Pushpak Shiva-Purana Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 28 - Vom Vaidyanatheshvara Lichtlinga

Suta erzählte weiter:
Einst führte der sehr stolze Ravana, dieser mächtige Herrscher der Dämonen, mit großer Hingabe seine Verehrung für Shiva auf dem Berg Kailash durch. Lange übte er Buße, doch Shiva war nicht erfreut. So begann Ravana eine andere Askese, um Shivas Gunst zu gewinnen. Er grub eine tiefe Grube unterhalb der Wälder am südlichen Himavat in einer Gegend, in der die Siddhas gerne weilen. Dann entzündete dieser Nachkomme des Pulastya ein Feuer darin, daneben erbaute er ein Linga und führte ein Opfer durch. Drei Arten von Enthaltsamkeit lud er sich auf. Im Sommer stellte er sich in die Mitte von fünf Feuern. Wenn es regnete, legte er sich auf den blanken Boden. Und im Winter stand er im Wasser. Oh, welch schwere Buße! Doch Shiva, diese höchste Seele, war nicht entzückt, denn die Hochmütigen können sich nur schwer dem Göttlichen nähern. Doch Ravana war entschlossen und ehrte nun Shiva, indem er sich nach und nach seine Köpfe abschlug. Als schon mit vielen Riten neun gefallen waren, und nur noch einer übrigblieb, erschien Shiva erfreut vor ihm. Der Herr setzte ihm seine Köpfe wieder auf und gewährte ihm seinen Wunsch nach außerordentlicher Stärke.

Da faltete Ravana seine Hände und bat mit gebeugtem Haupt:
Oh Herr der Götter, sei zufrieden. Ich werde dein Linga in meine Hauptstadt Lanka tragen, gewähre mir diesen Wunsch. Ich suche Zuflucht in dir.

Da erwiderte der Gott:
Höre, bester Ravana, und nimm meine Worte wichtig. Du kannst das Linga mit dir nehmen. Doch wenn es den Boden berührt, wird es dort bleiben, und niemand kann es mehr von der Stelle rücken. Daran gibt es keinen Zweifel. Und nun handle, wie du es für richtig hältst.

Ravana hörte die Warnung, stimmte zu und machte sich auf den Heimweg nach Lanka. Doch unterwegs verspürte er plötzlich den großen Drang, seine Blase leeren zu müssen. Es half keine Beherrschung, und er bat einen Kuhhirten, für ihn solange das Linga zu halten. Es verging fast eine Stunde für den Hirten, Ravana kehrte nicht zurück, er wurde nervös und das Linga ihm zu schwer. So setzte er es ab, und sobald das diamantene Linga den Boden berührt hatte, blieb es festverwurzelt. Oh ihr Weisen, heute ist es als das himmlische Vaidyanatha bekannt und berühmt in allen drei Welten, denn schon sein Anblick beseitigt Sünden und seine Verehrung noch viel mehr. Hier gewährt es weltliche Freuden und hernach die Befreiung. Es ist das Beste unter den Lichtlingas, und es ebnet den Pfad zur Erlösung. Ravana blieb nichts anderes übrig, als ohne es nach Lanka heimzukehren, doch er hatte sich Shivas Segen gewonnen. Und so stand das Linga nun da zum Wohle der Welten.

Als die Götter und himmlischen Weisen davon hörten, kamen sie herbei und konzentrierten ihren Geist auf Shiva. Sie ehrten ihn demütig und erblickten ihn im Linga. Dann weihten sie das Linga, nannten es Vaidyanatheshvara, und nach ehrenvoller Verbeugung kehrten sie in ihre Sphären zurück.

Da baten die Weisen:
Und was geschah danach? Oh bitte, lieber Suta, erzähl weiter.

Und Suta begann:
Ravana war freudig über den Segen heimgekehrt und hatte seiner geliebten Frau alles erzählt. Doch Indra und die anderen Götter waren besorgt, und untereinander sprachen sie:
Ravana haßt die Götter, und nun, da er große Kraft von Shiva erhalten hat, wird er uns um so mehr quälen. Was wird nun geschehen? Was sollen wir tun? Wohin gehen? Welche üblen Taten wird Ravana nun begehen?

Ratlos fragten die Götter Narada um Rat:
Oh guter Weiser, du kannst alles vollbringen. Bitte finde ein Mittel, um unsere Sorgen zu zerstreuen. Wird Ravana uns peinigen, und was sollen wir tun?

Narada beruhigte sie:
Sorgt euch nicht, ihr hohen Götter. Ich werde mir etwas überlegen und handeln. Und mit Shivas Gnade werde ich für euch wirken.

Nach diesen Worten ging Narada zu Ravana und wurde freundlich willkommen geheißen. Und ebenso freundlich wandte sich Narada an den großen Dämon:
Oh du vorzüglicher Herrscher der Dämonen, du bist gesegnet und ein großartiger Verehrer Shivas. Dein Anblick hat mich heute sehr erfreut. Bitte erzähle mir ganz genau, wie du Shiva gnädig gestimmt hast.

Und Ravana erwiderte:
Nun, großer Weiser, erst übte ich am Kailash Askese, doch Shiva zeigte sich mir nicht. Da ging ich zu diesem Wald und führte meine Buße weiter. Im Sommer stand ich zwischen fünf Feuern, im Regen lag ich auf der Erde, und im Winter hielt ich mich im kalten Wasser auf. Dreifach war also meine Buße, und schwer war sie auch, doch Shiva war immer noch nicht zufrieden. Da wurde ich zornig. Ich schaufelte eine Grube, entzündete ein Feuer darin, und ehrte Shiva mit allem, was die Schriften gutheißen. Ich schwenkte Lichter, erbaute irdene Lingas, opferte Düfte und Nahrung, räucherte mit feinen Kräutern, tanzte, sang, machte Musik, sprach Mantras und formte mit meinen Händen alle mystischen Zeichen. Doch Shiva war nicht im mindesten zufrieden mit mir und erschien mir nicht. Da war ich niedergeschlagen, denn ich konnte mit meiner Askese und Verehrung keine Früchte gewinnen. Ich sprach: Schande über meinen Körper! Schande über meine Stärke! Und Schande über meine Buße! - Mit diesen Worten opferte ich weiter dem Feuer und dachte mit einem Mal: Ich werde nun meinen Körper dem Feuer übergeben. So schnitt ich mir einen Kopf nach dem anderen ab, reinigte sie und übergab sie dem Feuer. Als ich eben meinen letzten, zehnten Kopf abschlagen wollte, erschien Shiva vor mir in einem himmlischen Glanze. Geneigt sprach er zu mir: „Ich bin zufrieden. Wähle deinen Segen, und ich gewähre ihn dir.“ Da verbeugte ich mir vor ihm, pries ihn hingebungsvoll und sprach: „Oh Herr der Götter, wenn du mit mir zufrieden bist, dann kann ich alles erreichen. Bitte gib mir unvergleichliche Stärke.“ Das gewährte mir der edle Herr, und mit nur einem großartigen Blick gab er mir alle meine Köpfe wieder. Welche Gnade! Ich hatte meinen früheren Körper wieder und seinen Segen dazu. Auf meine Bitte hin blieb der Herr auf Erden als Vaidyanatha Linga, und dieses Linga ist nun in allen Welten berühmt. Das Lichtlinga gewährt Glück und Erlösung, wenn man es ansieht und verehrt. Ich habe es ganz besonders verehrt und mich vor ihm verbeugt. Dann ging ich heim, und nun habe ich die Absicht, die drei Welten zu erobern.

Innerlich lachend und freudig erregt sprach da Narada zum Dämon:
Oh mögest du mich anhören, du vorzüglicher Dämon, denn ich werde dir etwas sehr Nützliches raten. Handle genau, wie ich es dir sage, und laß dich nicht davon abbringen. Denn wahrlich, was könnte Shiva auf Erden nicht alles sagen, wenn er in einem weltlichen, abgelenkten Geisteszustand ist? Nimm es nicht so genau mit seinem Segen, denn er wird sich nicht erfüllen. Doch ich meine es gut mit dir und sage dir, was dich wirklich weiterbringt. Geh noch einmal zum Kailash und hebe den Berg an. Denn nur, wenn du diesen Berg anheben kannst, bist du wirklich übermächtig. Zweifle nicht daran. Dann stell ihn wieder hin, und kehre glücklich heim. Entscheide dich und handle schnell.

Das Schicksal verblendete Ravana wohl ordentlich, denn er fand den Rat sehr nützlich. Im festen Glauben an die guten Worte des himmlischen Weisen ging er wieder zum Kailash. Er hob ihn hoch, und alles auf dem Berg purzelte durcheinander. Shiva wunderte sich und fragte, was hier geschehe. Und Parvati sprach lächelnd zu ihm:
Das ist das Ergebnis deines Segens an Ravana. Zuvor war er ein Held mit einer ruhigen Seele, doch dann hast du ihm unvergleichliche Stärke verliehen. Und das ist wohl das Gute, was dabei herausgekommen ist.

Shiva verstand wohl ihre Anspielung, fand Ravana undankbar und verfluchte ihn:
Oh niedrig gesinnter Ravana, du hochmütiger Verehrer von mir, sei nicht so überheblich. Es wird schon bald jemand erscheinen, der deinen Hochmut mit noch stärkerer Hand zügelt.

Narada hörte die himmlischen Worte und freute sich. Ravana hörte sie nicht und kehrte ebenfalls erfreut heim. Von seiner Kraft berauscht entschloß er sich bald und brachte mit Kampf und Gewalt die Welten unter seine Kontrolle. Durch den Segen Shivas konnte ihm vorerst niemand die Stirn bieten.


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