Pushpak Shiva-Purana Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 31 - Die Inkarnation Shivas als Bikshuvarya

Nandi erzählte weiter:
Nun, mein Lieber, werde ich dir von der vorzüglichen Inkarnation als Bettelmönch (Bikshuvarya) erzählen, welche die Zweifel einer Brahmanin zerstreute. Es lebte im Land Vidarbha einst ein König namens Satyaratha. Er war tugendhaft, wahrhaft und ein großer Verehrer Shivas. Lange Zeit verging so in Glückseligkeit, bis die Shalvas seine Stadt belagerten, und es zum Krieg kam. Der König kämpfte tapfer mit all seinen Armeen, doch er unterlag und wurde getötet. Wer am Leben blieb, ob nun Krieger oder Minister, floh in alle Richtungen davon, und so wurde die schwangere Königin vom siegreichen Feind gefangengenommen. In der Nacht konnte sie entkommen und schritt langsam nach Osten davon, ihr Herz auf die Lotusfüße Shivas gerichtet. Am nächsten Morgen kam die Zarte durch Shivas Gunst an einen klaren See und ruhte sich unter einem Baum im Schatten aus. Es war eine verdienstvolle Stunde, denn sie brachte dort am Ufer des Sees einen Sohn zur Welt, der mit allen himmlischen Zeichen gesegnet war. Durstig und erschöpft wollte sie anschließend aus dem See Wasser schöpfen, doch ein Krokodil bekam sie zu packen und verschlang sie. Der Junge wurde schnell hungrig und durstig und begann zu weinen. Als Shiva den Jungen weinen hörte, der nun ohne Mutter und Vater ganz allein im Wald war, erhob sich sein Mitgefühl. Er führte im Geiste eine verwitwete Brahmanin auf Bettelgang zum See, die ihren einjährigen Sohn mit sich trug.

Als sie das verlassene und gerade geborene Kind fand, wunderte sie sich und überlegte:
Oh, das ist ja ein Wunder, was ich hier sehe. Ich kann es mir nicht erklären. Dieser Knabe liegt hier auf dem blanken Boden und die Nabelschnur ist noch deutlich zu sehen. Doch nirgends ist eine Mutter. Er weint und strahlt gleichzeitig. Er hat wohl niemanden, der sich um ihn kümmert. Ach, wie mächtig ist das Schicksal! Wen könnte ich nur nach seinen Eltern fragen? Und dabei fühle ich mich zu ihm hingezogen. Doch ohne etwas über seine Abstammung zu wissen, sollte ich ihn nicht berühren, auch wenn ich mir wünsche, ihn wie meinen eigenen Sohn zu versorgen.

Als die Brahmanin so sann, nahm Shiva aus Mitgefühl die Gestalt eines Bettelmönches an. Wie zufällig kam auch er an den See, lächelte die Brahmanin an und sprach zu ihr:
Oh Brahmanin, zweifle nicht länger und sorge dich nicht. Beschütze diesen reinen Jungen mit aller Liebe, den du bereits als deinen eigenen Sohn angenommen hast. Schon bald wirst du durch dieses Baby großen Ruhm erlangen, also pflege ihn gut.

Respektvoll fragte sie den Bettler:
Auf dein Wort hin werde ich ihn großziehen wie meinen eigenen Sohn. Zweifle nicht daran, denn du kamst für ein gutes Schicksal zu mir. Doch ich möchte gerne wissen: Wessen Sohn ist er? Und wer bist du, der du im rechten Moment hier erschienen bist? Oh Herr, du bester Mönch, immer wieder drängt sich mir der Gedanke auf, daß du Shiva selbst bist, dieser Ozean an Gnade, und daß dieser Knabe früher ein Verehrer von dir war. Sicher war es eine unheilsame Tat in der Vergangenheit, die ihn in diese Notlage brachte. Doch wenn er sie überstanden hat, wird er sicherlich durch deine Gnade großen Ruhm erlangen. Es war wohl dein Zauber, der mich verwirrte und vom Weg abbrachte. Um den Jungen zu beschützen, hast du mich hierhergeführt.

Und Shiva gab zur Antwort:
Nun oh Dame, so vernimm die Abstammung des Jungen. Ich werde dir Sündlosen alles erzählen. Der Junge ist der Sohn von Satyaratha, dem pflichtgetreuen König von Vidarbha, einem großen Shiva Verehrer, der in der Schlacht von seinen Feinden getötet wurde. Seine traurige Ehefrau verließ bei Nacht den Palast, kam hierher und schenkte dem Jungen das Leben. Als sie durstig im See trinken wollte, fraß sie ein Krokodil auf, weil es das Schicksal so wollte.

Überrascht fragte die Dame den Bettler erneut:
Oh Herr, wie konnte es sein, daß der pflichtgetreue König nach langer und guter Herrschaft so schnell von seinen Feinden geschlagen werden konnte? Und warum wurde die Königin so plötzlich von einem Krokodil getötet? Warum wurde dieser Junge gleich nach seiner Geburt ein hilfloser Waisenknabe? Warum ist mein Sohn so arm und in ein Bettelleben geboren? Oh Bettler, und wie werden die beiden Jungen Glückseligkeit erlangen? Bitte erklär mir das.

Lächelnd und entzückt sprach Shiva:
Oh Brahmanin, ich werde deine Fragen genau beantworten. Höre mir aufmerksam zu. In einer früheren Geburt war der Vater des Knaben König Pandya. Dieser verehrte Shiva, herrschte gerecht und tugendhaft über die ganze Erde und machte seine Untertanten glücklich und zufrieden. Er folgte Riten und Fastengelübden und einmal, am dreizehnten Tag des Monats, verehrte er Shiva in der frühen Morgendämmerung. Mitten in seiner Verehrung erhob sich in seiner Stadt ein grauenhaftes Lärmen. Da er den Überfall von Feinden befürchtete, stand er auf und verließ den Ritus, ohne ihn ordentlich beendet zu haben. Doch sein Minister hatte schon den angreifenden König gefangengenommen, und als er ihn sah, wurde Pandya so sehr von Zorn übermannt, daß er völlig den rechten Weg vergaß. Er beendete seine Verehrung nicht und befahl, den Feind zu enthaupten. Außerdem nahm er daraufhin sein nächstes Essen ein, und da war er ohne den rechten Abschluß des Ritus nicht rein. Und dies war der Grund, warum er in seiner nächsten Geburt als König von Vidarbha von seinen Feinden überwältigt werden konnte.

Dies war auch der Grund, warum dieser Junge hier ohne Wohlstand ist, denn er war in seiner früheren Geburt auch der Sohn des Königs. Seine Mutter hat in ihrem vorigen Leben eine Nebenfrau getötet, und deshalb hat sie in diesem Leben das Krokodil verschlungen. Nun weißt du alles über diese Familie. Wer Shiva nicht ehrt oder keine Hingabe an ihn fühlt, der wird im nächsten Leben arm. Dein Sohn war zwar ein vorzüglicher Brahmane in seinem vorigen Leben, der großzügig viele Reichtümer verschenkte, doch er führte weder Opfer noch heilige Riten aus. Und das macht ihn in diesem Leben arm. Such du Zuflucht bei Shiva, um diese Sünde aufzulösen. Und laß auch deine beiden Söhne bei Shiva Zuflucht nehmen. Wenn sie die heilige Schnur verliehen bekommen haben, wird Shiva ihnen Herrlichkeit verleihen.

Nach diesen Worten ließ der Bettler die Dame sein wahres Selbst sehen. Die Dame erkannte, verbeugte sich und pries den Gott mit bewegter Stimme. Und im nächsten Moment verschwand Shiva vor ihren Augen. Die Dame nahm die beiden Jungen, ging mit ihnen nach Ekachakra und zog sie liebevoll groß. Zur rechten Zeit verliehen ihnen die Brahmanen die heilige Schnur, und sie wuchsen in Hingabe an Shiva auf. Der Weise Shandilya ließ sie Riten und Fasten befolgen, und eines Tages, als der Prinz ohne seinen Bruder zum Fluß ging, um sein Bad zu nehmen, da fand er einen Topf voll Gold. Es verging ein weiteres Jahr der freudigen Hingabe und Verehrung an Shiva, da gingen die beiden Jünglinge einmal in den Wald und trafen einen himmlischen Sänger. Der gab sogleich seine schöne Tochter dem Prinzen zur Frau, und dieser herrschte alsbald ohne Hindernisse über das Königreich von Vidarbha. Dabei erachtete er die Brahmanin, die ihn aufgezogen hatte, als seine Mutter und deren Sohn als seinen Bruder. Unter dem Namen Dharmagupta fuhr er fort, den Herrn zu ehren und mit seiner Gemahlin ein angenehmes Leben zu führen. Ja, so war das, als Shiva als Bettelmönch den König Dharmagupta zum Glück führte. Diese Geschichte ist sehr fromm, heilig und reinigend. Sie vermittelt Tugend, Wohlstand, Liebe und Befreiung und nebenbei noch Vergnügen. Wer sie mit reinem Geist liest oder anderen erzählt, erfreut sich an weltlichen Genüssen ebenso wie am Reich Shivas hernach.


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