Pushpak Shiva-Purana Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 27 - Gautamas Fluch

Da erkundigten sich die Weisen:
Oh heiliger Herr, wie kam die Ganga dann auf die Erde? Wie ging es mit den zornigen Brahmanen weiter? Bitte erzähl uns das auch, du trefflicher Schüler Vyasas.

Und Suta sprach:
Nun ihr Brahmanen, die Ganga nahm auf Bitten Gautamas ihren Ursprung aus den Zweigen eines Udumbara Baumes auf dem Gipfel des Brahmagiri. Von dort floß sie in die Ebene, wo Gautama freudig sein reinigendes Bad nahm. Auch seine Schüler badeten, und der malerische, sündenvernichtende Ort wurde als Gangadvara (das Tor der Ganga) bekannt. Als jedoch die dem Gautama übelgesinnten Brahmanen kamen und ein heiligendes Bad nehmen wollten, da verschwand die Ganga. Schnell eilte Gautama hinzu und pries und bat die Ganga wieder und wieder mit gebeugtem Haupt und aneinandergelegten Händen:
Und sind sie auch blind und hochmütig, weil sie zu Wohlstand kamen, bitte gewähre allen Menschen deinen Anblick dank der Tugend dieses heiligen Ortes, seien sie nun gut oder böse.

Doch die Ganga tönte mit mächtiger Stimme aus dem Himmel:
Du bester Weiser, diese Brahmanen sind so hinterhältig und undankbar, daß sie damit ihren Herrn verraten. Sie sind gemein, verwirrt und nicht würdig, eine Vision zu erhalten.

Gautama bat sie noch einmal:
Oh Mutter, bitte erinnere dich an die Worte des großen Herrn und laß sie wahr werden. Er sagte: Ich werde durch die Person geheiligt, die Böses mit Gutem vergilt.

Da erwiderte die Stimme aus dem Firmament:
Oh Gautama, was du sagst, ist wahr. Welch glücksverheißende Worte! Doch laß die Sünder zuerst Sühneriten durchführen. Sie sollen unter deiner Anleitung den Berg umrunden, dann werden sie mich erblicken. Ich sage dir die Wahrheit.

Das hörten auch die Brahmanen, und sie baten Gautama um Hilfe und Vergebung. Und so geschah es. Gautama grub eine Wasserstelle unterhalb von Gangadvara, in die das heilige Wasser zur Freude des Weisen floß. Sie wurde Kushavarta genannt und ein vorzüglicher Pilgerort. Wer dort badet wird so würdig, daß er gleich nach dem Ablegen aller Sünden vollkommene Erkenntnis gewinnen kann, die so schwer zu erlangen ist und zur Erlösung führt. Und alle, die zuvor zornig und gemein waren, schämten sich sehr und wünschten sich wieder die Gesellschaft von Gautama.

Doch wißt ihr, die Begebenheit wird auch anders erzählt. Hier hat der zornige Gautama die Brahmanen verflucht. Ich werde euch auch diese Version erzählen, die genauso wahr ist, denn sie geschah in einem anderen Zeitalter. Auch hier übte Gautama während der großen Dürre strenge Askese, um den Gott Varuna zu besänftigen. Mit dessen Hilfe entstand eine stetige Wasserquelle, so daß wieder Getreide ausgesät werden konnte, und die Menschen in der Einsiedelei dank Gautamas Mitgefühl und Buße genug zu essen hatten. Einmal erbosten sich die Frauen in einem Streit ums Wasser und hetzten ihre Ehemänner im Zorn gegen Gautama auf. Mit getrübtem Geist erschufen die Brahmanen eine Kuh, die im Kornfeld weidete. Als Gautama sie sanft mit einem Grashalm berührte, um sie fortzuführen, fiel sie tot zu Boden, denn das Schicksal ist unvermeidlich. Die Brahmanen versammelten sich und beschlossen, daß Gautama die Kuh getötet hatte. Der weise Asket war erst verwundert, dann versenkte er sich im Kreise seiner Gattin Ahalya und seiner Schüler in tiefe Meditation und erkannte die Wahrheit. Mit gerechtem Zorn verfluchte er daraufhin die Brahmanen:
Mit böser und hinterlistiger Absicht habt ihr mich in Bedrängnis gebracht. Doch ich bin ein Verehrer Shivas und erkenne, daß ihr euch von den Veden abgekehrt habt. Für euch wird der Pfad, wie ihn die Veden zu Shiva lehren, nun verschlossen und eure Riten unfruchtbar bleiben. All eure Anstrengungen und Aufmerksamkeit werden euch nur auf verworrene Wege ins Abseits führen. Von nun an schmiert ihr Lehm auf eure Stirn und fallt in die Hölle, denn Shiva ist nicht mehr eure alleinige Zuflucht. Er wird für euch in der Vielzahl der Götter nicht mehr erkennbar sein. Ihr werdet keine Freude mehr haben an den Riten für Shiva, seinen treuen Verehrern, den Festlichkeiten und der Verehrung des Einen. Und dieses Elend wird euch und euren Nachkommen viel Leiden verursachen. Eure nächsten Generationen werden Shiva nicht mehr ehren, und ihr werdet in die Hölle absinken. Und irgendwann werdet ihr als Aussätzige geboren, die von Elend und Krankheiten gezeichnet sind. Immer werdet ihr übel denken, an anderen herummäkeln und blutrote Zeichen tragen.

So verfluchte Gautama die Brahmanen, kehrte in sein Heim zurück und führte Shivas Riten aus, die ihn reinigten. Die Verfluchten gingen fort und ließen sich in Kanchi nieder, ohne je wieder die Riten Shivas zu beachten. Und so ging es fort bis ins Kali-Zeitalter, wo die Menschen immer verwirrter werden und ohne Wahrhaftigkeit leben.

So, ihr Lieben, nun habe ich euch beide Geschichten erzählt, in denen das Lichtlinga Tryambaka am Ufer der Gautami vorkam. Es ist heilig und vernichtet Sünden. Doch hört mir weiter zu, denn als nächstes erzähle ich euch vom heilsamen Vaidyanatheshvara Lichtlinga.


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