Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

2.45. Die Geschichte der Steinplatte von Gaya

Narada fragte:
Woher kam diese Steinplatte, mit der der Dämon Gaya ruhig und untertänig gemacht wurde? Was war ihre Form? Und was ihre Größe? Bitte erkläre es mir.

Und Sanatkumara sprach:
Es gab einst einen höchst strahlenden Mann namens Dharma (Gerechtigkeit und Tugend), der alle heiligen Gesetze verkörperte. Seine Frau war Vishvarupa (Vielfalt der Formen), die dem Dienst an ihrem Mann gewidmet war. Sie gebar ihrem Ehemann eine Tochter mit den großen natürlichen Qualitäten und allen vorzüglichen Eigenschaften wie Lakshmi selbst. Das war die treue Dharmavrata (der Wille zur Gerechtigkeit und Tugend). Was es auch immer an Gutem in der Welt gab, war in ihr gegenwärtig. Doch Dharma suchte in allen drei Welten vergebens nach einem passenden Ehemann für Dharmavrata. Dann sprach er zu ihr: „Übe Askese, um einen guten Ehemann zu gewinnen.“ Sie antwortete „So sei es!“ und begab sich in die Wälder, wo das Mädchen härteste Askese übte, die niemand anders so üben konnte. Sie lebte nur von Luft und verbrachte damit tausend Yugas im Sweta-Kalpa.

Während der berühmte Marichi, ein geistiger Sohn von Brahma, über die Erde wanderte, erblickte er dieses Juwel eines Mädchens. Da fragte er die jugendliche Schönheit, die hier größte Askese übte:
Sage mir, wer du bist und wer deine Eltern sind. Oh furchtsame Dame mit den vorzüglichen Gelübden, ich bin von deiner Schönheit fasziniert. Mein Name ist Marichi. Ich bin der Sohn von Brahma und ein Meister der Veden.

Als das Mädchen diese Worte von Marichi hörte, antwortete sie dem Heiligen:
Ich bin die Tochter von Dharma, und mein Name ist Dharmavrata. Oh führender Brahmane, ich übe diese große Askese, um einen guten Ehemann zu gewinnen.

Darauf sprach Marichi mit lieblichen Worten:
Oh Dame mit den vorzüglichen Gelübden, schau mich an, und sei meine treue Ehefrau. Ich wanderte Tag und Nacht über diese Erde, um so eine treue Frau zu finden. Wenn du geboren bist, um eine treue Ehefrau zu werden, dann wähle mich als deinen Bräutigam. Keine andere Frau gleicht dir in dieser Welt, und du wirst keinen anderen Ehemann finden, der mir gleicht. Deshalb, oh Dharmavrata, sei nun meine rechtmäßig angetraute Ehefrau.

Und Dharmavrata antwortete dem Weisen:
Oh Heiliger mit den tugendhaften Gelübden, sei so gut, und bitte Dharma um meine Hand.

So begab sich der Weise zu Dharma, und der erblickte den Bräutigam wie einen strahlenden Berg voll Herrlichkeit. Er verneigte sich vor ihm, bot ihm einen Sitz an und verehrte den Heiligen mit den üblichen Gastgeschenken. Und auf die Frage, nach dem Grund seines Besuches, antwortete Marichi:
Während ich über die ganze Welt wanderte, um eine treue Ehefrau zu finden, erblickte ich deine vorzügliche Tochter. Bitte gib mir diese Tochter, denn das wird zu deinem Wohlergehen sein.

Darauf verneigte sich Dharma und sprach: „So sei es!“ Dann holte er Dharmavrata, gab sie Marichi zur Ehefrau, segnete die beiden und erfüllte damit sein Versprechen. Und Marichi nahm sie mit in seine Einsiedelei, wie ein heiliges Opferfeuer. Dort erfreute er sich mit ihr wie Vishnu mit Lakshmi, Shiva mit Parvati oder Brahma mit Sarasvati. So zeugte Marichi mit ihr hundert Söhne, die dem Vishnu glichen.

Doch eines Tages ging Marichi in den Wald, um Blumen und Früchte zu sammeln, und kehrte erschöpft zurück. Da sprach er zu seiner treuen Ehefrau: „Ich möchte mich etwas hinlegen. Bitte massiere mir die Füße.“ Dharmavrata antwortete: „So sei es.“ Und als der Heilige auf seinem Bett lag, rieb sie ihm die Füße mit geklärter Butter ein und begann, fleißig zu massieren. Doch gerade als der Heilige am Einschlafen war, kam Brahma auf Besuch, und sie fühlte ein Dilemma und überlegte: „Soll ich die Füße meines Ehemannes weiter massieren, oder den Vater der Welt verehren?“ Da entschied sie sich, Brahma zu ehren, denn er war der Lehrer aller Lehrer, und erhob sich. Sie empfing ihn mit den üblichen Gastgeschenken, verehrte den Gast, und wohlverehrt setzte sich Brahma nieder. In der Zwischenzeit erwachte ihr Ehemann, und als der Brahmane seine Frau nicht mehr erblickte, wurde er zornig und verfluchte sie:
Weil du einfach weggegangen bist, die Massage meiner Füße unterbrochen und mein Gebot mißachtet hast, wirst du vom Feuer meines Fluchs ergriffen und sollst zu einer Steinplatte werden!

Als die Dame solcherart verflucht wurde, sprach sie ganz entrüstet:
Während du schliefst, kam Brahma, dein Vater und Lehrer, hierher. Es war eigentlich deine Pflicht, dich zu erheben und deinen Vater zu ehren. Oh Heiliger, ganz der Tugend gewidmet, habe ich deine Pflicht erfüllt. Deshalb bin ich ohne Schuld. Weil du mich aber trotzdem verflucht hast, wird auch dich der Fluch treffen. Oh Ehemann, du wirst deinen Fluch zweifellos von Mahadeva empfangen (von Shiva, vermutlich in Form von Vergänglichkeit und Tod).

Als sie nun sah, wie erschrocken ihr Ehemann war, wurde sie sehr unglücklich. Sie begab sich zu Brahma, dem Großen Vater. Doch der hatte sich mittlerweile zum Schlafen niedergelegt. So verneigte sie sich zu seinen Füßen, entzündete das Garhapatya-Opferfeuer, stellte sich mitten hinein und übte härteste Buße. In gleicher Weise übte auch Marichi, den ebenfalls der Fluch getroffen hatte, härteste Buße, so daß sogar die Götter durch das Feuer beider Askese gequält wurden. Mit Indra an der Spitze gingen sie zur Hari und sprachen zu Vishnu, der auf dem Milchozean schlief:
Oh Hari, wir werden sehr gequält von der harten Askese des Heiligen und seiner Frau. Oh Kesava, bitte rette die drei Welten!

Daraufhin begab sich Vishnu zu Dharmavrata. In der Zwischenzeit erwachte auch Brahma, und so sprachen die vereinten Götter mit Vishnu an der Spitze zu Dharmavrata, die mitten im Feuer stand:
Oh reine Dame, wer könnte diese Buße inmitten eines Feuers ertragen, die du hier übst? Dies ist eine Askese, die alle Welten erschüttert. Oh Kennerin des Dharmas, bitte wünsche dir einen Segen von uns.

Und auf diese Worte von Vishnu und den anderen Göttern antwortete die treue Dame:
Ich bin unfähig, selbst mit meiner ganzen Kraft, den Fluch meines Ehemannes ungeschehen zu machen. Möge mich dieser Fluch von Marichi nicht treffen!

Doch die Götter sprachen:
Oh Tochter von Dharma mit den frommen Gelübden, dieser Fluch wurde von einem großen Heiligen ausgesprochen. Er kann weder von den Göttern noch den Brahmanen nichtig gemacht werden. So wähle einen anderen Segen, damit das Dharma, das von den Veden verkündet wird, in den drei Welten bewahrt bleibt.

Darauf antwortete Dharmavrata:
Oh ihr unsterblichen Götter, wenn ihr nicht fähig seid, mich von diesem Fluch meines Ehemannes zu erretten, dann gewährt mir folgenden vorzüglichen Segen: Ich möge eine Steinplatte werden, welche die beste und heiligste im ganzen Welten-Ei sein soll, noch heiliger als alle Flüsse, Seen, Götter, Heiligen, Asketen und Weisen. Mögen alle Lingas der drei Welten, seien sie manifest oder unmanifest (körperlich offenbart oder subtil verborgen), für immer auf meinem Körper in Form von heiligen Orten sein. Mögen alle heiligen Zentren, die führenden Konstellationen, Heiligen, Götter und Göttinnen auf diesem Stein stehen. Mögen Brahma, Vishnu und Shiva ihre Fußspuren hier hinterlassen. Die fünf Feuer und Kumara usw. sollen in ihrer Vielfalt hier anwesend sein, wie auch die Götter in ihren offenbarten Verkörperungen und auch verborgen in Form ihrer Fußspuren. Wie sie auf der Erde existieren, so sollen sie mit ihren Götterbildern auch auf dieser Steinplatte im Kreise von einem Krosha stehen. Alle Menschen mögen gereinigt werden, wenn sie diese Steinplatte erblicken, die zum Vernichter ihrer Sünden wird. Wer hier das Ahnenopfer durchführt, soll die reinen Früchte dieser Riten ernten und den Brahmaloka erreichen. Mögen alle, die ihr Reinigungsbad in den heiligen Gewässern auf der Steinplatte genommen, die Götter verehrt und das Ahnenopfer mit den Reisbällchen durchgeführt haben, den Brahmaloka erreichen. Möge dieses sichtbare heilige Zentrum des Keulenträgers das Beste aller heiligen Zentren sein. Mögen alle, die hier leben und sterben, zum Reich von Brahma aufsteigen. Mögen die heiligen Zentren von Varanasi und Prayaga im Namen des Höchsten Herrn hier anwesend sein. Möge hier die heilige Ganga im heiligen Fluß Phalgu fließen. Möge dieser heiligste Ort vom Träger der Keule (Vishnu) beherrscht werden. Möge hier ein Ahnenopfer die Befreiung der Ahnen gewähren. Mögen alle vier Arten der Lebewesen, die auf dem Stein ihren Körper ablegen, die Form von Vishnu annehmen. Wie alle Opfer durch die Verehrung von Hari vollkommen werden, so mögen die Ahnen- und Götteropfer sowie die abschließende Reinigung hier unvergänglich sein. Mögen all jene, die die Mantras der führenden Götter auf meinem Körper murmeln, heilige Siddhas und Meister der Siddhis (der übernatürlichen Kräfte) werden. Wer hier das Ahnenopfer durchführt, soll sich sicher sein, daß er tausend Ahnen seiner Familie zusammen mit sich selbst in das Reich von Vishnu erhebt. Oh ihr führenden Götter, mögen alle heiligen Flüsse wie die Ganga und alle heiligen Seen wie der Manasa oder Ozean die Befreiung für den fördern, der hier ein Ahnenopfer durchführt. Mögen die Götter in ihren verkörperten Formen hier anwesend sein und nirgendwo anders hingehen. Möge Vishnu, der eins und unteilbar ist, in seinen drei Formen, welche die Weisen beschreiben, hier verehrt werden. Mögen alle Gandharvas und anderen himmlischen Wesen auf diesem Stein im heiligen Zentrum stehen. Möge dieser Stein den Namen Sarvadeva-Svarupa (die Verkörperung aller Götterwesen) tragen. Möge er beständig sein, solang das Welten-Ei existiert. Wer auf meinem Körper Mantras und Askese übt, soll ermächtigt sein, auch das Feueropfer durchzuführen. Möge das alles ewig gelten. Möge das Ahnenopfer ewig sein, wie auch Mantra-Murmeln, Feueropfer und Askese. Mögen sie auf mir beständig sein wie große Berge.

Als die Götter diese Worte der reinen Dame gehört hatten, sprachen sie:
Zweifellos, alles, was du erbeten hast, soll geschehen. Wenn du einst ruhig auf dem Kopf des Dämons Gaya liegst, wollen wir hier in Form von Fußabdrücken stets anwesend sein.

So gewährten die Götter den großen Segen und wurden wieder unsichtbar.


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