Pushpak Shiva-Purana Buch 7Zurück WeiterNews

Kapitel 41 - Der Fluch Tulasis

Da fragte Vyasa:
Doch wie geschah es, daß Vishnu die fromme Ehefrau Shankhachudas verführen konnte? Bitte erzähl mir das auch noch.

Sanatkumar antwortete:
Vishnu ist immer derjenige, der auf Befehl Shivas und Parvatis für das Wohl der Götter wirkt und schafft, und damit ist er für alle Guten ein wahres Ziel. Es geschah in Gestalt Shankhachudas, daß er dessen Ehefrau Tulasi im Bett für sich gewinnen konnte. So höre die ganze Geschichte.

Auch Vishnu hatte die Stimme aus dem Himmel vernommen, als die Kämpfe noch andauerten. Und so folgte er Lord Shiva, bekam in einen Brahmane verwandelt Shankhachudas Rüstung, nahm flugs die Gestalt Shankhachudas an und begab sich mit großem Pomp zu Tulasis Palast. Er ließ als Dämonenkönig die Trommeln schlagen und Siegrufe ertönen. Von diesem Lärm erwachte die schöne Frau und blickte freudig ihrem vermeintlichen Gatten entgegen. Schnell führte sie die glücksverheißenden Riten durch, beschenkte die Brahmanen und schmückte sich. Vishnu stieg von seinem Wagen ab und begab sich in die Gemächer der Königin.

Überglücklich erwartete Tulasi ihren geliebten Gatten, verbeugte sich vor ihm, wusch seine Füße, bat ihn auf einen prachtvollen Sitz Platz zu nehmen, überreichte ihm Betelblätter, die von Kampfer dufteten, und rief euphorisch:
Heute ist mein Leben erfüllt, denn mein Gatte ist wieder bei mir zu Hause, der zuvor in die Schlacht gezogen war.

Dann schaute sie ihn mit verführerischen Blicken und süßem Lächeln an und erkundigte sich nach der Schlacht:
Mein Herr, wie erging es dir in der Schlacht gegen Shiva, der immer den Göttern hilft? Du hast dich dem Ersten unter den Göttern gestellt, dem Vernichter von zahllosen Welten, dessen Befehl die Götter immer ausführen, der die göttliche Dreiheit Vishnu, Brahma und Rudra schuf, der das Wesen der drei Eigenschaften ist, aber sie nur annimmt, wenn er im Auftrag der Götter wirkt, sonst ist er eigenschaftslos. In Gestalt Shivas lebt er auf dem Kailash, den ihm Kuvera gern überließ, dieser Herr der Geisterscharen, das höchste Brahman, das Ziel aller Guten, der in nur einem Moment Millionen kosmischer Welten vernichten kann, in denen dann auch die Götter mit Vishnu und Brahma vergehen. Ja, gegen Ihn bist du in den Kampf gezogen. Doch du bist glücklich heimgekehrt und hast ihn also besiegt, mein großer Herr. Wie hast du gewonnen? Bitte erzähl es mir genau.

Vishnu lächelte und sprach liebevoll zu ihr:
Ich freute mich auf den Kampf, und als ich das Schlachtfeld betrat, gab es einen riesigen Tumult. Oh, die Schlacht zwischen Göttern und Dämonen war gigantisch, und die Dämonen unterlagen, denn die Götter waren stark. Doch ich kämpfte gegen die Götter, welche von mir besiegt zu Shiva flohen und ihn um Hilfe baten. So kam Shiva selbst, und stolz auf meine Macht kämpfte ich lange gegen ihn. Mein geliebtes Weib, wir haben wohl ein Jahr lang miteinander gekämpft, währenddessen die Dämonen ganz und gar vernichtet wurden. Doch dann erschien Brahma und stiftete Frieden. Auf seine Bitte wurden den Göttern ihre Reiche und Positionen wiedergegeben. Shiva kehrte in sein Reich zurück und ich kam zu dir, meine Liebste. So endet das Leiden, und alles gesundet wieder.

Nach diesen Worten legte sich der Herr der Welten auf das Bett, bat Tulasi zu sich und schlief lustvoll mit ihr. Doch die Dame bemerkte, wie ihr Glücksgefühl schwand, alle Zärtlichkeit und Lust waren verraucht, und so fragte sie den Mann an ihrer Seite:
Wer bist du? Sag es schnell. Du hast dich mit einer Täuschung an mir erfreut. Meiner Sittsamkeit wurde Gewalt angetan, und dafür werde ich dich verfluchen.

Da sorgte sich Vishnu wegen des Fluches, nahm schnell seine schöne, göttliche Gestalt an mit allen Zeichen. Und Tulasi erkannte sogleich Vishnu. Zornig fuhr sie ihn an:
Du bist so skrupellos, oh Vishnu, daß dein Herz ein Stein sein muß. Mein Ehemann ist verdammt und wurde von dir getötet, denn meine Keuschheit hast du auf dem Gewissen. Oh du Hinterhältiger, höre meinen Fluch. Da du so mitleidlos wie ein Stein bist, sollst du zu Stein werden. Wer dich ein Meer an Gnade nennt, irrt sich gewaltig. Oh, wie kann es sein, daß du deinen Verehrer ohne jede Demütigung tötest, und nur zum Wohle anderer?

So schluchzte und weinte und klagte die Dame, während Vishnu an Shiva dachte, der das Universum in Verblendung versinken läßt. Wohlmeinend erschien Shiva sogleich, und Vishnu verbeugte sich preisend vor ihm. Als Shiva die Dame weinen und Vishnu verängstig sah, sprach er freundlich zu beiden:
Oh Tulasi, weine nicht. Ein jeder erntet die Früchte seiner Taten. Die Welt ist ein Meer an Taten und Riten. Es gibt keine äußere Gewalt, welche Glück oder Leid bringt. Höre mich an und wirf deine Trauer ab. Auch Vishnu möge zuhören, denn seine Absichten sind immer wohlmeinend. Ich werde euch beiden nun sagen, was nützlich und segenbringend ist. Oh sanfte Dame, du hast viel Buße geübt. Nun kannst du deine Früchte ernten, wie sollte es sonst sein? Entsage deinem irdischen Körper, nimm einen himmlischen an und sei für immer Vishnus liebende Gefährtin wie Lakshmi. Der Körper, den du hinter dich läßt, soll zu einem heiligen Fluß namens Gandaki auf Erden werden. Und durch meinen Segen, oh große Dame, soll Tulasi, das heilige Basilikum, die wichtigste Zutat in jeder Verehrung für die Götter sein. Das heilige Basilikum soll im Himmel, auf Erden und in den niederen Welten vorzüglicher als jede Blume sein. Als Göttin dieser Pflanze wirst du eine himmlische Gestalt annehmen und alle heimlichen Vergnügen mit Vishnu teilen. Und die heilige Flußgöttin auf Erden, die liebe Gefährtin der schäumenden See, soll höchst verdienstvoll und immer ein Teil Vishnus sein. Um deinen Fluch zu erfüllen, wird Vishnu die Gestalt eines Felsen am Ufer des Gandaki Flusses annehmen und im Land der Menschen über den Fluß herrschen. Millionen von kleinen Tieren mit scharfen Zähnen werden im Laufe der Jahre am Stein nagen, ihn abtragen und Ringe in den Fels ritzen. Und die abfallenden Teile werden als Salagrama Steine berühmt und sehr verdienstvoll sein. Denn diese Salagrama Steine, oh Vishnu, zeigen deine Verbindung mit Tulasi an, und verleihen damit viel Verdienst. Je nach ihrer Gestalt werden sie unterschiedliche Namen tragen, wie z.B. Lakshminarayana.

Doch, sanfte Dame, wenn jemand die Blätter des Tulasi nimmt, die auf einem Salagrama Stein liegen, der wird in der nächsten Geburt von seiner Gattin getrennt werden. Und wer Tulasi pflückt, ohne das Muschelhorn zu blasen, wird ein Witwer werden und für sieben Leben an ständigen Krankheiten leiden. Wer hingegen Salagrama, Tulasi und Muschel an einem Ort aufbewahrt, der wird weise und ein Liebling Vishnus sein.

Du warst die Geliebte Shankhachudas ein ganzes Zeitalter lang, und die Trennung von ihm ist für dich sehr schmerzlich.

So tröstete Shiva die beiden und kehrte in sein Reich zurück. Tulasi fühlte wieder Freude, legte ihren Körper ab und nahm eine himmlische Gestalt an. Vishnu begab sich mit ihr in sein Reich, während der Fluß Gandaki auf Erden entsprang. An seinem Ufer nimmt Vishnu die Form eines Felsen an und verleiht den Menschen viel Verdienst, denn die Tiere nagen viele Löcher in den Stein. Was an Steinchen in den Fluß fällt, ist höchst verdienstvoll, doch was an Land zu Boden fällt wird Pingala genannt und ist schädlich.

So, nun habe ich dir alles erzählt, wonach du mich gefragt hast. Geschichten über Shiva sind immer voller Freude und erfüllen den Menschen ihre Wünsche. In dieser Geschichte kam auch die Herrlichkeit Vishnus besonders zum Ausdruck. Und all das gewährt weltliche Freuden und Erlösung. Möchtest du noch mehr hören?

Salagrama Stein, ein Beispiel


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