Pushpak Bhagavata Purana Buch 3Zurück WeiterNews

3.28. Die verschiedenen Werkzeuge der Yoga-Übung

Der Höchste Herr sprach:
Oh königliche Tochter, ich werde dir jetzt die Yoga-Gebote erklären, womit man durch beständige Übung mit Gewißheit und Freude den Weg der Wahrheit gehen kann. Man sollte seine Aufgaben im Leben nach besten Kräften erfüllen und alles andere vermeiden. Man sollte mit dem zufrieden sein, was die Gottheit gibt, und die Füße der Selbstverwirklichten verehren, welche die Höchste Seele erkannt haben. Man sollte sich (zur rechten Zeit) von den Tugenden des Hauslebens zurückziehen und den Tugenden der Erlösung (dem Moksha-Dharma) folgen, entsprechend nur wenig reine Nahrung zu sich nehmen und stets einsam und friedvoll leben. Man sollte jegliche Gewalt meiden, wahrhaftig sein, nichts Ungerechtes wünschen, nicht mehr besitzen als notwendig, Keuschheit und Askese üben, sich innerlich und äußerlich reinigen, die Veden studieren und den Höchsten Geist verehren. Man sollte die Stille pflegen, im Yoga-Sitz den Atem beherrschen, die Sinne allmählich von den Objekten zurückziehen und das Denken auf das Herz richten. Man erreicht die Vertiefung des Geistes (Samadhi) im Yoga wenn man das Denken auf einen Punkt (bzw. Chakra) im Körper oder auf das kosmische Spiel im Reich von Vishnu konzentriert.

Mit diesen und anderen Yoga-Übungen kann man das Denken, das durch weltliche Illusion verunreinigt wurde, mit der Zügelung des Atems und wachsamer Vernunft allmählich beherrschen. Dazu sollte man an einem ruhigen und heiligen Ort einen Sitz ausbreiten, sich in bequemer und aufrechter Haltung niedersetzen und den Yoga üben. Wenn der Lebensatem frei fließt, kann die Atemübung des Einatmens, Anhaltens und Ausatmens oder umgekehrt das Bewußtsein nach und nach von allen Störungen befreien. So wird das Denken des Yogis durch die Beherrschung des Atems bald so gereinigt, wie man Gold in einem vom Wind angefachten Feuer von allen Verunreinigungen befreit. Mit der Atemzügelung (Pranayama) beseitigt man die Verunreinigung, durch geistige Konzentration (Dharana) die unheilsame Sünde, durch das Zurückziehen der Sinne (Pratyahara) die sinnliche Anhaftung, und durch Meditation (Dhyana) überwindet man die natürlichen Qualitäten (wie Leidenschaft und Trägheit).

Wenn das Denken durch Yoga-Übung gereinigt und beherrscht wird, sollte man den Blick auf die Nasenspitze richten und über den Höchsten Herrn als höchstes Ziel meditieren mit Keule, Muschelhorn und Diskus in seinen Händen, rötlichen Augen wie das Innere einer Lotusblüte, dunklem Körper wie ein blauer Lotus, gelben Seidengewändern wie die Staubfäden einer Lotusblüte, einem freundlichen Lotusgesicht, dem Srivatsa-Zeichen auf der Brust, dem strahlenden Kaustubha-Juwel am Hals, mit Girlanden aus Wildblüten voll berauschter Bienen, mit wertvollen Ketten, Armreifen, Fußkettchen und einer Krone geschmückt sowie einem wunderschönen Gürtel um die Taille. So sitzt er im Lotus unseres Herzens und ist bezaubernd anzuschauen - eine beruhigende Wohltat für die Augen und den Geist. Er wird überall und von allen Geschöpfen verehrt, ist ewig jung, voller Herrlichkeit und stets bereit, seinen Verehrern Segen zu gewähren. Seine Herrlichkeit ist wahrlich jedes Lobes würdig und lobt seine Verehrer. So sollte man über die Gottheit in seiner ganzen Form meditieren, bis die Gedanken aufhören zu wandern. Und bald kann man diese wunderbare Herrlichkeit im Herzen mit reinem Geist beständig sehen, sei es im Stehen, Gehen, Sitzen oder Liegen.

Nachdem der Weise das Bewußtsein in dieser Form gefestigt hat, kann er nach und nach auch über die einzelnen Glieder des Herrn meditieren. Als erstes sollte man über die Lotusfüße des Herrn meditieren, die mit den Zeichen des Blitzes, des Elefantenhakens, des Banners und des Lotus geschmückt sind, sowie über die strahlend-rötlichen Fußnägel mit der Pracht des sichelförmigen Mondes, welche die dichte Dunkelheit im Herzen zerstreuen. Über die Lotusfüße des Herrn sollte man lange Zeit meditieren, denn das reinigende Wasser der Ganga, das von seinen Füßen entspringt, segnete auch Shiva, indem er es auf seinem Kopf trug. Dann werden diese Füße zum Donnerblitz, der den Berg an Sünde (bzw. unheilsamem Karma) zerschlagen kann, welcher sich im Denken angesammelt hat. Als nächstes sollte man über seine Unterschenkel und Lakshmi, die lotusäugige Göttin des Wohlergehens, meditieren, die als Mutter des Universums von allen Göttern mit Brahma an der Spitze verehrt wird, auf seinen Oberschenkeln sitzt und mit ihren strahlenden Lotushänden (die Wesen) streichelt. Danach kann man über seine beiden schönen Beine meditieren, die mit bläulichem Glanz auf den Schultern von Garuda stehen und eine gewaltige Masse an Energie verkörpern, sowie über den Gürtel um seine Hüften über herrlich-gelbem Stoff. Als nächstes sollte man über die Vertiefung seines Nabels als Wurzel aller Welten meditieren, denn hier wächst aus seinem Bauch der Lotus, der zum Wohnsitz von Brahma wurde und alle Welten enthält. So kann man auch über die beiden wohlgeformten Brustwarzen des Herrn meditieren, die wie zwei Smaragde im hellen Licht seiner Halsketten erscheinen. Ähnlich kann man über die Brust des höchsten Herrn meditieren, die der Wohnsitz von Maha-Lakshmi, der großen Göttin des Wohlstandes, ist und dem betrachtenden Geist höchste Zufriedenheit gewährt. Als nächstes sollte man über die Kehle des Einen meditieren, der vom ganzen Universum verehrt wird, die von der Schönheit des Kaustubha-Juwels erstrahlt. Dann sollte man über seine Arme meditieren, aus denen die Beschützer der Himmelsrichtungen entstanden, sowie über die Armreifen, die beim Drehen des Berges Mandara (zum Quirlen des Ozeans) poliert wurden, wie auch über den strahlenden Sudarsana-Diskus („schön anzuschauen“, auch das Chakra mit den tausend Speichen genannt) und das schwanengleiche Muschelhorn in seinen Lotushänden. Man sollte auch über die wunderbare Keule des Höchsten Herrn namens Kaumodaki meditieren, die mit dem Blut der feindseligen Dämonen getränkt ist, wie auch über die von Bienen umsummte Girlande und die Perlenkette um seinen Hals, welche die reine Seele symbolisiert. Dann sollte man achtsam mit dem geistigen Auge über das lotusgleiche Gesicht des Höchsten Herrn meditieren, der aus Mitgefühl für seine Verehrer in dieser Welt verschiedene Formen annimmt, über die glitzernden Alligator-förmigen Ohrringe, die seine markante Nase und seine Wangen in kristallklarem Licht erscheinen lassen, wie auch über die Schönheit seiner Lotusaugen, die jede Lotusblüte beschämen, über die geschwungenen Augenbrauen, die einem Paar schwimmender Fische gleichen, und über sein lockiges Haar. Mit einem Herz voller Hingabe sollte man auch lange Zeit über die umherschweifenden barmherzigen Blicke seiner Augen meditieren, denn diese liebevollen und anmutigen Blicke lindern die drei schrecklichen Arten des weltlichen Leidens und verkünden die große Glückseligkeit des Höchsten Herrn. So meditiert man über sein wohlwollendes Lächeln, das das Tränenmeer aller Menschen trocknet, die sich in ihrem großen Kummer vor ihm verneigen, wie auch über seine geschwungenen Augenbrauen, die durch seine Illusionskraft zum Wohle der Asketen sogar den Gott der sinnlichen Liebe betäuben. Schließlich sollte man auch mühelos über das großartige Lächeln seiner Lippen meditieren, das den strahlenden Glanz seiner edlen Zähne offenbart, die wie eine Reihe Jasminblüten erscheinen. Auf diese Weise kann der Yogi mit ganzer Hingabe und Liebe das Denken in Vishnu (als Form des Höchsten Herrn) verankern, der im Innersten des Herzens lebt, und sich nicht davon ablenken lassen.

Durch diese Meditation entwickelt sich durch Hingabe die reine Liebe zum Höchsten Herrn, in der das verkrustete Herz schmilzt, die Härchen vor Freude zu Berge stehen, und die Tränen der Liebe fließen. Auf diese Weise kommen die Gedanken, wie Fische am Haken, allmählich zur Ruhe. Wenn das Denken wie eine Flamme erlischt, zieht es sich von den Sinnesobjekten zurück und wird frei. Die Trennung von Geist und Seele verschwindet, und man erfährt die Einheit frei von den Gegensätzen natürlicher Qualitäten. Wer mit dieser höchsten Herrlichkeit vereint ist, weil das Denken von weltlicher Anhaftung befreit wurde, erkennt mit überweltlicher Sicht, daß Glück und Leid von der Unwissenheit durch Unterscheidung der Gegensätze verursacht werden, mit denen sich die Seele identifiziert, und wie diese Unwissenheit mit der wahren Erkenntnis der Höchsten Seele (der Selbsterkenntnis) vergeht. Der Selbstverwirklichte, der bestimmungsgemäß sein wahres Wesen verwirklicht hat, sieht seinen Körper weder hier noch dort, weder bewegt noch ruhend, auch wenn er vom Schicksal bedingt existiert, ähnlich einem völlig Betrunkenen, der nicht mehr weiß, ob er Kleider anhat oder nicht. Der Körper steht nun unter der Herrschaft der Gottheit und funktioniert mit den Sinnen noch solange weiter, bis das angesammelte Karma erschöpft ist. Der Körper mit seinen Funktionen wurde durch Yoga-Übung mit der Gottheit vereint, der Yogi ist aus seinem Traum erwacht und betrachtet seinen Körper nicht mehr als persönliches Eigentum. Wie man sich gewöhnlich als körperlich getrennt von Sohn oder Reichtum sieht, so kann man auch den Geist bezüglich der natürlichen Identifikation mit dem Körper betrachten. Der Geist gleicht dem Feuer, das sich von Flammen, Funken und Rauch unterscheidet, obwohl sie auf natürliche Weise aus dem Feuer entstehen und mit ihm verbunden sind. In ähnlicher Weise unterscheiden sich die vier geistigen Prinzipien, die fünf Sinne und die fünf Elemente vom Meer der Ursachen (dem Pradhana), und so unterscheidet sich auch das, was man als individuelle Seele (Jiva) bezeichnet, von der Höchsten Seele (Atman), die man auch das wahre Selbst, den Seher, den Höchsten Herrn oder das Brahman nennt. Wie man mit dem Auge der Einheit alle Geschöpfe als Teile der natürlichen Schöpfung ansieht, so sollte man auch die Höchste Seele in allen Verkörperungen und alle Verkörperungen in der Höchsten Seele erkennen. Wie das gleiche Feuerelement in verschiedenen Holzarten besteht, so besteht auch die gleiche Seele in verschiedenen Geschöpfen, die unter verschiedenen natürlichen Bedingungen verschiedenartig in der gestalteten Natur geboren werden. Wer auf diese Weise die eigene Natur besiegt, die sowohl Wahrheit als auch göttliche Illusion (Sat und Asat) und schwer zu verstehen ist, erreicht die Selbstverwirklichung (das eigene wahre Wesen, das Brahman).


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