Vyasa fragte:
Und was tat Krishna, nachdem sein Enkel Aniruddha so plötzlich verschwand? Bitte erzähl mir das.
Sanatkumar gab zur Antwort:
Krishna war sehr beunruhigt, als er die Klagen der Frauen hörte, die Aniruddha vermißten. Die vier Monate Regenzeit gingen vorüber, und Aniruddha kam weder heim noch war er zu finden. Von Narada erfuhren sie schließlich, daß Aniruddha gefangen genommen worden war, und so rief Krishna sofort Garuda herbei, um nach Shonita zu eilen und seinen Enkel im Kampf zu befreien. Sein Bruder Balarama und die anderen Vrishni Helden wie Yuyudhana und Pradyumna folgten ihm mit zwölf Akshauhinis an Kriegern. Sie umzingelten die Stadt des Dämonen Vana und belagerten die Wälle, Türme, Gärten und Parks. Das forderte Vanas Zorn heraus, und er setzte seine kampfbereiten Armeen in Marsch. Ihm zur Seite ritt Shiva auf seinem Stier Nandi, und sein Sohn Kartikeya und seine Geisterscharen waren mit ihm. Es war ein gewaltiger Tumult, als Krishna und sein Gefolge auf Vana und seine Heere traf. Sogleich trafen sich folgende Helden zum Zweikampf: Krishna und Shiva, Pradyumna und Kartikeya, Garuda und Nandi und andere. Die Götter, himmlischen Weisen, Musiker und Nymphen kamen durch die Himmel herangeeilt, um die Schlacht zu beobachten. Und es war eine gräßliche Schlacht, die da begann. Es war ein ungleicher Kampf, den Krishna, sein Bruder Balarama und sein kluger Sohn Pradyumna gegen Shivas Geisterscharen zu bewältigen hatte. Zwar wogte die Schlacht mal zugunsten Krishnas herrlicher Pfeile, doch dann griff der strahlende Shiva ein, und all die himmlischen Waffen, die nun hin- und herflogen, ließen Krishnas Heere fliehen. Da entließ Krishna, dieser Feindebezwinger, die fürchterliche Fieber Waffe namens „Schüttelfrost“. Donnernd kam sie auf Shiva zu, der seinerseits eine Fieberwaffe entließ. Nun kämpften die beiden Fieber gegeneinander, daß die Welten aufstöhnten. Doch schließlich wurde Krishnas Fieber schwer verletzt und rief klagend um Hilfe.
Und Shiva, der immer auf Seiten der Hilfesuchenden ist, sprach versöhnt:
Oh kaltes Fieber, ich bin dir gnädig gesinnt. Laß deine Ängste vor meinem Fieber fahren. Und wer an diese Anekdote denkt, muß niemals Angst vor Fieber haben.
Da verbeugte sich Krishnas Fieber vor Shiva und ging davon. Das erstaunte und bestürzte Krishna sehr. Auch die anderen Zweikämpfe waren dramatisch. Kartikeya traf den starken Pradyumna mit dem Speer so hart, daß dieser blutete und nicht weiterkämpfen konnte. Garuda nahm tausend Körper an, trank das Wasser des Meeres aus und ließ es in Strömen über dem Feind regnen, so daß es die Krieger regelrecht davon schwemmte. Doch der zornige Nandi traf ihn voller Kraft mit seinen Hörnern, so daß Garuda sich mit zerschmetterten Gliedern zurückziehen mußte.
Da sprach Krishna zu seinem Wagenlenker:
Bring mich zu Shiva, damit ich mit ihm sprechen kann.
Der gute Daruka tat, wie ihm befohlen, und brachte Krishna schnell vor Shiva. Dieser faltete seine Hände, beugte sein Haupt und übergab sich dem großen Herrn.
Lord Krishna sprach:
Oh Lord Shiva, Herr der Götter, der du immer denen hilfst, die bei dir um Zuflucht bitten, ich verbeuge mich vor dir, dem großen Herrn, der ursprünglichen Macht und Seele von allem. Ich verbeuge mich vor der Ursache der Schöpfung, Erhaltung und Auflösung des Universums, der einzigen Form von vollkommenem Wissen, dem Symbol des Brahman, dem Ruhenden und Höchsten. Die Zeit, die Göttlichkeit, die Handlungen, die individuelle Seele, die Natur, die Körper, die Lebenswinde, die Seele, alle erschaffenen Wesen, die Samen und Sprossen sind alle das Werk deiner Illusion, oh Herr des Universums. Ich übergebe mich dir, dieser Ursache aller Wesen und Dinge, oh großer Herr. Du bist form- und eigenschaftslos und kannst daher alle Formen und Eigenschaften annehmen. Und wenn du dein himmlisches Wirken entfaltest, bewahrst du die Götter und zügelst die, die vom Pfad abkommen. Du bist das Brahman, das große Licht, welches gereinigte Seelen sehen wie das eine Firmament. Du bist der urerste Geist ohne einen zweiten. Du bist die reine Seele und ihr reines Bewußtsein. Du erscheinst, als ob du dich veränderst, dabei bist du die Quelle ohne eine eigene Quelle. Oh Herr, deine Illusion läßt dich als viele Formen mit allen Eigenschaften erscheinen. Doch du bist das große Licht, das wie die klare Sonne alle Dinge erleuchtet, oh höchster Herr. Oh du Großer, du aus dir selbst Strahlender, du erfüllst und läßt die Qualitäten leuchten, doch die Qualitäten erfassen dich nicht. Wer von deiner Illusion geblendet ist, haftet an Kindern, Ehefrauen und materiellen Reichtümern an und versinkt im Ozean der Sünde. Und wer diese glücksverheißende, himmlische Geburt als Mensch erhält, doch seine Sinne nicht zügelt und dich nicht ehrt, der ist nur bemitleidenswert und täuscht sich selbst. Oh Herr, auf deine Bitten hin kam ich her, um Vana seine kriegslüsternen Hände abzuschlagen. Du hast ihn dazu verflucht, denn er wurde gierig, und du zügelst alle Gier. Oh Herr, bitte zieh dich vom Schlachtfeld zurück, damit dein Fluch nicht wirkungslos ist. Und befiehl mir, oh Herr, den Vana zu schlagen.
Zufrieden antwortete Shiva:
Mein Lieber, was du sagst, ist wahr. Der Herr der Dämonen wurde von mir verflucht, und es ist mein Wunsch, daß du herkamst, um meinen Worten zu folgen. Doch, Krishna, was kann ich tun? Auch ich bin meinen Verehrern untertan. Wie kann ich da zusehen, daß Vana besiegt wird? So lähme mich erst mit deiner Jrimbhana Waffe (u.a. gähnen), dann handle und sei glücklich.
Sowohl erstaunt als auch erfreut kehrte Krishna zum Schlachtfeld zurück, bereitete die lähmende Waffe vor und entließ sie auf Lord Shiva. Dann kämpfte er gegen die Armee der Dämonen mit Schwert, Dolch, Keule und vielen scharfen Pfeilen.