Mit viel Lob und dem Wohlergehen der Welten im Sinn sprachen die Weisen zu Suta:
Oh Suta, du weißt alles. Und darum fragen und bitten wir dich. Sei so gut, du heiliger Mann, und erzähl uns auch vom großen Harishvara Linga. Denn wir haben einmal gehört, daß Vishnu seinen Diskus erhielt, als er Harishvara besänftigte. Bitte gib uns die Geschichte in allen Einzelheiten wieder.
Und Suta begann:
Oh ihr großen Weisen, möget ihr die heilsame Geschichte von Harishvara vernehmen und wie Vishnu seinen Diskus Sudarshana von Shiva gewann. Es war einmal eine Zeit, da wurden die Dämonen sehr mächtig. Sie quälten die Welten und mißachteten die heiligen Riten. Die Götter klagten Vishnu ihr Leid, ihrem Retter:
Oh Herr, sei gnädig. Wir werden von den Dämonen arg geplagt. Wohin sollen wir gehen? Was tun? Wir haben uns an dich um Hilfe gewandt, denn du bist dessen würdig.
Vishnu dachte an die Lotusfüße Shivas und sprach:
Ihr Götter, ich werde handeln, nachdem ich Shiva verehrt habe. Mit großer Kraft werden wir diese mächtigen Feinde besiegen.
Die Götter waren getröstet, vertrauten auf den Sieg über die Dämonen und kehrten in ihre Reiche zurück. Und Vishnu ehrte Shiva, um den Göttern zum Sieg zu verhelfen, diesen Herrn über alle Götter und unvergänglichen und kosmischen Zeugen. Er ging zum Kailash, grub eine Vertiefung und entzündete darin ein Feuer. Er ehrte Shiva freudig mit Mantras und Hymnen, baute ein Linga und übte Askese. Die Lotusblumen für die Opfer pflückte er aus dem Manasa See und saß dann unbewegt in der Yogaposition. Sein Entschluß war: Ich bleibe hier solange sitzen, bis der Herr zufrieden ist. Doch Shiva zeigte sich nicht, und Vishnu bekam Sorgen. So diente er ihm auf vielerlei Weise, doch Shiva war‘s nicht zufrieden. Erstaunt sang Vishnu die tausend Namens Shivas und lobte ihn hingebungsvoll. Bei jedem Namen brachte er dem Gott eine Lotusblüte dar. Doch Shiva stahl eine der Blüten, um Vishnu zu prüfen. Den Diebstahl bemerkte Vishnu nicht, doch nach einer Weile das Fehlen einer Blüte, und so begann er zu suchen. Er wanderte über die ganze Erde und bewahrte dabei seine heiligen Gelübde und Riten. Doch als er die Lotusblüte nirgends finden konnte, brachte er eines seiner Lotusaugen dar.
Das erfreute Shiva sehr, er erschien vor Vishnu und sprach:
Oh Vishnu, ich bin entzückt über deine Hingabe. Sage mir, was du wünschst, ich gewähre es. Denn es existiert nichts, was dir nicht gegeben werden sollte.
Erfreut antwortete Vishnu mit ehrfürchtig gefalteten Händen:
Was könnte ich dir sagen? Du bist die ewige Seele. Doch deinem Gebot folge ich, oh Herr, und spreche es aus. Das ganze Universum wird von mächtigen Dämonen gequält. Unsere Freude ist dahin, und unsere Waffen können den Dämonen nichts anhaben. Was sollen wir tun? Und wohin gehen? Ich habe keinen Retter außer dir, und so nehme ich Zuflucht bei dir, oh Herr.
Bewegt schwieg er und stand wartend vor Shiva, dieser großen Seele. Da gab ihm Shiva den strahlenden Diskus Sudarshana, mit dem Vishnu die Macht der Dämonen mühelos brach. Das Universum kehrte zu seiner Ausgeglichenheit zurück, alle waren wieder glücklich, und Vishnu mit seinem Diskus ganz besonders.
Da fragten die Weisen:
Wie lautete die Hymne mit den tausend Namen Shivas, die ihn so begeisterte, daß er Vishnu den Diskus gab? Bitte breite die Herrlichkeit dieser Hymne vor uns aus und erzähl uns auch vom Gespräch zwischen Vishnu und Shiva. Betone dabei besonders die mitfühlende Natur, die Shiva dem Vishnu zeigte.
Da gedachte Suta der Lotusfüße Shivas und begann.