Pushpak Bhagavata Purana Buch 1Zurück WeiterNews

1.7. Die Bestrafung von Aswatthaman

Saunaka sprach:
Oh Suta, was tat der mächtige Vyasa, nachdem Narada gegangen war, und er erfahren hatte, was er wissen wollte?

Und der Suta antwortete:
Am westlichen Ufer des heiligen Flusses Sarasvati lag die Einsiedelei Samyaprasa, die für heilige Riten besonders förderlich war. Dort saß Vyasa nach den üblichen Reinigungsriten umgeben von großen Bäumen in tiefer Meditation und konzentrierte seinen Geist. Und sobald er seinen gereinigten Geist konzentrieren konnte, erkannte er durch Hingabe die vollkommene Seele sowie die Illusion, die aus Ihm fließt und durch deren Täuschung sich die geschaffene Seele von den drei natürlichen Qualitäten (der Güte, Leidenschaft und Trägheit) besessen fühlt und diese als eigene Funktionsweise akzeptiert, obwohl sie im Grunde frei davon ist. Dies erkannte er als Ursache für das Fruchten leidvoller Wirkungen. Und wie ihm bewußt wurde, daß die Hingabe an die Gottheit, die jenseits aller Sinne ist, auf direkter Weise alle Übel vernichtet, verfaßte der Weise dieses Purana der liebenden Hingabe, um den Unwissenden zu helfen. Wer es hört, in dem erhebt sich ein hingebungsvoller Geist zu Krishna, dem Großen Wesen, das alle Sorgen, Illusionen und Ängste zerstreut. Und nachdem er dieses geistvolle Werk verfaßt hatte, lehrte er es seinem Sohn, dem weisen Suka, der Entsagung übte.

Da fragte Saunaka:
Warum bemühte sich Suka, der Entsagung übte, völlig ohne Leidenschaft war und sich in Meditation über die Höchste Seele erfreute, dieses langwierige Purana zu lernen?

Und der Suta antwortete:
Auch wenn die Weisen von allen Bindungen befreit in der Höchsten Seele glückselig sind, dienen sie doch ohne Anhaftung dem Allmächtigen. Das ist das unerklärliche Wesen der Gottheit. So studierte der mächtige Sohn von Vyasa, der stets den Verehrern von Vishnu geneigt ist, von der Güte des Herrn angezogen dieses große Purana.

Ich werde nun die Geschichten vom Rückzug der Pandavas aus der Welt sowie von der Geburt, den Taten und dem Tod von König Parikshit erzählen, womit das Wirken von Krishna verherrlicht werden soll. Als die Krieger der Kauravas und Pandavas auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra ihr heroisches Ende gefunden hatten und die Schenkel von Duryodhana, dem Sohn von Dhritarashtra, im Keulenkampf von Bhima zerschmettert waren, dachte Aswatthaman, der Sohn von Drona, daß es seinem Herrn (Duryodhana) ein wohltuendes Geschenk wäre, ihm die abgeschlagenen Häupter der Söhne von Draupadi (der Ehefrau der fünf Pandavas) zu präsentieren, die er im nächtlichen Schlaf überraschte. Doch diese Tat (um den Stamm der Pandavas zu vernichten) brachte ihm keine Ehre, weil alle haßerfüllten Werke verurteilt werden. Als die Mutter der Kinder diese schreckliche Nachricht erfuhr, war sie höchst schockiert, weinte bittere Tränen und klagte. Da sprach der heldenhafte Arjuna, der Träger des göttlichen Diadems zur Versöhnung:
Oh schöne Dame, ich werde deinen Kummer trösten, indem ich mit einem Pfeil von meinem himmlischen Bogen den Kopf dieses Feindes abschlage, diesem grausamen Übeltäter unter den Brahmanen. Du sollst deinen Fuß auf sein Haupt setzen, noch bevor ihre Leichen verbrannt und die Reinigungsriten durchgeführt wurden.

Um seine Ehefrau mit diesem Versprechen zu trösten, ergriff der heldenhafte Arjuna sogleich seinen mächtigen Bogen, legte die Rüstung an, bestieg den Streitwagen mit dem Affenbanner und verfolgte den Sohn seines Lehrers. Als dieser ihn von weitem kommen sah, floh der Kindermörder auf seinem Wagen, um sein Leben zu retten, soweit er nur konnte, wie einst Brahma vor der Strafe von Rudra floh. Doch als seine Pferde völlig erschöpft waren, fand der Brahmanen-Sohn keine andere Hilfe, als die mächtige Brahma-Waffe herbeizurufen, um sein Leben zu retten. Nachdem er etwas Wasser genippt hatte, beschwor er diese gewaltige Waffe und schleuderte sie, um sich von der drohenden Gefahr zu befreien, ohne zu wissen, wie er diese völlige Vernichtung wieder zurückrufen (und beherrschen) konnte. Als Arjuna das schreckliche Feuer sah, das sich in alle Richtungen ausbreitete, und die große Gefahr für sein Leben erkannte, sprach der Beste der Sieger zu Vishnu:
Oh starkarmiger Krishna, du bist der Allmächtige, der die Ängste deiner Verehrer zerstreut. Du allein kannst die Seele retten, die im Feuer der weltlichen Sorgen brennt. Du bist das ursprüngliche Wesen, der verkörperte Herr jenseits der Materie, der in geistiger Einheit ruht. Du vernichtest die Dunkelheit der Illusion durch das Licht deiner universalen Intelligenz. Du gewährst durch deine Kraft der von Illusion verwirrten Menschenwelt den Segen der Tugend und Gerechtigkeit. Du hast dich verkörpert, um der Erde ihre Last zu erleichtern und deinen Verehrern ein Bild von dir zu geben, über das sie beständig meditieren können. Oh Herr der Götter, was ist das für ein schrecklich vernichtendes Feuer, das sich in alle Richtungen ausbreitet?

Und der Herr sprach:
Das ist die Brahma-Waffe, die von Dronas Sohn geschleudert wurde, um seinen drohenden Tod zu vermeiden, obwohl er nicht weiß, wie man sie zurückrufen kann. Es gibt keine andere Waffe, die diese abwehren könnte. Du kannst diesem Feuer nur deine eigene Brahma-Waffe entgegensetzen, denn du kannst sie beherrschen.

Als der Feindevernichter Arjuna diese Worte des Herrn gehört hatte, nippte auch er etwas Wasser, umrundete Krishna und wirbelte gezielt die Brahma-Waffe, um die andere aufzuhalten. Sie trafen sich, wie zwei Pfeileschauer den Raum erfüllen, und wuchsen wie glühende Sonnen. Sie sahen, wie das Feuer ihrer Waffen die drei Welten verbrannten und fühlten sich selbst in diesen Flammen untergehen. Und die Menschen glaubten, daß das Feuer der universalen Auflösung erschienen war. Als Arjuna das Leiden der Menschen und die bevorstehende Vernichtung der Welt sah, zog er auf Wunsch von Krishna beide Waffen zurück (um das weltliche Leben zu retten). Dann packte Arjuna mit glühenden Augen blitzschnell den grausamen Sohn von Drona und band ihn mit einem Strick, wie man ein wildes Tier bindet. Doch als der lotusäugige Krishna sah, wie er den Feind gefesselt hatte und zu Draupadi ins Zeltlager schleppen wollte, sprach er mit zornig herausforderndem Ton zu Arjuna:
Oh Held, du solltest ihn nicht verschonen. Töte diesen üblen Brahmanen, der unschuldig schlafende Kinder ermordet hat! Kein Mensch, der die Dharma-Gebote kennt, sollte einen schwachen, betrunkenen, schlafenden oder unachtsamen Mann töten, von Frauen, Kindern oder geistig Behinderten ganz zu schweigen. Selbst ein Feind, der von Angst überwältigt wurde, seinen Kampfwagen verloren hat oder kapituliert, darf nicht getötet werden. Wer solcher Verbrechen schuldig wird, verdient den Tod als Strafe, damit er nicht noch tiefer in die Hölle sinkt. Und wie ich hörte, hast du selbst Draupadi das Versprechen gegeben: „Ich werde dir, oh edle Dame, den Kopf des Mörders deiner Kinder bringen.“ Deshalb, oh Held, töte diesen Feind, der dir ein grausames Unrecht angetan, deine Söhne getötet, seinem Vater Schande bereitet und die Ehre seiner Brahmanen-Familie getrübt hat!

Obwohl Arjuna auf diese Weise von Krishna gedrängt wurde, der damit seinen Sinn für das Dharma der Tugend und Gerechtigkeit prüfte, wünschte er nicht, den Sohn seines Lehrers zu töten, trotzdem er der Mörder seiner Söhne war. So kehrten sie zum Zelt zurück, und der Held, dessen geliebter Wagenlenker Krishna war, präsentierte den Feind seiner Ehefrau, während sie um den Tod ihrer Kinder klagte. Als sie sah, daß er mit einem Strick wie ein Tier gebunden war und seine Augen wegen seiner Tat schamvoll zu Boden richtete, empfand auch die anmutige Draupadi Mitleid mit dem Sohn des Lehrers und verneigte sich vor ihm, obwohl er ihr Unrecht getan hatte. Sie konnte den Anblick des Gebundenen nicht ertragen und rief:
Befreit ihn! Befreit ihn von diesen Fesseln! Er ist ein Brahmane und verdient großen Respekt von uns. Der mächtige Drona, durch dessen Gnade ihr die ganze Kunst des Bogenschießens gelernt habt sowie die Mantras, um die verschiedenen himmlischen Waffen zu entsenden und zurückzurufen, lebt in seinem Sohn weiter, wie auch seine Ehefrau Kripi, die sich wegen ihres einzigen Sohnes nicht auf dem Scheiterhaufen ihres Ehemannes geopfert hatte. Oh gesegneter Kenner des Dharmas, es ziemt sich nicht für dich, der Familie deines Lehrers zu schaden, die jede Verehrung und jeden Respekt verdient. Laß Kripi, seine Mutter, die ihren Ehemann als ihren Gott betrachtet, nicht in gleicher Weise endlos trauern, wie ich aus Kummer um meine Kinder in Tränen bade. Denn die Familie eines Kshatriyas, die mangels Selbstbeherrschung den Zorn eines Brahmanen entfacht, wird von diesem Feuer mit allen Verwandten kummervoll zu Asche verbrannt.

Oh Brahmanen, König Yudhishthira, der Sohn von Dharma, lobte diese Worte der Königin, die mit Vernunft und Dharma (des Kali-Yugas) im Einklang waren, von Pathos, Mitgefühl und Weisheit getragen, aufrichtig und frei von Bosheit. Das gleiche bestätigten Nakula und Sahadeva sowie Satyaki, Arjuna und Krishna, der allmächtige Sohn von Devaki, mit ihren Ehefrauen und andere Anwesende. Nur Bhima sprach zornig:
Wer ohne triftigen Grund weder für sich selbst noch im Auftrag seines Herrn mutwillig schlafende Kinder tötet, für den wäre es wahrlich besser, mit dem Tode bestraft zu werden.

Als Krishna diese Worte hörte, trat er in seiner göttlichen und vierarmigen Gestalt zwischen Bhima und Draupadi, schaute lächelnd in das Gesicht seines Freundes (Arjuna) und sprach:
Brahmanen und ihre Verwandten sollten nicht getötet werden. Doch jeder Übeltäter, der das Leben anderer angreift, sollte hart bestraft werden. Beides habe ich geboten, so handle entsprechend. Erfülle dein Versprechen, das du zur Versöhnung deiner Ehefrau gegeben hast, und bewahre gleichzeitig die Gerechtigkeit im Sinne von Bhima, Draupadi, mir selbst und allen anderen.

Arjuna erkannte sofort, worauf der Höchste Herr anspielte, und schlug mit einem Schwerthieb das Kronjuwel mitsamt den Haaren vom Kopf des Brahmanen. Dann nahm er ihm die Fesseln ab und trieb ihn aus dem Zeltlager. So verlor Aswatthaman seine ganze Herrlichkeit zuerst durch den Kindermord und nun durch den Verlust seines Kronjuwels. Den Kopf scheren, Reichtum beschlagnahmen und Verbannung gelten als die Formen der Bestrafung für übelgesinnte Brahmanen. Eine körperliche Todesstrafe sollte es für sie nicht geben. Und nach dieser Bestrafung von Aswatthaman, dem Sohn von Drona, vollführten die Pandavas zusammen mit Draupadi voller Kummer um ihre verlorenen Söhne die letzten Riten für die Toten und trugen sie zum Leichenverbrennungsplatz. (Eine ausführlichere Geschichte von Aswatthaman befindet sich im Mahabharata Buch 10.)


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