Pushpak Bhagavata Purana Buch 5Zurück WeiterNews

5.26. Die Höllenbereiche der karmischen Bindung

Der König fragte:
Oh großer Heiliger, wie kam es zu dieser großen Vielfalt des Lebens in den verschiedenen Welten?

Und der Weise sprach:
Diese große Vielfalt des Lebens aufgrund von Karma, das auf verschiedenen Stufen möglich ist, entsteht durch die unterschiedlichen geistigen Neigungen bezüglich der drei natürlichen Grundqualitäten (von Güte, Leidenschaft und Trägheit bzw. Unwissenheit). Soweit dabei das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit verletzt wird, spricht man von unheilsamen Taten, die je nach geistiger Neigung der handelnden Person unterschiedliche karmische Bindungen verursachen. So will ich dir nun ausführlich die tausenden höllischen Zustände erklären, die seit undenklichen Zeiten durch Begierde auf unzähligen Wegen des persönlichen Eigennutzes aufgrund von Unwissenheit und Leidenschaft entstehen.

Da fragte der König:
Was nennt man Hölle? Ist das ein besonderer Ort auf der Erde, liegt er oberhalb oder irgendwo unterhalb?

Und der Weise sprach:
Die Hölle befindet sich innerhalb der drei Welten und zwar in südlicher Richtung (dem Reich von Yama) unter der Erde und über dem Wasser. In dieser Himmelsrichtung wohnen auch die Ahnen der Agnishvattas und ähnliche, die mit größter Konzentration über das Göttliche meditieren und damit viel Segen für ihre Nachkommen gewähren. Hier regiert Yama, der Sohn des Sonnengottes, entsprechend den Geboten des Höchsten Herrn zusammen mit seinen Gehilfen, die dafür sorgen, daß die Verstorbenen in dieses Reich geholt werden, wo sie entsprechend ihres angesammelten Karmas verurteilt werden. Dazu kennen die Gelehrten 21 prinzipielle Höllen, deren Namen, Funktionen und Eigenschaften ich dir erklären möchte: Ihre Namen sind Tamisra, Andhatamisra, Raurava, Maharaurava, Kumbhipaka, Kalasutra, Asipatravana, Sukaramukha, Andhakupa, Krimibhojana, Sandamsha, Taptasurmi, Vajrakanthaka-shalmali, Vaitarani, Puyoda, Pranarodha, Vishasana, Lalabhaksha, Sarameyadana, Avici und Ayahpana. Darüber hinaus kennt man noch Ksharakardama, Rakshogana-bhojana, Shulaprota, Dandashuka, Avatha-nirodhana, Paryavartana und Suchimukha.

Wer den Reichtum, die Frau oder Kinder eines anderen wegnimmt, wird mit Sicherheit von den Gehilfen Yamas mit der Schlinge der Zeit gebunden und gewaltsam in die Hölle Tamisra („Dunkelheit“) geworfen. In dieser dunkelsten Welt muß er Hunger und Durst erleiden, wird mit Stöcken geschlagen und verliert voller Verzweiflung über die schmerzlichen Strafen immer wieder sein Bewußtsein. Wer durch Betrug die Frau oder den Reichtum anderer genießt, wird auf gleiche Weise gewaltsam in die Hölle Andhatamisra („blinde Dunkelheit“) geworfen, wo die verkörperte Seele unter ständigen Qualen nicht nur den Verstand, sondern auch die Sicht verliert und von ihrer Wurzel getrennt völlig erblindet. Wer im Leben auf der Erde seinen Körper für eigensinnige Ziele nutzt und anderen Wesen schadet, während er täglich nur für sich und die eigene Familie arbeitet, wird nach dem Tod durch seine Sünde in der Hölle Raurava enden. König Yama verurteilt ihn als Frucht seiner Taten dazu, daß all die Wesen, die er auf der Erde verletzt hat, in der Hölle zu schrecklich wilden Tieren werden, die ihm nun selbst unsägliches Leiden bringen. Wegen dieser wilden Tiere, die noch zorniger als Schlangen sind, sprechen die Gelehrten von Raurava („Hölle der Monster“). Und wer im Leben egoistisch nur an die Erhaltung seines eigenen Körpers gedacht hat, fällt in die Hölle Maharaurava, wo ihn noch größere Monster erwarten. Wer im Leben so grausam war und Tiere lebendig gekocht hat, wird nach dem Tod von den Dienern Yamas in die Hölle Kumbhipaka („Kochtopf“) gestürzt, wo er von grausamen Menschenfressern lebendig in siedendem Öl gekocht wird. Wer im Leben seine Eltern, Lehrer oder die Veden verleumdet, landet in der Hölle Kalasutra („Haken des Todes“), die aus einer heißen Kupferplatte besteht, die sich über 10.000 Yojanas erstreckt. Von oben wird sie durch die Sonne erhitzt und von unten durch Feuer. Mit einem Körper, der innerlich von Durst und Hunger und äußerlich von schrecklicher Hitze geplagt wird, fällt er immer wieder hin und rollt sich herum, aber springt gleich wieder auf die schmerzenden Füße und rennt panisch hin und her. Und das geschieht für so viele tausende Jahre, wie Tiere Haare am Körper haben. Wer sich im Leben bewußt vom Weg der Wahrheit abkehrt und der Heuchelei zuwendet, wird in die Hölle Asipatravana („Rasiermesser-Wald“) gezwungen, wo er mit Peitschen geschlagen wird, und sobald er nach rechts oder links ausweicht, wird sein Körper von messerscharfen Palmblättern zerschnitten. Wer also vom rechten Weg abweicht und sein wahres Wesen leugnet, muß nun schmerzlich erkennen: „Oh, was habe ich getan?“

Ein Herrscher, der Geistliche unschuldig bestraft oder körperlich gepeinigt hat, wird nach dem Tod in der Hölle Sukaramukha („Hundemaul“) landen, wo seine Körperteile von den starken Gehilfen Yamas wie Zuckerrohr zerquetscht werden. Und wie jemand, der unschuldig bestraft wurde, wird er dann klagen und schreien und vor Verzweiflung immer wieder in Ohnmacht sinken. Einige Lebewesen sind vom Schöpfer dazu bestimmt, als Parasiten zu leben, ohne sich des Schadens an anderen bewußt zu sein. Wer aber bewußt anderen Schaden zufügt, um einen eigenen Vorteil zu erlangen, der weiß sehr genau, was er anderen Wesen antut und wird nach seinem Tod in die Hölle nach Andhakupa („dunkler Brunnen“) geschleppt, um das verursachte Leiden selbst zu erfahren. Jene Wesen, die er in der Welt mißachtet hat, Mücken, Läuse, Würmer, Fliegen, Vögel, Schlangen oder andere Wildtiere werden ihn in der Dunkelheit überall verfolgen, peinigen und quälen, ohne daß er vor ihnen fliehen oder einen Platz zum Ausruhen finden könnte. Wer im Leben die Speise ißt, die er durch Gottes Gnade erhalten hat, aber nicht mit anderen teilt und die fünf Opfer (für die Götter, Heiligen, Ahnen, Bedürftigen und Tiere) vergißt, lebt wie eine Krähe und wird nach dem Tod in die abscheuliche Hölle Krimibhojana („Wurmfraß“) fallen, wo er in einem hundert Yojanas großen See von Würmern landet und sich als Wurm von anderen Würmern ernähren muß, so daß er auch im Gegenzug von ihnen gefressen wird. Dort muß er so viele Jahre leiden, wie der See Würmer hat. Das ist das Leiden, das er sich selbst verursacht hat, wenn er Speise ohne zu teilen und zu opfern gegessen und diese Sünde nicht gesühnt hat. Wer Gold oder Edelsteine von Brahmanen oder anderen gestohlen und im Leben diese Sünde nicht bereinigt hat, wird nach seinem Tod von den Gehilfen Yamas in die Hölle Sandamsha („Zangenhölle“) gezwungen, wo er glühende Eisenkugeln in den Händen halten muß, und seine Haut mit Zangen abgerissen wird. Jeder Mann und jede Frau, die des unerlaubten Geschlechtsverkehrs schuldig wurden, werden nach ihrem Tod in die Hölle Taptasurmi fallen, wo sie mit Peitschen geschlagen werden und eine glühende Eisenstatue umarmen müssen. Wer sich wahllos dem Geschlechtsverkehr hingibt, wird nach dem Tod in die Vajrakanthaka-shalmali („Donnerblitz-Baumwollbaum“) Hölle sinken, wo er aufgehängt und herabgezogen wird.

Wer im Leben zu den Hochgeborenen des Königshauses oder der Regierung gehört und trotzdem die Gebote des Dharmas überschreitet, wird nach dem Tod in die Vaitarani Hölle („dem Strom der wilden Leidenschaft“) fallen. Weil sie das Dharma der Kshatriyas verletzt haben, werden sie in diesem Fluß leiden und von wilden Tieren gefressen werden. Doch sie können ihre Körper aufgrund der Stärke ihrer Sünden nicht aufgeben und werden beständig an ihre üblen Taten erinnert, wenn sie in diesem Fluß aus Kot, Urin, Eiter, Blut, Haaren, Nägeln, Knochen, Mark, Fleisch und Fett gepeinigt werden. Die Männer von Ehefrauen der niederen Kaste, die ihre Sauberkeit, Anständigkeit und Würde verloren haben und schamlos wie Tiere lebten, fallen nach dem Tod in der Puyoda-Hölle („stinkendes Wasser“) in einen Ozean voller Eiter, Kot, Urin, Schleim und Speichel und müssen sich von Abscheulichem ernähren. Die Führer der höheren Klassen, die im Leben gern Hunde und Esel halten, um mit ihnen zu jagen, kommen nach ihrem Tod in die Hölle Pranarodha („Atem ersticken“), wo sie selbst zum Ziel und von den Gehilfen Yamas mit Pfeilen durchbohrt werden. Stolze Menschen, die in Opfern Tiere für mehr Reichtum und Prestige töten, werden in die Hölle Vishasana („Schlaflosigkeit“) fallen, wo sie von den Gehilfen Yamas unablässig gepeinigt und immer wieder in Stücke zerschnitten werden. Der sündhafte Zweifachgeborene, der aus blinder Leidenschaft seine Frau dazu drängt, sein Sperma zu trinken, wird nach dem Tod in der Lalabhaksha-Hölle in einen Fluß von Sperma fallen und muß selbst davon trinken. Die Könige und ihre Diener, die in der Welt als Diebe, Brandstifter und Giftmischer die Dörfer plündern und Karawanen ausrauben, werden nach dem Tod in die Hölle Sarameyadana („Hundefutter“) fallen, wo sie von 720 Hunden mit schrecklichen Zähnen gerissen und immer wieder verschlungen werden. Wer im Leben für eigensinnige Interessen Lügen spricht oder falsch Zeugnis ablegt, wird nach dem Tod mit dem Kopf voran von einem hundert Yojanas großen Berg in die Hölle Avicimat („ohne Wasser“) gestürzt. Dort fällt er in ein Meer aus Steinen, wo er mit völlig zerbrochenem Körper nicht stirbt, sondern wieder hinaufgezogen wird, um erneut herabzustürzen. Wer als Zweifachgeborener der Alkoholsucht verfällt und sich nicht bessert, wird in die Hölle Ayahpana („Eisentrinker“) fallen, wo man ihm einen Fuß auf die Brust setzt und glühende Eisenschmelze in den Rachen schüttet.

Wer seinen Geist in diesem Leben nicht erheben kann und aus egoistischem Stolz auf Hochbeseelte, Asketen, Weise, Tugendhafte und Ehrenwerte herabschaut, wird nach dem Tod kopfüber in die Hölle Ksharakardama („Schlammteich“) gestürzt, wo er schwere Qualen erleiden muß. Wer andere Menschen rituell tötet und opfert oder sogar ihr Fleisch ißt, wird zusammen mit den Frauen, die ebenfalls davon gegessen haben, in die Hölle Rakshogana-bhojana („von Rakshasas gefressen“) fallen, wo sie als Mörder verurteilt und wie Tiere von den Gehilfen Yamas getötet und gegessen werden. Menschenfressende Rakshasas werden sie mit Schwertern in Stücke hauen, ihr Blut trinken und vor Freude dazu tanzen und singen. Wer im Leben unschuldige Geschöpfe gefangennimmt, die im Wald oder Dorf ihren Schutz suchten, sie bindet, ihre Körper durchbohrt und ihnen Schmerz bereitet, wird nach dem Tod in der Hölle Shulaprota („von Schnäbeln durchbohrt“) leiden, wo er hungern und dürsten muß und von allen Seiten von den spitzen Schnäbeln der Reiher und Geier durchbohrt und gepeinigt wird, damit er sich an seine Sünden erinnern kann. Wer wie Schlangen mit zornigem Wesen ohne Grund anderen Schmerz bereitet, wird nach dem Tod in die Dandashuka-Hölle geschleppt, wo sich Schlangen mit fünf oder sieben Hauben erheben und ihn wie eine Maus fressen. Wer Lebewesen in leere Brunnen, Getreidespeicher oder Höhlen einsperrt, wird in die Avatha-nirodhana-Hölle („Zwang der Dunkelheit“) gezwungen, wo er an ähnlichen Orten mit giftigen Dämpfen, Rauch und Feuer eingesperrt wird. Wer als Hausvater die Gäste oder Besucher mit zornigen Blicken empfängt, als wollte er sie damit verbrennen, wird mit Sicherheit in der Hölle Paryavartana landen, wo ihm die Augen von Reihern, Geiern und Krähen mit schrecklichen Schnäbeln ausgerissen werden. Und die Egoisten, die mit tadelndem Blick alle anderen argwöhnisch betrachten, deren Herz voller Geiz ist, und deren Reichtum von bösen Geistern bewacht wird, werden wegen ihrer sündhaften Taten nach dem Tod in die Hölle Suchimukha („Nadelstich“) fallen, wo die Gehilfen von Yama wie erfahrene Schneider ihre Körper mit Nadel und Faden überall durchstechen und traktieren.


Herrad von Landsberg um 1180, Höllenwelt aus Hortus Deliciarum

Für alle, die auf diese und andere Weisen gegen das Dharma handeln, gibt es je nach dem Grad ihrer Sünde hunderte und tausende Höllen im Reich von König Yama. Und erst wenn ihre Sünde abgezahlt wurde, werden sie irgendwo auf der Erde wiedergeboren. So habe ich dir den Weg zur Befreiung beschrieben und erklärt, wie der Höchste Herr Narayana die grobstoffliche Form des Welten-Eies annimmt, in dem sich vierzehn Welten befinden (sieben obere und sieben untere). Dieses Welten-Ei entsteht aus dem Höchsten Geist (Maha-Purusha) durch die Illusions- und Schöpferkraft (Maya) und den drei Grundqualitäten der Natur (Gunas). Wer mit Hingabe und Verehrung diesen heiligen Text über die Höchste Seele hört, liest oder erklärt, wird aufgrund dieses Vertrauens, auch wenn es schwer zu verstehen ist, seinen Geist reinigen und die wahrhafte Vernunft (Buddhi-Veda) finden. Durch das Hören über die grob- und feinstofflichen Formen des Höchsten Herrn kann der hingebungsvolle Verehrer den Geist, der in der grobstofflichen materiellen Welt gefangen ist, schrittweise durch Meditation zur feinstofflichen und geistigen Welt führen. Dazu habe ich dir von der Erde die verschiedenen Bereiche und Länder beschrieben, die Flüsse, die Berge, die Ozeane, die Unterwelten der Höllen, den Luftraum, den Himmel und die oberen Welten. Oh König, wie wunderbar ist diese Verkörperung des Höchsten Herrn, in der all die vielen Lebewesen ihren jeweiligen Platz finden!

Hier endet das 5. Buch des Shrimad Bhagavatam mit dem Titel: „Die weitere Schöpfung“


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