Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 49 - Die Verblendung Brahmas

Brahma sprach:
Auf meine Bitte ließ Shiva das heilige Feuer für ein Homa Opfer entzünden und nahm Parvati auf den Schoß. Dabei goß Shiva Opfergaben ins Feuer und rezitierte die vedischen Mantras, und Parvatis Bruder Mainaka opferte einige Handvoll geröstetes Getreide. Als nächstes umschritten Braut und Bräutigam das Feuer, und dabei ließ Shiva wieder etwas Erstaunliches geschehen. Höre, lieber Narada, aus Liebe zu dir werde ich es dir enthüllen.

Von Shivas Magie verblendet, starrte ich auf die Füße und die lieblich geformten Nägel der Göttin. Und dieser Anblick ließ die Wollust in mir aufflammen, von der ich völlig überwältigt wurde. Mit erregtem Geist starrte ich auf Parvatis Glieder, und sofort tropfte mein Samen auf den Boden. Das ließ mich, den Großen Vater, schamvoll erschauern, und ich versuchte, meinen Penis zu verbergen, indem ich ihn zwischen die Beide klemmte. Doch Shiva erkannte natürlich sofort, was geschehen war, und wurde so zornig, daß er mich von Begierde Besessenen sogleich töten wollte. Oh Narada, die Menge zitterte und schrie panisch auf, und sogar die Götter nebst Vishnu waren vor Furcht wie gelähmt. Doch dann priesen die Götter Shiva, der wie ein loderndes Feuer brannte und mich vernichten wollte.

Die Götter sprachen:
Oh Herr der Götter, du Erhalter des Universums, oh gütiger Shiva, Herr des Universums, du bist die Welt selbst, sei gnädig. Du bist die Höchste Seele, der höchste Herr und damit die Ursache aller Gefühle. Du selbst bist frei von solchen Verirrungen und kennst keinen Verfall. Du bist ewig, ohne Argwohn und Zweifel. Du bist unvergänglich und der große Gott. Du bist Wahrheit, Brahman und Bewußtsein. Du bist unsterblich, und aus dir entstehen Anfang, Mitte und Ende der sichtbaren Welt, auch wir alle hier. Und wir Sichtbaren sind nicht das Wahre. Die Weisen, die sich Befreiung wünschen, meditieren über dich und ehren deine Lotusfüße. Sie sind standhaft und meiden jegliche Anhaftung. Du bist das vollkommene Brahman, der Nektar der Unsterblichkeit, ohne Leiden, ohne Eigenschaften, das Große, das einzig wahre Glück, ohne Erregung, immer ausgeglichen und beständig. Du bist die Ursache der Erschaffung, Erhaltung und Auflösung des Universums. Shiva, du Herr der Seelen, bist größer als das Universum. Du benötigst keine Hilfe, die nur von dir kommen kann, denn du bist alldurchdringend. Du bist die Essenz und die Illusion, und du kennst keine Trennung. Gold - als rohes Metall oder fertiges Ornament - verliert niemals seine innerste Essenz. Nur unwissende Menschen zweifeln an dir. Doch das Heilmittel für diese Illusion liegt in der Meditation über dein formloses Wesen. Oh höchster Herr, wir sind schon gesegnet, wenn wir dich nur schauen. Oh Shiva, du spendest immerzu höchste Glückseligkeit für deine standhaften und hingebungsvollen Verehrer. Habe Mitleid. Du bist das urerste Wesen und hast keinen Anfang. Du bist der Geist der Natur und jenseits davon. Du bist der Herr des Universums, aller Welten und von uns. Du bist größer als das Größte, denn du kennst keine Verwirrung. Brahma, der Große Vater, ist deine Rajas-Manifestation. Und dank deiner Gnade ist Vishnu der Vorzüglichste der männlichen Wesen aus deiner Sattwa-Natur. Deine Tamas-Manifestation ist Rudra, das Feuer der Auflösung. Shiva jedoch ist jenseits der Qualitäten von Sattwa, Tamas und Rajas. Denn du bist der große Herr und allgegenwärtig. Oh großer Herr mit der universalen Form, du herrschst über das große Prinzip, alle Manifestationen, die groben und die feinen Elemente und die Sinnesorgane. Oh gnädiger, hoher Herr, sei besänftigt, sei im Frieden. Die sieben Ozeane sind deine Kleider, die Himmelsrichtungen deine Arme, das Firmament dein Haupt, der Himmel dein Nabel, der Wind deine Nase, Feuer, Sonne und Mond deine Augen, die Wolken dein Haar und die Planten und Sterne deine Ornamente, du Alldurchdringender. Wie könnten wir dich loben? Oh Herr der Götter, du bist jenseits aller Beschreibungen und mit Gedanken oder Worten nicht erfaßbar. Verehrung sei dir, oh fünfköpfiger Rudra von Millionen Formen. Verehrung sei dir, du Herr der drei Götter. Verehrung sei dir, dem Besten und Einen. Verehrung dem Prinzip des Erkennens. Verehrung, Verehrung dem Unaussprechlichen, dem Ewigen, dem Lichtentflammten, dem Flammenfarbenen. Verehrung Lord Shiva. Verehrung sei dir, der du in der Welt weilst und dabei Formen annimmst, die Millionen Lichtstrahlen gleichen und alles erglänzen lassen.

Brahma fuhr fort:
Bei diesen Worten war Shiva wieder beruhigt und voller Freude. Er gewährte mir die Freiheit von Furcht, und auch die anderen Götter lächelten wieder und wurden froh. Mein Samen wurde zu funkelnden Tropfen, und aus diesen erhoben sich tausende Weise, die Valakhilyas genannt wurden. Sie scharten sich um mich und riefen mich freudig „Vater, oh Vater“. Und wieder folgtest du, oh Narada, Shivas Wunsch und erklärtest ihnen ernst und mahnend:
Geht ihr alle zum Berg Gandhamadan, doch dies ist nicht eure wahre Bleibe. Wenn ihr dort bleibt, wird es euch nichts nützen. Neigt euch großer und harter Buße, dann werdet ihr große Weise und Verehrer der Sonne werden. Das habe ich euch auf Geheiß Shivas gesagt.

Sogleich begaben sich die Valakhilyas zum Berg Gandhamadan, nachdem sie sich vor Shiva verbeugt hatten. Dank Vishnu und den Göttern, diesen edlen Seelen, die Shiva gebeten hatten, konnte ich wieder frei und furchtlos atmen. Wieder erkannte ich, daß Shiva alles vollbringen kann und immer den Übermut der Stolzen bricht, denn er ist seinen Verehrern wahrlich geneigt. So pries auch ich ihn, diesen Herrn über alles und jeden:
Es ist dein Wille allein, der die ganze Welt mit allen belebten und unbelebten Geschöpfen darin unter Kontrolle hält, wie eine Herde von Kühen gehütet werden muß.

Dann verbeugte ich mich vor Shiva mit gefalteten Händen, und auch Vishnu und die anderen priesen ihn. Shiva schaute sanft und freundlich auf uns, und wiederholte noch einmal, daß ich keine Furcht haben solle. Und wir alle waren wieder froh und glücklich.


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