Pushpak Shiva-Purana Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 12 - Die Sarabha-Inkarnation

Da sprach Sanatkumar:
Oh lieber Nandi, du Kluger, ich kann dir folgen. Doch habe Mitgefühl mit mir und erzähl weiter, was danach geschah.

Und Nandi fuhr fort:
Nach dieser Mahnung von Virabhadra wurde der Löwenmann noch wütender. Er brüllte und wollte Virabhadra gewaltsam packen. Doch da erhob sich ein unerträgliches Strahlen. Es war der Glanz Shivas, der den ganzen Himmel einnahm und allen Angst und Schrecken einflößte. Dieses Strahlen war unbeschreibbar. Es war weder golden noch grell, nicht wie die Strahlen der Sonne oder des Mondes, und auch dem Blitz war es nicht vergleichbar. Es stammte auch nicht vom Himmel. Alle Arten von Glanz flossen in Shiva zusammen. Die Form von Virabhadra verschwand plötzlich. Und Shiva manifestierte sich aus diesem Glanze in einer kolossalen Gestalt als großer Vernichter. Die Götter riefen „Sieg!“, und staunten über dieses Wesen. Shiva trug tausend Hände, wirres Haar mit der Mondsichel darin und einen gewaltigen und schrecklichen Körper. Er erschien wie ein Vogel mit Flügeln und Schnabel, trug dabei kräftige Arme mit scharfen, harten Klauen und vier Beine. Sein Hals war schwarz, seine Stimme tief und dröhnend wie das Donnergrollen am Ende der Zeitalter. Seine drei Augen waren weit geöffnet und sprühten Feuer vor Zorn. Deutlich waren seine Lippen zu sehen, wie sie die Silbe „Hum“ zischten. Oh, welche Gestalt hatte Shiva da angenommen!

Schon bei seinem Anblick verließen Vishnu jedwede Kraft und Entschlossenheit. Er glich im Nu einem schwach flackernden Glühwürmchen unter den Strahlen der Sonne. Shiva schlug mit den Flügeln, umschlang mit seinem Schwanz die Beine des Löwenmannes und packte mit seinen Händen die Hände Vishnus. Dann schlug er Vishnu auf die Brust und erhob sich mit ihm in den Himmel. Die Götter und Weisen folgten ehrfürchtig und mit Lobesworten auf den Lippen. Wie ein Geier eine Schlange packt, so flog er mit Vishnu hinauf und malträtierte ihn mit seinen Schwingen, um ihn gleich darauf zu Boden zu schleudern. Vishnu war hilflos, bleich und elend. Er faltete seine Hände in Demut und versuchte, Shiva mit einfachen Worten und Gebeten zu besänftigen. Erst sprach er die 108 Namen des Herrn und dann bat er Lord Sarabha:
Oh großer Herr, wann immer mein irrender Geist von Hochmut beschmutzt wird, kannst du allein ihn davon befreien.

Liebevoll sprach er diese Worte, beugte demütig sein Haupt und hörte auf, ein Löwenmann zu sein. Der Körper des Löwenmannes wurde kraft- und leblos, während die Götter Shiva in seiner Sarabha-Gestalt priesen:
Oh Lord Shiva, wir alle - Brahma, Vishnu, Indra, Mond, Sonne, Götter, Dämonen und Weise wurden aus dir geboren. Du allein erschaffst, beschützt und vernichtest uns alle wieder. Die Gelehrten nennen dich Hara, weil du die Welten vernichtest, wie du eben den Löwenmann vernichtet hast. Teilst du deinen Körper in acht, dann erhältst und trägst du alles. Oh beschütze uns, oh Herr, durch deinen ersehnten Segen. Du bist der große Geist, Shiva, der Herr von allen, der Führer der Götter und die Seele der Bedürftigen. Dein Geist kennt keine Verwirrung. Du bist der Halt für die Notleidenden, die Vision der geistig Suchenden, ein Ozean an Mitgefühl, wirkst wunderbare Taten, bist klug, das gewaltige kosmische Wesen, alldurchdringend, die Wahrheit, die Existenz, Erkenntnis und Glückseligkeit.

Als Shiva diese Worte der Götter angehört hatte, gab er ihnen zur Antwort:
Wie alles zusammenfließt und eins wird, wenn man Milch in Milch gießt, oder Wasser in Wasser, oder geklärte Butter in geklärte Butter - so ist Vishnu eins mit Shiva. Daran gibt es keinen Zweifel. Nur in der Form des Mannlöwen stand Vishnu für ungezügelten Zorn, damit er vernichten konnte. Alle meine Verehrer sollen auch zu ihm beten und sich vor ihm verneigen, wenn sie sich Fortschritt wünschen. Er ist der Beste von meinen Verehrern und ein vorzüglicher Segenspender.

Dann verschwand der mächtige Sarabha vor den Augen der Götter, und Virabhadra zog dem toten Körper des Mannlöwen das Fell ab, um sich damit zum Kailash zurückzuziehen. Von dieser Zeit an trug Shiva das Fell des Mannlöwen, und dessen Schädel war die schönste Perle in seiner Girlande aus Totenköpfen. Die Götter sangen befreit sein Lob und die Herrlichkeit der Geschichte und kehrten mit leuchtenden Augen in ihre Bereiche zurück.

Wer diese große Geschichte aufmerksam hört oder liest, die so heilig wie die Veden ist, dem werden sich alle Wünsche erfüllen, denn sie kann Reichtum, Ruhm, ein langes Leben und Gesundheit verleihen. Sie vermehrt Wohlstand, beseitigt Hindernisse und heilt Krankheiten. Vorzeitigen Tod kann sie vermeiden, Not besiegen und Feinde vernichten. Dafür spendet sie Weisheit und vielerlei Segen. Wer auf dem Weg der Shiva Verehrung schon weit gekommen ist, wird verstehen, wie und warum Lord Shiva die gewaltige Gestalt der Sarabha angenommen hat, denn ihre Seele ist Shiva zugetan. Die Sarabha kann umfassende Hingabe verleihen, Geist und Sinne reinigen, und damit ist sie heilig. Lest die Geschichte während der Feiertage von Shiva, während des achten und vierzehnten Tages im Monat und wenn ein Shiva Bild aufgestellt wird. Dann ruft sie Shiva herzu, und er ist anwesend. Wenn Gefahr vor Dieben, Raubtieren oder einem gewalttätigen König droht, wenn die Erde bebt, ein Meteor niedergeht oder ein Sandsturm tobt, wenn eine Dürre oder eine Überschwemmung herrscht, dann soll die Geschichte mit innerer Reinheit gelesen werden, denn sie macht den Leser zu einem wahrhaften Verehrer Shivas mit standhaften Riten und großem Verständnis. Wer die Geschichte ohne besondere, weltliche Absicht hört oder liest und seine Riten ausführt, der gelangt nach dem Tod in Shivas Reich und wird sein Gefolgsmann. Oh Weiser, und wenn er die Sphäre Shivas erreicht hat, dann nimmt er an Shivas Freude und Liebe teil und wird durch seine Gnade eins mit dem Herrn.


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