Pushpak Bhagavata Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Buch 5 - Die weitere Schöpfung

5.1. Das Leben von König Priyavrata

König Parikshit fragte:
Oh Weiser, wie kam es, daß König Priyavrata als Kenner der Höchsten Seele und Verehrer des Höchsten Herrn im Hausleben so glücklich war, das doch so viel karmische Bindung und persönliche Sorgen hervorbringt? Oh Bester der Brahmanen, wie kann sich ein Mensch, der die eigensinnige Anhaftung überwunden hat, die weltlichen Freuden eines Hauslebens wünschen? Zweifellos finden die Großen ihre Erfüllung im Schatten der Füße des Höchsten Herrn, der in den Veden gepriesen wird, und nicht in der Sorge um Kinder und Verwandte. So wundere ich mich sehr, oh Brahmane. Wie konnte Priyavrata trotz der Sorge für Frau, Haus und Kinder das Höchste erreichen und seine Gedanken beständig auf Krishna richten?

Und der ehrenwerte Suka antwortete:
Du hast vollkommen recht. Wer sich am Nektar der Geschichten über die Spuren der Lotusfüße des Höchsten Herrn erfreut, wie ihn die heiligen Schriften preisen, wird seinen hohen Geist nicht für die Freuden des Hauslebens opfern. Doch wahrlich, Priyavrata war ein vorzüglicher Verehrer des Herrn und erreichte durch den Dienst zu den Füßen von Narada sehr schnell die Erkenntnis des Höchsten, meditierte über die Höchste Seele und übte Entsagung. Doch sein Vater, Manu Swayambhuva, erkannte seine vorzüglichen Fähigkeiten und gebot ihm, die Erde zu beherrschen. Er lehnte es zunächst ab, obwohl er damit das Gebot seines Vaters mißachtete, denn Priyavrata wußte, daß die Ausführung der königlichen Pflichten mit viel Unwissenheit verbunden ist, und aus dieser Quelle viel Leiden entspringt. Er fürchtete, daß ihn diese Pflichten vom Yoga der Sinnesbeherrschung, der Verehrung des Höchsten Herrn und der Einung im Brahman ablenken könnten.

Als der selbstgeborene Brahma, der Große Vater aller Geschöpfe, von dieser Absicht erfuhr, kam er mit seinem Gefolge und den Veden aus seinem Reich, dem Brahmaloka, herab, weil er stets dem Wohlergehen der ganzen Schöpfung dient, die sich auf die drei natürlichen Qualitäten (von Güte, Leidenschaft und Trägheit) stützt, und das große Ziel der Höchsten Seele kennt, aus der er geboren wurde. Wie der Mond von den Sternen am Himmel, so wurde er auf seinem Weg zur Erde von den himmlischen Göttern, Siddhas, Gandharvas, Charanas und Heiligen verehrt und erleuchtete mit seinem Glanz die ganze Gandhamadana-Bergkette. Dort saß Priyavrata zusammen mit seinem Vater (dem Swayambhuva Manu, der sich ihn als König wünschte) und Narada (der ihn über Entsagung belehrte). Sobald sie Brahma auf seinem weißen Schwan erkannten, erhoben sie sich von ihren Sitzen und begrüßten den Großen Vater ehrfürchtig mit gefalteten Händen. Und nachdem der selbstgeborene Schöpfergott auf rechte Weise begrüßt und mit Lobeshymnen verehrt worden war, blickte er Priyavrata freundlich an.

Und dann sprach Brahma voller Mitgefühl:
Mein Sohn, höre, was ich dir zu sagen habe. Suche keine Fehler in der Gottheit, die mit Gedanken nicht verstanden werden kann. Wir alle, dein Vater, Narada und sogar Lord Shiva, achten seine Bestimmungen und folgen seinen Anweisungen. Kein Wesen, das einen Körper angenommen hat, kann dem entkommen, was von ihm bestimmt wurde, weder durch Entsagung noch durch Wissen, Yoga, Kraft oder Intelligenz, und gleich gar nicht durch weltlichen Reichtum, religiöse Riten, eigensinnige Taten oder durch die Hilfe von Anderen. Mein Lieber, alle Lebewesen akzeptieren diese Führung des Unsichtbaren, sobald sie durch ihr angesammeltes Karma einen Körper annehmen, entsprechend handeln und an Geburt, Tod, Unwissenheit, Angst, Glück und Leid gebunden werden. Mein Sohn, in unserer unvermeidlichen Bindung an die natürlichen Eigenschaften und an das angesammelte Karma gleichen wir einem Vierbeinigen (Ochsen), der mit dem Seil des (göttlichen) Wortes durch die Nase an einen Zweibeinigen (Führer) gebunden ist. Wie blinde Menschen, die von einem Sehenden geführt werden, müssen wir den Körper ertragen, den uns die Gottheit bestimmt hat, und durch die natürlichen Eigenschaften der Erfahrung von Glück und Leid entsprechend dem angesammelten Karma folgen. Sogar ein (von Anhaftung) befreiter Mensch muß den Körper, der durch angesammeltes Karma entstanden ist, ein Leben lang ertragen, nur daß er sich damit nicht persönlich identifiziert. Er gleicht dem Mann, der aus einem Traum erwacht ist, sich noch daran erinnert, aber nicht darin verstrickt und damit kein neues Karma (Potential) für weitere Verkörperungen ansammelt. Wer dies nicht beachtet, fürchtet sich vor den sechs Ehefrauen (der fünf Sinne mit den Gedanken), selbst wenn er als Asket in den Wald geht. Wer aber zufrieden ist und an Sinnen und Gedanken nicht anhaftet, welchen Schaden hätte der zu befürchten, selbst wenn er ein Hausleben mit Familie führt? Wer diese sechs Feinde wirklich besiegen will, sollte sie zunächst im Hausleben aus ihrem Versteck locken und bekämpfen. Denn erst, wenn sie ihre große und tückische Kraft verloren haben und Erfahrung und Weisheit gereift sind, kann man sich frei und gefahrlos bewegen. Wenn du diese sechs Feinde besiegt hast und durch die Gnade des Höchsten Geistes (Purusha) vom Eigensinn befreit wurdest, lebst du unter dem sicheren Schutz der Lotusfüße des Gottes, aus dessen Nabel der Weltenlotus wächst, und kannst die Freuden der Natur (Prakriti) genießen, ohne daran anzuhaften und das Höchste zu verlieren.

Und Suka fuhr fort:
So wurde Priyavrata von Brahma belehrt, dem großen Verehrer der Gottheit und Vater der drei Welten, erkannte die Ganzheit der Seele, neigte demütig den Kopf, sprach „So sei es!“ und folgte respektvoll den Geboten des Schöpfers. So waren Priyavrata und Narada zufrieden, und auch Manu Swayambhuva verehrte den Großen Vater, der daraufhin wieder in seine unbeschreibliche und unergründliche Welt (dem Brahmaloka) jenseits aller Welten zurückkehrte. Und so wurde Manu in seinem Wunsch, die Schöpfung zu entwickeln, von Brahma unterstützt, übergab mit Erlaubnis von Narada die Herrschaft über das Reich der Erde an seinen Sohn Priyavrata, erfüllte damit seine Aufgabe im Leben und befreite sich von allen persönlichen Wünschen in diesem gefährlichen Ozean voll leidenschaftlicher Gifte. Damit wurde Priyavrata mit dem Segen des Großen Vaters zum König der Könige und erfüllte seine Aufgabe in der Welt, doch meditierte beständig über die Lotusfüße des Höchsten Herrn, dem ursprünglich Höchsten Geist, dessen Allgegenwart jede Anhaftung lösen kann. Er reinigte sich von Unwissenheit und regierte die Welt mit reinem Herzen und dem einzigen Wunsch, dem Höchsten Herrn zu dienen. Dann heiratete er Barhishmati, die Tochter von Visvakarma, dem himmlischen Architekten, und zeugte mit ihr eine Tochter, die als jüngstes Kind den Namen Urjasvati trug, sowie zehn Söhne, die ihm an Fähigkeit, Herrlichkeit und Tugend glichen. Diesen Söhnen gab er die Namen von Agni, dem Gott des Feuers, nämlich Agnidhra, Idhmajihva, Yajnabahu, Mahavira, Hiranyareta, Ghritaprishtha, Savana, Medhatithi, Vitihotra und Kavi. Drei von ihnen, Kavi, Mahavira und Savana, widmeten sich der Keuschheit, meditierten von Kindheit an über die Selbsterkenntnis und erreichten den Zustand der Paramahamsas (der höchsten Schwäne bzw. des reinen Bewußtseins). So erreichten sie Selbstverwirklichung und große Weisheit, weil sie beständig die Lotusfüße des göttlichen Vasudeva verehrten, der die Zuflucht aller leidgeplagten Geschöpfe ist. Mit ständiger Erinnerung und liebender Hingabe lebten sie vollkommen zufrieden und bewahrten den Höchsten Herrn aller Wesen in ihrem reinen Herzen. Dort erkannten sie ihn auf direkte Weise (ohne Gedanken mit reinem Bewußtsein), alle Unterschiede verschwanden und sie erreichten die Einheit mit dem Herrn der Höchsten Seele. Mit einer weiteren Ehefrau hatte er drei Söhne (hiermit könnten auch die drei erwähnten asketischen Söhne gemeint sein) namens Uttama, Tamasa und Raivata, die zu den Manu-Herrschern der nachfolgenden Manwantaras (im 3. 4. und 5. Manwantara) wurden. Und bis dahin übten sie strengste Entsagung und Selbstbeherrschung.

Der hochbeseelte König Priyavrata regierte (mit seinen Nachkommen) die Erde über 1.100 Millionen Jahre (ca. 3½ Manwantaras). Mit dem Klang seiner Bogensehne bewahrte der Starkarmige das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit in der Welt und erfreute sich Tag und Nacht an seiner geliebten Ehefrau Barhishmati. Doch bald geschah es, daß seine Sinne und Gedanken von weltlichem Genuß, sinnlicher Liebe, weiblicher Anziehung, Stolz, Spaß und Schönheit ergriffen wurden. So wurde er von weltlichen Gedanken verwirrt und verlor seine höhere Vernunft. Weil er nicht erkannte, daß die Erde immer zu einer Hälfte im Dunklen liegt, wenn der Sonnengott den Berg Meru umrundet, dachte er in Anbetracht seiner übernatürlichen Kräfte, die er durch die Verehrung des Höchsten Herrn gewonnen hatte: „Ich will die Nacht so strahlendhell wie den Tag machen!“ Mit dieser Absicht folgte er mit seinem Streitwagen sieben Tage lang der Sonne auf ihrem Umlauf, als wäre er eine zweite Sonne. Die Gräben der Räder seines Wagens bildeten sieben große ringförmige Ozeane, die die ganze Erde in sieben Inselkontinente (Dvipas) unterteilten. Man kennt sie heute unter den Namen Jambu, Plaksha, Salmali, Kusha, Krauncha, Saka und Pushkara, wobei jeder doppelt so groß ist, wie der vorhergehende. Die sieben Ozeane bestehen aus Salzwasser, Zuckerwasser, Wein, geklärter Butter, Yoghurt, Milch und reinem Wasser. Ihre Größen entsprechen den Inseln, die sie umringen (siehe auch Kapitel 5.20). Für jeden Inselkontinent beginnend mit Jambudvipa machte König Priyavrata, der Ehemann von Barhishmati, jeweils einen treuen Sohn zum Herrscher, nämlich Agnidhra, Idhmajihva, Yajnabahu, Hiranyareta, Ghritaprishtha, Medhatithi und Vitihotra. Seine Tochter Urjasvati gab er in die Ehe mit dem großen Weisen Usanas (auch Shukra genannt, der Lehrer der Dämonen), und sie gebar ihm die berühmte Tochter Devajani.

Eine so große Macht als König ist nicht ungewöhnlich für jene, die durch den Staub von den Füßen des Höchsten Herrn die sechs Leidenschaften (der fünf Sinne und Gedanken) beherrschen. Selbst Niedriggeborene können allein durch das Rezitieren und Verinnerlichen seines Namens unmittelbar von den weltlichen Bindungen befreit werden. Doch obwohl Priyavrata solche unvergleichliche Macht hatte, verstand er eines Tages, daß er in der Sorge um die natürlichen Eigenschaften seine Zufriedenheit verloren und die Lehre vergessen hatte, die er einst zu Füßen von Narada empfing. Und mit dem Wunsch nach Entsagung sprach er zu sich selbst:
Ach, welches Unrecht habe ich getan! Ich bin in meiner Leidenschaft völlig in den dunklen Brunnen der weltlichen Begierden versunken, die durch Unwissenheit entstehen. Schande über mich, ich habe mich in unbedeutende Sinnesgenüsse verloren und wurde zum Spielball meiner Frau.

So tadelte er sich selbst, erkannte durch die Gnade des Höchsten Herrn sein wahres Wesen, teilte sein Königreich unter seinen treuen Söhnen auf, entsagte seiner geliebten Königin, allem weltlichen Besitz und seinem Körper wie einer Leiche, und folgte dem Pfad, den der große Heilige Narada aufgezeigt hatte. Und so singt man über ihn folgende Verse:
Was Priyavrata getan hatte, hätte niemand außer dem Höchsten Herrn tun können. Um die Dunkelheit zu besiegen, schuf er die sieben Ringozeane durch die Spuren seiner Wagenräder. Er richtete das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit in den Inselkontinenten auf und schuf die Grenzen der großen Länder durch Bergketten und Flüsse. Und als geliebter Verehrer des Höchsten Herrn erkannte er, daß der weltliche Reichtum von Erde und Himmel, den man durch die Früchte der Taten erlangen kann, am Ende so leidvoll wie die Hölle ist.


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