Pushpak Shiva-Purana Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 13 - Shiva spricht über das Mantra „Namah Shivaya“

Die Göttin fragte:
Oh großer Herr, wie können deine Verehrer im dunklen Zeitalter der Kali befreit werden, das so undurchdringlich und unbesiegbar ist und von Sünde besudelt? Die Menschen neigen sich nicht mehr heiligen Riten zu, die Pflichten der Kasten und Lebensstadien sind dem Untergang geweiht, große Gefahr droht, die Rechte der Menschen werden angezweifelt, sie weichen von der Tugend ab, die spirituellen Lehren zerbrechen und ihre Weitergabe erlischt, und jegliche Ordnung bei Lehrern und Schülern geht verloren.

Lord Shiva antwortete ihr:
Die Menschen im Kali Zeitalter werden befreit, wenn ihre Seelen durch Hingabe gereinigt wurden, nachdem sie Zuflucht bei meinem heilsamen Mantra genommen haben. Mein Mantra „Namah Shivaya“ bietet Schutz vor der Angst für jene, deren Geist mir zugeneigt ist, auch wenn sie vielleicht eine verzerrte Anschauung haben, gierig sind, betrügerisch, grob, undankbar oder besudelt durch unaussprechliche Makel in Worten, Taten und Gedanken. Oh Göttin, ich habe es oft schon versprochen, daß sogar ein gefallener Mensch in der Welt durch dieses Mantra befreit werden kann, wenn er nur wahrhafte Hingabe an mich fühlt.

Die Göttin sprach:
Wenn ein gefallener Mensch der heiligen Riten in jeglicher Beziehung nicht würdig ist, dann sind die von ihm ausgeführten Riten ein Weg in die Hölle. Wie kann ein Gefallener dann durch das Mantra befreit werden?

Und Lord Shiva sprach:
Oh gute Frau, was du gesagt hast, ist wahr. Nun höre, was bis jetzt ein wohlgehütetes Geheimnis war. Wenn ein gefallener Mensch mich aus Verblendung mit irgendwelchen Mantras oder Riten verehrt, dann fällt er sicher in die Hölle. Selbst Personen, die nur von Luft oder Wasser leben und ihre Körper mit heiligen Riten abmagern, erlangen nicht mein Reich durch ihre Riten allein. Doch wer mich nur einmal mit aufrichtiger und selbstloser Hingabe verehrt und dabei „Namah Shivaya“ murmelt, der kommt zu mir durch die Gewichtigkeit des Mantra. Darum sind Enthaltsamkeit, Opfer, Riten und Verehrung nur einen Bruchteil dessen wert, was die reine Verehrung des Mantras bringt. Ja, wer es schafft, das Mantra völlig selbstlos zu ehren, der wird von allen Banden erlöst. Und dabei spielt es keine Rolle, ob er gefallen oder närrisch ist, oder ob er das Rudra Mantra mitspricht oder nicht, oder ob er „Namah Shivaya“ oder „OM Namah Shivaya“ sagt. Jeder kann mich mit diesem Mantra ehren. Dabei ist es kein Zeichen, ob jemand seinen Zorn gemeistert hat - er kann mich gemeistert haben oder nicht. Doch der Meister ist weitaus höher einzuschätzen, und darum sollte man mich mit meinem Mantra aufrichtig ehren. Hat der Meister dann noch gute Eigenschaften wie Freundschaft, Enthaltsamkeit oder Hingabe, dann wird er mir gleich.

Wozu so viele Worte? Jeder Verehrer ist autorisiert, mein Mantra zu verehren, denn es ist der vorzüglichste Weg. Durch dieses Mantra bestehen die Welten, Veden, Götter und himmlischen Weisen, die ewige Tugend und das gesamte Universum. Und zu Beginn der großen Auflösung, wenn alle beweglichen und unbeweglichen Wesen enden, dann geht alles wieder in die Quelle ein. Ich bin dann der Einzige, oh Göttin, der noch ist, und etwas Zweites gibt es nirgends. Alle Veden und Schriften ruhen dann in meinem Mantra. Sie vergehen nicht, denn meine Shakti beschützt sie. Die Schöpfung entwickelt sich dann aus mir auf andere Art durch Prakriti und Atman (Natur und Seele). Es gibt noch eine andere Auflösung, in der Lord Narayana einen illusorischen Körper annimmt und auf dem Schlangenbett inmitten von Wasser ruht. Da wünschte der aus dem Nabellotus von Vishnu geborene, fünfgesichtige Brahma die Erschaffung der drei Welten. Doch ohne Unterstützung gelang ihm das nicht, und so erschuf er geistige Söhne, die zehn unermeßlich strahlenden Weisen.

Dann sprach Brahma zu mir:
Oh großer Herr, bitte verleihe meinen Söhnen Macht.

Auch ich hatte fünf Gesichter angenommen und übergab dem Lotusgeborenen das Mantra „Namah Shivaya“. Der große Vater der Welten nahm es an, erkannte mich als großen Herrn und die Bedeutung des Mantras. Und nachdem er auch die Regeln wußte, übergab er es mitsamt seiner Bedeutung seinen Söhnen. Seine Söhne wünschten daraufhin, mich zu verehren. Sie begaben sich auf den Gipfel Mujavat auf dem schönen Meru, meine geliebte Zuflucht, immer herrlich und von meinen Verehrern bewacht. Dort übten sie Buße, denn sie wollten die Welten erschaffen. Für tausend Götterjahre lebten sie nur von Luft, und ich erkannte ihre Hingabe und zeigte mich ihnen. Dann erklärte ich ihnen alle Details, wie die Heiligen, das Maß, Kilaka, Bijashakti, die Gottheit, Nyasa (Berührung), die sechs Zusätze, die Grenzen der Quartale und ihre Anwendung.

(siehe auch:
Rishi - der Seher, dem das Mantra im Überbewußtsein offenbart wurde
Matra - der physische Klang, das Versmaß, das was man hören kann
Bija - die Essenz des Mantras, der Samen des Mantras
Ishta Devata - der Aspekt Gottes hinter dem Mantra
Kilaka - der Verschluß des Mantras
Shakti - die Kraft des Mantras - aus YogaVidya)

Das Ziel war, mit den Weisen die Schöpfung zu vermehren. Und durch die Wirksamkeit des Mantras konnten die durch Enthaltsamkeit erstarkten Weisen die strahlende Schöpfung der Götter, Dämonen und Menschen voranbringen.

Nun erkläre ich dir die Form des großen Mantra. Zuerst sollte man „Namah“ sagen und dann „Shivaya“. Die fünf Silben sind in den Upanishaden anwesend und sind so ewig wie die Samen aller Lebewesen. Zuerst kommst du, oh Göttin, aus meinem Mund als mein Ausdruck. Die Göttin hat einen Glanz von geschmolzenem Gold, ist füllig, mit hohem Busen und vier Armen, drei Augen und der Mondsichel als Kronjuwel. Ihre Hände sind wie Lotusblüten und zeigen sich sanft mit den Gesten von Segen und Schutz. Sie trägt schöne Ornamente, hat alle Merkmale, sitzt auf einem weißen Lotus, und ihre Haare sind lockig. Sie strahlt wie die Sonne und erscheint in fünf Farben: gelb, schwarz, rauchig, golden und rot. Werden sie getrennt verehrt, sollten sie mit Bindu in Form des Halbmondes und mit Nada in Form einer Kerzenflamme verziert werden. Das Bija dieses Mantras, oh schöngesichtige Dame, wird als das zweite unter allen wohlbekannten Bijas eingestuft. Das Bija des vierten beginnt mit einem langen Vokal (hier könnte mit Bija die Keimsilbe gemeint sein…), und das fünfte wird als Shakti bezeichnet. Der weise Rishi dieses Mantras ist Vamadeva, oh schöne Dame, das Maß ist Pankti, und die Gottheit bin ich selbst. Den Buchstaben werden folgende Heilige zugeordnet: Gautama, Atri, Vishvamitra, Angiras und Bharadvaja. Die einzelnen Metren sind Gayatri, Anustup, Tristup, Bhirati und Virat. Die Götter sind Indra, Rudra, Vishnu, Brahma und Skanda. Die Orte sind meine fünf Gesichter, mit dem östlichen für den Buchstaben „Na“ beginnend und dem oberen endend. Der erste, zweite und vierte Buchstabe ist Udatta (Betonung: Stimme geht nach oben), der fünfte ist Svarita (betont und nach unten) und der dritte Anudatta (nach unten).

Das Mantra wird auch Mulavidya, Shivam, Saivasutra oder fünfsilbig genannt. Es ist mein großes Herz. Der Buchstabe „Na“ ist der Kopf, „Mah“ der Dutt, „Shi“ die Rüstung, „Va“ das Auge und „Ya“ das Geschoß. Am Ende jedes Buchstaben soll folgendes gesagt werden: Namah, Svaha, Vasat, Hum, Vausat, Phat. Das Mulamantra unterscheidet sich nur gering. Der fünfte Buchstabe (Varna) ist mit dem zwölften Vokal, dem „h“, versehen.

Der Verehrer ehrt mich mit Japa, Homa und dergleichen in Geist, Wort und Tat durch dieses Mantra. Möge es in Einklang mit ihrem Intellekt, ihrer Einweihung in die Schriften, Zeit, Möglichkeit, ihrem Wohlstand und ihren Vorlieben sein. Meine Verehrung, liebe Göttin, führt zur Erlösung, wann auch immer, wo auch immer und durch wen auch immer, sofern sie mit Hingabe geschieht. Was man mir mit Hingabe widmet, sei es in der rechten oder auch der verkehrten Reihenfolge, ist mir lieb, gute Frau. Die Regeln habe ich nur für meine Verehrer aufgestellt, damit sie nicht übermäßig hilflos den heiligen Riten und Schriften gegenüberstehen. Und deshalb werde ich noch einiges über die Prozedur sagen, wie das Mantra geübt werden soll, wann es fruchtbar und wann vergebens ist.

(Hinweis der Übersetzer: Die folgenden Kapitel enthalten viele Beschreibungen von Ritualen, für deren Richtigkeit oder Sinn wir keine Garantie übernehmen können - zu verworren waren die englischen Vorlagen, und wir sind leider keine Experten in Ritualistik…)


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