Pushpak Bhagavata Purana Buch 3Zurück WeiterNews

3.20. Die geistige und feinstoffliche Schöpfung von Brahma

Saunaka fragte:
Oh Suta, nachdem die Erde wieder an ihren Ort gesetzt war, was tat der Swayambhuva (der selbstgeborene) Manu, um seinen Nachkommen den Weg zu weisen? Vidura, der weise Verehrer und geliebte Freund von Krishna, verließ seinen älteren Bruder (König Dhritarashtra) und dessen hundert Söhne, weil sie gegen Krishna handelten. Er war von Vyasa gezeugt worden, glich ihm an Herrlichkeit, suchte mit ganzem Herzen die Zuflucht von Krishna und folgte denen, die Krishna gewidmet waren. Dann reinigte er sich auf einer Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten und traf in Kushavarta auf den Heiligen Maitreya. Was noch fragte er diesen berühmten Meister der höchsten Erkenntnis, der (am Ufer der Ganga) saß? Welche heilsamen Geschichten erzählte jener, die wie das Wasser der Ganga, das von den Lotusfüßen des Herrn entspringt, alle Sünden bereinigen können? Sei gesegnet, und erzähle uns die wunderbaren Geschichten, die es wert sind, gehört zu werden. Welcher Verehrer, der den Geschmack der nektargleichen Geschichten vom Höchsten Herrn zu schätzen weiß, könnte davon jemals gesättigt sein?

So wurde der Suta von den Heiligen, die sich im Naimisha-Wald versammelt hatten befragt. Und der Suta verneigte sich vor dem Höchsten Herrn und sprach:
Als Vidura gehört hatte, wie der Herr sich als Eber verkörperte, mit seiner Illusions- und Schöpferkraft die Erde aus dem Wasser hob und wie im Spiel den Dämon besiegte, erreichte er große Glückseligkeit und sprach zum Heiligen:
Oh Brahmane, du hast Wissen, das über unseren gewöhnlichen Horizont weit hinausgeht. Ich bitte dich, erzähle mir, was Brahma tat, nachdem er die Stammväter geschaffen hatte. Wie entwickelten die Heiligen mit Marichi an der Spitze zusammen mit dem Swayambhuva Manu als geistgeborene Söhne von Brahma die Vielfalt aller Lebewesen in der Welt? Mit welchen Frauen zeugten sie welche Nachkommen? Blieben sie von ihnen getrennt oder lebten sie in Gemeinschaft?

Und Maitreya sprach:
Durch das karmische Schicksal (das Meer der Ursachen) und den Höchsten (Geist) wurde im Laufe der Zeit das Gleichgewicht der drei natürlichen Qualitäten (von Güte, Leidenschaft und Trägheit) gestört, womit die universale Intelligenz (Mahat) des Höchsten Herrn erschien. Aus der universalen Intelligenz entstanden entsprechend den drei natürlichen Qualitäten unter der Vorherrschaft der Leidenschaft die drei Arten der Körperlichkeit (z.B. geistig, fein- und grobstofflich) des Ichbewußtseins und der fünf Elemente mit dem Raum beginnend (Raum, Wind, Feuer, Wasser und Erde, siehe Grafik in Kapitel 3.11). Doch diese Elemente allein hätten niemals ein Geschöpf hervorbringen können. Nur in Verbindung mit der göttlichen Kraft konnten sie eine Kugel bilden, die wie Gold strahlte. Diese schwamm tausend (Manu-) Jahre im Urwasser wie ein unausgebrütetes Ei, und der Herr ruhte darin. Dann wuchs aus dem Nabel des Herrn ein Lotus mit dem feurigen Glanz von tausend Sonnen, der zum Lebensort aller Geschöpfe wurde. In diesem Lotus wurde zuerst der Schöpfergott Brahma aus dem Selbst geboren. Der Höchste Herr, der im Urwasser ruhte, belebte das Herz von Brahma, und damit begann die Schöpfung der Welten mit allen Formen und Namen wie zuvor (aus dem Meer der Ursachen).

Zuerst erschuf Brahma aus seinem Schatten fünf Arten der Unwissenheit (Avidya), nämlich das weltliche Wissen mit kleiner und großer Finsternis (Tag und Nacht bzw. Zufriedenheit und Unzufriedenheit), mit kleiner und großer Verwirrung des Geistes (wie die geistige und sinnliche Liebe) und mit der Trägheit der Erkenntnis. Doch unzufrieden mit der Verkörperung der Unwissenheit legte Brahma diesen Körper ab, und die Yakshas und Rakshasas (die wilden Naturgeister) ergriffen von der Nacht Besitz, womit Hunger und Durst entstanden. Und von Hunger und Durst getrieben stürmten sie gegen ihren Vater, um ihn zu fressen, und riefen: „Verschont ihn nicht! Freßt ihn auf!“ Darauf antwortete Brahma: „Ihr solltet mich nicht fressen, sondern beschützen, denn ihr Yakshas und Rakshasas seid meine Söhne.“

Danach erschuf er aus seiner Güte die lichtvollen Götterwesen, die in ihrer strahlenden Form den Körper des Tages ergriffen, dem Brahma entsagte. Als nächstes entstanden aus seinem Hinterteil höchst wollüstige Dämonen, die auf ihn zustürmten, um ihre Wollust zu stillen. Zuerst lachte der verehrungswürdige Brahma, doch als sie gar keine Scham zeigten und ihn zügellos verfolgten, wurde er ärgerlich und ergriff die Flucht. Er wandte sich an den Höchsten Herrn, der alle Sorgen zerstreuen und jeden Segen gewähren kann, indem er sich zum Wohle seiner Verehrer in heilsamer Weise verkörpert. Und Brahma sprach:
Beschütze mich, oh Höchste Seele! Auf dein Gebot hin erschuf ich diese Wesen, die mich nun mit Wollust verfolgen. Oh Herr, du allein kannst unsere Sorgen in der Welt zerstreuen und diejenigen aufhalten, die deinen Füßen feindlich begegnen.

Als der Herr, der den Geist jedes Wesens direkt erkennt, die Bedrängnis von Brahma sah, sprach er zu ihm: „Entsage diesem Körper, der von sinnlicher Liebe ergriffen wurde!“ Mit diesem Gebot entsagte er diesem (weiblichen) Körper, der mit klingenden Fußglöckchen an entzückenden Lotusfüßen, betörenden Augen, schöner Kleidung und goldenem Gürtel um die üppige Hüfte verführte. Die straffen Brüste waren hoch erhoben, die Nase wohlgeformt, der Mund lächelnd, die Zähne schön, und ihr ganzes Wesen höchst anziehend. Oh Vidura, das weibliche Wesen versuchte zwar, sich schamvoll zu verstecken, doch wer nur die Locken ihrer dunklen Haare sah, wurde von ihr betört, und die Dämonen dachten:
Oh, was für eine Schönheit, was für eine Gnade und was für eine strahlende Jugend! Sie bewegt sich inmitten wollüstiger Männer, als wäre sie ohne Wollust.

Mit diesen Gedanken betrachteten die Dämonen im (geistigen) Abendlicht die Gestalt, welche die jugendliche Frau angenommen hatte, und sprachen voll sinnlicher Liebe:
Wer bist du mit diesem wunderschönen Körper? Wem gehörst du, oh Liebliche? Warum bist du hierhergekommen, oh schönes Weib? Du entzückst uns Unglückliche mit deinem unschätzbaren Reichtum an Schönheit. Wer auch immer du bist, oh verführerische Dame, das Schicksal hat dich zu uns geführt. Wir sind von deiner Gestalt überwältigt, und du spielst mit unseren Sinnen. Deine Lotusfüße tanzen, du klatschst mit den Händen, und deine vollen Brüste springen wie Bälle, daß die Taille diese Last kaum tragen kann. Deine Augen erscheinen lasziv und deine Haare so schön.

Auf diese Weise wurde das Abendlicht für die Dämonen zu einer verführerischen Frau, von deren Körper sie Besitz ergriffen.

Daraufhin lächelte Brahma gütig und erschuf aus seiner geistigen Liebe die Gandharvas und Apsaras, die zu himmlischen Musikern und Tänzerinnen wurden. Er entsagte dieser Verkörperung des Mondlichtes, und die Gandharvas mit Viswavasu an der Spitze nahmen den Körper in Besitz.

Danach erschuf Brahma aus seiner Müdigkeit die Geister und Gespenster (Bhutas und Pisachas), die nackt und mit wildem Haar vor ihm erschienen, und schloß seine Augen. Daraufhin entsagte er auch diesem Körper der Müdigkeit, der von den Geistern und Gespenstern in Besitz genommen wurde, womit das Gähnen und der Schlaf unter die Lebewesen kamen. So fielen sie in einen Traum- und Illusionszustand, der von Geistern und Gespenstern beherrscht wird.

Dann erkannte sich Brahma als ein Wesen voller Energie und erschuf als Vater aller Geschöpfe aus diesem unsichtbaren (feinstofflichen) Körper die Scharen der Sadhyas und Ahnen (Pitris). Die Ahnen nahmen seinen Körper (dem er entsagte) als Basis ihrer Existenz in Besitz. Und mittels dieses Körpers bringen die Kenner der Rituale den Sadhyas und Ahnen ihre Opfer dar.

Aus seiner Fähigkeit, sich unsichtbar (bzw. geistig) zu machen, erschuf Brahma die Siddhas (mit übernatürlichen Fähigkeiten) und die Vidyadharas (die Wissensträger), denen er seinen unsichtbaren (geistigen) Körper gab, der höchst wunderbar ist.

Aus seiner Bewunderung, sein körperliches Spiegelbild im Wasser zu sehen, erschuf Brahma die Kinnaras und Kimpurushas (mythische Mischwesen zwischen Tier und Mensch). Sie nahmen seinen Körperschatten, dem er entsagte, in Besitz und versammeln sich in der frühen Stunde der Morgendämmerung mit ihren Frauen, um die Macht ihres Herrn zu preisen.

Als Brahma sich dann niederlegte und seinen Körper ausstreckte, bemerkte er ärgerlich, daß sich die Schöpfung immer noch nicht von selbst vermehrte. Auch diesem Körper entsagte er, und aus den ausfallenden Körperhaaren entstanden die mächtigen und schrecklichen Schlangen mit großen Hauben (die Nagas), die diesen langgestreckten Körper in Besitz nahmen.

Und als sich Brahma einst erfolgreich fühlte, erschuf er aus diesem Geist die Manus (die Stammväter), um das Wohlergehen der Welt zu fördern. Ihnen übergab er seinen persönlichen Körper, und bei diesem Anblick sprachen die zuvor Erschaffenen zum großen Vater:
Oh Schöpfer der Welten, du hast alles gut erschaffen, auch die Opfer, die du bestimmt hast, um uns zu ernähren. Oh Bester der Seher, durch Entsagung, Verehrung und Einung hast du in stiller Yoga-Vertiefung die Sinne beherrscht, deiner Körperlichkeit entsagt und all die Wesen aus deinem Wesen geschaffen. Jeder von ihnen hat einen Teil deines selbstgeborenen Körpers erhalten, der von deiner Meditation, Yoga-Vertiefung, Entsagung, Weisheit und übernatürlichen Fähigkeit belebt wurde.


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