Pushpak Shiva-Purana Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 34 - Die Buße von Upamanyu

Die Weisen fragten:
Der Knabe Upamanyu übte einst Buße, um Milch zu bekommen, und Lord Shiva gewährte ihm einen Ozean an Milch. Wie konnte das Kind die Macht der heiligen Riten Shivas erlangen? Wie konnte er die Existenz Shivas ahnen und Buße üben? Und wie kam er zur vollkommenen Erkenntnis während seiner Buße? Und wie sicherte er sich die beschützende Asche, diese Lebenskraft aus dem Rudra Feuer?

Vayu gab zur Antwort:
Nun, er war kein gewöhnliches oder dumpfes Kind, da er Buße übte. Er war der Sohn eines großen, weisen und gelehrten Heiligen namens Vyaghrapada. Er war in seiner früheren Geburt ein großer Siddha, der fiel und nun zwar als Mensch, doch dafür als Sohn eines Weisen wiedergeboren worden war. Die Buße für Milch war dank seines guten Schicksals ein Tor für ihn zum Segen Shivas. Und Shiva gewährte ihm beständige Entsagung, die Herrschaft über die Geister und einen Ozean voll Milch. Daß einer Shiva vollkommen erkennen kann, ist nur durch die Gnade Shivas möglich. Und Upamanyu erkannte auch die Shakti. Sein Wissen in den Schriften Shivas war ebenfalls ein Segen des Herrn, über den er sich sehr freute. Der besondere Grund für seine Erkenntnis waren allerdings die Worte seiner Mutter. Upamanyu war einmal zu Besuch bei seinem Onkel, dessen Sohn immer so viel Milch trinken konnte, bis er satt war. Dort kostete er ein wenig davon, kehrte heim zu seiner Mutter und bat sie inbrünstig:
Mutter, gesegnete und heilige Mutter, bitte gib mir süße Kuhmilch. Ich möchte sie heiß trinken.

Seine Mutter umarmte ihn liebevoll, tröstete ihn, doch gleichzeitig war sie traurig und beklagte ihre Armut, denn sie hatten keine Milch. Upamanyu gab allerdings nicht auf. Das unschuldige, strahlende Kind konnte die Milch nicht vergessen und flehte seine Mutter hartnäckig an, so daß sie eine List ersann, den Sturkopf zu besänftigen. Sie hatte einige Körner gestoppelt, die sie zu Mehl zerrieb und mit Wasser mischte. Dann rief sie den Jungen und gab ihm das Getränk mit schwerem Herzen. Doch der Knabe rief sogleich nach dem ersten Schluck:
Oh Mutter, das ist keine Milch!

Da nahm die Mutter ihr Kind in die Arme, küßte sein Haupt, wischte seine Lotusaugen mit der Hand und sprach:
Es fließen keine Flüsse voller Juwelen weder im Himmel noch in den unteren Welten für den, der ohne Glück und ohne Hingabe an Shiva ist. Ohne die Gunst Shivas bekommt man kein Königreich, keinen Himmel, keine Erlösung und auch keine Milch. Alles kommt aus Shivas Gnade und nicht von einem weltlichen Herrscher. Wer woanders sucht, wandert fehl. Woher sollen wir Wanderer des Waldes Milch bekommen? Hier gibt es keine Kühe. Ich wollte dir so gern Gutes tun, und überwältigt von Armut habe ich, deine unglückliche Mutter, einige Getreidekörner gemahlen und mit Wasser gemischt. Doch du hast gekochte Milch bei deinem Onkel gekostet und den Unterschied gleich erkannt. Dein lauter Vorwurf macht mich elend. Nun, ohne Shivas Gnade kannst du keine Milch bekommen. Was seinen Füßen hingebungsvoll gewidmet wird, ist die Quelle allen Reichtums. Wir haben den großen Herrn, seine Shakti und die Geister nicht solcherart geehrt, der allen Wohlstand und allen Segen denen geben kann, die darum bitten. Ja, wir sind arm, denn wir haben Shiva nicht wegen Reichtum geehrt, und so kannst du von mir keine Milch bekommen. Wir haben nur, was uns von Shiva oder Vishnu gegeben wurde, mein Sohn.

Nachdem der Junge die wahrhaften und bekümmerten Worte seiner Mutter vernommen hatte, sprach er wie ein Erwachsener:
Oh Mutter, sei nicht traurig. Wenn es Shiva und seine Shakti gibt, dann wird Gutes geschehen. Oh gesegnete Dame, streife allen Kummer ab und höre meinen Entschluß. Wenn es Shiva gibt, dann werde ich irgendwann einen Ozean an Milch bekommen.

Erfreut antwortete da die Mutter ihrem klugen Sohn:
Mein Lieber, was du gerade denkst, ist gut. Es freut mich ungemein. Zögere nicht, ehre Sadashiva und die Göttin. Es ist so, Shiva steht über allem, er ist die große Quelle. Er schuf das ganze Universum, und Brahma und die anderen dienen ihm. Aller Wohlstand, den wir genießen, kommt von seiner Gnade. Wir kennen nur Shiva, den Wohltäter aller Welten, und sonst niemanden. Ehre ihn allein, mit wahrer Hingabe und verbanne alle anderen Götter aus deinen Taten, Worten und Gedanken. Und wisse, daß das Mantra „Namah Shivaya“ der direkte Ausdruck von ihm ist, diesem Gewährer allen Segens und Herrn über die Götter. All die sieben Millionen Mantras fließen mitsamt dem OM in dieses Mantra ein und kommen wieder heraus. Alle Mantras sind wirksam, wenn man für sie autorisiert wurde, und für „Namah Shivaya“ ist auf Geheiß des Herrn jeder autorisiert. Es kann wie Shiva selbst alle Seelen beschützen, seien sie hoch oder niedrig. Es ist stärker als jedes andere Mantra, denn nur dieses Mantra kann alle beschützen. So denke nicht mehr an die anderen und widme dich dem „Namah Shivaya“ allein. Wer sich ihm wahrhaft hingibt, für den ist nichts unerreichbar. Die vorzügliche Aghora Waffe, welche Shivas Verehrer beschützt, nahm ihre Geburt in diesem Mantra. Bedenke dies und gib dich dem Mantra hin. Und schau, diese heilige Asche bekam ich aus dem Viraja Feuer deines Vaters. Sie ist vorzüglich und wehrt großes Übel ab. Akzeptiere das Mantra, welches ich dir gebe, denn wenn du es sprichst, ist dein Schutz gewährt.

Und Vayu fuhr fort:
Und es sprach die Mutter: „Möge es gut sein.“, und erlaubte ihm zu gehen. Der junge Weise akzeptierte ihre Worte mit geneigtem Haupt, verbeugte sich vor ihr und bereitete sich auf seinen Weggang vor. Zum Abschied sprach die Mutter: „Mögen die Götter dir nur Gutes tun.“, und er wanderte zum Berg Himavat. Dort übte er Enthaltsamkeit und lebte mit reinem Geist vorerst nur von Luft. Mit acht Steinen baute er einen Altar und formte aus Lehm ein Linga darauf. Er rief Shiva, Parvati und die Geisterschar an, ehrte sie mit Blättern und Blüten, die er im Wald fand, und sang das Mantra mit Hingabe. So lebte er eine lange Zeit. Aber es gab auch Hindernisse in seiner Buße, denn einige Geister von Weisen hatten wegen eines Fluchs von Marichi die Gestalt von bluttrinkenden Dämonen angenommen und quälten den einsamen und abgemagerten Jungen, obwohl er ein trefflicher Verehrer von Shiva war. Doch er machte weiter und murmelte nun „Namah Shivaya“ in großem Leiden. In dem Moment, in dem die Weisen das Mantra von seinen Lippen hörten, ließen sie davon ab, den Knaben zu peinigen und dienten ihm. Und die Askese des edlen Brahmanen Jungen Upamanyu entzündete das ganze Universum mit allen Wesen darin.


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