Pushpak Shiva-Purana Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 42 - Das Ende von Hiranyaksha

Vyasa sprach:
Ach, ich bin niemals gesättigt, von dir all die Geschichten vom mondbekränzten Gott zu hören, so wie Menschen niemals gesättigt sind, wenn sie Nektar trinken. Bitte erzähl mir noch eine Geschichte, in der Shiva sein himmlisches Wirken mit viel Magie entfaltet.

Und Sanatkumar fing an:
Oh Vyasa, so höre denn die Geschichte von Andhaka, und wie er ein Führer der Ganas wurde. Er bekam diesen Status nämlich von Shiva, dieser großen Seele verliehen, nach seinem großen Kampf mit den Göttern und seiner reinen Anbetung und Verehrung für Shiva. Ja, die Größe Shivas ist voller Wunder, denn er beschützt jeden, der bei ihm Zuflucht sucht. Wer ihn mit reiner Seele verehrt, ist sein Freund.

Da verbeugte sich Vyasa vor dem Weisen und fragte:
Oh Heiliger, du bester Weiser, wer ist dieser Andhaka? In welcher Kriegerdynastie wurde der mächtige Held auf Erden geboren? Wer sind seine Eltern? Und was war seine Bestimmung? Wie wurde er zu einem Anführer der Ganas? Andhaka muß wahrlich gesegnet sein, wenn er von Shiva solcherart erhoben wurde. Oh Sohn des Brahma, bitte erzähl mir alles, auch die mystischen Geheimnisse, denn du hast dein Wissen von Kartikeya, dem erleuchteten Sohn Shivas.

Sanatkumar gab zur Antwort:
Vor langer Zeit begab sich Shiva, der Herr der Götter, mit Parvati und seinen Geisterscharen nach Kasi. Dort erschuf er eine schöne Stadt und ernannte Bhairava zu ihrem Beschützer. Dann hielt er sich eine Weile dort auf, wirkte und strahlte sehr zur Freude der Menschen. Einmal ging er mit Parvati und einigen Ganas zum Berg Mandara, um den prachtvollen Gipfel zu sehen. Dort vergnügte er sich mit seiner Gefährtin an der östlichen Bergesflanke, und es geschah, daß Parvati ihm in neckender Absicht die Augen mit ihren goldglänzenden Lotushänden zuhielt. Sofort verbreitete sich eine große Dunkelheit. Und noch etwas geschah: Als Parvatis Hände Shiva berührten, trat sofort ein brünstiger, schwellender Saft aus ihnen aus. Dieser wurde heiß vom Feuer seines dritten Auges und fiel als ein großer Tropfen zu Boden. Daraus entstand ein Wesen, welches schrecklich und unmenschlich erschien. Es war zornig, grimmig, blind, schwarz und ganz unförmig. Sein Haupthaar war verfilzt und sein ganzer Körper mit Haaren bedeckt. Es sang und schrie, lachte und tanzte, ließ seine Zunge wie eine Schlange sich winden und tobte gräßlich.

Lächelnd sprach da Shiva zu Parvati:
Indem du meine Augen zuhältst, hast du etwas getan. Doch nun hast du Angst davor, meine Geliebte. Warum?

Erschrocken nahm Parvati schnell die Hände von seinen Augen, und das Licht kehrte zurück. Doch im Hellen sah das blinde Wesen noch viel schlimmer aus.

Da fragte Parvati ihren Gatten:
Oh Herr, was für ein häßliches Wesen wurde da direkt vor uns geboren? Bitte sag mir dir Wahrheit. Warum wurde es geschaffen und von wem? Wessen Kind ist es?

Freundlich antwortete Shiva seiner Geliebten, der Mutter des Universums und Ursache aller Schöpfung:
Oh Göttin der schwer verständlichen Taten, höre. Dieses Wesen von wunderbarer, schrecklicher Macht entstand aus Schweiß und Dunkelheit und soll daher Andhaka heißen (blind). Du bist die Ursache seiner Geburt, auch wenn sie nicht natürlich stattfand. Du, deine Freunde und die Geister werden ihn liebevoll bewahren. Sein Wohlergehen liegt in deiner Hand. Bedenke es gut und handle danach, oh edle Dame.

Bei diesen Worten fühlte Parvati großes Mitgefühl. Mithilfe ihrer Freunde schuf sie für Andhaka eine Umgebung, die sicher für ihn war, und sie sorgte für ihn wie für einen Sohn.

Zu dieser Zeit wurde der Dämon Hiranyaksha von seiner Gattin zu einem Sohn gedrängt, denn sie war auf die fünf Söhne ihres Schwagers recht neidisch. Es ging also der Gatte im späten Winter in den Wald, widmete sich harter Buße, um Zorn und Leidenschaft zu zügeln und Shiva um einen Sohn zu bitten. Ganz still blieb er sitzen und reagierte nicht auf äußere Einflüsse wie ein Stück Holz. Shiva war sehr zufrieden mit seiner Buße.

Er erschien vor dem Dämonen und sprach zu ihm:
Oh Herr der Dämonen, zügele deine Sinne nicht allzusehr. Warum folgst du diesem heiligen Ritus? Sprich aus, was du begehrst, denn ich bin Shiva, der Gewährer von Wünschen. Ich werde dir geben, was du willst.

Hocherfreut verbeugte sich Hiranyaksha, faltete die Hände, pries den Gott und bat:
Oh mondbekränzter Gott, ich habe keine Kinder, welche meine Dämonenfamilie zieren. Das ist der Grund, warum ich Buße übe. Oh Herr der Götter, gib mir einen mächtigen Sohn. Mein Bruder hat schon fünf prachtvolle Burschen, und ich keinen einzigen. Soll meine Familie verlöschen? Wer wird mein Königreich nach mir regieren? Ein Mann ist nur würdig, ein Sohn zu sein, wenn er das Reich seiner Vaters übernimmt oder sich ein neues erkämpft. Und nur solch ein Vater kann sich Vater eines Sohnes nennen. Der Himmel steht nur für Männer offen, die Söhne haben, und danach streben die lebenden Wesen. Denn wenn eine Familie ohne Kinder untergeht, verschließt sich der Himmel für den letzten Überlebenden der Familie. Ja, für Söhne verehren die Wesen die Götter.

Mit freundlichem Herzen antwortete ihm Shiva zufrieden:
Oh Herrscher der Dämonen, aus deinem Samen kann kein Sohn entstehen. Ich werde dir dennoch einen gewähren. Mein Sohn Andhaka ist so mächtig wie du. Niemand kann ihn bezwingen. Erwähle ihn zum Sohn, nimm ihn an und beende deine Sorgen.

Und so geschah es. Shiva und Parvati übergaben dem Asura ihren Sohn und verschwanden. Hiranyaksha nahm Andhaka freudig an, ehrte Shiva mit vielen Hymnen und ging nach Hause. Nachdem er einen Sohn bekommen hatte, wurde der Heldenmut des Dämonen übermächtig. Er besiegte die Götter und zog die Erde in die niederen Bereiche. Die Götter eilten daraufhin zu Vishnu und baten diesen Großen um Hilfe. In seiner ursprünglichen Energie nahm Vishnu die Gestalt eines strahlenden Ebers an, welcher alle Opfer und alle Wesen verkörperte und eine unbeschreibbare Form hatte. Er wühlte sich in die Erde, vernichtete mit seinem Atem und seinen Klauen hunderte der großen Dämonen und pulverisierte die Armeen Hiranyakshas, indem er sie zertrampelte. Mit seinem lodernden Diskus Sudarsana trennte er den strahlenden Kopf Hiranyakshas vom Rumpf und verbrannte die restlichen Dämonen zu Asche. Freudig krönte er alsdann dessen Sohn Andhaka zum Nachfolger seines Vaters, hob die Erde wieder in die höheren Bereiche, sicherte sie dort und kehrte in sein Reich zurück. Unter dem Lob der Götter und Weisen beendete er so seine große Tat, und die lebenden Wesen wurden wieder glücklich.


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