Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Buch 4 - Rudra Samhita (II. Geschichte von Sati)

Kapitel 1 - Satis Leben

Narada sprach:
Oh Brahma, durch Shivas Gunst weißt du alles. Du hast mir bereits wunderbare Geschichten von Shiva und Parvati erzählt, doch ich bin niemals gesättigt von Shiva zu hören. Bitte, oh du mit dem Lotusgesicht, fahre fort. Du hast schon gesagt, daß Rudra die vollkommene Manifestation von Shiva ist. Er ist der große Herr, welcher auf dem Kailash wohnt. Er ist der Yogi mit der perfekten Zügelung. Er ist es wert, von allen Göttern verehrt zu werden. Er ist das Ziel guter Menschen, denn er ist bar jeglicher Widersprüche und Gegensätze. Der große Herr kennt keine Veränderungen, wenn er sich in himmlische Vergnügungen ergeht. Auf Bitten Vishnus vermählte er sich mit der edlen, bußereichen Dame und trat damit in den Stand eines Hausvaters. Zuerst wurde sie von Daksha gezeugt und später vom Himalaya. Wie konnte sie beider Tochter sein und dazu im selben Körper? Wie wurde Sati zu Parvati und konnte sich mit Shiva erneut verbinden? Oh Brahma, erklär mir all dies und noch viel mehr, damit ich alles verstehe.

Höchst erfreut hörte Brahma diese Bitte Naradas, der Shiva hingegeben war, und sprach:
Du bester Weiser, höre. Ich werde dir die ganze, glücksbringende Geschichte erzählen, welche dem Hörer unzweifelhaft gute Früchte bringt.

Einst, als ich meine Tochter Sandhya, die Dämmerung, inmitten der Schar meiner Söhne erblickte, da trafen mich die Pfeile des Liebesgottes, und mein Geist verwirrte sich. Daraufhin erhob sich das Dharma, und Rudra, der große Yogi, kam sogleich herbei, um mich und meine Söhne zu tadeln. Als er wieder gegangen war, wurde mir zwar bewußt, daß ich vor Shiva einen schweren Frevel begangen hatte, dessen große Illusion mich beherrschte, obwohl ich die Veden rezitieren konnte. Doch die Verwirrung meines Geistes reizte mich dennoch zu feindlichen Gefühlen gegen den Herrn, so daß ich mit meinen Söhnen einen Plan ausheckte, wie der Herr selbst zu täuschen wäre. Und so wurde ich noch mehr von Shivas großer Illusion verwirrt. Nun, großer Weiser, alle meine Pläne und Versuche waren vergebens. Da erinnerte ich mich mit meinen Söhnen an Vishnu, den Herrn von Lakshmi, welcher kam und mich beriet. Unter seiner guten Belehrung warf ich schließlich alle feindlichen Gefühle ab, und doch blieb eine Illusion zurück - ich konnte nicht von meiner Leidenschaft lassen. So diente ich demütig Shivas Shakti, und als sie zufrieden war, konnte ich sie als Tochter von Daksha und seiner Gattin Asikni erschaffen. Erinnere dich, Daksha war einer meiner Söhne. Und dies war mein Versuch, daß sich Rudra in sie verlieben würde. Dakshas Tochter hieß Uma (bzw. Sati). Nach schwerer Askese und dank ihrer tiefen Hingabe wurde sie Rudras Gattin, zur großen Göttin und Segenspenderin für alle Verehrer.

(Es gibt natürlich mehrere Versionen dieser Episode: Brahma versuchte, Sandhya mit Gewalt zu verführen, doch Shiva hielt ihn tadelnd zurück - bzw. die Göttin der Dämmerung verwandelte sich in ein Reh, welches durch den Himmel vor Brahmas Absicht davoneilte. Brahma verfolgte sie in Gestalt eines Hirsches. Shiva erkannte dies, schoß einen Pfeil und köpfte den Hirsch. Da nahm Brahma wieder seine vorige Gestalt an und ehrte Shiva - bzw. Es war der Pfeil des Liebesgottes Kama, der Brahma kopflos machte, weil er seine Beherrschtheit an die Wollust verloren hatte, und Brahma trachtete nach Fluch sowohl gegen Kama als auch Shiva... - bzw. mit Brahmas Leidenschaft kam Kama in die Welt und ergriff auch Brahmas Söhne, damit endlich die Erde bevölkert würde...)

Mit der Vermählung mit der Göttin Uma nahm Rudra den Stand eines Hausvaters an und vergnügte sich ganz himmlisch mit seiner Gattin. Und auch in dieser Zeit seiner Vermählung täuschte mich der große Herr mit dem vollkommenen und unveränderlichen Verständnis. Oh Weiser, es war einige Zeit vergangen, welche Shiva mit Uma glücklich und ohne jegliche Trübung verbrachte. Da erhob sich Rivalität zwischen Daksha und Rudra, denn Daksha war ebenfalls verwirrt durch Shivas Illusion. Hochnäsig mißachtete er den stillen Rudra, welcher keine dunklen Gedanken kannte. Zornig, weil von seinem eigenen Schicksal verwirrt, lud Daksha alle Götter zu einem Opfer ein, nur Shiva und seine eigene Tochter Sati nicht. So spielte nun auch die reine und mit vollkommenem Wissen versehene Sati ein himmlisches Spiel. Mit der widerwillig gegebenen Erlaubnis ihres Gatten ging sie zu ihrem Vater, obwohl sie nicht eingeladen war, erkannte, daß es dort keinen Anteil am Opfer für Rudra gab, tadelte alle Anwesenden und warf ihren Leib ab.

Als Shiva dies erfuhr, überkam ihn unerträgliche Rage. Er zog an seinem verfilzten Haar und erschuf Virabhadra. Dieser hatte tausend Köpfe, tausend Augen, tausend Füße und trug tausend Keulen, ein Tigerfell, die Streitaxt und einen strahlenden Bogen, und von seiner Haut tropfte Blut. Flugs war er von einem Gefolge umgeben, welches ähnlich gräßlich und zum Fürchten war wie er. Er fragte seinen Vater:
Was soll ich tun?

Und Shiva gab den Befehl, daß Opfer von Daksha völlig zu zerstören und alle Anwesenden dort zu züchtigen. Sofort erschien Virabhadra mit seiner Geisterschar am Ort des Geschehens und begann, gräßlich zu wüten. Niemand wurde verschont, ein jeder gejagt. Nachdem Vishnu und die anderen Götter bestraft wurden, hieb Virabhadra dem Daksha den Kopf ab und widmete ihn dem Opferfeuer. Als der ganze Opferplatz vor den Augen der Götter verwüstet war, kehrte Virabhadra zum Kailash zurück und verbeugte sich vor Shiva. Denn wie kann es Glück in der Welt geben (bzw. ein Opfer gedeihen), wenn Lord Rudra zornig ist?

Doch als Rudra die Hymne vernahm, welche sein Lob sang, war er sofort besänftigt. Er gewährte die Bitten aller Elenden, war erneut gnädig gestimmt, zeigte sich mitfühlend, und sogar Daksha wurde wieder hergestellt. Das Opfer wurde erneuert unter Leitung des liebevollen Lord Shiva, und alle Anwesenden wurden angemessen geehrt. Und auch Rudra wurde von den Göttern mit jeglicher Hingabe geehrt, was alle entzückte.

Und aus Satis Körper erhob sich eine Flamme, welche die ganze Welt erhellte und unter großer Verehrung auf den Berg fiel. Die Göttin wurde nun auch als Jvalamukhi bekannt (Jwalamukhi - die Göttin mit dem flammenden Mund), welche die Früchte aller gehegten Wünsche gewährt. Schon ihre Sicht löscht jegliche Sünde aus. Bis heute wird sie mit allen Riten in feierlichen Festen verehrt (z.B. in der Stadt Jwalamukhi, wo es 2012 einige Vulkanausbrüche gab).

Die Göttin Sati wurde dann zur Tochter des Himalaya. Als solche hieß sie Parvati und wurde sehr berühmt, denn sie besänftigte Lord Shiva mit schwerster Buße und gewann ihn zum Ehemann. Nun, großer Weiser, das hast du mich gefragt. Wer diese Geschichte hört, wird zweifelsfrei von allen Sünden befreit.


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