Pushpak Vayu PuranaZurück WeiterNews

1.5. Brahmas Schöpfungstage

Lomaharshana fuhr fort:
Oh Brahmanen, die Zeitspanne, die ich als Schöpfung zähle, sollte als ein Tag von Brahma, dem Großen Vater, bekannt sein. Die Nacht dieses Herrn sollte man sich in gleicher Länge vorstellen. Die Zeit der Schöpfung ist sein Tag, und die Zeit der Auflösung wird seine Nacht genannt. Man kann auch sagen, für Brahma gibt es nur den Tag und keine Nacht, aber für das allgemeine Verständnis der Welt ist die genannte Annahme besser. Die Lebewesen und Stammväter, sogar die heiligen Asketen, die Weisen und Heiligen wie Sanatkumar mit allen, die Befreiung erreicht haben, die Sinnesorgane und ihre Objekte, die subtilen Elemente, das Denken, das Ichbewußtsein und die universale Intelligenz, all dies existiert nur während des Tages des Höchsten Herrn. Sie lösen sich am Ende seines Tages wieder auf, und am Ende der Nacht beginnt wieder die Schöpfung des Universums.

Wenn die natürliche Qualität der Güte (Sattwa) in sich selbst ruht, und die äußere Schöpfung zurückgezogen wurde, werden das Meer der Ursachen und der Höchste Geist (Pradhana und Purusha) eine ununterscheidbare Einheit. Die zwei natürlichen Qualitäten von Güte und Dunkelheit (Sattwa und Tamas) befinden sich dann in einem ausgeglichenen Zustand. Diese Ausgeglichenheit der natürlichen Qualitäten sollte man als universale bzw. natürliche Auflösung kennen und ihre Unausgeglichenheit als Schöpfung. Und wie das Öl im Sesamsamen oder die Butter in der Milch, so befindet sich dann die natürliche Qualität der Leidenschaft (Rajas) ungestaltet im Gleichgewicht von Güte und Dunkelheit.

Nachdem während der großen Brahma-Nacht alles still ruhte, beginnt zu Tagesanbruch erneut die Schöpfung der Natur. Der große Gott geht in das Welten-Ei ein und wühlt durch seine mächtige Yogakraft den Geist und das Meer der Ursachen auf. Aus dem aufgewühlten Meer der Ursachen (Pradhana) entsteht die natürliche Qualität der Leidenschaft (Rajas). Diese Leidenschaft wird zur Ursache für jegliche Aktivität, wie das Wasser das Keimen der Samen verursacht. Sobald die drei natürlichen Qualitäten ihre Ausgeglichenheit verlieren, erscheinen die drei führenden Götter. Die Leidenschaft wird zu Brahma, die Dunkelheit zu Agni und die Güte zu Vishnu. Brahma als Erleuchter der Leidenschaft wird zum Schöpfer, Agni (der Feuergott) als Erleuchter der Dunkelheit wird zu Kala, der vergänglichen Zeit, und Vishnu als Erleuchter der Güte wird zum Erhalter. Das sind in Wirklichkeit die drei großen Götter und Kräfte der Natur. Sie sind untereinander abhängig und ergänzen sich gegenseitig. Sie wirken als eine Einheit, stützen sich und gehören immer zusammen. In Wahrheit gibt es keine Trennung zwischen ihnen, nicht einmal für einen Moment, und sie werden sich gegenseitig niemals verlassen. Ishvara ist die höchste Gottheit. Vishnu herrscht über die universale Intelligenz, und Brahma erschafft mit der Kraft der Leidenschaft die ganze Schöpfung. Die Natur (Prakriti) ist groß, und der Geist (Purusha) ist am größten. Er (Brahma) wirkt unter der Herrschaft von Maheshvara und wird von allen Seiten angetrieben. Danach wirken die Intelligenz und alle anderen Schöpfungen der Natur, die zu ihren jeweiligen Objekten gehören.

Durch ein Ungleichgewicht der drei natürlichen Qualitäten wird das Meer der Ursachen aufgewühlt und beginnt, in der Schöpfung seine Wirkungen zu entfalten. Aus diesem Meer der Ursachen, das in seinem Wesen Sein und Nichtsein (bzw. Wahr-Scheinlichkeit) ist und von Ishvara (dem Höchsten Herrn) beherrscht wird, wird gleichzeitig das Paar von Brahma und Ichbewußtsein geboren. Auf diese Weise verkörpert sich der Feldkenner (Kshetrajna) unter dem Namen „Brahma“ aus der Dunkelheit und dem Ungestalteten (Meer der Ursachen) zu Beginn der Schöpfung, voll ausgerüstet mit allen Sinnes- und Handlungsorganen. Er erscheint aus dem Ungestalteten mit dem Ichbewußtsein wie ein strahlendes Feuer und ist wirklich das erste verkörperte Wesen, das im Meer der Ursachen wohnt. Er ist mit grenzenlosem Wissen und höchster Herrschaft begabt und besitzt das wahre Dharma (die Tugend und Gerechtigkeit) ohne persönliche Anhaftung. Und weil das Wissen dieses Herrn frei von Anhaftung ist, ist es rein, ungetrübt und grenzenlos. Entsprechend ist auch das Ichbewußtsein von Brahma von Dharma und Allmacht erfüllt, womit er sich selbst als Herrn erkennt. Was auch immer er geistig wünscht, wird durch seine Selbstkontrolle, Eigenschaftslosigkeit und göttliche Herrschaft aus dem Ungestalteten erschaffen. In seiner Funktion als Brahma ist er der viergesichtige Schöpfer, in seiner Funktion als Kala (der Zeit) ist er der Zerstörer und in seiner Funktion als Vishnu ist er der tausendköpfige Herr (die tausendköpfige Urschlange, die alles trägt). Das sind die drei Erscheinungsformen der selbstgeborenen Gottheit. In der Funktion von Brahma, dem Schöpfergott, besitzt er vor allem die Güte und Leidenschaft, als Zerstörer vor allem die Leidenschaft und Dunkelheit und als Vishnu (Erhalter) vor allem die Güte. Das sind die Wirkungen der drei natürlichen Qualitäten des selbstgeborenen Herrn. In der Funktion als Brahma erschafft er, in der Funktion als Kala zerstört er, und in der Funktion als Vishnu erhält er alles. Das sind die drei Ämter vom Herrn der Wesen. Brahma hat die Farbe vom Inneren einer Lotusblüte (gelb-rot), Kala die Farbe von Kollyrium (schwarz) und Vishnu die Farbe der Lotusblütenblätter (weiß). Das sind die Formen der Höchsten Seele.

Dieser Meister des Yogas, der wie im Spiel verschiedene Geschöpfe, Taten, Formen, Namen und Funktionen hervorbringt, schafft und bewirkt alle körperlichen Entwicklungen. Weil er dreifach (durch die drei natürlichen Qualitäten) in der Welt wirkt, wird er Triguna genannt. Weil er vierfach aufgeteilt ist, wird er als Chaturvyuha gepriesen. Weil sein ewiges Wesen alles Nichtexistierende, Empfangende und Existierende ist, wird er Atman (Selbst) genannt. Weil er überall hingehen kann, wird er auch Rishi genannt, und weil er alles durchdringt Vishnu. Er besitzt die Herrschaft über alles und ist der Herr aller körperlichen Geschöpfe. Er heißt Bhagavan, weil er solche Vorzüglichkeit besitzt, Raga, weil er seine Leidenschaft beherrscht, Para, weil er das kosmische Wesen ist, OM, weil er alles beschützt, Sarvajna, weil er alles weiß, Sarva, weil alles aus ihm entsteht, und Narayana, weil alle Menschen von ihm kommen. Er teilt sich selbst in drei und handelte in den drei Welten. Er schöpft, erhält und verschlingt durch seine drei Funktionen. Zu Beginn der Schöpfung verkörpert sich Hiranyagarbha selbst als viergesichtiger Herr. Und weil er sich zuerst manifestiert, wird er auch der ursprüngliche Gott genannt. Weil er ungeboren (selbstseiend) ist, heißt er Aja, weil er die Wesen beschützt, heißt er Prajapati, weil er der größte aller Götter ist, heißt er Mahadeva, weil er der Herr aller Welten ist und nicht unter der Herrschaft eines anderen steht, heißt er Ishvara, wegen seiner großen Macht heißt er Brahma, wegen seiner Ewigkeit heißt er Bhuta, weil er die ungestaltete kosmische Natur erkennt, heißt er Kshetrajna (Feldkenner), weil er allgegenwärtig ist, heißt er Vibhu, weil er das geistige Wesen aller Geschöpfe ist, heißt er Purusha, weil er von niemandem geschaffen wurde und bereits vor der Schöpfung existiert, heißt er Swayambhu (der Selbstexistente), weil er alle Opfer und Verehrungen empfängt, heißt er Yajna (Opfer), weil er allwissend ist, heißt er Kavi, weil er als Zuflucht würdig ist, heißt er Kramana, als Patron der vier Kasten heißt er Aditya, Kapila, Agraja und Agni, und weil er aus (bzw. in) einem goldenen Ei geboren wurde, heißt er in diesem Purana Hiranyagarbha.

Auch in hunderten Jahren ist es nicht möglich, die Anzahl der Jahre zu zählen, die seit der Verkörperung des Selbstgeborenen vergangen sind. Die Zeit und die Kalpas (Schöpfungstage), die seit seiner Verkörperung vergangen sind, werden ein „Para“ genannt. Noch einmal so viel Zeit ist ihm übrig, und erst am Ende dieses Zyklus wird es eine weitere Schöpfung (mit einem neuen Brahma) geben. Viele tausend Kalpas sind bereits vergangen, und noch einmal so viele werden kommen. Das gegenwärtige Kalpa wird Varaha (Eber) genannt und ist der erste Tag im gegenwärtigen Brahma-Jahr. Auch dieses Kalpa wird insgesamt 14 Manus mit Swayambhuva beginnend haben, von denen schon einige (sechs) vergangen sind. Von diesen Herrschern der Menschen (und seinen Nachkommen) wird diese Erde mit allen Inselkontinenten und Bewohnen durch die Kraft der Askese beschützt. Hört nun ausführlich darüber. Mit der Beschreibung eines Manwantaras (das Zeitalter eines Manus) werden alle zukünftigen Manwantaras beschrieben und mit einem Kalpa alle zukünftigen Kalpas. Denn all die zukünftigen Kalpas mit ihrem Ablauf und den Dynastien kann der Intelligente aus der Vergangenheit dieses Kalpas schlußfolgern.


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