Pushpak Shiva-Purana Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 32 - Beschreibung der Praxis

Die Weisen fragten:
Wie geht diese treffliche Praxis von heiligen Riten, mit der man die Erlösung erreichen kann? Oh Vayu, es ziemt sich wahrlich für dich, uns dies zu erklären?

Vayu antwortete:
Man nennt den Shiva Kult eine vorzügliche Praxis, wenn man Shiva als Erlöser direkt erkennen kann. Man unterteilt ihn in fünf Teile: heilige Riten, Askese, das Singen der Namen Gottes, Meditation und Erkenntnis. Diese fünf Handlungen mit den zugehörigen tugendhaften Riten bilden das große Dharma, und man erkennt damit direkt und indirekt alles für die Erlösung. In den Veden werden zwei Arten von Dharma erwähnt, daß höhere und das untergeordnete. Und für uns sind die Veden in Sachen Dharma die höchste Autorität. Das höhere Dharma bis zur Praxis von Yoga wird im erkenntnis-theoretischen Teil (Vedanta) der Veden beschrieben. Das niedere Dharma steht im praktischen Teil (Karmakanda) der Veden. Die Seelen ohne Bindung werden im höheren Dharma autorisiert, und alle anderen im niederen Dharma. Im höheren Dharma findet man die Mittel, um die höchste Tugend über Shiva zu verwirklichen. Es sollte in allen Teilen in die Dharmashastras und anderen heiligen Abhandlungen eingebunden werden. Das große Dharma von Shiva ist als vorzügliche Praxis in den Itihashas und Puranas er klärt. Und in den Shiva Agamas steht es als detailliierte Schilderung nebst den Weiheriten. Die Shiva Agamas bestehen aus zwei Teilen: Shrauta und Ashrauta. Im Shrauta stehen gekürzte Vedentexte und im Ashrauta unabhängige, aber geweihte Texte. Die unabhängigen Texte zählten ursprünglich zehn, wurden aber nach und nach um acht erweitert. Der erste heißt Kamika, und die ganze Sammlung wird auch Shiva Siddhanta genannt. Die Shrauta Texte bestehen aus Millionen Versen, in ihnen werden auch das Pashupata-Gelübde und die höhere Weisheit erklärt.

In jedem Yuga Zyklus inkarniert Shiva als Yogacharya an verschiedensten Orten und lehrt den Yoga. Die vier großen Weisen Ruru, Dadhicha, Agastya und der ruhmreiche Upamanyu haben seine Prinzipien zusammengefaßt und ebenfalls gelehrt. Sie sind alle Verehrer Shivas (Pashupatas) und Repräsentanten der Samhitas. Ihre vielen, vielen Nachkommen waren alles vorzügliche Lehrer.

Die vorhin schon erwähnte Tugend von Shiva ist vierfach in ihrer den Regeln folgenden Ausübung und die Basis für die Seele. Und davon ermöglicht das Pashupata Yoga die direkte Wahrnehmung von Shiva. Daher ist das Pashupata Yoga ganz vortrefflich. Ich werde euch nun erklären, wie es einst von Brahma ausgeübt wurde. Es ist das Namastaka Yoga, welches Shiva selbst erläuterte, und es vermittelt die Einsicht in Shiva. Durch Einsicht kommt schon bald stabile und vollkommene Erkenntnis, über die sich Shiva sehr freut. Seine Gnade ermöglicht die direkte Wahrnehmung von Shiva, welche die weltliche Anhaftung stillt. Man löst sich von der weltlichen Existenz und wird mit Shiva identisch. Ich sage euch nun einzeln alle Mittel, die Brahma einst erzählte.

Shiva, Maheshvara, Rudra, Vishnu, Pitamaha, Samsaravaidya, Sarvajna und Paramatman - dies sind die acht hauptsächlichen Namen für Shiva. Die ersten fünf herrschen als Götter über die Kalas, Sanyatita usw. Die ersten fünf Namen für Sadashiva leiten sich von den bedingenden Faktoren ab. Hören die Faktoren auf zu existieren, dann verschwinden auch sie. Der Raum ist ewig, doch die Seelen, die ihn bewohnen, sind es nicht. Verändern sich die Padas, werden die Padins erlöst. In einer anderen Schöpfung gelangen sie wieder in dieselbe Region. Doch die ersten fünf Atmans bekommen einen anderen Namen. Die drei letzten Namen entstehen durch die Annahme der bedingenden Faktoren. Sie allein zeigen Shiva an.

Wer natürlich rein ist, wird Shiva genannt. Er wird nicht von ursprünglicher Befleckung und Illusion berührt, ist voller guter Eigenschaften, herrlich, und wird von weisen Menschen, die das Prinzip Shiva verstanden haben, so genannt. Der Name Maheshvara wird wie folgt erklärt: Die Natur (Prakriti) ist größer als die 23 Prinzipien. Der Geist (Purusha), ist das 25. Prinzip und größer als die Natur. Der Purusha ist OM, der erste Klang in den Veden. Da seine wahre Natur nur durch die Veden erkennbar ist, ist er im Vedanta etabliert. Und was jenseits des Purusha ist, der ja mit der Prakriti verbunden ist, das ist Maheshvara. Er steht über Purusha und Prakriti. Man kann auch sagen, Maheshvara ist der Herrscher der Illusions- und Schöpferkraft (Maya). Maya ist Prakriti, das unvergängliche Prinzip mit den drei Gunas. Maheshvara erfüllt diese Maya mit Energie. Er wird auch als Kalamatman, Paramatman, das Urerste und das Grobe und Subtile verherrlicht. Und was das Wort Rudra anbelangt: Rud heißt Elend und Dravayati bedeutet fließen. Da der Herr unser Elend stillt, heißt er Rudra. Er ist Shiva, die große Ursache. Shiva durchdringt alle lebenden Wesen, Prinzipien und Elemente. Er ist in allen Körpern achtsam anwesend und beherrscht sie. Dafür wird er Vishnu genannt. Und der Große Vater (Brahma) wird er genannt, weil er der Schöpfer aller verkörperten Seelen ist, die den Status eines Vaters erlangt haben. Shiva wird oft der Arzt des Universums genannt, denn wie ein Arzt mit der Diagnose und Heilung von Krankheiten mit Medizin bekannt ist, so vernichtet der Herr die Anhaftung an die weltliche Existenz von der Wurzel aus. Wer die Natur seiner Prinzipien erkannt hat, nennt ihn so. Selbst wenn man die Sinnesorgane benutzt, um die zehn Sinnesobjekte zu erfassen, so erkennt man doch nicht die groben oder subtilen Wesen in ihrer Ganzheit und den drei Zeiten, denn sie sind hinter der äußeren Illusion versteckt. Sadashiva hat eine andere Wahrnehmung. Er erkennt alles auch Nichtoffenbare, wie es ist und das ganz ohne Mühe. Er ist wahrlich allwissend (Sarvajna). Shiva ist die Seele (Atman) von allem. Er verfügt über alle Qualitäten. Es gibt keinen größeren Atman als ihn. Shiva ist der Paramatman (Höchste Seele).

Durch die Gnade des Lehrers empfange man die acht Namen. Mit den fünf Namen Shivas durchtrenne man die Knoten von Kala, Nivritti und anderen, sofern man gereinigt ist durch Wiederholung, Berührung oder Hymnen und Selbstbeherrschung. Entlang des Energiekanals Sushumna, also durch Brust, Nacken, Gaumen, Mitte der Stirn bis zum Scheitelpunkt soll der karmische Körper (Puryastaka) aufgelöst werden. Die Seele soll aufsteigen in den Glanz Shivas jenseits des Mondes im Lotus des Herzens mit den zwölf Blütenblättern. Dann wird der Körper im Nektar der Shakti gebadet und verschmilzt mit ihrem Grund. Und der Atman kann ins Herz eingehen.

Danach meditiert der Verehrer über den großen, gnädigen und göttlichen Shiva, den er auf einem weißen, zwölfblättrigen Lotus jenseits des Mondes sitzend schaut, lieblich, kristallklar, freudig, kühl und glänzend in Gestalt von Ardhanarishvara, Shiva als halb Mann und halb Frau. Mit konzentriertem Geist soll er dann den Herrn mit seinen acht Namen und heiligen Blumen verehren. Nach der Verehrung übe er Pranayama, konzentriere sich gut und wiederhole die acht Namen von Shiva. Er führe die acht Anrufungen (Ahuti) im Nabel aus, sage dabei nur „Namah“ mit dem Purnahuti (ein Opfer, das mit dem Löffel dargebracht wird), opfere acht Blumen und beende den Ritus. Mit einer Handvoll Wasser widme er die Verehrung dem Atman.

Wenn man diesen Ritus ausführt, wird man bald das glücksverheißende Wissen des Pashupata-Ritus erlangen. Damit gehen ein hoher Status und ein vortreffliches Betragen einher. Sichert man sich noch die große Yoga-Verwirklichung, ist man befreit. Daran gibt es keinen Zweifel.


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