Pushpak Shiva-Purana Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 40 - Der Jäger und Shivaratri

Die Weisen sagten:
Oh Suta, wir fühlen äußerste Freude und hohes Glück, wenn wir deinen Worten lauschen. Bitte erzähl uns noch mehr über diesen hervorragenden Ritus. Kann dieser Ritus auch großen Nutzen bringen, wenn man ihn nicht mit vollständigem Wissen ausführt?

Und Suta gab zur Antwort:
So hört, ihr Weisen. Ich werde euch die alte Geschichte vom Jäger erzählen, die alle Sünden tilgt. Es lebte einst ein Jäger namens Gurudruha vom Wald. Er hatte eine große Familie, war stark und skrupellos, und so ging er jeden Tag in den Wald und jagte Hirsche und anderes Getier, ohne weiter darüber nachzudenken. Auch beging er im tiefen Dickicht so manchen Raub oder Diebstahl, und hatte noch nie eine rituelle Handlung begangen. So vergingen viele Jahre für ihn, bis er eines Tages zu Shivaratri im Wald auf der Jagd war. Der Jäger wußte nichts von diesem glücksverheißenden Tag, als am Morgen Eltern und Gattin zu ihm sprachen: „Wir haben Hunger! Schaff uns Essen.“ Also ergriff er Bogen und Pfeile und ging, wie schon so oft, auf die Jagd. Er streifte lange durch den Wald, doch das Schicksal wollte es nicht, daß ihm nur ein Hirschlein begegnete. Die Sonne ging schon unter, und er war zutiefst betrübt.

Er überlegte:
Was soll ich tun? Wohin mich wenden? Ich habe nichts gewonnen. Was wird mit meinen Eltern und Kindern geschehen? Und was wird meiner Frau begegnen? Ich kann nicht mit leeren Händen heimkehren, denn ich könnte ihnen niemals in die Augen sehen ohne Nahrung.

So wanderte er zu einem Teich und wartete neben einem Trampelpfad zum Wasser, denn er war überzeugt, daß schon ein Tier zum Trinken kommen würde, was er töten und heimbringen konnte. So nahm er ein wenig Wasser mit, kletterte auf einen Bilva- Baum und wartete dort auf einem Ast auf Wild. Hungrig verbrachte er den ersten Teil der Nacht, als eine zarte Hirschkuh behend zum Wasser gesprungen kam. Der Jäger freute sich enorm, legte sogleich einen Pfeil auf den Bogen und zielte, um das Tier zu schießen. Doch dabei vergoß er ein wenig Wasser, und ein paar Bilva- Blätter fielen herab auf ein Linga am Fuße des Baumes. Das war also sein Ritual für den ersten Teil der Nacht, und all seine Sünden fielen von ihm ab.

Die Hirschkuh hatte das Geräusch gehört, erblickte den Jäger und sprach ängstlich zu ihm:
Oh Jäger, was gedenkst du zu tun? Bitte sag mir die Wahrheit.

Der Jäger antwortete:
Meine Familie hungert. Ich werde ihren Hunger stillen, indem ich dich töte.

Die Hirschkuh erkannte seine Entschlossenheit und antwortete:
Oh, es gibt keinen Zweifel daran, daß ich gesegnet bin. Du wirst dich über mein Fleisch sehr freuen, und welch größeren Verdienst kann ich erlangen, wo doch dieser Körper auf jede Weise nur nachteilig ist. Nicht in hundert Jahren kann man das Ausmaß des Verdienstes erklären, der dadurch entsteht, wenn man anderen hilft. Doch all meine kleinen Kinder warten zu Hause auf mich. Ich werde sie der Obhut meiner Schwester oder meinem Ehemann übergeben und zurückkommen. Oh Wanderer des Waldes, nimm meine Worte nicht als Lügen. Ich werde ganz sicher zu dir zurückkehren. Die Erde besteht durch Wahrheit, der Ozean bleibt durch Wahrheit in seinem Bett, und die Ströme fließen beständig durch Wahrheit. Alles ist in Wahrheit begründet.

Doch der Jäger ging auf den Vorschlag nicht ein, wie sehr sie auch bat, und so sprach die Hirschkuh erneut:
Höre, oh Jäger. Ich werde es schwören. Wenn ich nicht zu dir zurückkomme, dann mögen mich folgende Sünden heimsuchen: die Sünde, wenn ein Brahmane die Veden verkauft, die Sünde für einen, der keine Sandhya Gebete macht, die Sünde einer Gemahlin, welche die Gebote ihres Gatten übertritt und eigene Wege geht, die Sünde einer undankbaren Person, die Sünde, sich Shiva entgegenzustellen, die Sünde, anderer übel zu behandeln, die Tugend zu verletzen, das Vertrauen zu mißbrauchen und andere zu betrügen.

Diesem Eid glaubte der Jäger und erlaubte der Hirschkuh heimzugehen. Die Hirschkuh trank Wasser und sprang erfreut davon. Das war die Zeit, als der erste Teil der Nacht vorüber war, und der Jäger hatte keinen Augenblick geschlafen. Da kam die Schwester der Hirschkuh heran, durstig und auf der Suche nach ihrer Schwester. Wieder spannte der Jäger den Bogen und wollte schießen. Und wieder fielen einige Wassertropfen und Bilva- Blätter hinunter. Das war die zweite Verehrung der Nacht, welche für den Jäger Gutes bewirkte.

Die Schwester fragte auch sogleich:
Oh Jäger, was machst du hier?

Dieser gab dieselbe Antwort wie zuvor, und die Schwester reagierte ebenso:
Ach, wie gesegnet ich doch bin, oh Jäger. Mein Leben trägt nun gute Frucht, denn dieser vergängliche Körper kann einen guten Dienst tun. Doch meine Kitze sind noch daheim, und ich werde sie erst der Obhut meines Mannes übergeben. Dann komme ich wieder.

Der Jäger erwiderte:
Das kommt gar nicht in Frage, ich werde dich jetzt töten.

Da schwor auch die Schwester folgenden Eid:
Hör mir zu, oh Jäger, ich werde es dir erklären. Wenn jemand sein Wort bricht, dann verspielt er seinen Verdienst. Wenn ich nicht zu dir zurückkomme, dann wird mich folgende Sünde besudeln: die Sünde von denen, die ihre angetraute Ehefrau verlassen und mit anderen schlafen, die die Veden übertreten und einem eigensinnigen Kult folgen, die vorgeben, Vishnu zu ehren und dabei Shiva ablehnen, die die Ahnenriten ihrer Eltern an einem unfruchtbaren Tag ausüben und die Kränkung auf Kränkung häufen.

Der Eid stimmte den Jäger gnädig und er entließ die Hirschkuh, welche trank und freudig davonsprang. Da war der zweite Teil der Nacht vorüber ohne Schlaf und Nahrung für den Jäger. Kurz darauf entdeckte der Jäger den Hirsch, wie er auf der Suche nach seiner ausbleibenden Gemahlin umherstreifte. Entzückt spannte er den Bogen, doch sein Karma und Shivas Gnade ließen ein paar Blätter rieseln. So folgte er unbedarft dem Ritus und warnte den Hirsch.

Dieser rief sogleich:
Was machst du da?

Und der Jäger antwortete:
Ich werde für das Wohl meiner Familie töten.

Erfreut sprach da der Hirsch:
Oh welch ein Segen, daß ich so wohlgenährt bin und deine Not stillen kann. Wenn der Körper keinen Nutzen bringt, dann ist an dieser Person alles vergebens. Und auch ihr Wirken ist sinnlos, wenn sie helfen kann und es nicht tut. Dann fällt sie nach dem Tod in die Hölle. Doch ich muß erst meine Familie versorgen und meine Kinder ihrer Mutter übergeben. Ich werde sie trösten und dann zu dir zurückkommen.

Nun war der Jäger sehr überrascht, und aller Sünden entledigt und mit gereinigtem Geist sprach er:
Oh Hirsch, jedes Tier, was hierherkam, sprach wie du. Doch zurückgekehrt sind sie bisher nicht. Nun bist du in Not und möchtest ebenfalls davonkommen. Wie soll ich denn da meinen Lebensunterhalt bestreiten?

Da sprach der Hirsch:
Höre, Jäger, ich werde es dir erklären. Das gesamte Universum mit allen Wesen und Dingen darin ist beständig, weil es die Wahrheit gibt. Der Verdienst eines Lügners schmilzt sofort dahin. So höre mein wahrhaftes Versprechen. Wenn ich nicht wiederkomme, dann möge ich die Sünde tragen, in der Dämmerstunde Sex zu haben, an Shivaratri zu essen, Meineid zu begehen, Anvertrautes zu mißbrauchen, die Sandhya Gebete zu mißachten, Shivas Namen nicht zu ehren, nicht zu helfen, obwohl ich es könnte, eine Kokosnuß an einem Parvan Tag zu brechen, verbotene Nahrung zu essen und zu essen, bevor Shiva verehrt oder keine Asche aufgetragen wurde.

Da sprach der Jäger:
So geh und komm schnell wieder.

Und der Hirsch trank und lief davon. Die Tiere trafen sich in ihrem Heim und hörten von ihren gegenseitigen Versprechen. Jeder wollte sein Wort halten und gehen, doch die Hirschkuh sprach zu ihrem Gemahl:
Wie können die Kinder ohne dich hier bleiben? Ich habe es zuerst versprochen, mein Herr, darum werde ich gehen. Und ihr beide bleibt hier.

Der Hirsch aber antwortete:
Ich gehe und ihr bleibt hier, denn die Kleinen brauchen ihre Mütter.

Doch seine beiden Gemahlinnen gefiel seine Rede nicht, und sie riefen hingebungsvoll: “Pfui über ein Leben als Witwe!“ So trösteten sie gemeinsam ihre Kinder, übergaben sie den Nachbarn und gingen zurück zum Teich, wo der Jäger immer noch im Baum saß und wartete. Doch als die Kitze ihre Eltern gehen sahen, da dachten sie: “Was immer ihnen geschehen mag, das soll auch mit uns geschehen.“ Als der Jäger die ganze Sippe ankommen sah, da lachte sein Herz, und er legte den Pfeil auf den Bogen. Wieder fielen Wassertropfen und Bilva- Blätter auf Shiva, und damit war die vierte Verehrung für die Nacht geschehen.

Der Jäger war also alle Sünden los, während der Hirsch und seine Kühe zu ihm sprachen:
Oh vorzüglicher Jäger, gib unserem Körper einen Nutzen und sei uns gnädig.

Staunen überkam den Jäger, und plötzlich erlangte er dank der Kraft der Verehrung vollkommenes Wissen.

Er dachte:
Die Tiere sind gesegnet. Sie haben nichts studiert, doch sie sind bereit, ihren Körper für andere zu geben. Und was habe ich erreicht, außer der Geburt als Mensch? Ich habe statt dessen meinen Körper mit den Qualen anderer erhalten. Täglich habe ich Sünden begangen, um meine Familie zu ernähren. Weh, was wird mein Schicksal sein bei so vielen Sünden seit meiner Geburt? Welches Ende werde ich nehmen? Oh Schande über mein Leben!

So zog er den Pfeil zurück und sprach:
Ihr besten Tiere, ihr seid so gesegnet. Geht nur sicher heim.

Nach diesen Worten war Shiva so erfreut, daß er sich dem Jäger zeigte. Er berührte liebevoll den Jäger und sprach freundlich zu ihm:
Ich bin entzückt über dein Verhalten, oh Jäger. Bitte um den Segen, den ich dir gewähren soll.

Als der Jäger den Gott erkannte, war er sogleich befreit. Er fiel Shiva zu Füßen und sprach:
Ich habe alles gewonnen.

Shiva verlieh ihm freudig den Namen Guha, und mit wohlwollendem Blick gewährte er ihm himmlischen Segen. Er sprach:
Höre, lieber Guha. Nimm deine Residenz in der schönen Stadt Sringavera und erfreue dich dort himmlischer Genüsse, wie es dir beliebt. Dein Geschlecht wird erblühen und keine Not kennen. Und sogar der von den Göttern gepriesene Lord Rama wird in dein Haus kommen. Er wird sich mit dir verbünden, und dir wird die Hilfe, die du meinem Verehrer gewährst und dein Geist, der immer mit mir verbunden ist, so guten Dienst erweisen, daß du die Befreiung erlangst, die so selten zu erlangen ist.

Und Suta fuhr fort:
Dann verbeugten sich die Tiere vor Lord Shiva und wurden von ihrem tierischen Dasein erlöst. Sie bekamen himmlische Körper, bestiegen göttliche Wagen und stiegen in den Himmel auf. Der Anblick von Shiva erlöste sie sogleich vom irdischen Leben. Und Shiva selbst wurde zum Vyadeshvara Linga in den Arbuda Bergen. Wer es schaut und verehrt gewinnt sich irdische Freuden und Erlösung hernach. Von diesem Tage an lebte der Jäger ein frommes Leben und dank Shivas Gnade vereinte er sich mit dem Gott. Obwohl er den Ritus unbewußt ausführte, bekam er solch hohen Lohn. Und was soll ich dann über die sagen, die Shiva mit Hingabe verehren? Sie werden ganz sicher mit dem Herrn ganz und gar vereint sein. Nun, der Shivaratri Ritus ist herrlich vor allen anderen und kann nicht mit den Riten in heiligen Tempeln, den Geschenken vielfacher Art, Askese und Enthaltsamkeit und dem Singen von Mantras verglichen werden. Daher sollte diese glücksverheißende Zeremonie von denen ausgeführt werden, die sich Gutes wünschen. Shivaratri ist himmlisch, voller Freuden und Befreiung. Nun habe ich euch alles über den besten, heiligen Ritus erzählt, ihr Lieben. Was möchtet ihr noch hören?


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