Pushpak Shiva-Purana Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 15 - Die Größe des Lehrers

Shri Krishna sprach:
Oh heiliger Herr, du hast mir ausführlich vom großen Mantra erzählt nebst den Regeln seiner Ausübung, wie man sie auch in den Schriften finden kann. Doch ich möchte noch mehr über Shivasamskara hören. Du hast es schon kurz erwähnt, als du über die Annahme des Mantras gesprochen hast.

Upamanyu antwortete:
Ja, ich werde dir die heiligen und sündenvernichtenden Details der Weihe erklären, wie sie einst Shiva erwähnte. Der Vorgang wird Weihe genannt, weil der Verehrer in glanzvoller Weise eingewiesen wird. Es ist auch eine Art, die sechs Pfade zu reinigen. Dasselbe Samskara wird auch Initiation genannt, denn es wird vorzügliches Wissen übertragen und die Bindung durch Pasha gelöst. Die Initiation der großen Seele Shiva ist dreifach. Sie betrifft Shiva, Shakti und Mantra. Schon beim Kontakt mit dem Lehrer, durch Blick, Berührung oder Rede, gewinnt die individuelle Seele das Bewußtsein, welches alle Bindungen löst. Wie die Bande gelöst werden, kann unterschiedlich geschehen: intensiv und vollkommen (Tivrarata und Tivra). Die vollkommene Befreiung führt sogleich Glückseligkeit herbei. Die intensive Wirkung reinigt den Menschen von seiner Sünde.

Der Lehrer führt die Shakti Art der Initiation aus, die an Erkenntnis gekoppelt ist, indem er dem Yoga Pfad folgend in seiner Vision in den Körper des Schülers eintritt. Äußerlich vollführt er die Mantra Initiation, die an die Riten und den Opferaltar gekoppelt ist, damit die noch Unwissenden dem Pfad auch folgen können. Der Segen wird dem Schüler je nach seiner Kraft (Shakti) zuteil, denn das ist ein effektiver Weg zur Shiva Tugend. Wird die Kraft nicht sinnvoll genutzt, können weder Reinheit, Erkenntnis, gutes Betragen, wunderbare Fähigkeiten noch die Erlösung erreicht werden. Und daher sollte der Lehrer alle Symbole in Bezug auf die Entwicklung der Kraft nutzen, wenn er den Schüler reinigt und weiht, sei es nun durch innere Erkenntnis oder äußere Riten. Wer einen anderen Weg geht, ist dem Untergang geweiht, und daher sollte der Lehrer den Anwärter sorgfältig prüfen. Es gibt zwei Manifestationen der Shakti: Erleuchtung und Glückseligkeit. Beides kann sich in Schwankungen des Gemütszustandes zeigen, wie Zittern, Gänsehaut, Veränderungen in Stimme und Augen und ähnliches. Sieht der Lehrer solche Zeichen im Schüler, sollte er ihn und seinen Umgang immer achtsam prüfen. Diese Prüfung bringt einerseits die Vorzüglichkeit des Lehrers und anderseits die Reife des Schülers zutage, was ihm an Lehre weiterhin zuträglich ist. Darum sollte der Schüler den Lehrer immer ehren.

Denn der Lehrer ist Shiva, und Shiva ist der Lehrer, denn beide sind Erkenntnis. Erkenntnis ist auch der Nutzen der Verehrung von Shiva und dem Lehrer. Auf Seiten des Lehrers wirken Götter und Mantras, und daher sollte jeder danach streben, das Gebot des Lehrers mit gebeugtem Haupt anzunehmen. Wer sein Wohl sucht, sollte nicht einmal daran denken, den Worten seines Lehrers zuwiderzuhandeln, denn nur wer dem Lehrer folgt, kann den Schatz der Erkenntnis heben. Niemals sollte er etwas ohne die Erlaubnis seines Lehrers tun, nicht einmal laufen, stehen, schlafen oder essen. Vor allem, wenn die Tätigkeit im Sichtfeld des Lehrers stattfindet, muß sie mit seiner Erlaubnis geschehen. Da der Lehrer der Herr ist und sein Haus der Tempel, darf der Schüler weder im Haus seines Lehrers noch in dessen Gegenwart einfach so sitzen, wie es ihm beliebt. Sonst wird es ihm so ergehen wie einem gefallenen Menschen, der sich mit Sünde beschmutzt. Wie Gold alle Unreinheit verliert, wenn es im Feuer geschmolzen wird, so verliert der Schüler alle Sünden durch den Kontakt mit dem Lehrer. Und wie geklärte Butter in der Nähe von Feuer schmilzt, so schmelzen die Sünden in der Nähe eines guten Lehrers dahin. Ja, wie loderndes Feuer sogar feuchte Zweige verbrennt, so verbrennt der Lehrer alle Sünden. Der Schüler sollte niemals den Zorn seines Lehrers erregen, nicht in Worten, Gedanken oder Taten, denn durch den Zorn des Lehrers verbrennen ein langes Leben, Wohlstand, Erkenntnis und heilige Riten des Schülers. Die Opfer eines Verehrers, der den Zorn seines Lehrers herausgefordert hat, und auch seine Buße sind dann wirkungslos. Daran gibt es keinen Zweifel. Niemand sollte je etwas gegen den Lehrer sagen. Wenn man dies aus Verblendung dennoch tut, fällt man in die Raurava Hölle. Wer sich Gutes wünscht und klug ist, handelt, denkt oder spricht nicht falsch über seinen Lehrer. Ob man nun ausdrücklich darum gebeten wurde oder nicht, immer sollte man dem Lehrer Gutes und Nützliches angedeihen lassen. Man sollte seine Aufgaben sorgfältig ausführen, ob nun in Gegenwart des Lehrers oder auch nicht. Wer sich so verhält, immer ergeben ist, achtsam im Geist und alles tut, was dem Lehrer angenehm ist, der ist würdig, die Shiva Riten auszuführen. Ist der Lehrer weise, tugendhaft, Shiva hingegeben und in der Lage, die große Glückseligkeit zu erleuchten, dann kann er zur Erlösung führen. Sonst niemand. Das Prinzip der Erkenntnis wird aus Glückseligkeit geboren. Nur, wer dieses Prinzip erkannt hat, kann auf die Glückseligkeit hinweisen, und nicht einer, der es nur dem Namen nach kennt und keine wahre Erkenntnis hat.

Zwei Boote können einander über den Fluß tragen. Doch ein Stein kann das nicht mit einem anderen Stein tun. Ist der Lehrer nur einer dem Namen nach, ist auch die Befreiung nur dem Namen nach. Wer das Prinzip wahrhaft erkannt hat, ist befreit und kann anderen zur Befreiung helfen. Doch wer keine Prinzipien erkennt, in dem kann weder Erleuchtung noch Erkenntnis des Selbst sein. Wer ohne dieses Erkennen ist, lebt wie ein Tier. Und wer sich von der tierischen Natur treiben läßt, kann diese nicht ablegen. Daher sollte nur einer als Befreier und Befreiter gesucht werden, der das Prinzip (das innere Wesen) vollkommen erkannt hat. Er verfügt über alle Eigenschaften und kennt die Schriften. Wer das Prinzip nicht kennt, ist wirkungslos, auch wenn er alle Methoden und Regeln der Prozedur weiß. Das größte Glück ist der Anblick eines Lehrers, dessen Intellekt sich bis zur Erkenntnis ausdehnt. Daher sollte ein Kluger sich einen Lehrer wählen, der Erleuchtung und Glückseligkeit übertragen kann.

Dem rechten Lehrer diene der sich Erleuchtung wünschende Schüler demütig bis zum Ende. Auch wenn die Erleuchtung in ihm erwacht, harre er mit beständiger Demut bei ihm aus. Niemals sollte er die Prinzipien ablegen oder ablehnen. Doch wenn sich nach einem Jahr nicht die kleinste Erleuchtung oder Freude einstellt, dann sollte er bei einem anderen Lehrer Zuflucht nehmen. (andere Version: Nach einem Jahr kann er Zuflucht zu jedem anderen Lehrer nehmen.) Seinen alten Lehrer und dessen Familie und Umfeld sollte er dennoch niemals mißachten. Wenn er also vor einen brahmanischen Lehrer tritt, der weise ist, vertrauenswürdig, schutzgewährend und mitfühlend, dann besänftige er ihn und versuche, ihn zu erfreuen in Wort, Tat und Gedanken. Denn ein zufriedener Lehrer kann sogleich alle Sünden seines Schülers tilgen. Darum sollte er dem Lehrer Münzen geben, Juwelen, Land und Unterkunft, Ornamente, Kleider, Fahrzeuge, Möbel und dergleichen, je nachdem, wie es seine Möglichkeiten gestatten. Dabei sollte er nicht geizig sein, wenn er sich großen Erfolg wünscht. Er sollte ihm alles anbieten, was er hat, denn ein Lehrer ist für ihn Vater, Mutter, Meister, Bruder, Wohlstand, Glück, Freund und Kamerad. Danach widme er sich selbst dem Lehrer, auch seine Familie und alle Besitztümer mit etwas Wasser und bleibe ihm für immer ergeben. Denn damit hat er sich Shiva als Schüler gewidmet, und das sollte immer so bleiben. Dann wird er nicht mehr wiedergeboren. Der Lehrer sollte einen brahmanischen Anwärter für ein Jahr prüfen, einen Kshatriya für zwei Jahre und einen Vaishya für drei Jahre. Die Prüfungen sollten hart sein, wie z.B. Gebote, allen Reichtum oder sogar das Leben aufzugeben. Einem Edelmann sollten niedere Arbeiten zugemutet und einem Niedriggeborenen edle Aufgaben übertragen werden. Wer bei Tadel oder Schlägen nicht trübselig wird oder verzweifelt, ist rein und selbstgezügelt und daher würdig, die Shiva Weihen zu empfangen. Die Schriften haben folgende Eigenschaften für brahmanische Anwärter festgelegt, die sich für die rechte Weihe eignen: Sie müssen gewaltlos sein, mitfühlend, immer achtsam und rege im Geist, ohne Arroganz, klug, freimütig, von lieber Rede, aufrichtig, mit weichem Herzen, rein, demütig, standhaft und von reinem und angenehmen Betragen. Möchten Frauen aus eigenem Entschluß die Weihe erhalten, sollte dies nicht geschehen, sondern nur auf Veranlassung ihres Gatten und wenn sie dem Herrn ergeben sind. Eine Witwe kann mit Erlaubnis ihrer Söhne geweiht werden, eine Jungfrau mit Erlaubnis ihres Vaters. Der Reinheitsritus auf dem Weg ist nicht für Shudras, Gefallene und Menschen aus Zwischenkasten beschrieben. Wenn sie fromme Gefühle für Shiva hegen, können sie ihre Sünden bereinigen, indem sie beim heiligen Waschen seiner Füße helfen. Für Männer, die eine Frau aus einer niederen Kaste geheiratet haben (Anuloma Heirat), sollte der Ritus den Traditionen der Familie der Mutter folgen. Wird ein junges Mädchen mit Erlaubnis ihres Vaters dem Shiva Ritus geweiht, sollte sie nur mit einem Shiva Verehrer verheiratet werden. Falls dies aus Unachtsamkeit dennoch geschehen ist, sollte sie versuchen, ihren Gatten zum Vertrauen in Shiva zu bewegen. Falls ihr das nicht gelingt, sollte sie ihn verlassen und die heiligen Riten im Geist ausführen.

Die keusche Dame Anasuya verließ ihren Gatten Atri, diesen vorzüglichen Weisen, und besänftigte Shiva durch Buße. Draupadi, die sich nicht den heiligen Riten für die Älteren widmete, verehrte Narayana durch Buße und bekam die Pandavas als ihre Ehemänner. Shivas Wort wiegt schwer, und so lädt eine Frau keine Sünde auf sich, wenn sie sich in Shivas Tugenden übt, denn sie hat keine Wahl in ihrer Freiheit.

Wozu viele Worte? Wer ernsthaft bei Shiva Zuflucht sucht, sollte sich reinigen, wenn er einem Lehrer dient. Die Weiheriten sind für alle gleich. Wer durch den Anblick, die Berührung oder das Gespräch mit dem Lehrer seine Bewußtheit entwickelt, wird keinen Hindernissen begegnen. Die geistige Weihe auf dem Yoga Pfad wird hier nicht erwähnt, denn das ist ein großes Geheimnis und sollte direkt aus dem Mund des Lehrers empfangen werden. Die Weihe mit heiligen Riten werde ich nun kurz erläutern, denn eine detaillierte Erklärung ist nicht möglich.


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