Pushpak Shiva-Purana Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 6 - Die Inkarnation von Nandi

Da fragte Sanatkumar:
Oh Herr, wie konnte es geschehen, daß du deine Geburt aus dem großen Gott nahmst und nun Zugang zu Shiva hast? Das möchte ich gern erfahren, bitte erzähl mir jedes Detail.

Und Nandi gab zur Antwort:
Oh allwissender Sanatkumar, höre aufmerksam, wie das geschah. Einst wurde der Weise Shilada von seinen Ahnen gedrängt, für Nachkommen und damit ihre Erhebung zu sorgen. Gern wollte er ihr Sehnen erfüllen und übte schwere Buße im Reich Shivas. Lange meditierte er über Indra, bis dieser erfreut über des Weisen Zügelung erschien und liebevoll zu ihm sprach:
Oh bester Weiser, du Sündenloser, ich bin mit dir zufrieden. Wähle einen Segen.

Shilada verbeugte sich vor dem Herrn der Götter, pries ihn und bat:
Oh Herr, Indra, wenn du mit mir zufrieden bist, dann gib mir einen Sohn der heiligen Riten, der nicht aus einem Leib geboren wird und niemals sterben muß.

Da gab Indra zur Antwort:
Oh du voller Sehnsucht, ich kann dir nur einen Sohn gewähren, der aus einem Leib stammt und sicher sterben muß. Niemand kann dem Tode entrinnen, und so kann ich dir diesen Wunsch nicht erfüllen. Selbst Vishnu und Brahma müssen sterben, wie sollte das bei Menschen möglich sein? Sogar die von Shiva Geborenen, diesem Vernichter von Tripuras, müssen nach Ablauf ihrer Lebensspanne sterben. Oh großer Weiser, bestehe nicht auf einem Sohn, der weder Tod noch Mutterleib kennt. Akzeptiere einen Sohn, der deiner sterblichen Natur nachkommt. Doch wenn du das nicht kannst, dann besänftige Lord Shiva. Wenn er zufrieden ist, kann er dir sogar einen unsterblichen Sohn ohne Mutter gewähren. Er ist allmächtig und kann geben, was weder Vishnu, Brahma noch ich können.

Nach diesen Worten segnete Lord Indra den Asketen und kehrte mit seinem Göttergefolge in seine Sphäre zurück. Shilada begann nun, Lord Shiva zu besänftigen und ihn mit seiner Enthaltsamkeit zu erfreuen. Tausend himmlische Jahre vergingen, in denen der Brahmane Tag und Nacht standhaft war. Ein Ameisenhügel hatte ihn eingehüllt, und viele blutsaugende Insekten labten sich an ihm. Als er bis zum Skelett abgemagert war, erschien der entzückte Herr in seiner himmlischen Gestalt vor ihm. Mit allen Zeichen erschien er vor dem Asketen, doch dieser verweilte weitere tausend himmlische Jahre in seiner Buße.

Dann sprach der Dreizacktragende:
Hier bin ich, der Segenspender.

Doch Shilada konnte ihn nicht hören, so tief war er in Trance versunken. Da berührte ihn Shiva sanft, und der Weise ließ ab von seiner Buße. Als er Shiva und Parvati vor sich erblickte, verbeugte er sich sogleich und fiel vor Freude vor ihnen auf die Knie. Dann pries er das göttliche Paar mit hohen Hymnen und bebender Stimme, bis Shiva noch einmal freudig sprach:
Ich bin der Segenspender. Was soll mit deiner Askese geschehen, du Kluger? Ich werde dir einen Sohn gewähren, der allwissend ist und ein Meister aller heiligen Traditionen.

Wieder beugte Shilada sein Haupt und sprach:
Oh großer Herr, wenn du mit mir zufrieden bist und bereit, Segen zu spenden, dann bitte ich um einen Sohn, der dir gleicht, ohne Tod und nicht aus einem Leib geboren.

Entzückt gab da Shiva zur Antwort:
Oh Brahmane, du Weiser, ich wurde einst von den Göttern und Weisen gebeten, mich zu inkarnieren, und so werde ich dein Sohn namens Nandi werden. Ich werde keinen Leib berühren, und du wirst mein Vater, obwohl ich der Vater der Welten bin.

Dann instruierte Shiva den demütig Lauschenden und verschwand nebst Parvati. Shilada kehrte in seine Einsiedelei zurück und erzählte den dortigen Asketen alles. Nach einer Weile bereitete er ein Opfer vor und ordnete alles Nötige an, damit ein Opferaltar errichtet würde. Doch noch bevor das Opfer begann, wurde ich als strahlender Sohn von Shiva geboren. Die himmlischen Wolken ließen bei meinem Erscheinen Regenschauer herab, die himmlischen Wesen eilten durch die Himmel, und die großen Weisen ließen Blumen regnen. Brahma, Vishnu, Shiva und die anderen Götter kamen mit ihren Gemahlinnen unter großem Jubel, die himmlischen Nymphen tanzten, und alle ehrten mich und mein Linga in aller Liebe. Dann lobten die Götter Shilada, priesen Shiva und Parvati, und alle kehrten in ihre Reiche zurück. Shilada war sehr glücklich, als er mich anschaute, den Jungen mit den drei Augen, den verfilzten Locken, vier Armen und einem Glanz wie die Sonne. In allen Ornamenten und Zeichen glich ich Rudra, und er verbeugte sich liebevoll vor mir.

Dann sprach Shilada:
Oh Gott der Götter, du hast mich glücklich gemacht, und so sollst du Nandi (Glückseligkeit, Freude) heißen. Ich verbeuge mich vor dir, oh Herr des Universums.

Nachdem er sich vor dem großen Herrn verbeugt hatte, trug mich mein Vater in seine Hütte und war so selig wie ein armer Mensch, der auf einen Schatz gestoßen ist. In der Hütte legte ich meine himmlische Gestalt ab und nahm eine menschliche an. Doch das verwirrte meinen Vater, und er klagte inmitten der anderen Asketen. Dann führte er alle Riten für mich durch und lehrte mich in fünf Jahren die Veden mitsamt ihren Zweigen. Als ich sieben war, kamen die Weisen Mitra und Varuna in unsere Einsiedelei, denn der Herr hatte sie gesandt, um mich zu besuchen. Sie wurden ehrfürchtig willkommen geheißen, und als sie bequem saßen, schauten die Edlen mich unverwandt an.

Dann sprachen Mitra und Varuna:
Oh lieber Weiser, obwohl er die heiligen Traditionen gemeistert hat, wird dein Sohn Nandi nicht lange leben. Wir sehen sein Leben nicht länger als ein Jahr andauern.

Da wurde Shilada so betrübt, daß er mich laut weinend umarmte. Ich schaute auf Vater und Großvater, die mir plötzlich wie Tote erschienen, gedachte der Lotusfüße Shivas und sprach mit heiterem Geist:
Aber Vater, wozu dieser Kummer, der dich zittern und weinen läßt? Sage mir, wo dein Elend herrührt?

Mein Vater antwortete:
Ach Sohn, ich bin so traurig bei dem Gedanken an deinen frühen Tod. Wer kann mein Elend vertreiben? Oh, ich sollte wahrlich Zuflucht bei Ihm suchen.

Ich erwiderte:
Selbst wenn die Götter, Dämonen, Yama oder Kala oder irgend jemand sonst mit mir zürnte, ich werde kein kurzes Leben haben. Sei nicht traurig, Vater. Ich sage die Wahrheit und werde für dich einen Eid schwören.

Der Vater fragte:
Wie willst du meine Trauer besänftigen, mein Sohn. Durch Buße, Wissen, Yoga oder welchen Herrn?

Ich gab zur Antwort:
Oh Vater, ich werde den Tod durch Zügelung besiegen, nicht durch Gelehrtheit. Ich werde den großen Herrn ehren und damit den Tod bezwingen, nicht anders.

Nandi fuhr fort:
Nachdem ich dies gesagt hatte, verbeugte ich mich vor meinem Vater, umschritt ihn und ging zum vorzüglichen Bußehain.


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