Pushpak Shiva-Purana Buch 9Zurück WeiterNews

Kapitel 10 - Die Geschichte von König Mitrasaha

Suta erzählte:
Es lebte einst der äußerst tugendhafte König Mitrasaha aus dem glorreichen Geschlecht des Ikshvaku. Seine geliebte und fromme Gattin war die tugendhafte und gutmütige Dame Madayanti. Die beiden waren ein Paar wie Nala und Damayanti. Der König liebte das Jagen sehr und begab sich mit seinem großen Gefolge dafür oft in den Wald. Einmal tötete er auf der Jagd den bösen Dämonen Kamatha (= aus Lust und Begierde), der schon viele gute Menschen gequält hatte. Dessen jüngerer Bruder, ein trickreicher Sünder, hatte nun Rache im Sinn und beschloß, den König mit hinterhältiger List zu vernichten. So trat er vor den König in Gestalt eines demütigen Dieners auf der Suche nach Arbeit, und der König machte ihn zum Koch, ohne seine wahre Natur zu erkennen. Nachdem er sich nach Herzenslust im Walde vergnügt hatte, kehrte der König in seinen Palast zurück. Am Tage, an dem er seine Ahnen ehren wollte, lud er seinen Lehrer Vasishta zu sich und bot ihm köstliches Essen an. Der weise Vasishta schaute auf die Schüsseln vor ihm, und erkannte sofort, daß er Menschenfleisch vorgesetzt bekam, welches der Dämon als Koch heimlich untergemischt hatte.

Erbost sprach der Brahmane:
Oh du böser König, Schande über dich! Du willst mir Menschenfleisch unterschmuggeln, daher sollst du ein Dämon werden!

Doch dann erkannte der Weise, daß es der Betrug eines Dämonen und nicht die Schuld des Königs war, überlegte und schwächte seinen Fluch ab, indem er ihn auf zwölf Jahre begrenzte. Der König loderte vor Zorn, denn er erachtete den Fluch als ungerecht, und wollte ihn eben mit einer Handvoll Wasser zurückgeben. Doch seine geliebte Gattin warf sich ihm zu Füßen und bat ihn inniglich, vom Fluch abzulassen. Seine Hochachtung vor ihrer Tugend ließ ihn folgen, er schüttete das Wasser über seine eigenen Füße aus, und diese veränderten sich sogleich. Seither ist er auch unter dem Namen Kalmasanghri bekannt, der mit den gefleckten Füßen. Durch den Fluch seines Lehrers wurde er zu einem schrecklichen, bluttrinkenden Dämon, der im Walde umherstreifte und wie der Todesgott wütete. Sein dämonischer Hunger war unersättlich, und er tötete Tiere und Menschen, um sie zu verschlingen. Einmal überraschte er ein junges, frisch verheiratetes Pärchen, wie es sich eben in Liebe vereinigte. Rasend vor Blutdurst packte er den jungen Brahmanen, achtete nicht die mitleiderregenden Bitten der jungen, ängstlichen Frau, riß ihm den Kopf ab und verschlang ihn sogleich. Die junge Dame weinte und schrie, sammelte die Reste ihres Gatten und entzündete den Scheiterhaufen.

Doch bevor sie sich den Flammen übergab, um ihrem geliebten Mann zu folgen, verfluchte sie den Dämonen:
Falls du dich von heute an je wieder mit einer Frau vereinst, wirst du sterben.

Nun, nachdem die zwölf Jahre vergangen und der Fluch abgegolten war, nahm der König seine menschliche Gestalt wieder an und kehrte freudig in seinen Palast zurück. Seine liebe Gemahlin Madayanti wußte vom Fluch der frommen Brahmanin und weigerte sich, mit ihrem Mann zu schlafen, denn sie wollte nicht, daß er starb und sie zu Witwe machte. Und bald schon fühlte der kinderlose König eine tiefe Abscheu vor seiner Herrschaft. Er ging in den Wald und sah, wie ihm die gräßliche Gestalt des Brahmanenmordes dichtauf folgte. Sie peinigte und quälte sehr, so daß er alles versuchte, sie loszuwerden. Er versuchte das Singen der Namen Gottes, heilige Riten, Opfer, Askese, rituelle Bäder an heiligen Orten und vieles anderes. Doch der Brahmanenmord verschwand nicht, und so ging er nach Mithila. Geplagt und voller Sorgen kam er in einem Park am Rande der Stadt an, als ihn der weise Gautama sah. Schon als der König diesen reinen Geist bemerkte, fühlte er sich im Frieden, und so verbeugte er sich vor dem Weisen viele Male.

Als der Weise sich bei ihm nach seinem Wohlergehen erkundigte, seufzte der König und sprach:
Oh Gautama, der Brahmanenmord verfolgt und quält mich. Andere können ihn nicht sehen, doch er folgt mir auf Schritt und Tritt. Als ich in den Klauen eines Fluchs gefangen war, verschlang ich einen Brahmanenjüngling. Und diese Sünde kann nicht mit tausenden Riten bereinigt werden. Oh Weiser, ich wanderte viel und versuchte vieles, um die Sünde zu tilgen. Doch sie verläßt mich nicht. Ist es, weil ich eine sündige Seele habe? Doch als ich dich sah, war es mir, als ob ich die Frucht meiner Geburt erlangt habe, denn ich fühle Frieden und Glück in meinem Herzen. Oh du Glückspender, ich Sünder suche Zuflucht zu deinen Lotusfüßen. Gewähre mir Frieden und damit Glück.

Gautama hatte ein freundliches Herz, und so erzählte er ihm, wie man schwere Sünden loswerden kann:
Du guter König, du bist gesegnet und hast wohl getan. Verbanne alle Furcht. Solange Shiva der Herr ist, kann es keine Angst für einen geben, der ihn verehrt und bei ihm Zuflucht sucht. Du glücklicher König, höre. Es gibt einen geweihten Ort namens Gokarna, wo ein Shiva Tempel steht. Dort werden alle Sünden getilgt. Selbst die größten Sünden können dort nicht bestehen, denn Shiva selbst ist im Mahabala anwesend. Es nimmt in den verschiedenen Zeitaltern verschiedene Farben an. Also geh nach Gokarna am Ufer des westlichen Ozeans, zum Shiva Linga. Nimm dort dein Bad im heiligen Wasser und ehre Shiva und das Mahabala, denn alle Sünder haben damit das Reich Shivas gewonnen. Auch du wirst deine Sünden los und zufrieden sein.

Gerne folgte der König den guten Worten und kam mit freudigem Geist in Gokarna an. Er tauchte im heiligen Wasser unter und ehrte das Mahabala. Alle Sünden verließen ihn restlos, und er kam ins großartige Reich Shivas. Wer diese angenehme Geschichte vom Mahabala achtsam hört, geht mit seiner ganzen Familie für 21 Generationen ebenfalls in die Sphäre Shivas ein. Denn so ruhmreich ist das Mahabala, dieses herrliche, sündentilgende Linga von Shiva.


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