Pushpak Shiva-Purana Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 38 - Der Ritus zu Shivaratri

Die Weisen baten:
Oh Lieber, dein Leben ist segensreich und trägt wunderbare Früchte, weil du uns so viel Heilsames über Lord Shiva erzählst. Obwohl dies schon viele Male von mehreren Weisen erklärt wurde, sind unsere Zweifel dennoch nicht gestillt. Darum bitten wir dich, sag uns, durch welch heiligen Ritus wird Shiva zufriedengestellt? Wann gibt er den Guten Frieden? Du bist ein Experte in den Traditionen, und darum fragen wir dich. Verehrung sei dir, du Schüler von Vyasa, bitte sag uns genau, welcher Ritus dem Verehrer irdische Freuden und Erlösung sichert.

Und Suta sprach:
Eine gute Frage, ihr Heiligen, denn es ist die Liebe in euren übervollen Herzen, die das fragt. Ich werde zuerst an die Lotusfüße Shivas denken und dann eure Frage beantworten, wie es mir erzählt wurde. Denn einst haben Brahma, Vishnu und Parvati dasselbe gefragt, als sie bei Shiva waren. Bei passender Gelegenheit fragten sie einmal die große Seele:
Welcher Ritus befriedet dich, damit du Glückseligkeit und Frieden gewährst?

Und was Shiva ihnen antwortete, das werde ich euch nun wiedergeben. Es vernichtet die Sünden des achtsamen Zuhörers. Shiva sprach:
Es gibt viele Riten, die zum großen Ziel führen können. Doch unter ihnen gibt es zehn, die besonders sind. Sie stehen auch im Text Jabalashruti, und Brahmanen sollten sie alle beständig und demütig ausführen. An Ashtami Tagen (der achte Tag nach Neu- bzw. Vollmond) sollte nur das Nachtmahl eingenommen werden. An Kalashtami sollte ganz aufs Essen verzichtet werden. An Ekadashi (dem 11. Tag nach Neu- bzw. Vollmond) ist Essen während des Tages verboten und sollte nur des Nachts nach meiner Verehrung eingenommen werden. Am 13. Tag der hellen Monatshälfte (Trayodashi) ebenso, doch an Trayodashi in der dunklen Hälfte ist Nahrung verboten für diejenigen, die meinen Regeln folgen wollen. An jedem Voll- und Neumondtag (evtl. an allen Parva-Tagen) sollte ebenfalls nur des Nachts gegessen werden. An all diesen Tagen sollten die Hausväter die Brahmanen so gut bewirten, wie sie es vermögen, nachdem die heiligen Riten abgeschlossen sind. Und die Brahmanen sollten das Fasten und die Riten achtsam und beständig begehen, sonst werden sie zu Räubern.

Wer auf dem Wege zur Erlösung nicht fehl gehen will, sollte regelmäßig seine Riten ausführen. Folgende vier Übungen sind wichtig: die Verehrung von Shiva, das Singen des Rudra-Mantras, Fasten und der Tod in Varanasi. Dann ist die Erlösung ewig. Besondere Tage sind die Voll- und Neumondtage und Chaturdashi in der dunklen Monatshälfte (der 14. Tag nach Vollmond, die dunkelste Nacht des Monats). Und der kraftvollste Ritus ist Shivaratri (die „Nacht von Shiva“), so daß diesen Ehrentag jeder begehen sollte, der sich gute Früchte wünscht. Kein anderer Ritus bringt den Menschen mehr Nutzen, denn er gewährt viel Verdienst. Alle Arten von Menschen gewinnen Gutes bei diesem Ritus: die ohne Leidenschaften, die mit besonderen Wünschen, Leute aller Kasten und Altersklassen sowie jeden Geschlechts. Auch Götter und alle verkörperten Seelen werden Shivaratri segensreich finden. In der dunklen Hälfte des Monats Magha ist der Ritus besonders herrlich. Die rituellen Handlungen werden bis nach Mitternacht ausgedehnt und vernichten Millionen schwerer Sünden.

Doch hört, ihr Lieben, was an diesem besonderen Tag getan werden sollte. Ich werde es euch mit Freuden aufzählen. Des Morgens erhebt sich der Kluge und badet mit Freude und Sorgfalt. Dann geht er in den Shiva Tempel, verehrt den Gott und bittet um ein reibungsloses Ritual mit Worten wie: „Oh Herr mit dem blauen Hals, Verehrung sei dir. Ich möchte heute den Shivaratri Ritus ausführen, der dir heilig ist. Oh Herr der Götter, verleihe mir deine Gnade, damit er friedlich vollendet werde. Mögen weder Leidenschaften noch andere Feinde stören.“ Dann sollte der Kluge alles Nötige für das Opfer sammeln und das Linga an einen guten Platz stellen. Alle Dinge für den Ritus setze er südlich oder westlich neben das Linga und verehre es. Wenn die täglichen Arbeiten erledigt sind, bade er erneut. Seine Kleider sollten sauber sein, das Sippen des Wassers dreimal erfolgen, und dann kann die nächtliche Verehrung beginnen, welche immer von den rechten Mantras begleitet werden sollte. Danach singe man die Mantras über drei Stunden mit Musik und Tanz und hingebungsvollem Dienst. Wer die heiligen Sprüche kennt, kann das Linga selbst machen und es anschließend installieren. Immer sollte der Kluge Shiva mit Hymnen besänftigen und darum bitten, daß der Ritus heilsam sei. Es sollten aller drei Stunden vier Lingas gemacht, installiert, verehrt und wieder entlassen werden. Mit allen Riten dazwischen und seiner täglichen Routine sollte der Kluge freudig die Nacht durchwachen, und am nächsten Morgen erneut baden, noch einmal das Linga installieren und verehren. Dann sind die Riten vollendet, und er verbeuge sich vor mir und bitte mit gefalteten Händen: „Oh großer Gott, der Ritus, den ich auf dein Gebot hin begonnen habe, ist nun fertig. Es war vorzüglich, das Linga ist rituell entlassen worden, so sei bitte zufrieden mit meiner heiligen Übung. Ich habe mich angestrengt, drum sei mir gnädig.“ Dann opfere der Kluge eine Handvoll Blüten und beschenke die Armen und Brahmanen. Mit einer ehrfürchtigen Verbeugung ende der Ritus. Danach werden die Brahmanen bewirtet, so wie es dem Verehrer möglich ist, und dann kann er selbst essen.

Nun werde ich euch noch erklären, wie genau die drei Stunden zwischen dem Erbauen der Lingas mit Riten gefüllt werden sollen. In den drei Stunden sollte der Kluge das Linga ehren und ihm hingebungsvoll dienen. Dabei sollten zuerst die fünf Materialien geopfert und dann die anderen Opfergaben mit den entsprechenden Mantras. Danach sollte das Linga mit Wasser stetig begossen und damit geweiht werden. Während das Wasser fließt, sollten meine beiden Aspekte (Nirgunga und Saguna) geehrt und meine 108 Namen gesungen werden. Dann spreche man das Mantra, welches einem der Lehrer gegeben hat, um mich zu ehren oder wiederhole meine 108 Namen. Man opfere Sandelpaste, Reiskörner und schwarzen Sesam, Lotusblüten und Karavira Blumen. Zu den Blumen spreche man folgende acht Namen von mir: Bhava, Sarva, Rudra, Pashupati, Ugra, Mahat, Bhima und Ishana und die Silbe „OM“ vor jedem Namen. Auch Duft und Lampen gehören zum Ritus, während die Nahrung erst danach geopfert wird.

In der ersten 3- Stunden- Spanne (des Nachts) werden gekochter Reis, eine halbe Kokosnuß und Betel geopfert. Dann folgen Verehrung und Meditation, wie es der Lehrer geboten hat. Auch „Om Namah Shivaya“ sollte gesungen werden. Dann forme der Kluge die mystische Geste (das Mudra) der Kuh und opfere reines Wasser. Dann bewirte er fünf Brahmanen, wenn es ihm möglich ist. Am Ende der 3 Stunden besuche er Festlichkeiten mit Musik und Tanz, widme die Früchte der Verehrung der Gottheit und entlasse das Linga rituell.

Die zweite 3- Stunden- Spanne begehe der Kluge ebenso, nur werden hier Sesamsamen, Gerstenkörner und Lotusblüten angeboten. Außerdem biete man mir die Blätter des Bilva- Baumes an. Als Gastgeschenk (Arghya) reiche man mir Zitrusfrüchte und am Ende des Rituals Milchpudding. Und alle Mantras sollten doppelt so oft gesungen werden wie zuvor. Die Brahmanen speise man üppig, und alle anderen Riten gleichen wieder der vorigen Zeitspanne.

In der dritten Spanne wird die Verehrung genauso ausgeführt, nur anstelle der Gerste nehme man Weizen, und die Blumen sollten Sonnenblumen sein. Man nutze verschiedene Düfte und Lampen, und als Essen reiche man gebackene Kuchen und vegetarische Gerichte dar. Während man die Lichter schwenkt, sollte Kampfer geräuchert werden. Das Gastgeschenk sei Granatapfel, und die Mantras sollten dreimal gesungen werden. Die Speisung der Brahmanen begleite diesmal Geldgeschenke, und am Ende stehen wieder Feierlichkeiten.

Wenn die dritte Zeitspanne beginnt, entlasse man rituell die vorhergehende Verehrung, und beginne die neue Verehrung mit allen rituellen Gesten. Hier ehre man mich mit schwarzen und grünen Erbsen, Priyangu Körnern oder einem anderen Getreide, mit Shankhi- Blumen und Bilva- Blättern. Das Essen am Ende der Zeremonie sollten Süßigkeiten, gekochte schwarze Erbsen oder gekochter Reis sein, um mich zu erfreuen. Das Gastgeschenk sei Banane oder eine andere Frucht. Und der Kluge rezitiere zweimal so viele Mantras wie bei der vorherigen Verehrung. Wieviel Brahmanen man nun bewirte, sei einem jeden selbst überlassen. Bis zum Morgen verbringe der Kluge die Zeit mit hingebungsvollem Singen, Tanzen und dem Lauschen der Musik. Zum Sonnenaufgang nehme man das reinigende Bad, ehre mich, und opfere Wasser mit Hingabe und Demut. Den Armen biete man Geschenke an und speise die Asketen und Brahmanen, so gut man eben kann. Dann verneige man sich vor mir, halte eine Handvoll Blumen bereit und spreche folgendes Gebet: „Oh Mrida, du Schatzhaus an Gnade, ich weiß, daß ich dir gehöre. Mein Leben ist in dich eingebettet und mein Geist dir gewidmet. Bitte handle, wie du es für angemessen findest. Oh Herr der lebenden Wesen, sei mir geneigt, meiner Verehrung und meinen Gesängen, wie wissend oder unwissend sie auch erfolgten. Möge Lord Shiva mit den Früchten aus den Riten und dem Fasten zufrieden sein. Oh Lord Shiva, möge deine Verehrung in meiner Familie niemals aufhören und immer erblühen. Möge ich niemals in ein Geschlecht geboren werden, in dem du nicht verehrt wirst.“ Dann opfere man die Blumen, hole sich den Segen der Brahmanen und entlasse rituell die Gottheit.

Wer den Ritus hingebungsvoll ausführt, der kann mich erreichen. Die Früchte dieser Verehrung sind unerklärbar, und es gibt nichts, was ich nicht dafür geben könnte. Wer den Ritus ohne Anhaftung ausführt, zu dem kommt die Erlösung als Samen. Daran braucht niemand zu zweifeln. Jeden Monat sollte man diesen Ritus ausführen, dann wird sich der Verdienst ansammeln. Und ich gewähre dem Hingebungsvollen alle seine Wünsche, weltliche Freuden und Erlösung.

Suta fuhr fort:
Nachdem Vishnu diese nützlichen und wunderbaren Worte Shivas vernommen hatte, kehrte er in sein Reich zurück. Und der Ritus wurde von den Menschen gerne angenommen, die sich das Wohl ihrer Seele wünschen. Vishnu hat es dann später Narada erzählt, denn das heilige Wort Shivas wirkt nur Gutes.


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