangen, die mich befreit haben, als ich in der Schlinge gefangen war und in die Hölle gezogen wurde? Irgendetwas Gutes muß es trotz aller Sünde noch an meinem Leben geben, sonst wären mir diese vorzüglichen Gehilfen des Höchsten Herrn nicht zur Rettung erschienen. Wie sonst könnte ein Brahmane, der so unrein mit einer Dienerin gelebt hat, auf dem Sterbebett den heiligen Namen des Herrn von Vaikuntha anrufen? Wer bin ich, der als Betrüger, Sünder und schamloser Zerstörer der Brahmanenschaft diesen glücksverheißenden Namen von Narayana anruft? Ich bin nun entschlossen, die Herrschaft über die Sinne, Gedanken und den Atem zu erlangen, damit die Seele nicht wieder in dunkle Unwissenheit versinkt. Nur durch Befreiung von den karmischen Bindungen der Taten, die durch Unwissenheit und Begierde entstehen, kann ich ein selbstverwirklichter, gütiger, barmherziger und friedlicher Freund aller Wesen sein und die Seele aus der Falle entwirren, in die ich durch die Illusions- und Schöpferkraft in Form einer sinnlichen Frau gefallen bin, einer Frau, die in meinem gefallenen Zustand mit mir spielte, wie mit einem Haustier. Nur wenn das „Ich“ und „Mein“ des Körpers mit den dazugehörigen Sorgen aufgegeben wird, kann sich der Geist dem Höchsten Herrn hingeben und sich durch Meditation über seinen Namen von Illusion reinigen.

So wurde Ajamila durch diese Begegnung mit den Gehilfen Vishnus im Moment des Sterbens von seiner Anhaftung erlöst, gab den Wunsch nach sinnlichem Leben auf und ging zur Quelle der heiligen Ganga. Dort verweilte er, um den Geist zu zügeln, übte Yoga, zog die Sinne zurück und richtete die Gedanken auf das Höchste Selbst (Atman). Durch die Vertiefung im Selbst lösten sich die geistigen Zwänge der natürlichen Qualitäten, und er widmete sich dem Höchsten Herrn als Form des Brahman, das reines Bewußtsein ist. Als sein Geist den Grund erreicht hatte, erschienen wieder die Gehilfen von Vishnu vor ihm, so daß sich der Brahmane ehrfürchtig verneigte. Und sobald er sie am heiligen Ort der Ganga-Quelle erblickte, gab er seinen vergänglichen Körper auf, um die ursprünglich geistige Form anzunehmen, die dem Gefolge des Höchsten Herrn angemessen ist. Durch diese Erkenntnis bestieg er zusammen mit den Gehilfen des Herrn einen goldstrahlenden himmlischen Wagen und erhob sich zum Himmel, wo Vishnu wohnt, der Ehemann der Göttin des Wohlstandes.

Oh König, so fand der Brahmane, der das Dharma verletzt hatte, aus sinnlicher Begierde ein Mädchen aus der Dienerkaste heiratete, ungerechte Taten vollbrachte, seine Gelübde brach und die Hölle verdient hatte, auf den Weg zur Befreiung zurück, als er den Namen des Höchsten Herrn mit Vertrauen anrief. Und so gibt es für alle, die der körperlichen Anhaftung an die Früchte der Taten entkommen wollen, kein besseres Mittel, um das angesammelte Karma an der Wurzel zu vernichten, als die Anrufung des Namens dessen, der die Zuflucht an allen heiligen Orten ist. Alle anderen Mittel fördern die Gedanken, die von Unwissenheit und Leidenschaft verunreinigt sind.


William Blake, The Good Old Man Dying, 1813

Wer auch immer diese heilige Geschichte, die von allen Sünden reinigen kann, mit Glauben und Hingabe liest oder anderen erzählt, wird von den Gehilfen Yamas verschont und nicht in die irdische Hölle geworfen, sondern in der geistigen Welt von Vishnu begrüßt, um den heiligen Pfad zu gehen. Wenn schon Ajamila während des Sterbens durch die Anrufung des heiligen Namens auf den Weg zum Himmel zurückkehrte, obwohl er damit seinen Sohn meinte, macht deutlich, welche große Kraft in diesem Namen liegt, sobald er mit Vertrauen und Liebe angerufen wird.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter