Pushpak Bhagavata Purana Buch 1Zurück WeiterNews

1.6. Die Geschichte von Narada

Der Suta sprach:
Als der mächtige Vyasa, der Sohn von Satyavati, von der Geburt und den Taten des himmlischen Heiligen gehört hatte, fragte er ihn erneut:
Nachdem die Wandermönche, die dich mit diesem Wissen segneten, weitergegangen waren, was hast du im Laufe deines Lebens getan? Oh Sohn des selbstgeborenen Brahma, wie verbrachtest du das damalige Leben? Und wie gabst du deinen Körper auf, als die Stunde des Todes gekommen war? Wie kam es, oh Heiligster unter den Weisen, daß die Zeit, die alles auflöst, deine Erinnerungen an dieses vergangene Schöpfungs-Kalpa nicht auflösen konnte?

Und Narada antwortete:
Nachdem die Wandermönche, die mich in göttlicher Weisheit belehrt hatten, gegangen waren, geschah in meiner Kindheit folgendes: Meine Mutter war eine einfache und abhängige Frau, und ich war ihr einziges Kind, auf das sie ihre ganze Mutterliebe richtete. Durch ihre Abhängigkeit war sie zwar besorgt, aber nicht in der Lage, für mein Wohlergehen zu sorgen. Solche Menschen sind Knechte ihres weltlichen Herrn, wie Marionetten aus Holz. So lebte ich als fünfjähriger Junge ohne Kenntnis der Richtungen, Orte und Zeiten mit meiner Mutter im Haus dieses Brahmanen. Eines Nachts, als sie aus dem Haus gegangen war, um eine Kuh zu melken, wurde sie auf dem Weg von einer Schlange gebissen, und das Schicksal wollte es, daß sie daran starb. Ich dachte damals an die Gnade des Herrn, und voller Vertrauen, daß er für das Wohl seiner Verehrer sorgt, machte ich mich auf den Weg nach Norden. Ganz allein wanderte ich durch wohlhabende Länder, Städte, Dörfer, Felder, Weiden und Wälder, über wundervolle Berge, die von Mineralien glitzerten und mit großen Bäumen bewachsen waren, deren Äste die Elefanten nach unten bogen, vorbei an Seen mit reinem Wasser, in denen sich die Himmlischen erfreuten, und voller Lotusblüten, die von Schwarzen Bienen gekrönt waren, welche von den schwirrenden Vögeln aus ihrem Schlummer geweckt wurden. Schließlich sah ich einen schrecklichen und unermeßlichen Wald, der wegen dichter Büsche, Kletterpflanzen, Kusha-Gras und Bambus nur schwer passierbar war und wo sich Füchse, Eulen und andere wilde Tiere tummelten. Ich war geistig und körperlich erschöpft und von Hunger und Durst abgezehrt, und so erfrischte ich mich durch ein Bad in einem Fluß, trank dessen Wasser und wusch mein Gesicht. Dann setzte ich mich in diesem einsamen Wald an den Fuß eines Feigenbaumes und meditierte über die Höchste Seele, die in mir atmet, wie ich es von den Wandermönchen gehört hatte. Und als ich mich mit verzücktem Herzen auf die Lotusfüße des Herrn konzentrierte, erschien er in meinem Herzen, und voll eifriger Freude flossen mir die Tränen bei seinem Anblick. Oh Heiliger, vor entzückender Liebe standen mir die Härchen zu Berge, und ich schwebte in einem Meer der Glückseligkeit, bis plötzlich beide (das Bild und die Glückseligkeit) verschwanden. Als das wunderbar hinreißende Bild des Herrn verschwunden war, der alle Sorgen heilen kann, erhob ich mich erschrocken, wie jemand, der einen wertvollen Schatz verloren hatte. Ich sehnte mich nach dieser Vision, doch trotz aller geistiger Anstrengung und Konzentration konnte ich ihn nicht mehr sehen und war sehr enttäuscht und verwirrt. Doch während ich in der Einsamkeit so kämpfte, sprach der Unaussprechliche mit tiefer und sanfter Stimme zu mir, als wollte er meinen Kummer lindern:
Höre! Es ist nicht dein Verdienst, mich in diesem Leben beständig zu sehen. Solange die Seele noch nicht gereinigt und die Konzentration noch schwach ist, kann ich nur schwer erkannt werden. Oh Guter, daß ich dir einmal meine kosmische Form offenbart habe, geschah, um dein Verlangen zu wecken. Denn diese heilige Sehnsucht nach mir beseitigt langsam alle Leidenschaften und gewöhnlichen Begierden deines Herzens. Und bereits durch diese kurze Zeit der Bemühung um Wahrheit ist in dir ein festes Vertrauen in mich entstanden. Nachdem du diesen sterblichen und leidvollen Körper überwunden und abgelegt hast, wirst du einer der meinen werden. Durch meine Gnade soll dein Vertrauen, das du in mich gesetzt hast, niemals vergehen, und deine Erinnerung soll sogar über die Zeit der zyklischen Auflösung hinweg bewahrt bleiben.

So sprach das Höchste Wesen, der Herr, der sich im Raum offenbart und doch nicht begriffen werden kann. Und von seiner Gnade gesegnet verneigte ich mich tief vor diesem Mächtigsten der Mächtigen und Größten der Großen. Dann rezitierte ich die Namen dieses grenzenlosen Wesens, dachte über seine verborgenen und gütigen Taten nach und wanderte über die Erde. Mit Freude erwartete ich die Stunde, die er verheißen hatte, von seiner Herrlichkeit begeistert und frei von Begierde und Haß. Oh Brahmane, der Tod zeigte sich mir als hingebungsvoller Diener von Krishna, der von einer ewigen Seele getragen wird, wie eine kreisende Girlande aus Lichtblitzen in der Nacht. Als ich diese reine und göttliche Form annahm, löste sich mein materieller Körper aus den fünf Elementen auf, weil sich nun das Karma der angesammelten Taten erschöpft hatte, das den Körper verursacht.

Während der Zeit der zyklischen Auflösung der Welt, als Vishnu das Weltall in sich selbst zurückgezogen hatte und im subtilen Wasser schlief, ging ich zusammen mit dem Schöpfergott Brahma in seinen Atem ein. Als dann nach tausend Mahayugas (Zyklen der vier Zeitalter) Brahma mit dem Wunsch nach der Schöpfung erwachte, wurde ich mit Marichi und den anderen Heiligen aus seinem Atem geistig geboren. Seitdem bewahre ich das Gelübde der Keuschheit und wandere durch die drei Welten und jenseits davon. Durch die Gnade des großen Vishnu wird mir nirgends der Zugang verwehrt. Ich spiele auf dieser gottgegebenen Vina, die reich an himmlischen Klängen ist, wandere nach Belieben umher und besinge die Herrlichkeit des Höchsten Herrn. Sobald ich seinen Ruhm besinge, zeigt sich mir dieser ruhmreiche und liebenswürdige Gott in gewünschter Form. Ich bin überzeugt, daß der Lobgesang auf die Taten des Herrn das Boot ist, womit die Menschen in ihrem Durst nach sinnlicher Befriedigung den Ozean der weltlichen Sorgen überqueren können. Denn die Seele, die von Begierde und Haß geplagt wird, kann mit aller Selbstbeherrschung nicht die Zufriedenheit finden, die aus der Hingabe zur Gottheit entsteht, welche die Befreiung gewährt. Damit habe ich dir alles erzählt, wonach du mich gefragt hast, nämlich meine Geburt, den Weg der Taten und die Erlösung, um dir den Weg zur Zufriedenheit zu zeigen.

Und der Suta fuhr fort:
Nach diesen Worten bat der mächtige Narada den Sohn der Satyavati um seinen Abschied, ging seiner Wege und spielte auf der göttlichen Vina. Ehre sei diesem Heiligen, der die Leiden der Welt besänftigt und voller Verzückung zum kosmischen Klang der Vina das Lob der Gottheit singt!


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